LSG der Länder Berlin und Brandenburg, Urteil vom 13.12.2018 - L 21 U 217/16
Fundstelle
openJur 2020, 36638
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren endgültig auf 2,5 Mio Euro festgesetzt.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist in erster Linie streitig, ob die Beklagte der zuständige Unfallversicherungsträger für das Unternehmen der Klägerin ist. In zweiter Linie begehrt die Klägerin die Aufhebung von Veranlagungs- und Beitragsbescheiden für die Jahre 2010 bis 2014.

Die Klägerin ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn AG und war zuvor (ab 23. November 2009 bis Mitte 2016) eine 100%ige Tochtergesellschaft der DB Netz AG. Alleinige Gesellschafterin der DB Netz AG wiederum ist die Deutsche Bahn AG. Die DB Netz AG war im Jahr 1999 im Zuge der zweiten Stufe der Bahnreform aus dem Vermögen der Deutschen Bahn AG ausgegliedert worden. Zwischen den zuvor genannten Mutter- und Tochtergesellschaften bestanden bzw. bestehen jeweils Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge.

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist laut Gesellschaftsvertrag und Handelsregister (HRB B) die ,,Planung, Erstellung und Instandhaltung von Anlagen der Infrastruktur, insbesondere der Eisenbahninfrastruktur, einschließlich des Erbringens von Eisenbahnverkehrsleistungen sowie jegliche Tätigkeiten, die dem vorgenannten Zweck förderlich sind.”

Die Klägerin wurde aufgrund Gesellschaftsvertrages vom 14. November 2002 als "DB EVermögensverwaltungsgesellschaft mbH" gegründet (es handelte sich um eine sog. Vorratsgesellschaft, d.h. eine Gesellschaft, deren Gründung abgeschlossen ist, die aber keine Geschäftstätigkeit aufgenommen hat und deshalb vorläufig nur als Hülle oder Mantel besteht), am 18. Dezember 2002 unter dieser Firma erstmals im Handelsregister eingetragen und am 19. August 2010 umfirmiert zu "DB B Gruppe mbH" (HRB 124422 B).

Aufgrund Verschmelzungsvertrages vom 28. Juni 2010 wurden folgende Gesellschaften als übertragende Rechtsträger auf die DB B Gruppe mbH als übernehmende Gesellschaft verschmolzen: DB B GmbH - DBB GmbH-, - DBG GmbH -, - DGT GmbH - und IBB Ingenieur-, Brücken- und Tiefbau GmbH (die Eintragung in die Handelsregister der übertragenden und der übernehmenden Gesellschaft unter gleichzeitiger Eintragung von deren Umfirmierung erfolgte am 18. und 19. August 2010).

Die DB Bahnbau GmbH war alleinige Gesellschafterin der drei anderen zuvor genannten Gesellschaften und ihrerseits eine 100%ige Tochtergesellschaft der DB Netz AG gewesen. Wegen des Gegenstands der Unternehmen wird auf die entsprechenden Handelsregisterauszüge Bezug genommen. Bereits im Jahr 1997 war alleinige Anteilseignerin/Gesellschafterin der DGT GmbH die Deutsche Bahn AG

Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen (Eisenbahn-Unfallkasse - E-UK -, im Folgenden ebenfalls Beigeladene) hatte ihre Zuständigkeit für die Unternehmen DBG GmbH und DBB GmbH mit Schreiben vom 11. März 1996 und vom 29. April 2002 festgestellt. Mit Schreiben vom 4. Februar 2010 hatte sie der Klägerin - noch unter der Firma "DB E Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH" - mitgeteilt, dass sie, die Beigeladene, ihre Zuständigkeit als gesetzlicher Unfallversicherungsträger für dieses Unternehmen festgestellt habe und die Mitgliedschaft unter der Mitgliedsnr.: 1203 zum 23.11.2009 begonnen habe. In der Folgezeit erhob die Beigeladene von der Klägerin Beiträge und bearbeitete und entschädigte Unfälle.

Die Beigeladene war als bundesweit zuständiger Unfallversicherungsträger im Zusammenhang mit der Strukturreform der Bundeseisenbahnen zum 1. Januar 1994 durch Umwandlung der bisher rechtlich unselbständigen Bundesbahn-Ausführungsbehörde für Unfallversicherung in die rechtlich selbständige Eisenbahn-Unfallkasse entstanden (vgl. Art. 1 § 13 Abs. 3, Art. 6 Abs. 92 und Art. 7 § 1 ENeuOG und die Eisenbahn-Unfallkassenübergangsverordnung vom 7. Februar 1994, BGBl. I S. 198).

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten (Tiefbau Berufsgenossenschaft, im Folgenden ebenfalls Beklagte) hatte die DGT GmbH (Aufnahmebescheide vom 24. März 1995, vom 4. Januar 1996) sowie die IBB GmbH (Aufnahmebescheid vom 27. September 1993) in ihr Unternehmerverzeichnis eingetragen.

Bereits im Jahr 2006 hatte die DGT GmbH bei der Beklagten beantragt, ihr Unternehmen an die Beigeladene zu überweisen, weil sie im Sinne von § 126 Nr. 3 SGB VII (in der seinerzeit gültigen Fassung vom 07.08.1996; im Folgenden: a. F.) "wie ein Hilfsunternehmen” den Zwecken des Betreibens der Eisenbahninfrastruktur diene. Der hierüber geführte Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Berlin (Aktenzeichen: S 163 U 454/07), zu dem auch die hiesige Beigeladene beigeladen war, wurde nach der im Jahr 2010 erfolgten Verschmelzung (übereinstimmend) für erledigt erklärt.

Klägerin und Beigeladene baten die Beklagte in der Folgezeit um Überweisung der auf die Klägerin verschmolzenen Gesellschaften an die Beigeladene als gesetzlicher Unfallversicherungsträger.

Mit Schreiben vom 17. September 2010 teilte die Beigeladene der Klägerin mit, dass sie ihre Zuständigkeit für das Unternehmen der Klägerin, DB Bahnbau Gruppe GmbH, festgestellt habe, die Mitgliedschaft beginne am 23. November 2009. Dies bestätigte sie mit inhaltsgleichem Schreiben vom 22. September 2010.

Unter dem 20. Oktober 2010 lehnte die Beklagte gegenüber der Beigeladenen das Überweisungsbegehren ab und bat ihrerseits um Überweisung des Unternehmens der Klägerin. Für die Unternehmen DGT GmbH und IBB GmbH sei ihre (die der Beklagten) sachliche Zuständigkeit gegeben. Der betriebliche Schwerpunkt beider Gesellschaften liege im tiefbaulichen Bereich, speziell im Gewerbezweig Gleisbau.

In der Folgezeit kam es zu wechselseitigen Anträgen auf Überweisung der Klägerin bzw. der zu ihr verschmolzenen Gesellschaften in die jeweils eigene Zuständigkeit von Beklagter bzw. Beigeladener (Schreiben vom 6.12.2010, 24.2.2011, 11.4.2011, 11. Mai 2011).

Am 28. Juni 2011 fand eine Betriebsprüfung des Unternehmens der Klägerin durch die Beklagte statt. Im Ermittlungsbericht vom 29. Juni 2011 wird ausgeführt, dass zum Stichtag 28. Februar 2010 insgesamt 1.559 Mitarbeiter bei der Beigeladenen - bei einem auf diese entfallenden Umsatz im Jahr 2010 von 260.023.524,05 € - sowie 1.567 Mitarbeiter bei der Beklagten - bei einem Umsatz von 252.957.302,47 € - versichert gewesen seien. Zur Aufteilung der Umsätze der Klägerin nach Auftraggebern teilten die Betriebsprüfer der Beklagten im Ermittlungsbericht vom 29. Juni 2011 abschließend mit, dass "Hauptauftraggeber der DBG zu über 90% die DB AG und die mit ihr verbundenen Unternehmen" seien.

Nach weiteren ergebnislos verlaufenden Gesprächen zwischen Beigeladener, Beklagter und Klägerin entschied die Beklagte mit Bescheid vom 11. Juli 2013 "über die Feststellung der Zuständigkeit”, dass sie für das Unternehmen der Klägerin der zuständige Träger der gesetzlichen Unfallversicherung sei.

