LG Essen, Urteil vom 27.03.2020 - 22 Ks-70 Js 361/19-20/19
Fundstelle
openJur 2020, 32662
  • Rkr:
Tenor

Der Angeklagte wird wegen Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit Misshandlung von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit Verletzung der Fürsorgepflicht zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt.

Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der notwendigen Auslagen der Nebenklägerin, diese hat sie selbst zu tragen.

Angewendete Vorschriften: §§ 171 Abs. 1, 223 Abs. 1, 225 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1, 227 Abs. 1, 52 StGB; 472 Abs. 1 S. 3 StPO.

Gründe

Das Urteil beruht auf keiner Verständigung im Sinne des § 257c StPO.

I.

Feststellungen zur Person

Zur Person des Angeklagten hat die Kammer folgende Feststellungen getroffen:

1. Familiäre, schulische und berufliche Entwicklung

Der im Zeitpunkt der Hauptverhandlung 32 Jahre alte Angeklagte wurde 1987 in F geboren. Er war das zweite Kind seiner Mutter, die mit einem anderen Partner bereits vier Jahre zuvor eine Tochter bekommen hatte. Die leiblichen Eltern des Angeklagten trennten sich, als der Angeklagte etwa 5 Jahre alt war. Sein Vater verzog nach C und der Angeklagte hatte zu ihm und weiteren sieben Halbgeschwistern väterlicherseits bis vor wenigen Jahren keinen Kontakt. Aus mehrfach wechselnden Partnerschaften seiner Mutter hat er vier weitere, teils erheblich jüngere Halbgeschwister, in deren Versorgung er mit eingebunden war. Bis zu seinem 24. Lebensjahr lebte er - beinahe ununterbrochen - im Haushalt seiner als Altenpflegerin tätigen Mutter und den Halbgeschwistern.

Er besuchte vier Jahre lang eine Grundschule, ohne dabei ein Schuljahr wiederholen zu müssen. Danach wurde er auf einer Sonderschule in F eingeschult, die er nach der zehnten Klasse ohne Abschluss verließ.

Im Anschluss daran absolvierte er über etwa ein Jahr eine über das Arbeitsamt vermittelte Ausbildungsmaßnahme bei der S AG. Nach dem Ende dieser Maßnahme unternahm er den Versuch, auf einem Berufskolleg den Hauptschulabschluss zu erwerben. Statt dies zu Ende zu führen, begann er nach einiger Zeit eine auf drei Jahre ausgelegte Ausbildung zum Tankwart, die er ungefähr im Jahr 2010 nach circa 1,5 Jahren abbrach, weil er eine Freundin kennengelernt hatte, mit der er für kurze Zeit nach O verzog. Bereits nach kurzer Zeit kehrte er jedoch wieder in den Haushalt seiner Mutter zurück. Ende des Jahres 2010 lernte der Angeklagte die Nebenklägerin C1 kennen (dazu im Einzelnen unten, vgl. II. 1.). Im Jahr 2012 zog er aus dem Haushalt seiner Mutter aus und bezog eine erste eigene Wohnung. Seinen Lebensunterhalt bestritt er seither ganz überwiegend durch den Bezug von Sozialleistungen, neben denen er nur gelegentlich durch wechselnde geringfügige Beschäftigungen, etwa durch Bedienung einer Baustellenampel oder als Aufsicht in einem Freizeitpark, Geld hinzuverdiente. Größere Anstrengungen, sich dauerhaft auf dem ersten Arbeitsmarkt zu integrieren, unternahm er nicht.

2. Physische und psychische Gesundheit des Angeklagten

Für die Mutter des Angeklagten verliefen die Schwangerschaft mit ihm sowie seine Geburt ohne Komplikationen. Auch die körperliche Entwicklung des Angeklagten verlief unauffällig. Während eine seiner Halbschwestern wegen einer sogenannten ADHS-Problematik in ärztlicher Behandlung war, traten bei dem Angeklagten keinerlei Verhaltens- oder sonstige psychische Störungen auf. Er erlitt nie schwere Verletzungen, insbesondere keine Verletzungen am Schädel. Sein intellektuelles Leistungsniveau ist leicht unterdurchschnittlich und erreicht den Grad einer Lernbehinderung (ICD-10: F81), nicht aber das Ausmaß einer geistigen Behinderung.

