VG Halle, Beschluss vom 19.08.2019 - 5 B 61/19 HAL
Fundstelle
openJur 2020, 45879
  • Rkr:
Tenor

Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung bis zu einer anderen Entscheidung über das Beförderungsbegehren der Antragstellerin untersagt, die in der Beförderungsrunde Ende 2018 ausgeschriebenen zwei Stellen für Justizamtfrauen oder Justizamtmänner bei dem Amtsgericht Merseburg mit den Beigeladenen oder anderweitig zu besetzen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 23.915,04 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Antragstellerin, mit dem sie sinngemäß beantragt,

der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO bis zu einer anderen Entscheidung über ihr Beförderungsbegehren zu untersagen, die in der Beförderungsrunde Ende 2018 ausgeschriebenen zwei Stellen für Justizamtfrauen oder Justizamtmänner bei dem Amtsgericht Merseburg mit den Beigeladenen oder anderweitig zu besetzen,

hat Erfolg.

Gemäß § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechtes des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.

Dabei muss ein Antragsteller gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft machen, dass ihm dadurch, dass man ihn auf ein Hauptsacheverfahren verweist, Nachteile entstehen, die bei einem Obsiegen in der Hauptsache nicht mehr ausgeglichen werden können (Anordnungsgrund).

Ferner ist zu prüfen, ob der Antragsteller mit seinem Begehren im Hauptsacheverfahren voraussichtlich Erfolg haben würde (Anordnungsanspruch).

Die Antragstellerin hat einen Anordnungsgrund hinreichend glaubhaft gemacht. Sie kann einen Sicherungsanspruch im Hinblick auf die umstrittene Stelle ins Feld führen. Den Beigeladenen soll im Wege der Ernennung ein Beförderungsamt übertragen werden. Die Antragstellerin läuft ohne die begehrte einstweilige Anordnung Gefahr, dass durch die Ernennung ihr Bewerbungsverfahrensanspruch verloren geht und ihr damit ein Rechtsverlust droht.

Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Leistungsgrundsatzes zu besetzen, dessen Geltung durch Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet wird. Art. 33 Abs. 2 GG vermittelt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl unmittelbar nach Maßgabe von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung.

Ein Bewerber um ein öffentliches Amt kann verlangen, dass seine Bewerbung nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch). Der Bewerberauswahl dürfen nur Gesichtspunkte zugrunde gelegt werden, die den von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Leistungsbezug aufweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 - juris m. w. N.). Ein Beförderungsbewerber hat dementsprechend einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr über seine Bewerbung ermessens- und beurteilungsfehlerfrei entscheidet (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 9. Juli 2002 - 2 BvQ 25/02 - juris und vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 - juris ; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 - 2 C 14.02 - juris = BVerwGE 118, 370 m.w.N.).

Die im Rahmen der Ermessensentscheidung vorzunehmende Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ist ein Akt wertender Erkenntnis, bei dem der Ernennungsbehörde durch Art. 33 Abs. 2 GG ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist mit der Folge, dass Verwaltungsgerichte bei der Überprüfung der behördlichen Entscheidung darauf beschränkt sind, die Einhaltung seiner Grenzen zu kontrollieren, nämlich ob der Dienstherr den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen der Beurteilungsermächtigung verkannt hat, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat (vgl. OEufach0000000014, Beschluss vom 26. August 2009 - 1 M 52/09 -, juris m. w. N.). Wird das subjektive Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt, folgt daraus, dass der unterlegene Bewerber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen kann, wenn seine Aussichten, beim zweiten Mal ausgewählt zu werden, offen sind, d. h. wenn seine Auswahl möglich erscheint (BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 - juris).