Unter dem 12. Juli 2013 erließ die Beklagte zwei Veranlagungsbescheide und jeweils unter dem 13. September 2013 Beitragsbescheide für die Jahre 2010, 2011 und 2012, einen Beitragsvorschussbescheid für das Jahr 2013 sowie einen Beitragsvorschussbescheid für die ersten beiden Vorschussteilbeträge für das Jahr 2014.

Die hiergegen eingelegten Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. November 2013 zurück. Bei dem Bescheid vom 11. Juli 2013 handle es sich um einen Umschreibungsbescheid. Ihre durch bestandskräftige Aufnahmebescheide Anfang/Mitte der 1990er Jahre begründete Zuständigkeit für die Unternehmen der DGT GmbH und der IBB GmbH dauere für die Klägerin fort. Durch die Verschmelzung sei es lediglich zu einem Unternehmerwechsel gekommen; infolgedessen sei die zwischen ihr (der Beklagten) und den beiden Vorgängerunternehmen bestehende Rechtsbeziehung auf die Klägerin übergegangen. Die im Jahr 2011 durchgeführte Betriebsprüfung lasse auf eine Vorrangstellung der in dem Unternehmen der Klägerin aufgegangenen Bereiche, die den Unternehmen der DGT GmbH und der IBB GmbH entsprechen würden, schließen. Es habe weder eine Überweisung stattgefunden noch sei ein,,Löschungsbescheid” ergangen, sodass ihre Zuständigkeit nie geendet habe. Dennoch ergangene Zuständigkeitsbescheide der Beigeladenen seien nichtig.

Hiergegen hat die Klägerin am 15. November 2013 Klage zum SG Berlin erhoben und die Aufhebung der genannten Bescheide in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. November 2013 begehrt.

Die Beigeladene habe durch Bescheide vom 4. Februar 2010 und vom 17. September 2010 bereits ihre Zuständigkeit für die Unternehmen der DB E Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH bzw. der Klägerin festgestellt. Die Bescheide seien bestandskräftig. Nichtigkeitsgründe nach § 40 SGB X würden nicht vorliegen. Materiell folge die Zuständigkeit der Beigeladenen aus § 126 SGB VII a F. Soweit die Beklagte den Zuständigkeitsbescheid der Beigeladenen vom 17. September 2010 für rechtsfehlerhaft halte, hätte sie ihn binnen einer Jahresfrist entsprechend § 66 Abs. 2 SGG anfechten müssen. Dies habe die Beklagte versäumt. Nunmehr könne sie ihr Ziel lediglich noch mittels einer Überweisung des Unternehmens der Klägerin, die jedoch von der Beigeladenen abgelehnt werde, oder auf der Basis einer Entscheidung der Schiedsstelle für Katasterfragen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) erreichen. Die zwischen den Beteiligten geführten Gespräche würden nichts an der bestehenden Rechtslage ändern. Die Zuständigkeit der Beklagten für die Unternehmen DGT GmbH und IBB GmbH habe mit der Verschmelzung geendet. Abgesehen davon hätten selbst diese beiden Unternehmen an sich zuvor schon an die Beigeladene überwiesen werden müssen; dies ergebe sich aus dem klägerischen Vortrag im Klageverfahren zum Aktenzeichen S 163 U 454/07.

Bei dem Bescheid vom 11. Juli 2013 handle es sich nicht um einen,,Umschreibungsbescheid”. Weder existiere hierfür eine Rechtsgrundlage noch regIe der Bescheid nach seinem Wortlaut eine Umschreibung. Außerdem scheide eine Umschreibung schon deshalb aus, weil die übertragenden Rechtsträger mit der Eintragung in das Handelsregister gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG erloschen seien.

Während des Klageverfahrens hat die Beklagte mit zwei Bescheiden vom 25. April 2014 den Beitrag für das Jahr 2013 sowie den Beitragsvorschuss für das Jahr 2014 festgesetzt. Weiter hat die Beklagte mit Bescheid vom 28. April 2015 den Beitrag für das Jahr 2014 sowie mit einem weiteren Bescheid vom 28. April 2015 den Beitrag für den Arbeitsmedizinisch-Sicherheitstechnischen Dienst (ASD) für das Jahr 2014 festgesetzt.

Die Beklagte hat vor dem SG geltend gemacht, dass die Verschmelzung nach dem Rechtsgedanken des § 324 UmwG einem Betriebsübergang gleichstehe und lediglich zu einem Unternehmerwechsel führe, sodass ihre Zuständigkeit durch die Verschmelzung nicht berührt worden sei. Die Beigeladene sei zudem materiell unzuständig (siehe das Klageverfahren zum Aktenzeichen S 163 U 454/07). Außerdem laufe das Verhalten der Beigeladenen auf einen Wettlauf der Unfallversicherungsträger um die Feststellung von Zuständigkeiten hinaus. Der Zuständigkeitsbescheid der Beigeladenen verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und sei bereits deshalb nichtig.

Sie (die Beklagte) habe wegen der von 2010 bis 2013 laufenden Verhandlungen Vertrauensschutz genossen; in die rechtliche Bewertung müsse insoweit der Rechtsgedanke des § 203 BGB (Hemmung der Verjährung bei Verhandlungen) einfließen. Die Klägerin sei offenbar selbst von der (Teil-)Nichtigkeit des Zuständigkeitsbescheids der Beigeladenen vom 4. Februar 2010 ausgegangen; anders würde sich das Überweisungsverlangen der Klägerin vom 20. August 2010 nicht erklären lassen. Eine Drittschutzklage gegen den Zuständigkeitsbescheid der Beigeladenen wäre mangels einer Klagebefugnis unzulässig gewesen.

Die Beigeladene hat vorgetragen, ihre materielle Zuständigkeit folge aus § 126 Nr. 3 SGB VII a. F. bzw. aus § 125 Abs. 2 Nr. 3 SGB VII (in der ab 01.01.2015 geltenden Fassung; im Folgenden n. F.). Sie sei in Bezug auf die Deutsche Bahn AG ein sog. Konzernversicherer. Die Klägerin werde weiterhin als Hilfsunternehmen tätig, da sie fast ausschließlich für die DB Netz AG tätig sei. Der Schwerpunkt der Bautätigkeiten liege im Bereich der Eisenbahninfrastruktur für den Deutsche Bahn-Konzern.

Mit Urteil vom 20. Oktober 2016 hat das SG Berlin sämtliche angefochtenen Bescheide aufgehoben. Die angefochtenen Bescheide aus dem Jahr 2014 seien gemäß § 96 Abs. 1 SGG in das Klageverfahren einbezogen worden.

Der Bescheid der Beklagten "über die Feststellung der Zuständigkeit” vom 11. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. November 2013 sei rechtswidrig, weil die Beigeladene ihrerseits bereits vor Erlass dieses Bescheids ihre Zuständigkeit bindend festgestellt gehabt habe. Darüber hinaus sei die Beklagte für das Unternehmen der Klägerin auch materiell unzuständig.

Jedenfalls das Schreiben der Beigeladenen vom 17. September 2010 stelle unter Berücksichtigung einer am objektiven Empfängerhorizont orientierten Auslegung einen Verwaltungsakt dar, mit welchem die Beigeladene gemäß § 136 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ihre Zuständigkeit für das Unternehmen der Klägerin festgestellt habe - und zwar für das Unternehmen in der Gestalt, die es durch die Verschmelzung erlangt hatte.

Dieser Zuständigkeitsbescheid sei wirksam. Gründe, die gemäß § 40 Abs. 2 SGB X zur Nichtigkeit dieses Verwaltungsakts führen würden, lägen nicht vor.

Die Beigeladene sei berechtigt gewesen, nach der Eintragung der Verschmelzung ins Handelsregister am 19. August 2010 ihre Zuständigkeit für das Unternehmen der Klägerin ohne Rücksicht auf die in den 1990er Jahren ergangenen Aufnahmebescheide der Beklagten festzustellen. Der Erlass eines Zuständigkeitsbescheids sei nach der Verschmelzung der Unternehmen zur Vermeidung einer Doppelzuständigkeit geboten gewesen, so dass die Beigeladene mit dessen Erlass schon aus diesem Grund nicht gegen Treu und Glauben verstoßen habe.