Mit Ausnahme einer Entfernung des Blinddarms im Jahr 2007, einer Operation wegen eines Gallensteinleidens im Jahr 2015 und der operativen Entfernung eines Abszesses am Oberschenkel kam es bei dem Angeklagten zu keinen nennenswerten operativen Eingriffen. Bis zu seiner Inhaftierung nahm der Angeklagte keine Medikamente ein. Während der Untersuchungshaft wurde er für einige Zeit im Justizvollzugskrankenhaus zur Untersuchung von Blutdruckschwankungen und einer Blutzuckerstoffwechselproblematik behandelt.

Der Angeklagte befand sich zu keinem Zeitpunkt in ambulanter oder stationärer psychologischer oder psychiatrischer Behandlung. Lediglich im Februar 2019 kam es zu einem Vorfall, bei dem er wegen Äußerungen, die von seinem familiären Umfeld als Suizidankündigung verstanden wurden, in ein Krankenhaus in F verbracht wurde. Hintergrund war, dass die Nebenklägerin in einem Streit erklärt hatte, sich von dem Angeklagten trennen zu wollen und er daraufhin an Familienmitglieder "Ciao für immer" geschrieben hatte. Weil er sich jedoch überzeugend von suizidalen Absichten distanzierte, wurde er nicht zur Behandlung aufgenommen, sondern darauf verwiesen, dass er sich im Falle einer etwaigen Verschlechterung seines psychischen Befindens telefonisch wieder melden solle. Hierzu kam es in der Folge nicht. Der Angeklagte leidet an keiner psychiatrischen Erkrankung im engeren Sinne, also nicht etwa unter einer schizophrenen oder manischdepressiven Psychose. Gleiches gilt für eine hirnorganische Schädigung irgendeiner Art. Eine auf den Missbrauch von Alkohol, Medikamenten oder Betäubungsmitteln zurückzuführende psychotische Symptomatik etwa im Sinne einer paranoiden Psychose ist bei dem Angeklagten ebenfalls ausgeschlossen. Eine überdauernde krankhafte seelische Störung im Sinne des § 20 StGB liegt unter diesen Aspekten insgesamt sicher nicht vor.

Seit er 14 Jahre alt ist, raucht der Angeklagte regelmäßig (Nikotin-) Zigaretten. Mit Ausnahme von gelegentlichem Marihuanakonsum im Alter von 16 oder 17 Jahren hat der Angeklagte nie unerlaubte Betäubungsmittel konsumiert. Alkohol trinkt der Angeklagte nur selten und dann in geringfügigem Ausmaß.

3. Vorstrafen

Der Angeklagte weist die folgenden Vorstrafen auf:

a) Mit Strafbefehl des Amtsgerichts F1 vom 07.01.2009 wurde der Angeklagte wegen Erschleichens von Leistungen zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu jeweils 10,00 Euro verurteilt.

b) Am 06.11.2009 verurteilte das Amtsgericht F1 den Angeklagten wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 5,00 Euro.

c) Mit Strafbefehl des Amtsgerichts F1 wurde der Angeklagte am 30.01.2012 wegen Erschleichens von Leistungen zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 10,00 Euro verurteilt.

d) Es folgte am 07.10.2013 ein weiterer Strafbefehl des Amtsgerichts F1 über eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 10,00 Euro wegen des Erschleichens von Leistungen.

e) Mit Strafbefehl des Amtsgerichts F1 vom 13.06.2014 wurde der Angeklagte wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 10,00 Euro verurteilt.

f) Wegen des Diebstahls geringwertiger Sachen verhängte das Amtsgericht F1 mit Strafbefehl vom 13.04.2017 eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu jeweils 10,00 Euro.

g) Unter Einbeziehung der vorgenannten Strafe erkannte das Amtsgericht H mit Strafbefehl vom 21.11.2017 wegen Untreue auf eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 10,00 Euro.

h) Zuletzt verurteilte das Amtsgericht H den Angeklagten mit Strafbefehl vom 16.11.2018 wegen Betruges zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 10,00 Euro.

II.

