VG Berlin, Urteil vom 23.01.2018 - 21 K 581.17
Fundstelle
openJur 2020, 80402
  • Rkr:

1. § 1 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a UVG setzt voraus, dass der einen Unterhalt nicht leistende (familienferne) Elternteil dem Grunde nach (bar-) unterhaltspflichtig ist, nicht jedoch ob seine Unterhaltspflicht aufgrund der konkreten Umstände des Falles nicht besteht, etwa weil er nicht leistungsfähig ist.

2. "Unterhalt erhalten" im Sinne der Vorschrift erfasst alle von dem anderen Elternteil an das Kind bzw. an den das Kind betreuenden alleinerziehenden Elternteil geleisteten Zahlungen sowie - soweit eine solche Unterhaltsbestimmung nach § 1612 BGB zulässig ist - alle sonstigen bedarfsdeckenden Zuwendungen des anderen Elternteils.

3. Es besteht keine ungeschriebene weitere Voraussetzung, dass der Unterhalt "planwidrig" ausfällt.

4. Es bedarf in Fällen, in denen der Anspruch auf Gewährung von Unterhaltsvorschuss gerichtlich im Streit steht, keines erneuten Antrages beim Jugendamt auf (Weiter-) Gewährung von Unterhaltsvorschuss für die Zeit ab dem Erlass des Widerspruchsbescheides (zugleich mit der Klage oder nach Abschluss des Klageverfahrens rückwirkend für die Zeit ab dem Erlass des Widerspruchsbescheides), sondern gilt der ursprüngliche Antrag beim Jugendamt grundsätzlich unbeschränkt fort und hat das Jugendamt, wie auch sonst, fortlaufend zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für eine Weitergewährung von Unterhaltsvorschuss vorliegen bzw. im Falle einer gerichtlichen Stattgabe, ob sich die vom Gericht als erfüllt angesehenen Voraussetzungen seit Erlass des Widerspruchsbescheides - nur bis dahin ist die gerichtliche Prüfung erfolgt - geändert haben.

Tenor

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Bezirksamtes Pankow von Berlin vom 23. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. April 2017 verpflichtet, dem Kläger für seine Kinder C... und F... ab April 2016 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Unterhaltsvorschussleistungen.

Er hat zwei, 7 und 4 Jahre alte Kinder,...2010 und F...2013, die die deutsche Staatsangehörigkeit haben. Die Kindeseltern waren seit September 2008 verheiratet. Seit März 2015 leben die Kindeseltern getrennt und die Kinder beim Kläger. Die Kindesmutter, Frau A...1980, zahlt keinen Unterhalt. Der Kläger beantragte im April 2016 beim Bezirksamt Pankow von Berlin die Gewährung von Unterhaltsvorschuss für die Kinder. Hierzu gab er an, die Kindesmutter sei psychisch erkrankt (Borderline-Syndrom), und fügte ein Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten an die Kindesmutter vom Juli 2015 bei, wonach er zu einem Trennungsunterhalt nicht verpflichtet sei. Bei der Berechnung war u.a. ein Betrag von 450 € (je Kind Mindestunterhalt nach Düsseldorfer Tabelle [317 €] abzüglich hälftigen Kindergeldes) vom Nettoeinkommen des Klägers für von der Kindesmutter nicht geleisteten Kindesunterhalt in Abzug gebracht worden. Der Kläger erklärte sich mit dem Schreiben bereit, der Kindesmutter ohne Anerkennung einer Rechtspflicht monatlich 200 € zur Verfügung zu stellen. Das Jugendamt lehnte mit Bescheid vom 23. Juni 2016 die Leistung von Unterhaltsvorschuss mit der Begründung ab, es sei von regelmäßigen Unterhaltszahlungen des anderen Elternteils auszugehen, indem der Kläger auf Geltendmachung von Kindesunterhalt gegenüber der Kindesmutter verzichte und dafür einen weit unter der Berechnungstabelle liegenden Trennungsunterhalt in Höhe von nur 200 € zahle. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, seit Dezember 2015, seit die Kindesmutter ebenfalls in Berlin lebe, zahle er einen Trennungsunterhalt von monatlich 800 €. Im Übrigen komme es für den Unterhaltsvorschuss nicht darauf an, ob und in welcher Höhe er Trennungsunterhalt zahle. Trennungsunterhalt und Kindesunterhalt seien nicht miteinander verrechenbar. Der Ausfall von Kindesunterhalt könne sich allein auf den Selbstbehalt bei der Berechnung des Trennungsunterhaltes bzw. Ehegattenunterhaltes auswirken. Im September 2016 erklärte der Kläger unter Bezugnahme auf seine Angaben im familiengerichtlichen Verfahren wegen Trennungsunterhaltes, der Kindesmutter habe Trennungsunterhalt nur in Höhe von 122,97 € monatlich zugestanden, stattdessen habe er aber bis April 2016 800 € gezahlt und ab Mai 2016 450 € (später korrigiert auf 787,01 € monatlich von Juni 2016 bis Februar 2017). Eine Verrechnung von Trennungsunterhalt und Kindesunterhalt sei dabei nicht erfolgt. Das Jugendamt wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20. April 2017 zurück, dem Kläger zugestellt am 27. April 2017. Zur Begründung führte es aus, bei der Berechnung des Trennungsunterhaltsanspruches werde die Unterhaltsverpflichtung der Kindesmutter gegenüber den Kindern anspruchsmindernd berücksichtigt. Der Abzug von Kindesunterhalt vor Trennungsunterhalt sei so zu werten, als ob die Kindesmutter ihrer Unterhaltspflicht nachkomme.