Der Zuständigkeitsbescheid der Beigeladenen vom 17. September 2010 sei auch bestandskräftig geworden und entfalte deshalb auch im Verhältnis zu anderen Unfallversicherungsträgern Bindungswirkung.

Der Bescheid der Beklagten, über die Feststellung der Zuständigkeit” vom 11. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. November 2013 sei darüber hinaus auch deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte für das Unternehmen der Klägerin materiell unzuständig sei. Zuständiger UVTräger für die Klägerin sei die Beigeladene.

Das Unternehmen der Klägerin sei gemäß § 3 Abs. 3 des Deutsche Bahn Gründungsgesetzes (DBGrG) aus den Unternehmen im Sinne der Nummer 2 des § 126 SGB VII a. F. ausgegliedert worden.

Die Klägerin sei zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der Verschmelzung (und werde auch immer noch) von den in Nummer 2 des § 126 SGB VII a. F. genannten Unternehmen überwiegend beherrscht worden. Die Beherrschungsmacht werde durch das Halten von 100% der Geschäftsanteile sowie durch Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge realisiert.

Schließlich betreibe die Klägerin unmittelbar und überwiegend Eisenbahninfrastruktur bzw. dient(e) diesem Zweck zumindest wie ein Hilfsunternehmen. Anhaltspunkte dafür, dass der Gegenstand des Unternehmens der Klägerin im Gesellschaftsvertrag unzutreffend dargestellt sein könnte, bestünden nicht. Das Unternehmen der Klägerin sei eindeutig auf das unmittelbare Betreiben von Eisenbahninfrastruktur sowie auf die Ausführung von diesem Zweck dienlichen Verrichtungen gerichtet.

Bestätigt werde diese Beurteilung dadurch, dass die Gesellschaften, deren Vermögen im Rahmen der Verschmelzung im Jahr 2010 auf die Klägerin übertragen worden seien, ebenfalls Eisenbahninfrastruktur betrieben bzw. Tätigkeiten ausgeführt hätten, die diesem Zwecke dienten, wie sich aus den Handelsregisterauszügen ergebe. All die dort genannten Tätigkeiten, insbesondere auch der Bau von Anlagen für den schienengebundenen Verkehr sowie die sonstigen Bauleistungen, seien integraler Bestandteil einer Eisenbahninfrastruktur bzw. dienten dieser zumindest.

Aus der Rechtswidrigkeit des Zuständigkeitsbescheids der Beklagten folge auch die Rechtswidrigkeit aller weiteren angefochtenen Bescheide.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 9. November 2016 zugestellte Urteil am 8. Dezember 2016 Berufung eingelegt, mit der sie die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und Abweisung der Klage begehrt.

Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen und bekräftigt ihre Auffassung, dass der Erlass eines Zuständigkeitsbescheids durch die Beigeladene im Februar 2010 aufgrund des damals bereits anhängigen Klageverfahrens und des Verstoßes gegen den Grundsatz des konsensualen Vorgehens bei Zuständigkeitsabgrenzungen gegen Treu und Glauben verstieße, mit der Folge der Nichtigkeit des Zuständigkeitsbescheides.

Ergänzend beruft sie sich darauf, dass die Zuständigkeitsnorm des § 126 SGB VII a.F.selbst verfassungs- und europarechtswidrig sei. Diese verstoße gegen die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit und Wettbewerbsfreiheit (Art. 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 GG und 14 Abs. 1 GG; Art. 102, 102 lit. c AEUV) sowie gegen Art. 3 GG. Es gebe keine rechtliche Rechtfertigung dafür, die Klägerin gegenüber anderen Gleisbauunternehmen ungleich zu behandeln, die bei der Beklagten versichert seien und erheblich höhere Beiträge zahlen müssten als die Klägerin an die Beigeladene zu entrichten habe.

Der Zuständigkeitsbescheid der Beigeladenen sei auch rechtswidrig gewesen, da er gerade nicht von § 126 Nr. 3 a SGB VII a.F. gedeckt gewesen sei. Die Klägerin sei nicht zum 1. Januar 1994 ausgegliedert worden. § 126 Nr. 3 a SGB VII sei im Sinne einer Stichtagsregelung auszulegen und erfasse nur Unternehmen, die im Zuge der Ausgliederung - hier zum 1.1.1994 - unmittelbar entstanden seien. Bereits nach dem Wortlaut könne eine Fusion der vorliegenden Art nicht unter § 126 Nr. 3 a SGB VII a.F. fallen. Die Verschmelzung früherer individueller Unternehmen stelle keine "Aus"- sondern allenfalls eine "Ein"gliederung dar. Eine erweiternde Auslegung von § 126 Nr. 3 a SGB VII a.F. dahingehend, dass später neu entstandene Unternehmen wie die Klägerin von dieser Zuständigkeitsnorm erfasst würden, verbiete das Gebot verfassungsrechtskonformer und europarechtskonformer Auslegung, weil ansonsten andere Gleisbauunternehmen mit Sitz in Deutschland in ihrer unternehmerischen Chancengleichheit und in ihrem Recht auf angemessene Teilhabe am nationalen und ausländischen Wettbewerb unverhältnismäßig und ohne sachlich rechtfertigenden Grund benachteiligt würden.

Auch lägen die Voraussetzungen des § 126 Nr. 3 c SGB VII nicht vor, da das Tatbestandsmerkmal des Hilfsunternehmens nicht erfüllt sei. Es würden in nicht unerheblichem Umfang auch Leistungen für Dritte, insbesondere auch im Ausland erbracht, womit die Klägerin auf ihrer Homepage im Internet werbe. Auch die Pflicht zur Teilnahme an Ausschreibungen und am allgemeinen Wettbewerb bei der Vergabe von Aufträgen der DB AG stehe einer Einordnung als Hilfsunternehmen entgegen. Auch habe die Klägerin jüngst ein bisher langjährig bei ihr, der Beklagten, erfasstes Mitgliedsunternehmen aufgekauft. Danach verstärke dies noch den Anteil der Unternehmensbereiche, die im Rahmen der Klägerin in den Bestand der Beklagten fielen.

Sie habe auch zu Recht einen "Umschreibungsbescheid" erlassen. Das Erlöschen des Rechtsvorgängers sage nichts darüber aus, ob das Unternehmen fortgeführt werde. Bei der Betriebsprüfung 2011 habe die Situation der Umschreibung hinreichend erkannt werden können.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Oktober 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie die Revision zuzulassen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Umschreibungsbescheid sei schon wegen fehlender Anhörung rechtswidrig. Im Übrigen hätten die Voraussetzungen für eine bloße Umschreibung nicht vorgelegen. Ein Unternehmensübergang liege nicht vor, wenn durch den Übergang etwas wirtschaftlich Neues entstehe.

Ein Verstoß gegen § 242 BGB durch den Zuständigkeitsbescheid der Beigeladenen liege nicht vor. Der Umstellungsbescheid sei rechtswidrig, weil er in ein bestehendes Kataster eingreife, ohne dass es dazu eine Rechtsgrundlage gebe. Die Beklagte hätte die Frage der Zuständigkeit gegebenenfalls durch die bei der DGUV angesiedelte Schiedsstelle klären lassen können. § 126 SGB VII a.F. verstoße auch nicht gegen Art. 102 Buchst. c AEUV bzw. die Art. 2, 12 und 14 GG.

Weder § 126 Nr. 3 a noch die Neufassung des §§ 125 Abs. 2 Nr. 3 SGB VII enthielten eine "Stichtagsregelung". Diese hätte der Gesetzgeber ausdrücklich regeln müssen. Sämtliche auf die Klägerin verschmolzenen Unternehmen seien Ausgründungen aus der Deutschen Bahn. In den neunziger Jahren sei es opportun erschienen, in solche Gesellschaften auch Privatinvestoren aufzunehmen. Nur dies habe überhaupt zur Zuständigkeit der Beklagten für einzelne Vorgängerunternehmen geführt. Damals habe die Deutsche Bahn AG an die Börse gebracht werden sollen, was bis heute nicht geschehen sei. Auch und gerade unter diesem Aspekt müsse man zur Kenntnis nehmen, dass es der Gesetzgeber bei der Zuständigkeit der Beigeladenen habe belassen wollen. Nachdem die Deutsche Bahn sämtliche Anteile wieder übernommen habe, sei dann die Verschmelzung erfolgt. Es habe gesellschaftsrechtlicher Praxis entsprochen, dass solcherart Verschmelzung mithilfe einer Vorrats-GmbH, wie hier die DB Elfte Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH, erfolgten.