Feststellungen zur Sache

1. Vorgeschichte der Tat

a) Beginn der Beziehung zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägerin

Der Angeklagte war 23 Jahre alt, als er im Dezember 2010 die zu diesem Zeitpunkt noch 13jährige Nebenklägerin C1 kennenlernte. Der Angeklagte beteiligte sich damals hobbymäßig an der Gestaltung eines Radioprogrammes im Internet. Die Nebenklägerin meldete sich dort und berichtete über erhebliche familiäre Schwierigkeiten, unter anderem darüber, dass sie von ihrer Mutter vor die Türe gesetzt worden sei. Zusammen mit seiner Mutter, der Zeugin C2, holte der Angeklagte die sich in der Innenstadt aufhaltende Nebenklägerin ab, fuhr sie zur Wohnung ihrer Mutter zurück und vermittelte dort zunächst die Wiederaufnahme in deren Haushalt. Der Angeklagte und die Nebenklägerin blieben daraufhin zunächst lose in Kontakt und begannen spätestens Mitte des Jahres 2011 eine Beziehung miteinander. Unter anderem weil die Mutter des Angeklagten sich diesem gegenüber aufgrund des erheblichen Altersunterschieds von mehr als neun Jahren strikt gegen eine Beziehung ausgesprochen hatte, verheimlichten die beiden ihre Beziehung zunächst gegenüber den Familienmitgliedern. Nachdem der Angeklagte im Jahr 2012 eine eigene Wohnung bezogen hatte, zog die mittlerweile 15 Jahre alte Nebenklägerin dort mit ein. Nach einiger Zeit erfolgte ein Umzug in die Wohnung der Mutter der Nebenklägerin, der Zeugin C3. Die Nebenklägerin besuchte zu dieser Zeit noch eine Sonderschule, die sie im Alter von 17 Jahren ohne Abschluss verließ. Ein weiterer Schulbesuch scheiterte nicht zuletzt daran, dass die Nebenklägerin von dem Angeklagten schwanger geworden war. So ging am ... N als erstes Kind aus der Beziehung der beiden hervor. Es kam in der Folgezeit zu mehreren Umzügen, deren Notwendigkeit sich teils aus weiterem Familienzuwachs ergab. Im Jahr 2016 wurde die Nebenklägerin erneut schwanger und gebar am ... ihren Sohn M - das spätere Opfer der Tat vom ... Nur ein Jahr nach der Geburt von M wurde am ... M1 als drittes Kind des Angeklagten und der Nebenklägerin geboren.

Im Juli 2018 erfolgte der Umzug der Familie in eine Dachgeschoßwohnung am F2-platz ... im F Innenstadtbereich, dem späteren Tatort. Der F2-platz ist geprägt von mehrgeschossiger, geschlossener Wohnbebauung. Bei dem Haus mit der Nummer ... handelt es sich um ein 3,5-geschossiges Eckhaus rechts einer geschlossenen Häuserzeile mit 9 Mietparteien. Bei der gemieteten Wohnung handelt es sich um eine etwa 120 Quadratmeter große Altbauwohnung mit vier Zimmern. Sie lässt sich in zwei, durch den Flur getrennte Bereiche gliedern: den linken und den rechten Wohnungsteil. Unmittelbar von dem hinter der Wohnungseingangstüre gelegenen Flur aus sind ein Kinderzimmer sowie das WC erreichbar, im linken Bereich der Wohnung befindet sich eine offene Küche mit angrenzendem Esszimmer. Dabei handelt es sich um ein Durchgangszimmer, von dem aus ein Badezimmer ohne Toilette sowie ein als weiteres Kinderzimmer genutzter Raum (der spätere Leichenfundort) erreichbar sind. Der von der Wohnungseingangstüre aus betrachtet rechte Wohnungsbereich besteht aus dem Wohnzimmer, welches zugleich als Durchgangszimmer zu einem, als drittes Kinderzimmer genutzten, Raum dient.

b) Lebensbedingungen der drei Geschwister

Obgleich weder der Angeklagte noch die Nebenklägerin berufstätig waren und damit grundsätzlich zumindest über uneingeschränkte zeitliche Kapazitäten verfügten, entwickelte sich spätestens ab Ende des Jahres 2018 eine latente Überforderung bei der Erziehung und Versorgung ihrer Kinder. Diese Überforderung der geistig einfach strukturierten Eltern kam unter anderem in einem teils gefühllosen und rohen Verhalten gegenüber den Kindern zum Ausdruck. So wurden insbesondere M und M1 für längere Zeiträume in Hochstühlen abgesetzt, um sie auf diese Weise daran zu hindern, sich frei in der Wohnung zu bewegen und sie nicht entsprechend aufwendig beaufsichtigen zu müssen. Allgemein erlebten die Kinder verhältnismäßig wenig kindgerechte Zuwendung, so wurde ihnen beispielsweise nie vorgelesen.