Hiergegen richtet sich die am 24. Mai 2017 erhobene Klage. Der Kläger - der im Februar 2017 von der Kindesmutter rechtskräftig geschieden wurde und seitdem keinen Unterhalt mehr an die Kindesmutter zahlt - trägt hierzu vor: Der Anspruch auf Unterhaltsvorschuss sei nicht von den wirtschaftlichen Verhältnissen des alleinerziehenden Elternteils abhängig. Entscheidend sei allein, ob der alleinerziehende Elternteil Unterhaltsleistungen von dem anderen Ehegatten oder einem Dritten für das Kind bezieht. Unstreitig habe er derartige Leistungen nicht bezogen. Er habe auch nicht Unterhaltsansprüche der Kinder quasi mit Trennungsunterhaltsansprüchen aufgerechnet bzw. dies tun können. Unterhaltsansprüche, die in gesetzlicher Verfahrenstandschaft für minderjährige Kinder von einem Ehegatten geltend gemacht werden, seien mit Trennungsunterhaltsansprüchen des anderen Ehegatten nicht verrechenbar, denn es handele es sich nicht um gegenseitige Ansprüche. Bei der familienrechtlichen Auseinandersetzung über den Trennungsunterhalt sei im Übrigen auch nicht eine Unterhaltsverpflichtung der Kindesmutter verrechnet worden, sondern nur ein Mehrbedarf bei der Ermittlung des Selbstbehalts berücksichtigt worden. Es liege zudem nach wie vor keine familiengerichtliche Entscheidung über den Trennungsunterhalt vor. In dem familiengerichtlichen Verfahren werde darüber gestritten, ob und inwieweit die Kindesmutter verpflichtet gewesen ist, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, ob sie und ggf. seit wann sie über eigene Einkünfte verfüge, welche Tilgungen der Schulden, die in der Ehe bzw. durch spätere Umschuldung entstanden seien, bei der Berechnung des Trennungsunterhaltes zu berücksichtigen seien und ob dem Kläger ein erhöhter Selbstbehalt über seinen Selbstbehalt von 1.200 € hinaus zustehe, weil er für erhöhte Wohnkosten und Kitakosten aufzukommen habe. Schließlich habe er höheren Trennungsunterhalt gezahlt, als er verpflichtet gewesen wäre zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Bezirksamtes Pankow von Berlin vom 23. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. April 2017 zu verpflichten, ihm für seine Kinder C... und F... ab April 2016 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hierzu trägt er vor, bei Unterhaltsansprüchen der Eltern untereinander werde der Kindesunterhalt bei dem Elternteil, der Ehegattenunterhalt bzw. Trennungsunterhalt zahlen solle, regelmäßig als Abzugsposten berücksichtigt. Dann müsse dieser Elternteil den Kindesunterhalt auch allein zahlen. Damit liege kein planwidriger Ausfall von Unterhaltsleistungen des anderen Elternteils mehr vor. Sollte der Kläger der Kindesmutter einen höheren Trennungsunterhalt geleistet haben, als er eigentlich verpflichtet gewesen wäre, ändere dies nichts, weil er damit dokumentiere, dass er auf alle Gegenansprüche wie Kindesunterhalt verzichte. Aufgrund des Bezuges von Trennungsunterhalt bestehe auch keine Leistungsunfähigkeit. Im Falle der Zahlung von Trennungsunterhalt an den familienfernen Elternteil bestehe daher regelmäßig kein Anspruch auf Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz, da die Unterhaltsansprüche des Elternteils, bei dem die Kinder leben, bereits in der Trennungsgeldvereinbarung Berücksichtigung gefunden hätten bzw. hätten finden können und somit auf sie verzichtet worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte einschließlich des Verwaltungsvorganges des Beklagten Bezug genommen. Die genannten Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Gründe

Die Klage ist begründet.

I. Der streitgegenständliche Zeitraum umfasst hier die Zeit vom 1. April 2016 bis zum 20. April 2017. Unterhaltsvorschussleistungen sind ebenso wie Sozialhilfeleistungen keine rentengleichen wirtschaftlichen Dauerleistungen mit Versorgungscharakter. Streitgegenstand der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung ist daher - auch bei unbefristeten Klageanträgen - der Zeitraum zwischen dem beantragten Leistungsbeginn und dem Erlass des Widerspruchsbescheides (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 11. April 2013 - 2 A 181/12 - juris Rn. 21 f. m.w.N.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. Februar 2014 - 6 M 10.14 - BA S. 2).

