OLG Hamm, Urteil vom 18.08.2020 - 34 U 190/19
Fundstelle
openJur 2020, 46883
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. I-8 O 350/18
Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 21.10.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Bochum -Aktenzeichen I-8 O 350/18- in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 07.01.2020 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert.

Die Beklagte zu 2) wird weiter verurteilt, an den Kläger Zinsen aus 14.415,67 € in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, maximal jedoch 4 % pro Jahr, seit dem 28.09.2019 zu zahlen.

Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.

Hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits aus erster Instanz verbleibt es bei der im am 21.10.2019 verkündeten Urteil des Landgerichts Bochum -Aktenzeichen I-8 O 350/18- getroffenen Kostenentscheidung. Die Gerichtskosten zweiter Instanz tragen der Kläger zu 28 % und die Beklagte zu 2) zu 72 %. Von den außergerichtlichen Kosten zweiter Instanz trägt der Kläger die der Beklagten zu 1) voll und die der Beklagten zu 2) zu 28 % und die Beklagte zu 2) trägt die des Klägers zu 72 %. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

B.

Nachdem die Beklagte zu 2) ihre Berufung mit Schriftsatz vom 03.07.2020 zurückgenommen hatte, musste der Senat nur noch über die Berufung des Klägers entscheiden.

Die zulässige Berufung des Klägers ist nur zu einem Teil, nämlich hinsichtlich der Rechtshängigkeitszinsen, im Verhältnis zur Beklagten zu 2) begründet, im übrigen unbegründet.

I.

Im Verhältnis zur Beklagten zu 1) ist die Berufung in vollem Umfang unbegründet.

Der Kläger begehrt gegenüber den Beklagten zu 1) in der Berufung allein die Feststellung des Annahmeverzugs. Die Beklagte zu 1) befindet sich indes nicht in Annahmeverzug, weil ihr gegenüber wegen der von ihr erhobenen Verjährungseinrede kein Rückabwicklungsanspruch des Klägers besteht. Insoweit wird vollumfänglich auf die angegriffene Entscheidung Bezug genommen, mit der sich der Kläger in diesem Punkt schon nicht in einer den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO genügenden Art und Weise auseinandersetzt.

II.

Im Verhältnis zur Beklagten zu 2) hat die Berufung nur hinsichtlich der Rechtshängigkeitszinsen Erfolg.

1.

Wenngleich der Kläger nicht ausdrücklich Rechtshängigkeitszinsen geltend gemacht hat, sind sie vom Streitgegenstand umfasst. Denn Streitgegenstand sind nach dem klägerischen Antrag u.a. "Zinsen". Hierunter fallen nicht nur die ausdrücklich geltend gemachten Deliktszinsen i.S.d. § 849 BGB, sondern auch die Rechtshängigkeitszinsen i.S.d. §§ 288, 291 BGB.

Danach sind dem Kläger ab dem 28.09.2018, nämlich ab Eintritt des Annahmeverzugs (vgl. Palandt/Grüneberg, § 291 BGB, Rn 5, m.w.N.), der hier antragsgemäß und nach der Berufungsrücknahme der Beklagten zu 2) auch rechtskräftig für die Zeit ab drei Wochen nach Rechtshängigkeit festgestellt wurde, Rechtshängigkeitszinsen aus der durch das Landgericht zugesprochenen Forderung i.H.v. 14.415,67 € zuzuerkennen. Die Zinshöhe beträgt nach § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Unter Berücksichtigung des klägerischen Antrags (§ 308 Abs. 2 ZPO) können dem Kläger maximal 4 % Zinsen zugesprochen werden.

2.

Dagegen hat der Kläger gegen die Beklagte zu 2) keinen Anspruch auf Deliktszinsen gemäß § 849 BGB i.H. errechneter 5.153,78 € für die Zeit vom 01.10.2011 bis zum 23.09.2019 und i.H.v. 4 % Zinsen aus 20.704,69 € seit dem 24.09.2019.

Zwar erfasst die Vorschrift des § 849 BGB grundsätzlich jeden Sachverlust durch Delikt, auch den Verlust von Geld in jeder Form. Dies gilt auch dann, wenn dieser Verlust - wie hier - mit Willen des Geschädigten durch Weggabe erfolgt. Vorliegend steht einer Anwendung des § 849 BGB aber jedenfalls der Umstand entgegen, dass der Kläger als Gegenleistung für die Hingabe des Kaufpreises ein in tatsächlicher Hinsicht voll nutzbares Fahrzeug erhalten hat; die tatsächliche Möglichkeit, das Fahrzeug zu nutzen, kompensierte den Verlust der Nutzungsmöglichkeit des Geldes. Eine Verzinsung gemäß § 849 BGB entspricht in einem solchen Fall nicht dem Zweck der Vorschrift, mit einem pauschalierten Mindestbetrag den Verlust der Nutzbarkeit einer entzogenen oder beschädigten Sache auszugleichen (vgl. BGH, Urteil vom 30.07.2020-VI ZR 397/19).

3.

Grundsätzlich liegen auch die Voraussetzungen für die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten zu 2) vor. Da das Landgericht mit Beschluss vom 07.01.2020 insoweit bereits antragsgemäß gemäß § 319 ZPO eine Berichtigung des angegriffenen Urteils vorgenommen hat, besteht für eine Feststellung des Annahmeverzugs durch den Senat kein Regelungsbedürfnis (mehr).

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

D.

Die Revision war nicht zuzulassen. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO) noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO). Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 30.07.2020 (Az.: VI ZR 397/19) zwischenzeitlich auch zu der Frage des Anspruchs auf Deliktszinsen im Rahmen des Abgasskandals eine Grundsatzentscheidung getroffen hat

E.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren in Abänderung des Senatsbeschlusses vom 21.07.2020 wie folgt festgesetzt:

- für die Zeit bis zur Berufungsrücknahme durch die Beklagte zu 2) am 03.07.2020 auf bis zu 16.000,00 €. Davon entfallen auf die Berufung der Beklagten zu 2) 14.415,67 € und auf die Berufung des Klägers 300,00 €. Von der Berufung des Klägers entfallen auf das Berufungsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) 300,00 €; das Berufungsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) war bis zu diesem Zeitpunkt streitwertneutral, da die Beklagte zu 2) ihrerseits mit ihrer Berufung die Hauptforderung bekämpft hat (vgl. Musielak/Voit/Heinrich, § 4 ZPO, Rn 17, m.w.N.).

- für die Zeit ab dem 03.07.2020 auf bis zu 7.000,00 €. Davon entfallen auf das Berufungsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) 300,00 € und auf das Berufungsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) 5.856,78 €.