Auch wurden die Kinder nicht durchgehend bedürfnisgerecht ernährt, was vor allem bei M eine - altersuntypisch - nur geringfügige Gewichtszunahme nach der Vollendung seines ersten Lebensjahres zur Folge hatte. Dabei war es vornehmlich der Angeklagte, der sich überhaupt um die Zubereitung der täglichen Mahlzeiten kümmerte und hierbei von der Nebenklägerin nur selten unterstützt wurde.

Die unangemessene Behandlung der Kinder durch beide Eltern beschränkte sich zwar überwiegend auf verbale Rohheiten und Anschreien, es kam jedoch auch hin und wieder zu körperlichen Übergriffen auf die Kinder. So geriet etwa die Zeugin C4, die Schwester der Nebenklägerin, einmal in eine körperliche Auseinandersetzung mit dieser, weil sie intervenierte, als die Nebenklägerin ihrer Tochter N eine heftige Ohrfeige gab. Auch kam es beispielhaft dazu, dass die abends mit ihrer eigenen Mutter telefonierende Nebenklägerin ihre Tochter N mit den Worten: "Ich hasse Dich, Du Missgeburt" ansprach, weil diese aus dem Schlaf aufgewacht war und nach ihr gerufen hatte.

Mit fortschreitendem Alter und zunehmender Mobilität entwickelte sich vor allem N immer lebhafter und bereitete den Eltern durch ihre Art zunehmend Probleme.

Wegen des Verdachtes einer ADHS-Problematik wurde sie schließlich aufgrund einer Überweisung des auch sie behandelnden Kinderarztes, des Zeugen L, von ihren Eltern im August 2018 der Zeugin C5 zur Behandlung vorgestellt, die als Ergotherapeutin eine Praxis führt. Bereits aufgrund des ersten Eindrucks von N und ihren Eltern sah sich die Zeugin C5 dazu veranlasst, eine für ihre Verhältnisse überdurchschnittlich gründliche Dokumentation des Behandlungsverlaufes anzulegen, weil sie auf der Grundlage ihrer langjährigen Berufserfahrung in dem Sozialverhalten und dem Entwicklungszustand von N Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Kindeswohls erblickte. Da sich für sie aus dem Gespräch mit den Eltern weiterer akuter Hilfebedarf der Familie ergab, bemühte sich die Zeugin C5 über einen Zeitraum von circa zwei Monaten intensiv darum, die Familie an das Jugendamt anzubinden. Zu diesem Zeitpunkt war ihr bereits der Name X als für die Familie zuständige Mitarbeiterin von dem Angeklagten genannt worden. Seit wann zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägerin einerseits und dem für sie zuständigen Jugendamt der Stadt F3 tatsächlich Kontakt bestand, vermochte die Kammer nicht festzustellen.

Noch im September 2018 hatte der zu diesem Zeitpunkt beinahe zweijährige M derart große Probleme beim Laufen, dass sich unter anderem die Mutter des Angeklagten veranlasst sah - unter Inkaufnahme der hierdurch entstehenden Missstimmung innerhalb der Familie - ernsthaft damit zu drohen, das Jugendamt einzuschalten, falls nicht die Eltern zeitnah für eine kinderärztliche Untersuchung sorgen würden.

Die Zeugin C5 setzte die ergotherapeutische Behandlung von N im November mit Blick auf das ausstehende Gespräch mit dem Jugendamt aus, nachdem sie feststellte, dass der Angeklagte und die Nebenklägerin es ohne weitere Unterstützung nicht schafften, ihre Ratschläge umzusetzen. Gegenüber dem Zeugen L, der als Kinderarzt auch N behandelte, berichtete die Zeugin über einen ungesunden Gesamteindruck von N und teilte mit, dass - falls es nicht bald Kontakt zum Jugendamt gäbe - sie sich gezwungen sähe, eine Meldung wegen des Verdachtes auf Kindeswohlgefährdung abzugeben, damit das Jugendamt tätig werden müsse.