Die Klägerin habe auch nicht ein der Beklagten erfasstes das Mitgliedsunternehmen aufgekauft, es habe sich lediglich um einen sog. "Asset deal" über einzelne Wirtschaftsgüter gehandelt, sie habe keinerlei Aufträge dieser GmbH und auch kein Beschäftigungsverhältnis oder sonstige Verbindlichkeiten oder Gewährleistungen übernommen.

Die Beigeladene beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält sich für zuständig nach § 126 Nr. 3 SGB VII a.F. und das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Beklagte verkenne die Möglichkeit eines Schiedsstellenverfahrens bei der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung bzw. einer sozialgerichtlichen Feststellungsklage. Die verfassungs- bzw. europarechtlichen Bedenken gegen die Norm des § 126 Nr. 3 SGB VII a.F. könnten angesichts der Tatsache, dass diese Norm fast unverändert seit dem 1. Januar 1994 vom Gesetzgeber übernommen worden sei, nicht nachvollzogen werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den weiteren Inhalt der Gerichtsakte, den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen sowie der Gerichtsakten des Sozialgerichts Berlin zum Klageverfahren mit dem Aktenzeichen S 163 U 454/07 (nebst der Gerichtsakten der mit diesem Klageverfahren verbundenen Verfahren) Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft (§ 143 Sozialgerichtsgesetz - SGG) sowie form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegt worden.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind (noch) die Bescheide der Beklagten über die Feststellung der Zuständigkeit vom 11. Juli 2013 (hierzu unter I.) sowie (hierzu unter II.) die Veranlagungsbescheide vom 12. Juli 2013 und die Beitragsbescheide vom 13. September 2013 für die Jahre 2010, 2011 und 2012, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. November 2013 sowie die Beitragsbescheide vom 25. April 2014 für das Jahr 2013 und vom 28. April 2015 für das Jahr 2014 und der weitere Beitragsbescheid vom 28. April 2015 für den Arbeitsmedizinisch-Sicherheitstechnischen Dienst (ASD) für das Jahr 2014.

Zutreffend hat bereits das SG ausgeführt, dass die nach Erlass des Widerspruchsbescheids vom 7. November 2013 ergangenen Beitragsbescheide vom 25. und 28. April 2015 betreffend die Jahre 2013 und 2014 gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Rechtsstreits geworden sind, weil sie die zunächst streitgegenständlichen Beitragsvorschussbescheide, d. h. den Beitragsvorschuss-bescheid vom 13. September 2013 für das Jahr 2013 und den Beitrags-vorschussbescheid vom 25. April 2014 für das Jahr 2014, ersetzt haben (vgl. BSG, Urteil vom 4. Dezember 2014 - B 2 U 11/13 R - BSGE 118,9); wobei der Beitragsvorschussbescheid vom 25. April 2014 seinerseits zuvor bereits gemäß § 96 Abs. 1 SGG den Beitragsvorschussbescheid vom 13. September 2013 für die ersten beiden Vorschussteilbeträge für das Jahr 2014 ersetzt hatte. Die zunächst streitgegenständlich gewesenen Beitragsvorschussbescheide für die Jahre 2013 und 2014 haben sich dadurch, dass sie durch die die Beitragsforderungen für diese Jahre endgültig festsetzenden Verwaltungsakte ersetzt worden sind, im Sinne von § 39 Abs. 2 SGB X auf andere Weise erledigt (vgl. BSG, Urteil vom 4. Dezember 2014 - B 2 U 11/13 R - BSGE 118, 9). Zutreffend hat das SG insoweit erkannt, dass diese auch nicht dadurch wieder aufleben, dass die Beitragsbescheide mit dem Urteil des SG kassiert wurden.

Die Klage ist als reine Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. SGG) zulässig. Sie ist auch begründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig und verletzten die Klägerin in ihren Rechten.

I. Der Zuständigkeitsbescheid der Beklagten vom 11. Juli 2013 ist nichtig.

a. Die Aufnahme eines bereits bei einem anderen Unfallversicherungsträger formell als Mitglied aufgenommenen Unternehmens ist unzulässig, ein trotzdem erteilter Aufnahmebescheid ist wegen der auszuschließenden Doppelmitgliedschaft nichtig (st. Rspr. BSG, vgl. Urteil vom 19. März 1991 - 2 RU 58/90 = BSGE 68, 217; Urteil vom 02. April 2009 - B 2 U 20/07 R - juris, m.w.N). Ein trotzdem erteilter Aufnahmebescheid ist selbst dann nichtig, wenn der erste Aufnahmebescheid rechtswidrig gewesen sein sollte (BSG a.a.O. Rn. 31).

1. Der Senat folgt der Rechtsauffassung des SG, die erkennbar auch von allen Beteiligten geteilt wird, dass unter Berücksichtigung einer am objektiven Empfängerhorizont orientierten Auslegung (vgl. dazu BSG, Urteil vom 3. April 2014 - B 2 U 25/12 R - BSGE 115, 256) die Erklärung mit Schreiben der Beigeladenen vom 17. September 2010 gegenüber der Klägerin, nachdem deren Umfirmierung und die Verschmelzung in das Handelsregister eingetragen worden waren, dass sie (die Beigeladene) ihre Zuständigkeit als gesetzlicher Unfallversicherungsträger festgestellt habe, einen Verwaltungsakt (§ 31 Satz 1 SGB X) darstellt, mit welchem die Beigeladene gemäß § 136 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ihre Zuständigkeit für das Unternehmen der Klägerin festgestellt hat - und zwar für das Unternehmen in der Gestalt, die es durch die Verschmelzung erlangt hatte. Insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Aus Sicht des betroffenen Unternehmens, der Klägerin, musste gerade der zuvor bereits bestehende Streit zwischen den beteiligten UVTrägern über die Zugehörigkeit einzelner Gleisbau-Unternehmen zum jeweiligen Träger dafür sprechen, dass mit dem Schreiben vom 17. September 2010 nicht nur eine rein deklaratorische Mitteilung, sondern eine verbindliche Feststellung der unfallversicherungsrechtlichen Zuständigkeit erfolgen sollte. Denn die formelle Zuständigkeit auf der Grundlage der Vorschrift des § 136 SGB VII, die zunächst nur dazu dient, die auf der Grundlage der §§ 114 Abs. 1, 116 f. SGB VII (Bezeichnung der UVTräger), § 121 Abs. 1 SGB VII (Definition des Unternehmens) und §§ 121 ff. SGB VII (sachliche und örtliche Zuständigkeit) bestehende materielle Zugehörigkeit eines Unternehmens zu einem gewerblichen oder landwirtschaftlichen UVTräger formell nachzuvollziehen, gewährleistet über diesen rein deklaratorischen Akt hinaus Rechtssicherheit für das Unternehmen sowie den bescheidenden als auch die übrigen UVTräger. Diese Rechtssicherheit durch einen Feststellungsbescheid herzustellen, lag in Anbetracht des schwelenden Streits über die Zugehörigkeit von Unternehmen mit gleichem Geschäftsgegenstand aus Sicht eines objektivierten Erklärungsempfängers nahe.

