LG Cottbus, Beschluss vom 31.03.2020 - 7 T 79/20
Fundstelle
openJur 2020, 38410
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag des Betroffenen auf Hinzuziehung des Herrn ............. als Person des Vertrauens wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

Dem Antrag auf Hinzuziehung des Herrn ............., Abschiebehaftkontaktgruppe .........., war im Beschlusswege gemäß § 7 Abs. 5 S. 1 FamFG nicht zu entsprechen.

Gemäß § 418 Abs. 3 Nr. 2 FamFG kann im Interesse des Betroffenen eine von ihm benannte Person seines Vertrauens am Freiheitsentziehungsverfahren beteiligt werden.

Zunächst ist hier darauf hinzuweisen, dass Herr ............., entgegen seiner eigenen Ansicht, derzeit nicht Verfahrensbeteiligter ist.

Zwar besteht eine durch in erster Instanz erfolgte Hinzuziehung begründete Beteiligtenstellung in der Beschwerdeinstanz fort (BGH, Beschluss vom 11.04.2012, XII ZB 531/11; zitiert nach beck-online), eine derartige Hinzuziehung ist hier jedoch nicht gegeben.

Das Amtsgericht Königs Wusterhausen hat der Beschwerde des Betroffenen nicht abgeholfen. Im Original des Nichtabhilfebeschlusses vom 10.03.2020 ist Herr ............. nicht aufgeführt; eine Entscheidung über die Hinzuziehung des Herrn ............. ist damit nicht, auch nicht konkludent, getroffen worden. In einer Ausfertigung des Nichtabhilfebeschlusses vom "11.03.2020" ist Herr ............. als Vertreter des Betroffenen aufgeführt. Warum dies so erfolgt ist, erschließt sich der Kammer nicht. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass sich das Amtsgericht mit der Frage der Beteiligung nach § 418 Abs. 3 Nr. 2 FamFG in irgendeiner Weise auseinandergesetzt hätte. Somit hat die Aufnahme des Herrn ............. in das Rubrum der vom Original abweichenden Ausfertigung des genannten Beschlusses keinerlei Erklärungswert.

Die für die Hinzuziehung zum Verfahren erforderliche Voraussetzung, Person des Vertrauens des Betroffenen, ist hier für Herrn ............. nicht gegeben.

Dafür ist ein enges Vertrauensverhältnis, eine enge Verbundenheit zwischen der benannten Person und dem Betroffenen des Verfahrens erforderlich (LG Kleve, Beschluss vom 6. Juni 2013, Az.: 4 T 53/13; BeckOK FamFG/Günter FamFG § 418 Rn. 8; Haußleiter/Heidelbach FamFG § 418 Rn. 6; MüKoFamFG/Wendtland FamFG § 418 Rn. 9; Keidel/Göbel FamFG § 418 Rn. 6; alle zitiert nach beck-online).

Das Erfordernis des Vertrauensverhältnisses ergibt sich schon unmittelbar aus dem Wortlaut der Vorschrift.

Die systematische Auslegung, hier der Zusammenhang der Nr. 1 und 2 von § 418 Abs. 3 FamFG, bestätigt diesen Befund. Nach § 418 Abs. 3 Nr. 1 FamFG können die Ehegatten oder Lebenspartner und dort genannte nahe Verwandte des Betroffenen beteiligt werden. Mit § 418 Abs. 3 Nr. 2 FamFG soll dem Betroffenen, der keine unter Nr. 1 genannte Person benennen kann oder will, die Möglichkeit eröffnet werden, eine Person zu benennen, zu der für ihn ein vergleichbares Näheverhältnis, wie regelmäßig zu den unter Nr. 1 aufgeführten Personen besteht.

Das Erfordernis der engen Verbundenheit ergibt sich auch aus der historischen Auslegung, denn eine solche wird in den Gesetzesmaterialien gefordert (Bundestagsdrucksache 16/6308, Seiten 266, 273, 291).