Am 07.12.2018 kam es schließlich zu einem angekündigten Hausbesuch, den die Zeugin C5 gemeinsam mit der Zeugin X als Vertreterin des Jugendamtes wahrnahm. Die Zeuginnen fanden die Wohnung in aufgeräumtem Zustand vor. Als Fazit des Besuchs stellte die Zeugin X keine akuten Hinweise auf eine Kindeswohlgefährdung fest. Vereinbart wurde, dass die Familie und die Zeuginnen C5 und X in Kontakt bleiben sollten.

Ab dem 03.12.2018 wurden N und M in der Kindertagesstätte "H1" aufgenommen. Sie besuchten dabei unterschiedliche Gruppen derselben Einrichtung und wurden beide schrittweise eingewöhnt. Weil es sich um eine vollständige Neueröffnung der Kindertagesstätte handelte, waren die Erzieherinnen in besonders hohem Maße beansprucht, da insgesamt fast 80 Kinder eingewöhnt werden mussten und somit zwingend nur ein begrenztes Maß an Aufmerksamkeit für alle Kinder möglich war.

Die Eingewöhnung der beiden Kinder verlief grundsätzlich ohne herausragende Auffälligkeiten, jedoch stellten die beteiligten Erzieherinnen bei M fest, dass dieser größere Probleme beim Laufen hatte und insgesamt unsicher, teils auf den Zehenspitzen oder mit "O-Beinen" lief und ungewöhnlich viel stürzte. Mit Datum vom 11.01.2019 erteilten sowohl der Angeklagte als auch die Nebenklägerin für die Mitarbeiter der Kindertagesstätte "H1" umfassende Schweigepflichtsentbindungen zur Verwendung unter anderem gegenüber Kinderarzt und Jugendamtsmitarbeitern.

Am 22.02.2019 meldete sich ein Nachbar telefonisch bei dem Jugendamt, machte detaillierte Angaben über die familiären Verhältnisse des Angeklagten und seiner Familie und berichtete unter anderem über "große Schreierei in der Wohnung", darüber, dass ein Hund in die Wohnung mache, die "Kinder geschlagen werden (Klatsch in den Nacken)", die Kindeseltern aggressiv seien und familiäre Konflikte vor den Kindern ausgetragen würden. In der Folge gab es von Seiten des Jugendamtes zwei unangekündigte Hausbesuche am 22. und am 25.02.2019, bei denen jedoch die Familie nicht angetroffen wurde. Nach einem telefonischen Kontakt zwischen der Zeugin X und den Eltern fand am 26.02.2019 ein persönliches Gespräch im Büro der Zeugin X statt, an welchem diese sowie der Angeklagte und die Nebenklägerin teilnahmen. Letztgenannte stellten an diesem Tag einen schriftlichen Antrag auf Gewährung von Hilfe zur Erziehung für Minderjährige gemäß § 27 SGB VIII für ihre Tochter N. Dabei wurde erörtert, dass die Familie den Einsatz eines bestimmten Trägers der Familienhilfe, dem sog. "T e.V." wünsche.

Im März 2019 brach die Zeugin C5 die ergotherapeutische Behandlung von N ab, weil diese ab Dezember 2018 nur sehr unregelmäßig zur Therapie gebracht worden war und sich dabei auch - im Anschluss an den jeweils vorausgegangenen Kindergartentag - überfordert zeigte. Die Zeugin berichtete erneut schriftlich gegenüber dem Zeugen L von der - aus ihrer Sicht deutlich erkennbar - zunehmenden Überforderung der Eltern mit den Kindern und drängte auf den Einsatz einer Familienhilfe durch das Jugendamt, welcher die Eltern sehr ambivalent gegenüber stehen würden, zuletzt aber hätten annehmen wollen.

In der Kindertagesstätte von M und N kam es ab März 2019 monatlich zu förmlichen Elterngesprächen zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägerin sowie beteiligten Mitarbeiterinnen der Einrichtung. Anlass hierfür waren diverse Beobachtungen der Mitarbeiterinnen, die das Verhalten, die Entwicklung und die körperliche Hygiene der Kinder betrafen.