Aus Art. 33 Abs. 2 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG folgt des Weiteren die Verpflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung zugrunde liegenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen. Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen - deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber gegebenenfalls durch Akteneinsicht verschaffen kann - wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber befinden zu können, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen. Schließlich stellt die schriftliche Dokumentation der Auswahlerwägungen sicher, dass die Bewertungsgrundlagen der entscheidenden Stelle vollständig zur Kenntnis gelangt sind. Sie erweist sich damit als verfahrensbegleitende Absicherung der Einhaltung der Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG (siehe BVerwG, Beschluss vom 16. Dezember 2008 - 1 WB 19.08 - juris; BVerfG, Beschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07- juris).

Für die Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung kommt es dabei allein auf die Erwägungen an, die der Dienstherr bei seiner Auswahlentscheidung in Ausübung seines Verwendungsermessens und des ihm vorbehaltenen Beurteilungsspielraums hinsichtlich der Eignung der Kandidaten angestellt hat. Mit dieser Entscheidung wird zugleich die Sach- und Rechtslage fixiert, die maßgeblich für die gerichtliche Beurteilung ist. Zwar können Ermessenserwägungen sowie Einschätzungen, bei denen ein Beurteilungsspielraum besteht, in entsprechender Anwendung des § 114 Satz 2 VwGO im gerichtlichen Verfahren ergänzt werden. Hierzu gehört indes nicht die vollständige Nachholung oder die Auswechslung der die Entscheidung tragenden Gründe. Derartige Erwägungen sind vielmehr unzulässig und bei der gerichtlichen Kontrolle der Auswahlentscheidung nicht berücksichtigungsfähig. Gegenteiliges folgt auch nicht aus § 1 VwVfG LSA, § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG, da die Nachholung einer Begründung hiernach bereits dokumentierte materielle Auswahlerwägungen voraussetzt (siehe zum Vorstehenden: BVerwG, Beschlüsse vom 25. Oktober 2011 - 2 VR 4.11 - juris, vom 16. Dezember 2008 - 1 WB 19.08 - juris; OEufach0000000014, Beschlüsse vom 11. März 2019 - 1 M 29/19 - juris, vom 5. März 2019 - 1 M 16/19 - juris und 26. Oktober 2010 - 1 M 125/10 -, juris m.w.N.).

In Anwendung dieser Grundsätze ist hier die Auswahlentscheidung fehlerhaft.

Maßgeblich ist hierbei der Auswahlvermerk vom 1. April 2019, dem der Vizepräsident des Oberlandesgerichts in Vertretung des Präsidenten zugestimmt hat, indem er diesen mitgezeichnet hat und das Ergebnis einer Personalratsanhörung zuführen wollte.

Diese Auswahlentscheidung erfüllt nicht die rechtlichen Anforderungen.

Erheblich zweifelhaft ist schon, ob der getrennt vorgenommene Vergleich zwischen den letzten Anlassbeurteilungen der Antragstellerin und der Beigeladenen und den Regelbeurteilungen zum Stichtag 30. Juni 2016 eine Auswahlentscheidung zu tragen in der Lage ist. Es spricht jedenfalls mehr dafür, dass die verschiedenen Beurteilungen in eine einheitliche Auswahlentscheidung zu integrieren sind und unter Berücksichtigung des Inhalts aller zu berücksichtigenden Beurteilungen eine einheitliche Entscheidung über den Vergleich der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung der Bewerber zu treffen ist. Die letzte Regelbeurteilung der Beteiligten darf dabei nicht ausgeblendet werden oder als Hilfskriterium herangezogen werden. Der Vergleich der (letzten) Regelbeurteilungen hat auch nicht nur die Funktion, die anderweitig bereits getroffene Auswahlentscheidung zu bestätigen oder Zweifel an dieser zu wecken. Dem muss die Kammer hier aber nicht weiter nachgehen.