2. Im Übrigen wäre der Erlass eines konkurrierenden Zuständigkeitsbescheides im vorliegenden Fall selbst dann nichtig, wenn es sich bei dem Schreiben der Beigeladenen vom - zuletzt - 17. September 2010 nicht um einen formellen Zuständigkeitsbescheid, sondern nur um eine Mitteilung der gesetzlichen Zuständigkeit der Beigeladenen (hierzu s.u.) handeln sollte. Die Zuständigkeit der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand - hier der Beigeladenen -, die keinen Zuständigkeitsbescheid erteilen müssen, aber können (§ 136 Abs. 4 SGB VII, vgl. Göttisch in Lauterbach, UV SGB VII, § 136 Rn 46 m.w.N.) ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz (BSG, Urteil vom 18. Dezember 1979 - 2 RU 67/77 -, BSGE 49, 222ff; BSG, Urteil vom 23. Juni 1983 - 2 RU 21/82 -, BSGE 55, 163 ff. zur Zuständigkeit des Bundes für DRK-Unternehmen; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. August 2005 - L 3 U 55/04 -, juris, zur Johanniter Unfallhilfe; Ricke SGb 2003, 566 [569]). Ebenso wie bei einer Formalversicherung bleibt ein durch gesetzliche Zuständigkeitsregelung begründetes Versicherungsverhältnis so lange bestehen, bis durch eine neue gesetzliche Regelung eine andere originäre Zuständigkeit begründet wurde, oder bis das Versicherungsverhältnis durch eine ausdrückliche Erklärung des betroffenen Unfallversicherungsträgers in Form eines hoheitlichen Aktes beendet worden ist (LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.). Sie wirkt wie die formelle Zuständigkeit, begründet also ebenfalls die Nichtigkeit eingreifender Zuständigkeitsbescheide anderer Unfallversicherungsträger (Ricke, Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 101. EL September 2018, Vorbemerkungen zu §§ 121-139, Rn 7b; LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O. Rn 48).

3. Von einem - im vorliegenden Fall ergangenen - Zuständigkeitsbescheid ist eine Abwendung mit Wirkung für die Zukunft nur nach Maßgabe der speziellen Regelung des § 136 Abs. 1 Satz 4 SGB VII möglich. Nach dieser Vorschrift überweist der bisher zuständige Träger ein Unternehmen dem tatsächlich sachlich zuständigen Träger, wenn die Feststellung der Zuständigkeit von Anfang an unrichtig war (Alt 1) oder sich die Zuständigkeit für das Unternehmen nachträglich ändert (Alt 2). Die Überweisung setzt voraus, dass die bisher praktizierte Zuständigkeit den materiellen Zuständigkeitsregelungen des SGB VII "eindeutig" widerspricht oder jedenfalls das Festhalten an ihr zu "schwerwiegenden Unzuträglichkeiten" führen würde (BSG, Urteil vom 02. April 2009 - B 2 U 20/07 R -, juris Rn. 23 - 24). Es gilt der Vorrang der formellen ("Katasterstetigkeit") vor der materiellen Zuständigkeit ("Katasterrichtigkeit") (BSG a.a.O.). Ein derartiges Verfahren hat die Beklagte aber nicht betrieben. Ein solches Verfahren wäre einzuleiten gewesen durch Anrufung der Schiedsstelle für Katasterfragen der DGUV zur Einholung eines Votums (vgl. zum Verfahren ausführlich: Feddern, Kasseler Kommentar, a.a.O. § 136 Rn. 34-41), gegebenenfalls durch Erhebung einer Klage (vergleiche zur Möglichkeit einer Widerklage, BSG, Urteil vom 2. April 2009 - B 2 U 20/07 R - Juris).

b. Der Zuständigkeitsbescheid der Beigeladenen vom 17. September 2010 ist wirksam. Absolute Gründe, die gemäß § 40 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X - zur Nichtigkeit dieses Verwaltungsaktes führen würden, liegen offensichtlich nicht vor. Auch der allgemeine Tatbestand der Nichtigkeit nach § 40 Abs. 1 SGB X ist nicht erfüllt.

1. Ein Verwaltungsakt ist gemäß § 40 Abs. 1 SGB X nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommender Umstände offensichtlich ist. Führt ein Fehler nach § 40 SGB X zur Nichtigkeit des Verwaltungsakts, ist dieser nach § 39 Abs. 3 SGB X von Anfang an unwirksam, ohne dass es dazu einer Aufhebung durch die Behörde oder durch das Gericht bedarf.

Mit § 40 SGB X trägt der Gesetzgeber dem im Rechtsstaat bestehenden Zielkonflikt Rechnung, einerseits die materielle Gerechtigkeit und die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gewährleisten zu müssen und anderseits die Verlässlichkeit staatlicher Entscheidungen im Interesse der Rechtssicherheit garantieren zu müssen. Wenn ein Verwaltungsakt unter besonders schwerwiegenden und offensichtlichen Fehlern leidet, soll der Betroffene ihn weder befolgen müssen, noch Rechtsbehelfe dagegen erheben müssen. Ein solcher Verwaltungsakt soll - unabhängig vom Ablauf der Anfechtungsfristen - keinerlei Bindungswirkung entfalten. Die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts ist von der Rechtsprechung stets als Ausnahme von dem Grundsatz angesehen worden, dass ein Akt der staatlichen Gewalt die Vermutung seiner Gültigkeit in sich trage. In der Regel führt ein Fehler nur zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts und damit zu seiner Anfechtbarkeit. Die Nichtigkeit ist eine besondere Ausnahme von diesem Grundsatz, die nur in seltenen Ausnahmefällen angenommen werden darf, soweit nicht ein absoluter Nichtigkeitsgrund im Sinne des Absatzes 2 vorliegt (Schneider-Danwitz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 40 SGB X, Rn. 18).

Besonders schwerwiegend ist der Fehler, wenn der Verwaltungsakt in einem so schwerwiegenden Widerspruch zur geltenden Rechtsordnung und den ihr zugrunde liegenden Wertvorstellungen und tragenden Verfassungsprinzipien steht, dass es unerträglich wäre, wenn die beabsichtigten Rechtswirkungen eintreten würden. Ob ein Fehler schwerwiegend ist, muss von Fall zu Fall nach den Besonderheiten des Einzelfalles beurteilt werden (Schneider-Danwitz a.a.O. Rn. 27). Diese Voraussetzungen liegen offensichtlich nicht vor. Der Feststellungsbescheid der Beigeladenen ist vielmehr rechtmäßig (hierzu unten zu 4.).

2. Der Zuständigkeitsbescheid der Beigeladenen ist nicht etwa deswegen nichtig, weil die Beklagte ihrerseits Zuständigkeitsbescheide für zwei der auf die Klägerin verschmolzenen Unternehmen erlassen hatte. Diese Gesellschaften waren mit der Verschmelzung auf die Klägerin erloschen; um Doppelzuständigkeiten zu vermeiden war die Zuständigkeit für das Gesamtunternehmen wie bei einer Neugründung neu festzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 02. April 2009 - B 2 U 20/07 R -, juris; hierzu siehe unten zu 4). Schon aus diesem Grund schied der Erlass eines "Umschreibungsbescheides" aus. Im Übrigen handelt es sich bei dem angefochtenen Zuständigkeitsbescheid schon deswegen nicht um einen "Umschreibungsbescheid", weil er - wie die Klägerin zu recht ausführt - nach seinem Inhalt nicht eine "erneute Feststellung der Zuständigkeit gegenüber dem neuen Unternehmer" darstellt, sondern die Begründung einer neuen Zuständigkeit in Bezug auf die Klägerin insgesamt enthält, die jedoch nicht nur eine neue juristische Person, sondern ein neues Unternehmen darstellte, auf welches neben den zuvor bei der Beklagten versicherten Unternehmen weitere Unternehmen aus dem Bereich Gleisbau verschmolzen worden waren. Ein zur Mitgliedschaft des neuen Betriebsinhabers bei der bisherigen Unfallversicherung führender Unternehmensübergang liegt dann nicht vor, wenn durch den Übergang etwas wirtschaftlich Neues entsteht (vgl. BSG Urteil vom 4. Mai 1999 - B 2 U 11/98 R - juris, Leitsatz).

3. Eine Nichtigkeit des Feststellungsbescheids der Beigeladenen ergibt sich auch nicht aus einer von der Beklagten geltend gemachten Verfassungs- oder Europarechtswidrigkeit der dem Bescheid zugrundeliegenden Zuständigkeitsnorm (hier § 126 Nr. 3 SGB VII a.F. = § 125 SGB VII n.F).

a. Eine Verletzung von Grundrechten der mit der Klägerin im Wettbewerb stehenden und bei der Beklagten versicherten Unternehmen aus Art. 14 GG, die im Übrigen auch nicht von der Beklagten, sondern nur von den betroffenen konkurrierenden Unternehmen gerügt werden könnte, scheidet allerdings aus. Die Funktion der Eigentumsgarantie, den Bestand der durch die Rechtsordnung anerkannten einzelnen Vermögensrechte gegenüber Maßnahmen der öffentlichen Gewalt zu bewahren (BVerfGE 72, 175 (195), wird durch eine - etwaige - mittelbare Bevorzugung der Klägerin durch Belastung mit geringeren Beiträgen bei einem UVTräger der öffentlichen Hand nicht berührt. Es liegt schon kein Eingriff durch die öffentliche Hand vor (hierzu s.u. zu 3 b.). Ebenfalls fehlt es an einer berufsregelnden Tendenz der Vorschrift des § 126 (jetzt § 125) SGB VII (zur berufsregelnden Tendenz s. die stRspr des BVerfG: BVerfGE 95, 267, 302; BVerfGE 128, 1, 82), so dass auch ein Eingriff in Grundrechte aus Art. 12 GG grundsätzlich ausscheidet.