Schließlich ergibt sich auch aus Sinn und Zweck der Vorschrift nichts anderes. Der Betroffene soll die Möglichkeit haben, sich im Verfahren durch eine Person seines Vertrauens begleiten und unterstützen zu lassen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit § 418 Abs. 3 Nr. 2 FamFG die Beteiligung von quasiprofessionellen Rechtsberatern, neben oder anstelle von Rechtsanwälten als Verfahrensbevollmächtigte, ermöglichen und den Kreis der zu beteiligenden Personen ausufern lassen wollte (LG Kleve, a. a. O.; Haußleiter/Heidelbach, a. a. O. MüKoFamFG/Wendtland, a. a. O.; anders LG Düsseldorf, Beschluss vom 05.01.2015, Az.: 25 T 724/14, zitiert nach beck-online, das in der Vertrauensperson offenbar einen Ersatz für einen Verfahrensbeistand, gemeint ist wohl ein Verfahrensbevollmächtigter, sieht, was jedoch, soweit ersichtlich, eine Einzelfallentscheidung ist, deren Hintergrund der Kammer nicht bekannt ist, und was seitens der Kammer gerade nicht als Wille des Gesetzgebers erkannt werden kann).

Zwar ist es zutreffend, dass ein derartiges Vertrauensverhältnis auch durch eine länger währende Beratung entstanden sein kann (LG Kleve, a. a. O.; Keidel/Göbel, a. a. O.). Zutreffend ist auch, dass an das genannte enge Vertrauensverhältnis keine überspannten Anforderungen zu stellen sind und dass es letztlich der Bestimmungshoheit des Betroffenen unterliegt, wen er als Vertrauensperson benennt (Haußleiter/Heidelbach a. a. O.; MüKoFamFG/Wendtland, a. a. O.).

Zu dem engen Vertrauensverhältnis, der engen Verbundenheit, trägt Herr ............. im vorliegenden Fall jedoch lediglich vor, dass es durch seine diversen Besuche in der Haft entstanden sei. Es wird jedoch nicht vorgetragen, wann, unter welchen konkreten Umständen, auf wessen Initiative die Besuche stattgefunden haben und insbesondere wie dabei im Hinblick auf die Sprachbarriere, wobei die Kammer mangels anderer Erkenntnisse davon ausgeht, dass Herr ............. nicht Urdu und der Betroffene nicht deutsch spricht, ein enges Vertrauensverhältnis hat aufgebaut werden können.

Der Betroffene selbst, der zu dieser Frage in seiner Landessprache angehört worden ist, äußert sich bezeichnenderweise hierzu nicht. Würde er in der Lage sein, ein enges Vertrauensverhältnis zu Herrn ............. zu begründen, hätte es nahe gelegen, dass er die Möglichkeit zur Äußerung dazu nutzt.

Auch aus dem Beschwerdeschriftsatz nebst Anlage vom 12.02.2020 lassen sich zum Vertrauensverhältnis keine Erkenntnisse gewinnen. Dieser Schriftsatz ist zwar sehr wahrscheinlich von dem Betroffenen unterzeichnet, jedoch offensichtlich durch Dritte vorgefertigt worden. Es lässt sich diesem Schreiben auch nicht entnehmen, ob es dem Betroffenen vor Unterzeichnung in seine Landessprache übersetzt wurde. Die Abfassung des Beschwerdeschriftsatzes lässt auch die Wertung zu, dass die Initiative hierfür von Dritten ausging und es nicht so war, dass der Betroffene aus einem bereits bestehenden Vertrauensverhältnis heraus Herrn ............. als Person seines Vertrauens benannt hat.

Darüber hinaus steht die Beteiligung der in § 418 Abs. 3 FamFG genannten Personen, namentlich bei Personen, die lediglich ein ideelles oder soziales Interesse am Verfahren haben (Haußleiter/Gomille FamFG § 7 Rn. 20 zitiert nach beck-online), im Ermessen des Gerichts (BGH, Beschluss vom 17.06.2010, Az.: V ZB 127/10; LG Düsseldorf, a. a. O. LG Kleve, a. a. O.). Entscheidendes Kriterium bei der Ermessensausübung des Gerichts ist dabei, dass durch die Beteiligung der Vertrauensperson ein zusätzlicher Erkenntnisgewinn gegeben ist (BGH, a. a. O.; LG Düsseldorf, a. a. O.).

Der von Herrn ............. behauptete Erkenntnisgewinn, der mit seiner Beteiligung gegeben sei, ist nicht ersichtlich. Die durch Herrn ............. vorgetragenen - weitgehend rechtlichen - Erwägungen werden durch die Kammer zur Kenntnis genommen und in die Entscheidungsfindung einbezogen. Anhaltspunkte dafür, dass eine darüber hinausgehende förmliche Beteiligung des Herrn ............. zusätzliche Gesichtspunkte aufzeigen könnten, bestehen nicht.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind, sodass ein Rechtsmittel nicht gegeben ist (BGH, Beschluss vom 05.01.2011, Az.: XII ZB 152/10; zitiert nach beck-online).

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