Jedenfalls erweist sich die Auswahlentscheidung deshalb als defizitär, weil der Antragsgegner im Rahmen des Auswahlvermerks nach Feststellung der selben Gesamtbewertung der Leistung bei den hier zu betrachtenden Bewerbern und auch einer einheitlichen Befähigungsbeurteilung eine nicht nachvollziehbare Ausschärfung vornimmt. Im Rahmen des Vergleichs einzelner Personen wird im Auswahlvermerk den Merkmalen 1, 2, 7, 10, 11 und 12 eine besondere Bedeutung beigemessen. Diese Aufstellung lässt sich aber nur ermitteln, wenn man die verschiedenen Vergleiche, die jeweils nur zwischen zwei Bewerbern vorgenommen werden, betrachtet und die als gewichtig bezeichneten Merkmale notiert. Dagegen sind die Merkmale nicht abstrakt - in Art eines Obersatzes - dargestellt.

Zwar ist der Dienstherr berechtigt, bei gleicher Gesamtbewertung eine Ausschärfung der Beurteilungen vorzunehmen und darauf seine Auswahlentscheidung zu stützen. Er muss bei diesem Vorgehen aber seine Einschätzung und sein Ermessen offenlegen und begründen, weshalb die dort angezogenen Merkmale für das ausgeschriebene Amt von besonderer Bedeutung sind. Auszugehen ist dabei vom Anforderungsprofil der Ausschreibung oder wenn - wie hier - ein solches nicht aufgestellt ist, von dem typischen Aufgabengebiet des zu besetzenden Amtes. Bei der Ausschreibung eines Beförderungsamtes ist von den Anforderungen des Statusamtes auszugehen, hier also von den Anforderungen an eine Justizamtfrau (bei einem rein weiblichen Bewerberfeld). An einer solchen Darlegung fehlt es vollständig. Der Hinweis, bestimmte Merkmale könnten nur rudimentär beurteilt werden, sofern die Beurteilte Rechtspflegertätigkeiten ausübt, genügt nicht. Die Ausführungen haben keinen Bezug zu dem zu verleihenden Amt und es fehlt damit an einer Darlegung, weshalb die fachliche Leistung, die durch die genannten Merkmale gemessen werden, für das Amt einer Justizamtfrau von minderer Bedeutung sein sollen. Dabei darf auch nicht ausgeblendet werden, dass das zu besetzende Statusamt einer Justizamtfrau die Zuweisung eines Dienstpostens mit Rechtspflegeraufgaben ermöglicht, aber nicht erzwingt.

Im Rahmen der Ausübung seiner Beurteilungsprärogative und seines Ermessens muss der Dienstherr im Falle einer Ausschärfung nicht nur darlegen, welche Merkmale er aus welchem Grund für das angestrebte Amt für besonders wichtig erachtet, er muss das zusätzliche Gewicht zudem wertend den übrigen Merkmalen gegenüberstellen. Es genügt nicht, die als besonders gewichtig angesehenen Merkmale gegenüberzustellen und die übrigen, sich aus einer Beurteilung ergebenden Leistungs- und Befähigungsmerkmale auszublenden. Für eine Auswahl(Beförderungs)entscheidung bedarf es dabei - auch wenn die Beurteilungen ausgeschärft werden - der Feststellung des Dienstherrn, dass der Unterschied so groß ist, dass die Beurteilungen nicht mehr als im Wesentlichen gleich anzusehen sind. Anders gewendet schließt eine solche Betrachtungsweise es aus, eine Beförderungsentscheidung auf minimale Unterschiede zu stützen. Dem wird der Auswahlvermerk ebenfalls nicht gerecht. Aus ihm lässt sich nicht ableiten, weshalb die Beurteilungen der Beigeladenen und die der Antragstellerin nicht im Wesentlichen gleich sein sollen. Betrachtet man allein die Anlassbeurteilung - wie das der Auswahlvermerk macht - so ist die Antragstellerin mit 8 mal C und 6 mal D gerade in zwei Merkmalen schlechter bewertet als die Beilgeladenen mit 10 mal C und 4 mal D. Auch wenn bei näherer Betrachtung die Antragstellerin mit den Merkmalen 7, 10, 11 und 12 in vier vom Antragsgegner als gewichtig bezeichneten Merkmale mit D bewertet ist, ist zu berücksichtigen, dass die Beigeladene zu 1 mit den Merkmalen 10 und 11 und die Beigeladene zu 2 mit den Merkmalen 1 und 2 ebenfalls bei gewichtigen Merkmalen mit D bewertet ist. Zieht man das zusammen, so unterscheiden sich die Antragstellerin und die Beigeladenen gerade in zwei Merkmalen der Leistungsbeurteilung. Das ist zwar mehr als der Mindestabstand zweier Beurteilungen, der sicherlich die Wertung der Beurteilungen als im Wesentlichen gleich erfordert, genügt aber ohne weitere Darlegungen gerade zur Gewichtigkeit der Merkmale nicht.