Allerdings bedarf es - hierauf weist die Kammer im Hinblick auf die Erörterung in der mündlichen Verhandlung vorsorglich hin - in Fällen wie hier, in denen der Anspruch auf Gewährung von Unterhaltsvorschuss gerichtlich im Streit steht, keines erneuten Antrages beim Jugendamt auf (Weiter-) Gewährung von Unterhaltsvorschuss für die Zeit ab dem Erlass des Widerspruchsbescheides (zugleich mit der Klage oder nach Abschluss des Klageverfahrens rückwirkend für die Zeit ab dem Erlass des Widerspruchsbescheides), sondern gilt der ursprüngliche Antrag beim Jugendamt grundsätzlich unbeschränkt fort und hat das Jugendamt, wie auch sonst, fortlaufend zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für eine Weitergewährung von Unterhaltsvorschuss vorliegen bzw. im Falle einer gerichtlichen Stattgabe, ob sich die vom Gericht als erfüllt angesehenen Voraussetzungen seit Erlass des Widerspruchsbescheides - nur bis dahin ist die gerichtliche Prüfung erfolgt - geändert haben.

II. Als Anspruchsgrundlage für die Gewährung von Unterhaltsvorschussleistungen kommt nur § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder -ausfallleistungen in der Fassung vom 17. Juli 2007 (BGBl. I S. 1446), für den vorgenannten maßgeblichen Zeitraum zuletzt geändert mit Gesetz vom 16. Juli 2015 (BGBl. I S. 1202) - UVG -, in Betracht. Hiernach hat Anspruch auf Unterhaltsvorschuss, wer das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat (Nummer 1), im Geltungsbereich dieses Gesetzes bei einem seiner Elternteile lebt, der ledig, verwitwet oder geschieden ist oder von seinem Ehegatten oder Lebenspartner dauernd getrennt lebt (Nummer 2) - dass diese beiden Voraussetzungen erfüllt sind, steht zu Recht nicht im Streit -, und nicht oder nicht regelmäßig Unterhalt von dem anderen Elternteil oder Waisenbezüge mindestens in der in § 2 Abs. 1 und 2 UVG bezeichneten Höhe erhält (Nummer 3; nachfolgend 1.). Ungeschriebene weitere Voraussetzung ist, dass der einen Unterhalt nicht leistende andere Elternteil dem Grunde nach (bar-) unterhaltspflichtig ist, nicht allerdings ob seine Unterhaltspflicht aufgrund der Umstände des Falles nicht besteht, weil er etwa nicht leistungsfähig ist (2.). Es besteht keine ungeschriebene weitere Voraussetzung, dass der Unterhalt "planwidrig" ausfällt (3.). Schließlich ist ein Unterhaltsvorschussanspruch nicht nach § 1 Abs. 3, 2. Alt. UVG ausgeschlossen (4.)

1. Die Kinder des Klägers erhalten keinen Unterhalt von dem anderen Elternteil.

"Unterhalt erhalten" im Sinne der Vorschrift erfasst alle von dem anderen Elternteil an das Kind bzw. an den das Kind betreuenden alleinerziehenden Elternteil (als empfangsberechtigtem gesetzlichen Vertreter) geleisteten Zahlungen sowie - soweit eine solche Unterhaltsbestimmung nach § 1612 BGB zulässig ist - alle sonstigen bedarfsdeckenden Zuwendungen des anderen Elternteils, die sich nach dem bürgerlichen Recht auf den Anspruch des berechtigten Kindes auf Unterhalt auswirken oder ihn erfüllen können (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2005 - 5 C 17.04 - juris Rn. 12 u.a. zum systematischen Zusammenhang mit der enger gefassten Anrechnungsregelung des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVG).