So wurde bei einem Gespräch am 15.03.2019 in der Kindertagesstätte unter anderem zwischen dem Angeklagten, der Nebenklägerin und der Zeugin C6 erörtert, dass die Gewährung von Familienhilfe beim Jugendamt beantragt sei und über den T e.V., eine Frau N1 erstmal für drei Monate mit dem "Schwerpunkt N" komme. Als "Vereinbarung" wurde festgehalten, dass die Eltern gegenüber ihren Kindern mehr Gefühle äußern und beim Kinderarzt Auffälligkeiten abklären lassen sollen.

Im 10.04.2019 besprachen die vorgenannten Personen, dass die Kindeseltern im Rahmen einer vorangegangenen Hospitation selbst erlebt hätten, dass M in der Kindertagesstätte eine 1:1 Betreuung brauche. Zudem wurde in diesem Gespräch ein möglicherweise erforderlicher Umzug thematisiert, da M in der offenen Küche an die Messer gehen würde. Der Angeklagte und die Nebenklägerin berichteten zugleich über "Not / Überforderung mit M an den Wochenenden". Die Kindeseltern erklärten zudem, dass sie seit 2,5 Monaten nach der Antragstellung weiterhin auf die Bewilligung einer Familienhilfe durch Frau X vom Jugendamt warten würden. Da die vorgenannten Elterngespräche zu keiner nachhaltigen Verbesserung des Zustandes der Kinder führten, begannen die Mitarbeiterinnen der Kindertagesstätte ab Anfang Mai damit, tageweise besondere hygienische Unzulänglichkeiten zu dokumentieren.

Am 06.05.2019 fand ein weiteres Elterngespräch mit der Zeugin Q, der Bezugserzieherin aus der Gruppe des M, statt. In diesem Gespräch wurde gegenüber dem Angeklagten und der Nebenklägerin zuvorderst angesprochen, dass M bei gemeinsamen Mahlzeiten sehr viel esse und sowohl beim Frühstück als auch beim Mittagessen an das Essen der anderen Kinder gehe. Zudem wurde den Eltern als Defizit in der Sprachentwicklung von M aufgezeigt, dass dieser nur in "1-Wort-Sätzen" spreche, viel "Babysprache" benutze und nicht "Ja" sagen könne. Zu seinem Spiel- und Sozialverhalten wurden dokumentiert, dass er andere Kinder beiße, haue, ihnen an den Haaren ziehe und sie kneife. Er müsse im Spiel angeleitet und bei Interaktion eng begleitet werden. Er könne Regeln und Grenzen nicht akzeptieren und schmeiße viel mit Spielmaterialien. Zur motorischen Entwicklung wurde den Eltern kommuniziert, dass seine Bewegungsabläufe sicherer würden, er Bewegungen nicht abstoppen könne, sehr großen Bewegungsdrang habe und beim Fallen keine Abstützreaktion, sondern erschlaffende Muskeln zeige. Sein Pinzettengriff sei noch nicht ausgereift, er könne Perlen nicht auffädeln und halte Stifte oder Besteck im Faustgriff. Er stoße sich häufig und sei im Gleichgewicht unsicher. Zu seinen kognitiven Fähigkeiten wurde erörtert, dass er Handlungsaufträge kleinschrittig ausführen könne. Er könne Farben und Formen nicht ordnen und Wörter nicht speichern oder auf andere Situationen übertragen. Seine Konzentrationsfähigkeit sei eingeschränkt. Vereinbart wurde abschließend, dass Frau X Kontakt aufnehme, falls ein ausführlicher Bericht erforderlich sei und die Eltern Rückmeldung geben sollen. Der Angeklagte und die Nebenklägerin unterzeichneten die Inhaltsprotokolle zu den drei vorbeschriebenen Gesprächen beide jeweils persönlich.

Allgemein stellte unter anderem die Zeugin Q fest, dass M oftmals außergewöhnlich hungrig und durstig und vor allem nach den Wochenenden an den Montagen besonders ausgezehrt und erschöpft wirkte. Sowohl er als auch seine Schwester N fielen dadurch auf, dass sie während ihres Aufenthaltes im Kindergarten überdurchschnittlich viel aßen und tranken. Als besonders auffällig nahmen die Erzieherinnen unter anderem auch das Verhalten der vierjährigen N wahr, die auf ihr angebotene Nahrungsmittel mit Äußerungen wie "Ich nehme das mit nach Hause." reagierte.