Der Abstand bei der Regelbeurteilung ist sogar noch geringer, weil dort sowohl die Antragstellerin als auch die Beigeladenen jeweils mit acht C und sechs D bewertet worden sind, wobei bei der Antragstellerin von in den als besonders wichtig bezeichneten Merkmalen vier, bei der Beigeladenen zu 1 zwei und bei der Beigeladenen zu 2 drei dieser Merkmale mit D bewertet sind.

Schon das bringt die Auswahlentscheidung zu Fall.

Der Antragsgegner kann seine Auswahlentscheidung auch nicht auf die von ihm verwendeten Anlassbeurteilungen stützen. Anlassbeurteilungen sind aus den letzten Regelbeurteilungen zu entwickeln. Legt man das zugrunde, so ist es intersubjektiv nicht nachvollziehbar, weshalb sich die Anlassbeurteilung der Beigeladenen jeweils um zwei Einzelmerkmale in der Leistungsbeurteilung gegenüber der zuvor erteilten Regelbeurteilung verbessert hat. Eine nachvollziehbare Begründung enthalten die Anlassbeurteilungen dazu nicht.

Hinzu kommt noch bei der Beigeladenen zu 1, dass die Anlassbeurteilung genauso wie die zuvor erstellte letzte Regelbeurteilung bei der Begründung der Merkmale 7 und 9 als besonders positiv die Einarbeitung eines neuen Rechtspflegers in Grundbuchsachen hervorhebt. Das führt zu Zweifeln, weil einerseits anzunehmen ist, dass die Einarbeitung nach zwei Jahren abgeschlossen sein müsste, andererseits so wie die Begründung lautet, die Wahrnehmung einer nicht allgemein dem Dienstposten zugewiesenen Aufgabe als besonders positiv bewertet wird. Eine Aussage zur Qualität der Einarbeitung wird gerade nicht getroffen. Das fällt auch - wie die Antragstellerin zu recht anmerkt - im Quervergleich ins Auge, weil bei ihr die übernommenen Zusatzaufgaben zwar in der Beurteilung vermerkt, bei der Begründung der Einzelmerkmale oder des Gesamtergebnisses aber nicht verarbeitet sind.

Bei der Beigeladenen zu 1 wird zudem in der Regelbeurteilung und der Anlassbeurteilung positiv hervorgehoben, dass unerledigte Anträge im Beurteilungszeitraum abgearbeitet worden seien. Als neuer Aspekt ist lediglich unter Nr. 8 bei termingerechtem Arbeiten ausgeführt, dass die Zahl der monatlichen Erledigungen erhöht wurde und dass eine erhebliche Anzahl an Beständen nahezu vollständig hätte zurückgeführt werden können. Damit ist die Anhebung dieses Merkmals nicht intersubjektiv nachvollziehbar begründet. Es fehlt an dem Bezug zur Beurteilten; es ist nicht dargelegt, ob die Beurteilte schon vorher oder zumindest jetzt überdurchschnittliche Erledigungen erzielt hat. Das wäre für eine intersubjektive Nachvollziehbarkeit jedenfalls deshalb geboten, weil sich aus den übrigen Ausführungen ergibt, dass Personal, nämlich ein neuer Rechtspfleger in Grundbuchsachen eingearbeitet wurde und mehr Personal eine größere Zahl an Erledigung erwarten lässt. Intersubjektiv nachvollziehbar wird die Änderung der Beurteilung auch nicht durch die Ausführung in der Begründung der Gesamtbewertung, wonach die gezeigten Leistungen große Anerkennung verdienen würden und die Hebung mehrerer Einzelmerkmale der Leistungsbeurteilung rechtfertigten.