Zwar kann der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG auch betroffen sein, wenn es sich zwar nicht um eine wirtschaftslenkende Maßnahme mit berufsregelnder Tendenz handelt, die zielgerichtet die Wettbewerbschancen von Konkurrenzunternehmen beeinträchtigen soll, es sich aber um eine mit staatlicher Autorität vorgenommene Handlung handelt, die als nicht bezweckte, aber voraussehbare und in Kauf genommene Nebenfolge eine schwerwiegende Beeinträchtigung der beruflichen Betätigungsfreiheit bewirkt (BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 558/91 -, Rn. 14, juris).

Ob sich die Zuordnung der aus dem Unternehmen der Deutschen Bahn AG und der aus dieser und deren ausgegliederten Aktiengesellschaften ausgegliederten Unternehmen, die von diesen Unternehmen überwiegend beherrscht werden und die unmittelbar und überwiegend Eisenbahninfrastruktur betreiben [- wie die Klägerin - hierzu s. S. 18 und 19 des Urteilsabdrucks der angefochtenen Entscheidung], zu einem UVTräger der öffentlichen Hand (hier die Beigeladene) überhaupt nachteilig auf die von Art. 12 Abs. 1 GG garantierte Teilhabe am Wettbewerb ihrer rein privatwirtschaftlich organisierten Konkurrenzunternehmen auswirkt, kann allerdings dahin stehen. Denn jedenfalls wäre ein in der gesetzlichen Zuordnung als solcher liegender Eingriff durch einen vernünftigen Grund des Gemeinwohls gerechtfertigt (vgl. BVerfGE 114, 196 <244 ff.>).

Ausbau und Erhalt des Schienennetzes sind nämlich trotz der mit der Strukturreform der Bundeseisenbahnen erfolgten Privatisierung der Eisenbahnen des Bundes dem Bund von Verfassungswegen als staatliche Aufgaben der Daseinsvorsorge übertragen. Gemäß Art. 87e GG gewährleistet der Bund, "dass dem Wohl der Allgemeinheit, insbesondere den Verkehrsbedürfnissen, beim Ausbau und Erhalt des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes sowie bei deren Verkehrsangeboten auf diesem Schienennetz, soweit diese nicht den Schienenpersonennahverkehr betreffen, Rechnung getragen wird". Die hieraus resultierende starke Nähe der von § 126 Nr. 3 SGB VII a.F. erfassten Unternehmen zum Staat, die sich sowohl aus der Art ihrer Aufgaben als auch aus dem wirtschaftlichen Zusammenhang zum Eisenbahnvermögen ergibt, stellt trotz der erfolgten Privatisierung der öffentlichen Aufgaben eine sachliche Berechtigung für eine Zuordnung dieser Unternehmen zu der Beigeladenen als Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand dar (vgl. allgemein die Gesetzesbegründung zu § 125 Abs. 3 SGB VII a.F. - Entwurf eines Gesetzes zur Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch (Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz - UVEG) - BT Drucksache 13/2204 S. 105/106; im Ergebnis ebenso Schmitt in beck-online SGB VII § 126 Rn 2 m.w.N. auf Leube in Kater/Leube § 126 Rn 2).

Insoweit ist zu beachten, dass bei der Prüfung, ob für eine Ungleichbehandlung auf dem Gebiet des Sozialrechts rechtfertigende Gründe von hinreichendem Gewicht vorliegen, der besonders weite Gestaltungsspielraum zu berücksichtigen ist, der dem Gesetzgeber auf diesem Gebiet zusteht (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 15. Mai 2007 - 1 BvR 866/07 -, juris; vgl. - auch zum beschränkten Prüfungsumfang - BVerfG, 23.01.1990, 1 BvL 44/86, BVerfGE 81, 156 <205 f>). (Rn.25).

Eine Verfassungswidrigkeit der Regelung in § 126 Nr. 3 SGB VII a.F. ist mithin nicht zu erkennen.

b. Auch die von der Beklagten gerügten europarechtswidrigen Wettbewerbsverzerrungen liegen nicht vor.

Der insoweit von der Beklagten zitierte Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der europäischen Union - AEUV - ist bereits nicht einschlägig. Insbesondere der von der Beklagten herangezogene Art. 102 lit. c AEUV erfasst Fälle, in denen ein marktbeherrschendes Unternehmen durch sein Verhalten Handelspartner im Wettbewerb benachteiligt (Bechtold/Bosch/Brinker/ AEUV Art. 102 Rn. 57, beck-online), d.h. durch ungleiche Behandlung seiner Handelspartner in deren Wettbewerbschancen in ihrem Verhältnis zueinander eingreift (Mestmäcker/Schweitzer, 4. Kapitel. Das Missbrauchsverbot für beherrschende Unternehmen § 18. Regelbeispiele und Tatbestandsgruppen Rn. 19 - 27, beck-online). Darum geht es vorliegend jedoch nicht. Die Beklagte macht vielmehr geltend, dass die Klägerin selbst, die auch keineswegs marktbeherrschend ist, Wettbewerbsvorteile dadurch erhält, dass sie durch Zuordnung zu einem UVTräger der öffentlichen Hand mit geringeren Beiträgen belastet ist als ihre bei einer gewerblichen BG versicherten Konkurrenten.

Der Sache nach macht die Beklagte allenfalls einen Verstoß gegen Art. 107 AEUV durch eine unzulässige versteckte Subventionierung der Klägerin geltend. Jedoch liegt auch ein solcher Verstoß offensichtlich nicht vor. Die gesetzliche Zuständigkeitsbestimmung des § 126 Nr. 3 SGB VII a.F. stellt keine staatliche Beihilfe im europarechtlichen Sinne dar.

Art. 107 Absatz 1 AEUV lautet:

Soweit in den Verträgen nicht etwas anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen (AEUV in der Fassung von 2012).

Eine - von der Beklagten behauptete - etwaige Benachteiligung inländischer Konkurrenzunternehmen fällt somit nach dem Wortlaut der Vorschrift bereits nicht in den Schutzbereich europarechtlicher Wettbewerbsfreiheit. Im Übrigen scheidet ein Verstoß gegen Art. 107 AEUV bereits deswegen aus, weil die gesetzliche Zuordnung zu einem UVTräger der öffentlichen Hand nach § 126 SGB VII a.F. nicht unter den Begriff einer "staatlichen Beihilfe" im europarechtlichen Sinn subsumiert werden kann.

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH verlangt die Qualifizierung als "staatliche Beihilfe" im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV, dass alle in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen erfüllt sind. So muss es sich erstens um eine staatliche Maßnahme oder eine Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel handeln. Zweitens muss sie geeignet sein, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Drittens muss dem Begünstigten durch sie ein selektiver Vorteil gewährt werden. Viertens muss sie den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen (Urteil vom 27. Juni 2017 Congregación de Escuelas Pías Provincia Betania, C-74/16, Rn. 38, juris 21, betreffend die Steuerbefreiung einer Kongregation der katholischen Kirche in Spanien für Baumaßnahmen; Urteil vom Dezember 2016, Kommission/Hansestadt Lübeck, C-524/14 P, EU:C:2016:971, Rn. 40 betreffend niedrigere Flughafenentgelte für Ryanair, und vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a., C-20/15 P und C-21/15 P betreffend Steuererleichterungen, EU:C:2016:981, Rn. 53).

Als Beihilfen gelten dabei insbesondere Maßnahmen, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat, und die somit zwar keine Subventionen im strengen Sinne des Wortes darstellen, diesen aber nach Art und Wirkung gleichstehen (Urteil vom 27. Juni 2017 - C-74/16 - a.a.O. Rn 66; Urteil vom 19. März 2013, Bouygues und Bouygues Télécom/Kommission u. a. und Kommission/Frankreich u. a., C-399/10 P und C-401/10 P, EU:C:2013:175, Rn. 101).