Die Kinder des Klägers erhalten von dem anderen Elternteil, hier der Kindesmutter, unstreitig keinen gesondert gezahlten Unterhalt, etwa per Barzahlung oder Banküberweisung. Sie erhalten aber auch keine sonstigen (bedarfsdeckenden) Zuwendungen von der Kindesmutter, die ihren Unterhaltsanspruch erfüllen könnten. Dabei kann dahinstehen, ob solche Zuwendungen mit Erfüllungswirkung (vgl. § 362 BGB) auch mit einer Verrechnung bzw. Aufrechnung eines Anspruchs des familienfernen Elternteils gegen den betreuenden Elternteil auf Trennungsunterhalt mit einem (durch Zahlung an den betreuenden Elternteil zu erfüllenden) Anspruch des Kindes gegen den familienfernen Elternteil auf Kindesunterhalt (vgl. § 389 BGB) oder mit einer sogenannten Freistellungsvereinbarung, bei der der betreuende Elternteil die Erfüllung des von dem familienfernen Elternteil geschuldeten Unterhaltes übernimmt (vgl. § 329 BGB [Erfüllungsübernahme] oder §§ 414 ff. BGB [befreiende Schuldübernahme]), bewirkt werden können. Denn weder lässt sich hier eine Aufrechnungsvereinbarung noch eine Freistellungsvereinbarung feststellen. Die vorliegenden anwaltlichen Schreiben der Kindeseltern betreffend den Umgang mit den Kindern bzw. den Trennungsunterhalt enthalten solche Vereinbarungen nicht. Das Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers an die Kindesmutter vom Juli 2015 weist zwar als eine Abzugsposition einen Betrag von 450 € für von der Kindesmutter nicht geleisteten Kindesunterhalt aus - dies nahm der Beklagte letztlich zum Anlass, den Antrag auf Unterhaltsvorschussleistungen abzulehnen -, dies betraf jedoch allein die trennungsunterhaltsrechtliche Berechnung des Selbstbehaltes aus Sicht des Klägers. Hierin kann keine Aufrechnung oder Freistellungsvereinbarung gesehen werden, jedenfalls wenn, wie hier, die Kindesmutter nicht als leistungsfähig und damit nicht unterhaltsverpflichtet angesehen wird. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger bzw. seine Prozessbevollmächtigte erläutert, dass von der Forderung nach Kindesunterhalt Abstand genommen worden sei, weil die Kindesmutter nicht leistungsfähig gewesen sei und im Übrigen wegen der Kinder (weitere) Konflikte vermieden werden sollten. Hieran zu zweifeln hat das Gericht keinen Anlass; auch die Vertreterin des Beklagten hat dies in der mündlichen Verhandlung nicht in Abrede gestellt. Hinzu kommt, dass nach Ziffer 1.5.2 der Richtlinien des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes (in der hier maßgeblichen ab 1. Januar 2016 geltenden Fassung) eine Freistellungsvereinbarung nur vorliegt, wenn die Eltern eine Vereinbarung treffen, durch die sich der eine Elternteil dem anderen Elternteil gegenüber ausdrücklich verpflichtet, ihn von Unterhaltsansprüchen des Kindes freizuhalten; eine Freistellungsvereinbarung liegt zudem nicht vor, wenn der familienferne Elternteil leistungsunfähig ist oder der alleinerziehende Elternteil nur auf die Vollstreckung verzichtet, weil er weiß, dass die Vollstreckung keinen Erfolg hätte. Dadurch soll sichergestellt werden, dass lediglich eindeutige Fälle der Freistellung im Rahmen des Unterhaltsvorschussrechts berücksichtigt werden und die Unterhaltsvorschusskassen sich nicht mit der u.U. aufwändigen Aufklärung und Auslegung nicht eindeutiger Vereinbarung befassen müssen (vgl. VG Augsburg, Urteil vom 16. März 2015 - 2 K 263/13 - juris Rn. 51). Auch danach liegt hier eine Freistellungsvereinbarung oder Aufrechnungsvereinbarung nicht vor.

2. Ungeschriebene weitere Voraussetzung des § 1 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a UVG ist, dass der einen Unterhalt nicht leistende (familienferne) Elternteil dem Grunde nach (bar-) unterhaltspflichtig ist, nicht allerdings ob seine Unterhaltspflicht aufgrund der Umstände des Falles nicht besteht, weil er etwa nicht leistungsfähig ist.

Dies folgt zwar nicht eindeutig aus Wortlaut (a.), Systematik (b.) und Entstehungsgeschichte der Vorschrift (c.), jedoch nach ihrem Sinn und Zweck (d.).

a. Der Wortlaut des § 1 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a UVG stellt allein auf den Begriff "Unterhalt" ab, ohne (eindeutig) zu umschreiben, ob überhaupt eine Unterhaltspflicht, eine solche nur dem Grunde nach oder auch unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles, insbesondere im Hinblick auf eine Leistungsfähigkeit (§ 1603 Abs. 1 BGB) bestehen muss.

b. Die Systematik des Unterhaltsvorschussgesetzes ist ebenfalls nicht eindeutig. Die dem Absatz 1 der Vorschrift sowie in der Überschrift des Gesetzes vorangestellte Wendung "Unterhaltsvorschuss- und Ausfallleistung" spricht zwar dafür, dass eine Unterhaltspflicht bestehen muss, ihr lässt sich jedoch nicht eindeutig entnehmen, ob lediglich eine Unterhaltspflicht dem Grunde nach bestehen muss oder auch eine Unterhaltspflicht unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles, insbesondere im Hinblick auf eine etwaige Leistungsunfähigkeit, die eine Unterhaltspflicht entfallen lassen würde. Gleiches gilt für die Regelungen in § 1 Abs. 4 Satz 1 UVG ("für die der andere Elternteil seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Berechtigten durch Vorausleistung erfüllt hat"), in § 2 Abs. 1 UVG (Bezugnahme auf § 1612a BGB) und in § 7 Abs. 1 Satz 1 UVG ("Hat der Berechtigte für die Zeit, für die ihm die Unterhaltsleistung nach diesem Gesetz gezahlt wird, einen Unterhaltsanspruch gegen den Elternteil, bei dem er nicht lebt ...").

c. Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift führt ebenfalls zu keinem eindeutigen Ergebnis. In der Begründung zum Unterhaltsvorschussgesetz in seiner erstmaligen Fassung heißt es (BT-Drs. 8/1952, S. 6), alleinerziehende Elternteile müssten ihre Kinder in der Regel unter erschwerten Bedingungen erziehen. Diese Situation verschärfe sich noch, wenn die Kinder von dem von der Familie getrennt lebenden Elternteil nicht wenigstens den üblichen Mindestunterhalt bekommen oder wenn Unterhaltsleistungen wegen Leistungsunfähigkeit oder Tod nicht erbracht werden. Denn der alleinerziehende Elternteil müsse dann nicht nur die Unterhaltsansprüche der Kinder gegen den anderen Elternteil verfolgen, sondern auch nach § 1607 BGB im Rahmen seiner eigenen Leistungsfähigkeit für den vom anderen Elternteil geschuldeten Unterhalt aufkommen. Die neue öffentliche Unterhaltsleistung solle nur die ausfallende Mindestleistung ersetzen, die ein zahlungspflichtiger Elternteil typischerweise schuldet. In der Begründung zum Gesetz zur Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes und anderer Gesetze vom 3. Mai 2013 wird ausgeführt (BT-Drs. 17/8802, S. 7 und 9), die Unterhaltsleistung nach dem UVG, die als Vorschuss oder als Ausfallleistung gezahlt werde, habe auch armutsreduzierende Wirkung. Unterhaltsschuldnerinnen und -schuldner sollten durch die Zahlung des Unterhaltsvorschusses jedoch nicht entlastet werden. Deswegen gingen Unterhaltsansprüche der Kinder auf das Land über, das dann Rückgriff bei dem oder der Unterhaltsverpflichteten nehme. Ziel des Rückgriffs sei neben dem haushalterischen Grund auch, die Unterhalt schuldende Person für Zeiten nach dem Bezug des Unterhaltsvorschusses zur Unterhaltszahlung anzuhalten. Schließlich heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs zur zuletzt erfolgten Gesetzesänderung mit Gesetz vom 14. August 2017 (BT-Drs. 18/11135, S. 118 zu Artikel 23 Nummer 1), bei Ausfall von Unterhaltsleistungen des anderen Elternteils müssten Alleinerziehende auch im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit für den von dem anderen Elternteil geschuldeten Unterhalt aufkommen. Danach wird zwar eindeutig davon ausgegangen, dass eine Unterhaltsverpflichtung bestehen muss, jedoch nicht näher erläutert, ob diese nur dem Grunde nach bestehen soll oder auch unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles, also insbesondere unter Prüfung einer Leistungs(un)fähigkeit.

d. Sinn und Zweck des Unterhaltsvorschussgesetzes sprechen jedoch eindeutig dafür, dass die Vorschrift nur voraussetzt, dass der einen Unterhalt nicht leistende (familienferne) Elternteil dem Grunde nach (bar-) unterhaltspflichtig ist, nicht jedoch zu prüfen ist, ob seine Unterhaltspflicht aufgrund aller Umstände des Falles nicht besteht, insbesondere weil er nicht leistungsfähig ist (vgl. § 1603 Abs. 1 BGB).

Nach der gesetzgeberischen Konzeption des Unterhaltsvorschussgesetzes soll die öffentliche Unterhaltsleistung die finanzielle Belastung des alleinerziehenden Elternteils mildern, indem sie ihn für eine Übergangszeit von der Notwendigkeit befreit, den finanziellen Ausfall des anderen Elternteils aufzufangen, weil der andere Elternteil seiner zivilrechtlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt. Die Unterhaltsleistung nach dem Unterhaltsvorschussgesetz soll ausbleibende Zahlungen der Unterhaltsverpflichteten aus öffentlichen Mitteln übernehmen, um sie sodann von Amts wegen beim säumigen zahlungsverpflichteten Elternteil wieder einzuziehen. Die Gewährung von Unterhalt als Ausfallleistung für den Fall, dass ein Rückgriff auf den anderen Elternteil nicht möglich oder erfolgreich ist, soll die Ausnahme bleiben. Bereits die amtliche Kurzbezeichnung des Gesetzes ("Unterhaltsvorschussgesetz") selbst und die Begriffsbestimmung in § 1 Abs. 1 UVG, wonach es sich bei dem Anspruch auf Unterhaltsleistung nach diesem Gesetz um einen Anspruch auf Unterhaltsvorschuss oder -ausfallleistung handelt, verdeutlichen diese Zielsetzung. Bestätigt wird der Gesetzeszweck durch den in § 7 UVG normierten gesetzlichen Forderungsübergang, der den Nachrang der Unterhaltsleistung dadurch sichern soll, dass Unterhaltsansprüche des berechtigten Kindes für die Zeit, für die ihm die Unterhaltsleistung nach diesem Gesetz gezahlt wird, auf das Land übergingen. Die gesetzgeberische Konzeption, die öffentliche Unterhaltsleistung in erster Linie als Vorschuss zu zahlen und von dem säumigen zum Barunterhalt verpflichteten anderen Elternteil zurückzufordern, wird von der Erwartung getragen, dass sich der Elternteil, bei dem das Kind lebt, in der Regel so verhält, dass die Unterhaltsvorschussleistung nicht zur Unterhaltsausfallleistung wird (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 5 C 28.12 - juris Rn. 18 ff., Beschluss vom 22. Juni 2006 - 5 B 42.06 - juris Rn. 4).