Diese Anlassbeurteilung der Beigeladenen zu 1 ist auch deshalb zu beanstanden, weil sie aus einer fehlerhaften Regelbeurteilung entwickelt worden ist. Die letzte Regelbeurteilung der Beigeladenen zu 1 vom 20./21./22. Dezember 2017 für den Beurteilungszeitraum vom 1. Juli 2013 bis zum 30. Juni 2016 hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Innerhalb des Regelbeurteilungszeitraumes ist über die Beigeladene zu 1 eine Anlassbeurteilung vom 16./23. November 2015 erstellt worden, die den Zeitraum vom 1. Juli 2013 bis zum 10. November 2015 umfasst. Diese Anlassbeurteilung ist in die Regelbeurteilung als konstanter Faktor zu übernehmen. Das bedeutet, von dem drei Jahre dauernden Regelbeurteilungszeitraum sind bereits zwei Jahre, vier Monate und zehn Tage beurteilt, anders gewendet, es verbleibt noch ein noch zu beurteilender Zeitraum von sieben Monaten und 20 Tagen. Schon wenn man die Zeiträume vergleicht, kann intersubjektiv nicht nachvollzogen werden, wie nach einer Anlassbeurteilung mit einer Gesamtbeurteilung von D (viermal C und zehnmal D) sowie einer Befähigungsbeurteilung von viermal D in der Regelbeurteilung wenige Monate später eine Gesamtbewertung der Leistung mit C (achtmal C und sechsmal D, d. h. eine Steigerung in vier Einzelmerkmalen und im Gesamturteil) und einer Befähigungsbeurteilung von zweimal C und zweimal D zustande kommen soll. Das wird auch nicht nachvollziehbar begründet. Die in der Gesamtbewertung angegebene deutliche Leistungssteigerung erschließt sich nicht in den Einzelpunkten. Auch aus den Begründungen der Einzelmerkmale lässt sich das nicht ableiten, weil diese Begründung nicht die Leistungssteigerung, sondern nur das gefundene Ergebnis darstellt. Bemerkenswert ist allerdings die Begründung zu Nr. 7. In der Anlassbeurteilung wird von einem durchschnittlichen bis stärkeren Arbeitsanfall gesprochen, während bezogen auf den gesamten Beurteilungszeitraum die Regelbeurteilung von einer hohen Gesamtbelastung spricht.

Die Auswahl der Antragstellerin in einer neuen Auswahlentscheidung ist auch möglich. Die Erstellung fehlerfreier Beurteilungen sowie die wertende Entscheidung, welche der konkurrierenden Beamtinnen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung für die ausgeschriebenen Beförderungen auszuwählen sind, obliegt dem Dienstherrn. Die Kammer kann die Entscheidung nicht antizipieren.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit im Sinne des § 162 Abs. 3 VwGO die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen einer Partei aufzuerlegen, da sich die Beigeladenen im Verfahren nicht beteiligt haben.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG. Bei dem Streit der Beteiligten geht es um eine Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 11 LBesO. Für die Beförderung eines Lebenszeitbeamten sieht § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 GKG die Hälfte des 12-fachen Jahresgehalts als Streitwert vor. Die Kammer schätzt hier, dass sich die Antragstellerin in der Stufe 6 ihrer Besoldungsgruppe befindet. Die hier begehrte einstweilige Anordnung ist zwar eine Vorwegnahme der Hauptsache, weshalb eine Halbierung des Hauptsachestreitwertes nicht zu erfolgen hat.

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