Eine "Maßnahme, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat" ist jedoch nur eine zielgerichtete, auf die Verminderung der Belastung gerichtete staatliche Maßnahme, nicht aber eine gesetzliche Zuständigkeitsregelung, die möglicherweise mittelbar zu finanziellen Vorteilen führt. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des EuGH nur solche Vorteile, die unmittelbar oder mittelbar aus staatlichen Mitteln gewährt werden oder eine zusätzliche Belastung für den Staat darstellen, als Beihilfen im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV anzusehen sind (EuGH, Urteil vom 19. März 2013 - C-399/10 P und C-401/10 P -, juris). Zum Zweck der Feststellung des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe im Sinne dieser Bestimmung muss ein hinreichend enger Zusammenhang zwischen dem Vorteil, der dem Begünstigten gewährt wird, einerseits und der Verringerung eines Postens des Staatshaushalts oder einem hinreichend konkreten wirtschaftlichen Risiko für dessen Belastung andererseits bestehen. Daran fehlt es vorliegend. Die Höhe der zu entrichtenden Beiträge der Beigeladenen ist nicht etwa staatlich vorgegeben, sondern wird im Rahmen der Satzungsautonomie von den Gremien der Selbstverwaltung, mit dem Gebot der Kostendeckung (§§ 21 ff Sozialgesetzbuch Viertes Buch - SGB IV -) nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen aufgrund des Finanzbedarfs (Umlagesoll), der Arbeitsentgelte der Versicherten und der Gefahrklassen autonom festgelegt (vgl. §§ 186 Abs. 1 und 2, Abs. 1 Satz 2, §§ 150, 152, 153 SGB VII).

Auch wenn die Klägerin bei der Beigeladenen deutlich geringere Beiträge zu entrichten hat als sie bei der Beklagten zu entrichten hätte, kann somit die gesetzliche Zuordnung der Klägerin zur Beigeladenen als dem für sie zuständigen UVTräger nicht im Ansatz unter den Begriff "staatliche Beihilfe" im Sinne der europarechtlichen Rechtsprechung gefasst werden.

4. Der Zuständigkeitsbescheid der Beigeladenen ist auch nicht nach § 242 BGB nichtig. Die Argumentation der Beklagten, der Zuständigkeitsbescheid der Beigeladenen sei nichtig, weil er gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoße - hier wegen einer unzulässigen Rechtsausübung durch Erlass eines Feststellungsbescheides trotz laufender Verhandlungen -, ist schon von ihrem Ansatzpunkt her verfehlt. Denn der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) kann einer Feststellung der gesetzlichen - materiellen - Zuständigkeit nicht entgegenstehen. Der Beigeladenen stand es nämlich nicht - etwa wie bei der Einrede der Verjährung - frei, ob sie ihre Zuständigkeit feststellte oder nicht. Vielmehr ist jedes Unternehmen i.S.v. § 121 Abs. 1 SGB VII kraft Gesetzes (§§ 121 ff. SGB VII) einem UVTräger (§§ 114 Abs. 1, 116 f. SGB VII) zugeordnet und zwar mit Beginn der vorbereitenden Arbeiten für das Unternehmen (§ 136 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Der zuständige UVTräger ist verpflichtet ab Beginn seiner Zuständigkeit Leistungen (der Prävention sowie im Versicherungsfall) zu erbringen. Dem UVTräger steht es nicht frei, mit der Feststellung seiner Zuständigkeit zu warten, weil möglicherweise andere UVTräger eine Zuständigkeit reklamieren könnten. Die Beigeladene war auch der für die Klägerin materiell zuständige Unfallversicherungsträger.

a. Der für die Klägerin zuständige UVTräger bestimmt sich nach der seinerzeit bei deren Errichtung bestehenden Rechtslage (vgl. BSG, Urteil vom 02. April 2009 - B 2 U 20/07 R -, a.a.O. Rn. 27; Urteil vom 28. November 2006 - B 2 U 33/05 R - BSGE 97, 279, 282, juris, Rn.16).

Für die Klägerin als Unternehmerin in der Form der GmbH war mit Aufnahme der vorbereitenden Tätigkeiten, d.h. nach ihrer Gründung mit Gesellschaftsvertrag vom 14. November 2002 als "DB Elfte Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH" und prinzipiell bereits vor ihrer ersten Eintragung im Handelsregister am 18.12.2002 die Zuständigkeit eines UVTrägers gegeben und wäre grundsätzlich verbindlich zu klären gewesen, denn für neu gegründete Unternehmen ist mit Aufnahme der vorbereitenden Arbeiten (§ 136 Abs. 1 S. 2 SGB VII) der Beginn der Mitgliedschaft nach § 136 SGB VII festzustellen. Dies musste vorliegend lediglich aufgrund der Zuständigkeit der Eisenbahnunfallversicherung als UVTräger der öffentlichen Hand nicht zwingend sofort durch einen Bescheid erfolgen (§ 136 Abs. 4 SGB VII).

Allerdings ist vorliegend nicht schon auf die Rechtslage bei Erlass des ersten Feststellungsbescheids der Beigeladenen (Schreiben vom 4. Februar 2010) abzustellen, sondern - wie es das SG getan hat - auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Eintragung der Verschmelzung nach §§ 19, 20 Umwandlungsgesetz (UmwG) am 19. August 2010.

Denn über die sachliche Zugehörigkeit entscheidet das Unternehmen unabhängig davon, welcher Unternehmer die Tätigkeit ausübt (BSG, Urteil vom 11. August 1998 - B 2 U 31/97 R -, Rn. 26, juris). Das Unternehmen ist begrifflich von der natürlichen oder juristischen Person des Unternehmens zu trennen. Die Rechtsbeziehungen zur gesetzlichen Unfallversicherung wird nicht über die Personen, hier den Unternehmer, hergestellt, sondern durch das Unternehmen, nämlich durch Art und Gegenstand der ausgeübten Tätigkeit (BSG a.a.O.). Mit der Eintragung der Verschmelzung der Unternehmen DGT GmbH, IBB GmbH, DBB GmbH und DGB GmbH als übertragende Rechtsträger auf die Klägerin als übernehmende Rechtsträgerin gemäß § 20 UmwG existierte die Klägerin zwar als Unternehmerin - wenn auch unter neuer Firma - weiter, die Tätigkeiten hatten sich jedoch durch die auf sie verschmolzenen Gesellschaften erweitert, so dass von einem neuen Unternehmen im Sinne des Unfallversicherungsrechts auszugehen war.

Die Notwendigkeit, auf den Verschmelzungszeitpunkt abzustellen, folgt daneben auch daraus, dass vor diesem Zeitpunkt noch die formelle Zuständigkeit von Beklagter und Beigeladener für jeweils zwei der übertragenden und erloschenen Rechtsträger (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG) bestand. Solche Doppelzuständigkeiten sind jedoch aus praktischen Erwägungen unhaltbar und müssen beseitigt werden (BSG, Urteil vom 02. April 2009 - B 2 U 20/07 R -, a.a.O.; Ricke in Kasseler Komm, § 136 SGB VII Rn. 7), denn für ein (Gesamt-)Unternehmen soll nur ein UVTräger zuständig sein (BSG a.a.O.). Ebenso wie bei der Ausgliederung eines Unternehmens (dies war der dem Revisionsverfahren - B 2 U 20/07 R - zugrundeliegende Sachverhalt), muss auch bei der Verschmelzung, die eine Doppelzuständigkeit nach sich ziehen könnte, das Prinzip der Katasterstetigkeit zurücktreten, um die sachliche Zuständigkeit für das Unternehmen einheitlich zu bestimmen. Die berufsgenossenschaftliche Zuständigkeit für das Unternehmen der Klägerin war deshalb wie bei einer Neugründung - nach Art und Gegenstand der ausgeübten Tätigkeit - zu bestimmen (vgl. BSG a.a.O. Rn. 26). Aus diesen Gründen war die Beigeladene nicht nur berechtigt ihre Zuständigkeit festzustellen, sondern war dies geboten. Eine Option der Beigeladenen, die überhaupt nur einer Bewertung unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) zugänglich wäre, bestand nicht.

b. Zutreffend hat das SG dargelegt, dass die Beigeladene nicht nur formell zuständig, sondern auch der für die Klägerin materiell zuständige Unfallversicherungsträger war. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 126 SGB VII a.F. sind aus den vom SG dargelegten Gründen, auf die der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt (Urteilsabdruck Blatt 17 bis 19), erfüllt.