Der vorstehend geschilderte Zweck des Gesetzes, den finanziellen Ausfall des anderen Elternteils (vorübergehend) aufzufangen, würde vereitelt, wenn das Jugendamt vor einer Gewährung von Unterhaltsvorschussleistungen eine "volle" zivilrechtliche Prüfung vornehmen müsste, ob die dem Grunde nach bestehende Unterhaltspflicht (vgl. § 1601 BGB) im konkreten Fall entfallen ist, insbesondere weil der (dem Grunde nach) unterhaltspflichtige (familienferne) Elternteil nicht leistungsfähig ist (vgl. § 1603 Abs. 1 BGB) oder ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist (vgl. § 1603 Abs. 2 Satz 3, 1. Halbsatz BGB) - beide Fälle kommen hier in Betracht.

So kommt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch der betreuende Elternteil als anderer unterhaltspflichtiger Verwandter im Sinne von § 1603 Abs. 2 Satz 3, 1. Halbsatz BGB in Betracht, wenn dieser in der Lage ist, unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen neben der Betreuung des Kindes auch dessen Barunterhalt ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Selbstbehaltes aufzubringen, was regelmäßig angenommen werden kann, wenn der betreuende Elternteil etwa über das Dreifache der unterhaltsrelevanten Nettoeinkünfte des an sich barunterhaltspflichtigen Elternteils verfügt (vgl. zum Vorstehenden BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 - XII ZB 297/12 - juris Rn. 26 ff.). Problematisch ist dabei in der Praxis der Ansatz eines fiktiven Einkommens (vgl. hierzu OLG Brandenburg, Urteil vom 1. November 2016 - 13 WF 244/16 - juris Rn. 9, wonach zur schlüssigen Darstellung einer Leistungsunfähigkeit einlassungsfähige Ausführungen zum Alter, zur Vorbildung und zum vollständigen beruflichen Werdegang zu machen sind einschließlich Zeitpunkt und Niveau des Schulabschlusses, lückenloser Darstellung des Ausbildungsganges und der nach Ausbildungsabschluss ausgeübten Tätigkeiten sowie der dabei erzielten Einkommen). Fiktives Einkommen kann nur dann als Basis für den Unterhaltsanspruch genommen werden, wenn dem Unterhaltspflichtigen die Verletzung einer unterhaltsrechtlich relevanten Obliegenheit, insbesondere einer Erwerbsobliegenheit vorgeworfen werden kann (vgl. hierzu Viefhues in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 1603 BGB, Rn. 399, wonach sich die folgende Prüfungsreihenfolge ergibt: 1. Welche Obliegenheit besteht [konkret: Umfang der Erwerbsobliegenheit]? 2. Ist diese Obliegenheit verletzt worden [konkret: Erwerbsbemühungen, Bewerbungsbemühungen]? 3. Welche Konsequenzen und Rechtsfolgen ergeben sich daraus? 4. Welches erzielbare Einkommen kann angerechnet werden [konkret: Höhe des fiktiv anzusetzenden Einkommens]? 5. Ab wann und für wie lange ist dieses Einkommen erzielbar?]).

Ferner bestimmt sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die Frage, ob der (dem Grunde nach) unterhaltsverpflichtete (familienferne) Elternteil leistungsfähig ist im Sinne von § 1603 Abs. 1 BGB, nicht nur durch Erwerbseinkünfte, sondern in gleicher Weise durch Vermögenserträge und sonstige wirtschaftliche Nutzungen, die der Unterhaltspflichtige aus seinem Vermögen zieht, beispielsweise auch Gebrauchsvorteile einer (auch selbst bewohnten) Immobilie (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2015 - XII ZB 236/14 - juris Rn. 17 ff.). Außerdem ist verwertbares Vermögen vorbehaltlich eines eigenen angemessenen Unterhalts und einer angemessenen Altersvorsorge zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 30. August 2006 - XII ZR 98/04 - juris Rn. 26).

Die vorstehend aufgeführten Fragen bzw. Bewertungen erfordern z.T. aufwändige und langwierige Ermittlungen, die das Jugendamt anstellen müsste und die eine Gewährung von Unterhaltsleistungen als Vorschuss und notfalls als Ausfallleistung obsolet machen würde. Nach der Konzeption des Unterhaltsvorschussgesetzes sollen die Unterhaltsvorschusskassen derartige Ermittlungen nicht zu Lasten des Kindes und des dieses alleinerziehenden Elternteils führen, sondern diese einem Regressverfahren nach § 7 UVG vorbehalten bleiben.