Am 07.05.2019 fand ein weiterer angekündigter Hausbesuch der Zeugin X statt. Der Angeklagte und die Nebenklägerin bekundeten gegenüber der Zeugin, dass sie weiterhin den Wunsch nach einer Familienhilfe hätten. Die Zeugin X stellte anlässlich des Termins, bei dem sie auch mit N sprach, keine Hinweise für körperliche Gewalt gegen das Kind fest und vereinbarte, dass nach ihrem sechswöchigen Urlaub Ende Juni erforderliche Unterlagen für das "Fachgespräch" bearbeitet werden sollten. Während des Urlaubs der Zeugin X fand vertretungsweise am 11.06.2019 ein weiterer Hausbesuch statt, anlässlich dessen festgehalten wurde, dass das Jugendamt einen Umzug der Familie aufgrund baulicher Mängel in der Wohnung unterstützen würde.

In der ab Anfang Mai begonnenen Dokumentation von hygienischen Missständen hielten die Erzieherinnen unter anderem immer wieder stark verschmutzte Kleidung, Kotreste im Intimbereich und dreckige Gesichter der Kinder fest. Mitunter wurde bei M festgestellt, dass er mit einer nicht gewechselten Einwegwindel vom Vortag in den Kindergarten gebracht wurde.

Ab einem für die Kammer nicht genau feststellbaren Zeitpunkt praktizierten der Angeklagte und die Nebenklägerin, dass M regelmäßig zwischen 17 und 18 Uhr in seinem Zimmer eingesperrt wurde und erst im Laufe des jeweils folgenden Morgens wieder aus dem Zimmer herausgelassen wurde. Sie nahmen hierfür die innenseitig liegende Türklinke ab und schlossen die Türe von außen, so dass für das Kind keine Möglichkeit mehr bestand, dass Zimmer selbständig zu verlassen. Mitursächlich für dieses Vorgehen war die Sorge des Angeklagten und der Nebenklägerin, dass M, der zuvor schon nachts aufgestanden war und sein Zimmer alleine verlassen hatte, unter anderem an der offenen Küchenzeile Zugriff auf Messer oder andere gefährliche Gegenstände nehmen könnte. Dass ihr Sohn keineswegs schnell von alleine einschlief, sondern manchmal über Stunden und bis zur Erschöpfung schrie, weil er noch nicht müde war, erkannten die Eltern und nahmen es auch aus Bequemlichkeit hin.

c) Körperliche Entwicklung des M im Übrigen

Neben den oben bereits beschriebenen Auffälligkeiten hat die Kammer zur körperlichen Entwicklung des Tatopfers folgende Feststellungen treffen können:

M wurde nach einer komplikationslosen Schwangerschaft am ... als insgesamt zweites Kind der Nebenklägerin geboren. Unmittelbar nach seiner Geburt im Krankenhaus wurden bei ihm eine Körperlänge von 52 cm, ein Körpergewicht von 3220 g und ein Kopfumfang von 33,5 cm gemessen, womit er in jeder Hinsicht durchschnittliche Werte für einen männlichen Säugling aufwies. Im Rahmen der Routineuntersuchungen im Krankenhaus wurden bei ihm bis zu seiner Entlassung keinerlei Auffälligkeiten festgestellt.

Zur Entwicklung seiner Körperlänge und seines Gewichtes wurden im Rahmen der für Kleinkinder vorgesehenen "U-Untersuchungen" die folgenden Werte verzeichnet:

Bei der U3-Untersuchung wurden am 13.12.2016 eine Körperlänge von 53 cm und ein Körpergewicht von 4360 g gemessen. Die Vorstellung zur U4-Untersuchung erfolgte am 02.03.2017. An diesem Tage wurden eine Körperlänge von 63 cm und ein Körpergewicht von 7770 g festgestellt. Die Messungen bei der U5-Untersuchung am 02.06.2017 ergaben eine Körperlänge von 70 cm und ein Körpergewicht von 9230 g.