Im Hinblick auf das Vorbringen im Berufungsverfahren ist lediglich folgendes zu ergänzen:

aa. Die Auffassung der Beklagten, § 126 SGB VII a.F. enthalte eine Stichtagsregelung und erfasse nur solche Unternehmen, die zum 1. Januar 1994, dem Tag des Inkrafttretens des Deutsche Bahn Gründungsgesetzes - DBGrG - aus dem Vermögen der Deutschen Bahn ausgegliedert wurden, ist aus zwei Gründen unzutreffend. Zum einen lässt sich dem Wortlaut des § 126 SGB VII eine solche Stichtagsregelung nicht entnehmen. Zum anderen wäre ein solcher Stichtag auch gänzlich unsinnig. Denn zum 1. Januar 1994 gab es keine und konnte es keine nach § 3 Abs. 3 DBGrG ausgegliederten Unternehmen geben.

Vielmehr bestimmt § 1 des Gesetzes über die Gründung einer Deutsche Bahn Aktiengesellschaft (Deutsche Bahn Gründungsgesetz - DBGrG - als Artikel 2 des am 1. Januar 1994 in Kraft getretenen Gesetzes über die Neuordnung des Eisenbahnwesens - Eisenbahnneuordnungsgesetz - vom 27. Dezember 1993 - BGBl I 1993, 2378 [1994 I 2439]) dass aus dem Bundeseisenbahnvermögen die Teile, die zum Erbringen von Eisenbahnverkehrsleistungen und zum Betreiben der Eisenbahninfrastruktur notwendig sind, auf eine dadurch gegründete neue Aktiengesellschaft auszugliedern sind (§ 1 Abs. 1), die die Firma "Deutsche Bahn Aktiengesellschaft" führt (Abs. 2). § 2 (1) DBGrG bestimmt, dass aus dieser Deutsche Bahn Aktiengesellschaft frühestens in drei Jahren, spätestens in fünf Jahren nach ihrer Eintragung im Handelsregister die gemäß § 25 gebildeten Bereiche auf dadurch neu gegründete Aktiengesellschaften auszugliedern sind. § 3 Abs. 3 DBGrG bestimmt, dass sich die Gesellschaft an Unternehmen gleicher oder verwandter Art beteiligen sowie solche Unternehmen gründen und erwerben kann (Satz 1). "Sie kann unbeschadet der in § 2 genannten Verpflichtung Teile des Gegenstandes ihres Unternehmens im Sinne des Absatzes 1 ganz oder teilweise in solche Unternehmen ausgliedern und sich auf Leitungsaufgaben beschränken" (Satz 2).

Diese Regelungen erhellen insbesondere im Hinblick auf die zeitlichen Vorgaben der Ausgliederung neuer Aktiengesellschaften in § 2 des Gesetzes, dass eine Ausgliederung nach § 3 Abs. 3 Satz 2 DBGrG zeitlich unbefristet möglich ist. Im Übrigen liegt auf der Hand, dass eine erst zum 1. Januar 1994 errichtete Gesellschaft zu diesem Tag noch keine ausgegliederten Gesellschaftsanteile besitzen kann. Eine Stichtagsregelung in § 126 SGB VII würde vollständig ins Leere gehen.

bb. Zu Recht hat das Sozialgericht insbesondere - unter Bezugnahme auf die Feststellungen anlässlich der von der Beklagten durchgeführten Betriebsprüfung bei der Klägerin am 28. Juni 2011 - festgestellt, dass die Klägerin überwiegend Eisenbahninfrastruktur betrieben hat. Dies wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass sich die Klägerin für die Erlangung der Aufträge an Ausschreibungsverfahren beteiligen muss.

Sofern die Beklagte im Berufungsverfahren vorträgt, dass sich aus den Feststellungen anlässlich der Betriebsprüfung ergebe, dass von dem durch die Verschmelzung entstandenen Gesamtunternehmen der Klägerin überwiegend Tätigkeiten der zuvor bei ihr, der Beklagten, versicherten Unternehmen verrichtet würden, kann dies schon vom Tatsächlichen her nicht nachvollzogen werden. Nach den Feststellungen entfielen bei insgesamt 3.122 Mitarbeitern lediglich 8 Personen mehr auf die Unternehmensbereiche, die zuvor bei der Beklagten versichert waren. In diesen Unternehmensbereichen wurden jährlich ca. 7. Mio Euro weniger umgesetzt als in den zuvor bei der Beigeladenen versicherten Unternehmensteilen. Ein deutliches Überwiegen der zuvor bei der Beklagten versicherten Unternehmensteile kann daher schon im Ansatz nicht festgestellt werden.

Im Übrigen wäre dies, selbst wenn die Einschätzung der Beklagten insoweit zuträfe, kein Beleg dafür, dass durch diese Unternehmen nicht Eisenbahninfrastruktur betrieben wurde. Die Zugehörigkeit der verschmolzenen Unternehmen DGT und IBB GmbH zum gewerblichen UVTräger, der Beklagten, war zuvor ja gerade bestritten und Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens.

Soweit die Beklagte geltend macht, dass die Klägerin nunmehr in nicht unerheblichem Umfang Leistungen auch für Dritte und auch im Ausland erbringe und weitere Gesellschaften aufgekauft habe, besagt dies nichts über die zum maßgeblichen Zeitpunkt der Verschmelzung bestehenden tatsächlichen Verhältnisse. Die Beklagte wäre insoweit auf die Geltendmachung eines Überweisungsanspruchs gem. § 136 Abs. 1 Satz 4 Alt. 2 SGB VII wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse zu verweisen.

II. Die Rechtswidrigkeit der weiteren angefochtenen Bescheide der Beklagten (Veranlagungs- sowie Beitragsbescheide) resultiert bereits aus der fehlenden Mitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten. Ihre Aufhebung durch das SG erfolgte zu Recht.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1, 2 und 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Beklagte trägt als Unterliegende die Kosten des Verfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen (Rechtsgedanke des § 154 Abs. 3 VwGO).

IV. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Insbesondere ist der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nicht gegeben. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache i.S. des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtssicherheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich z.B. unmittelbar aus dem Gesetz ergibt - wie hier die Auslegung von § 126 SGB VII a.F. (§ 125 Abs. 3 SGB VII n.F.) - oder höchstrichterlich geklärt ist.

Als bereits höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw. das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der als grundsätzlich angenommenen Rechtsfrage geben (vgl. BSG vom 21. Januar 1993 - 13 BJ 207/92 - juris). Auch soweit die Beklagte die Verfassungswidrigkeit bzw. Europarechtswidrigkeit von § 126 SGB VII a.F. - jetzt § 125 SGB VII - rügt, liegt daher keine Klärungsbedürftigkeit vor. Insoweit wird auf die Ausführungen unter 3 a. und b. verwiesen.

Grundsätzliche Bedeutung erlangt eine Rechtsfrage nicht allein dadurch, dass ein Beteiligter einen Verfassungs- bzw. Europarechtsverstoß einer anzuwendenden Norm geltend macht und sich insoweit auf die bloße Benennung angeblich verletzter Grundrechte beschränkt bzw. im Falle der gerügten Europarechtswidrigkeit überhaupt keine einschlägigen Normen angibt. Dies gilt insbesondere, wenn der Senat unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu den allein in Betracht kommenden Verfassungsnormen bzw. -prinzipien - bzw. des EuGH zu den in Betracht kommenden europarechtlichen Vorschriften und Prinzipien - einen Verstoß nicht im Ansatz zu erkennen vermag.

V. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 4 Nr. 2 Gerichtskostengesetz - GKG. Der Streitwert war entsprechend den in den angefochtenen Beitragsbescheiden festgesetzten Beiträgen bis zur Höchstgrenze nach § 52 Abs. 4 Nr. 2 GKG auf 2,5 Mio Euro festzusetzen.

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