Die Kammer sieht ihre Auffassung vom Urteil des OVG Koblenz vom 23. Juli 2014 - 7 A 103330/14 - bestätigt. Hiernach (juris Rn. 42) ist der Anspruch auf eine Unterhaltsleistung nach dem Unterhaltsvorschussgesetz auf eine jugendhilferechtliche Sozialleistung eigener Art gerichtet. Er sei zwar mit dem zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch eines Kindes insofern verknüpft, als sich sein Umfang gemäß § 2 UVG an dem zivilrechtlichen Mindestunterhalt ausrichte. Er setze indes, wie sich auch aus § 7 Abs. 1 Satz 1 UVG ergebe, nicht das Bestehen eines Unterhaltsanspruches des berechtigten Kindes gegen den anderen Elternteil voraus, der etwa dann nicht bestehe, wenn jener nicht leistungsfähig sei (vgl. § 1603 Abs. 1 BGB). Die Unterhaltsleistung sei nicht etwa subsidiär gegenüber dem zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch, sondern nur subsidiär gegenüber einer an das berechtigte Kind tatsächlich erfolgten Unterhaltszahlung des anderen Elternteils. Auch in der Rechtsprechung des Berufungsgerichts der Kammer finden sich Anhaltspunkte für eine Auslegung der Vorschrift, wie sie die Kammer vornimmt. Auch wenn in Entscheidungen wie selbstverständlich davon ausgegangen wird, dass eine (Bar-) Unterhaltspflicht des nicht betreuenden Elternteils besteht (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. Januar 2010 - 6 B 10.09 - juris Rn. 18 und Beschluss vom 21. März 2014 - 6 N 7.14 - BA S. 3; vgl. auch OVG Hamburg, Beschluss vom 18. Januar 2013 - 10 A 902/12.Z - juris Rn. 6; VGH München, Beschluss vom 7. November 2012 - 12 C 12.2289 - juris Rn. 23) hat das OVG Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 21. März 2014 - 6 N 7.14 - ausdrücklich ausgeführt, das Gesetz stelle nicht auf die Leistungsfähigkeit oder die Leistungsunfähigkeit des zum Barunterhalt verpflichteten Elternteils ab, sondern auf den Umstand, dass dieser seiner Barunterhaltsverpflichtung nicht nachkomme, die spezifische Zweckrichtung des Unterhaltsvorschussgesetzes sei es, den Ausfall einer bestehenden Barunterhaltspflicht auszugleichen (BA S. 2; Hervorhebung nur hier). Dies kann nur so verstanden werden, dass es nur auf die bei dem Elternteil dem Grunde nach bestehende Unterhaltsverpflichtung (§ 1601 BGB) ankommt. Auch mit dem o.g. Beschluss vom 14. Februar 2014 (a.a.O.) hat das OVG Berlin-Brandenburg den Unterschied zwischen dem Unterhaltsvorschuss als Sozialleistung und dem familienrechtlichen Unterhaltsanspruch betont. Schließlich kann auch das o.g. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Februar 2005 (a.a.O., Rn. 12) als Beleg für die Auffassung der Kammer genommen werden, auch wenn es (nur) zur Anrechnungsregelung des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVG ergangen ist. Danach soll die Anrechnung allein von "Unterhaltszahlungen", die nach Zeitpunkt und Höhe eindeutig und einfach nachzuvollziehen sind, sicherstellen, dass die typisierten öffentlich-rechtlichen Unterhaltsleistungen bewilligt werden können, ohne die Unterhaltsvorschussbehörden mit der Aufklärung sonstiger unterhaltsrechtlich etwa beachtlicher Leistungen des barunterhaltspflichtigen Elternteils an die Berechtigten oder Dritte und die Bestimmung von deren Bedeutung für den Kindesunterhalt zu belasten. Für die Anrechnung, die nach unterhaltsvorschussrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen sei, komme es auch nicht darauf an, wem nach bürgerlichem Recht bei einer mietzinsfreien Unterkunftsbereitstellung ein Wohnwertvorteil zuzuordnen ist, ob diese zu einer Minderung des Barunterhaltsanspruches auch der Kinder führe oder unter welchen Voraussetzungen der zum Barunterhalt verpflichtete Elternteil nach bürgerlichem Recht seine Unterhaltspflicht ganz oder teilweise durch eine Naturalunterhaltsleistung erfüllen könne.

