OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.08.2020 - 9 A 2292/20.A
Fundstelle
openJur 2020, 47267
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 3 K 11231/17.A
Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. In Verfahren, auf die - wie hier - das Asylgesetz (AsylG) Anwendung findet, ist die Berufung nur zuzulassen, wenn einer der in § 78 Abs. 3 AsylG aufgeführten Zulassungsgründe geltend gemacht und den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG entsprechend dargelegt wird. Daran fehlt es hier.

Die Berufung ist nicht gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO wegen der allein geltend gemachten Versagung rechtlichen Gehörs zuzulassen.

Der grundrechtlich nach Art. 103 Abs. 1 GG verbürgte und für das verwaltungsgerichtliche Verfahren u.a. in § 108 Abs. 2 VwGO näher ausgestaltete Anspruch auf rechtliches Gehör verlangt von den Gerichten, das tatsächliche Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei ihrer Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht den von ihm entgegengenommenen Vortrag der Beteiligten in seine Erwägungen einbezogen hat. Nur wenn besondere Umstände den Schluss zulassen, dass es die Ausführungen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen hat, wird der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags eines Beteiligten zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert war.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 -, BVerfGE 86, 133, und vom 23. Juli 2003 - 2 BvR 624/01 -, NVwZ-RR 2004, 3.

Der Anspruch auf rechtliches Gehör begründet jedoch keine Pflicht des Gerichts, die Beteiligten vorab auf seine Rechtsauffassung oder mögliche Würdigung des Sachverhalts hinzuweisen, weil sich die tatsächliche und rechtliche Einschätzung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Entscheidungsfindung nach Schluss der mündlichen Verhandlung ergibt. Eine den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs konkretisierende gerichtliche Hinweispflicht - zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung - besteht nur dann, wenn auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht mit einer bestimmten Bewertung seines Sachvortrags durch das Verwaltungsgericht zu rechnen braucht. Im Übrigen ergibt sich insbesondere aus Art. 103 Abs. 1 GG keine Verpflichtung des Verwaltungsgerichts, auf Unstimmigkeiten und Widersprüche hinzuweisen und eigene Nachforschungen durch weitere Fragen anzustellen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. Januar 2017- 13 A 2220/16.A -, juris Rn. 4 ff. m. w. N.

Dies zugrunde gelegt ergibt sich die geltend gemachte Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör aus der Zulassungsbegründung nicht.

Der Kläger rügt dort, dass ihm das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 10. Oktober 2017 Prozesskostenhilfe für die erste Instanz unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten (ohne Begründung) bewilligt habe, seither sich bei ihm aber nichts Grundlegendes in Bezug auf seine Asylgründe geändert habe, so dass er davon habe ausgehen können, dass er zumindest zum Teil mit der Klage Erfolg haben würde. Ein Hinweis des Gerichts (in der mündlichen Verhandlung), dass es davon ausgehe, dass die Klage (insgesamt) nicht erfolgreich sein werde, sei nicht erfolgt.

Mit diesem Vorbringen hat der Kläger jedoch schon nicht dargelegt, dass hier ausnahmsweise zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung ein Hinweis des Verwaltungsgerichts geboten gewesen wäre: Eine Klage kann nämlich trotz Bewilligung von Prozesskostenhilfe ohne Erfolg bleiben. Dies erschließt sich schon daraus, dass für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO lediglich erforderlich ist, dass die Rechtsverfolgung im Zeitpunkt der Bewilligungsreife eine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Es genügt also eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Erfolgs, wobei die Anforderungen an die Erfolgsaussichten aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht überspannt werden dürfen. Aufgrund der Unterschiedlichkeit der rechtlichen Maßstäbe für die Entscheidung über die Prozesskostenhilfe und für die Entscheidung über das Begehren in der Sache kann aus einer günstigen Prozesskostenhilfeentscheidung nicht auf die Begründetheit einer Asylklage geschlossen werden.

Vgl. hierzu: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. Oktober 2019 - A 12 S 2881/18 -, juris Rn. 9 f. m. w. N.; Bayerischer VGH, Beschluss vom 6. September 2018 - 1 ZB 17.30420 - , juris Rn. 5.

Dass bei dem rechtskundig vertretenen Kläger ein Hinweis auf diese Rechtslage erforderlich gewesen wäre, ist weder dargelegt noch ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO sowie § 83b AsylG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).