3. Es besteht keine ungeschriebene weitere Voraussetzung nach § 1 Abs. 1 UVG, dass der Unterhalt "planwidrig" ausfällt.

Die obergerichtliche Rechtsprechung sowie die Kommentarliteratur ging bislang davon aus, das Unterhaltsvorschussgesetz setze nach seinem Wortlaut wie auch nach seiner gesamten Konzeption voraus, dass Unterhaltsleistungen "planwidrig" ausbleiben (vgl. etwa OVG Lüneburg, Beschluss vom 12. Februar 2007 - 4 LA 94/07 - juris Rn. 4; VGH Kassel, Beschluss vom 1. Juli 2004 - 10 UZ 1802/03 - juris Rn. 4; VGH Mannheim, Urteil vom 8. November 1995 - 6 S 1945/95 - juris Rn. 14; Grube, UVG, 2009, § 1 Rn. 3, 99), was etwa dann angenommen wurde, wenn der das Kind betreuende Elternteil den anderen Elternteil von seiner Unterhaltspflicht freigestellt oder die prekäre Lage selbst herbeigeführt hat. Dem ist allerdings das Bundesverwaltungsgericht entgegengetreten. Es hat mit dem o.g. Urteil vom 16. Mai 2013 ausgeführt (a.a.O. Rn. 17 ff.), der in Rechtsprechung und Literatur vertretene Ansatz, die Voraussetzung des § 1 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a UVG sei nur dann als erfüllt anzusehen, wenn der zivilrechtlich geschuldete Unterhalt des anderen Elternteils "planwidrig" ausbleibe, wobei die geforderte "Planwidrigkeit" anhand einer objektiven Betrachtung aus der Sicht des alleinerziehenden Elternteils beurteilt und angenommen werde, wenn der alleinerziehende Elternteil Unterhaltsleistungen von dem anderen Elternteil habe erwarten dürfen, erweise sich als nicht vereinbar mit der gesetzgeberischen Konzeption. Diese erkenne an, dass der alleinerziehende Elternteil sein Kind in der Regel unter erschwerten Bedingungen erziehen müsse und sich diese Situation noch verschärfe, wenn der zivilrechtlich geschuldete Barunterhalt des anderen Elternteils ausbleibe. Der mit dem Kind zusammenlebende Elternteil müsse dann nicht nur Alltag und Erziehung auf sich gestellt bewältigen, sondern im Rahmen seiner eigenen Leistungsfähigkeit zudem für den vom anderen Elternteil geschuldeten Unterhalt aufkommen. Es sei somit erforderlich, aber auch ausreichend, dass zusätzlich zu der bei Alleinerziehenden typischerweise gegebenen Erziehungssituation der Unterhalt des anderen Elternteils ausfällt. Ob der alleinerziehende Elternteil habe erwarten dürfen, dass der andere Elternteil seiner zivilrechtlichen Unterhaltspflicht nachkommen wird, und diese Erwartung enttäuscht werde, spiele nach der Vorstellung des Gesetzgebers erkennbar keine Rolle. Die Konzeption des Unterhaltsvorschussgesetzes stehe auch der Annahme entgegen, der Gesetzgeber habe einen Anspruch in den Fällen ausschließen wollen, in denen der alleinerziehende Elternteil die prekäre Lage selbst herbeigeführt habe. Der Anspruch auf Unterhaltsleistung knüpfe an die in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UVG beschriebene Bedarfslage an, die das anspruchsberechtigte Kind im Blick habe. Der Gesetzgeber habe es zwar für sachgerecht gehalten, diesem ein mit der gesetzlichen Konzeption nicht zu vereinbarendes Verhalten des alleinerziehenden Elternteils zuzurechnen, weil die Unterhaltsleistung in erster Linie eine wirtschaftliche Entlastung des alleinerziehenden Elternteils bedeute und im wirtschaftlichen Ergebnis ihm zu Gute komme. Diese Zurechnung erfolge im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 3 UVG, wonach der Anspruch auf Unterhaltsleistung nicht bestehe, wenn der alleinerziehende Elternteil es an der notwendigen Mitwirkung beim Vollzug des Gesetzes habe fehlen lassen. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber den Anspruch auch dann habe ausschließen wollen, wenn der alleinerziehende Elternteil die prekäre Lage bewirkt habe.

4. Nach § 1 Abs. 3, 2. Alt. UVG besteht ein Anspruch auf Unterhaltsleistungen nach diesem Gesetz nicht, wenn der Elternteil, bei dem das Kind lebt, sich weigert, die Auskünfte, die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlich sind, zu erteilen oder bei der Feststellung der Vaterschaft oder des Aufenthaltes des anderen Elternteils mitzuwirken. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. das o.g. Urteil vom 16. Mai 2013, a.a.O., Rn. 15 ff.) ist diese Regelung entsprechend anwendbar, wenn der Elternteil, bei dem das Kind lebt, durch ein bewusstes und gewolltes Verhalten vor der Geburt des Kindes eine Situation schafft, in der die Feststellung der Vaterschaft und damit des barunterhaltspflichtigen anderen Elternteils von vornherein ausgeschlossen ist und deshalb die öffentliche Unterhaltsleistung nur als Ausfallleistung gewährt werden kann.

Dieser Ausschlussgrund liegt hier weder in der zuerst genannten Konstellation (Weigerung) noch in der zuletzt genannten (vorgeburtliches Fehlverhalten) vor.

Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.