Im Alter von fast einem Jahr erfolgte am 30.10.2017 planmäßig die U6-Untersuchung, bei eine Körperlänge von 76 cm und ein Körpergewicht von 10680 g gemessen wurde, welches damit bereits über dem fast 21 Monate später festgestellten Gewicht zum Zeitpunkt der Obduktion lag.

Anlässlich der U7-Untersuchung am 05.11.2018 wurden durch den Zeugen L eine Körperlänge von 84 cm, ein Körpergewicht von 11,0 kg und damit ein Body-Mass-Index von 15,6 gemessen.

Dabei wurden die U3, U4, U5 und U7 durch den sachverständigen Zeugen L durchgeführt, während die Vorstellung zu U6 in einer anderen kinderärztlichen Praxis erfolgte. Hinweise für eine diabetische Stoffwechselerkrankung stellte der Zeuge L dabei zu keinem Zeitpunkt fest.

d) Die Situation nach der Trennung der Kindeseltern im Juni 2019

Anknüpfend an das unter II. 1. b) beschriebene Verhalten der Eltern verschlechterte sich die Lage der drei Geschwister in den Wochen vor dem Tod des M weiter.

Mitte Juni trennte sich die Nebenklägerin von dem Angeklagten endgültig, beide entschieden dabei aber, dass sie übergangsweise zunächst gemeinsam mit den Kindern weiter die Wohnung am F2-platz bewohnen würden, bis beide neue Wohnungen gefunden hätten. Zum Verbleib der Kinder überlegten sie sich, dass es am zweckmäßigsten wäre, wenn der Angeklagte sich um M und N kümmern und M1 bei der Nebenklägerin aufwachsen würde. Die Nebenklägerin hatte bereits im Juni einen neuen Partner gefunden, der in E lebte und bei dem sie viel Zeit verbrachte. Sie ließ dabei die Kinder häufig in der Obhut des Angeklagten.

Der Angeklagte frischte den Kontakt zu der ihm seit vielen Jahren bekannten Zeugin F4 auf. Obgleich es bis zum Tod von M am ... nur zu drei persönlichen Treffen kam, die zudem in Begleitung mindestens jeweils zweier Kinder stattfanden, sahen beide ihr Verhältnis zueinander als feste partnerschaftliche Beziehung an. Der Angeklagte speicherte die Telefonnummer der Zeugin F4 bei sich im Mobiltelefon unter der Eintragung "Ehefrau" ab.

Während die Kinder bis zum Juni 2019 noch überwiegend regelmäßig in den Kindergarten gebracht worden waren, nahmen ihre Fehlzeiten im Juli stark zu. Dies lag zum Teil auch daran, dass die Eltern ausschlafen wollten und es ihnen mit zu großer Anstrengung verbunden war, die Kinder morgens rechtzeitig fertig zu machen und in den Kindergarten zu bringen.

In der ersten Juliwoche meldeten sie M und N von Montag bis Mittwoch krank, Donnerstag und Freitag sowie am darauffolgenden Montag und Dienstag, dem 09.07. waren beide anwesend.

An letztgenanntem Tag meldete sich der Zeuge N2 telefonisch beim Jugendamt. Der Zeuge bewohnte die unmittelbar an die Wohnung des Angeklagten angrenzende Dachgeschoßwohnung im selben Haus. Seit Wochen nahm er immer wieder lautes und teilweise lang andauerndes Geschrei aus der Wohnung wahr und machte sich deswegen Sorgen vor allem um das Wohlergehen der Kinder. Der Zeuge hörte dabei in seiner Wohnung einerseits Konflikte, die zwischen den Eltern schreiend ausgetragen wurden und Schreierei der Eltern, die gegen die Kinder gerichtet war. Andererseits hörte der Zeuge auch Kindergeschrei, was sich teils über Zeiträume von zwei bis drei Stunden am Stück bis hin zur Erschöpfung des Kindes fortsetzte. Als ihm auf Klopfen an der Wohnungstüre nicht geöffnet wurde, rang er sich nach längerem Abwägen schließlich zu der Kontaktaufnahme zu dem Jugendamt durch. Er gab sich als Nachbar zu erkennen, machte detaillierte Angaben über die familiären Verhältnisse und berichtete über seine Wahrnehmungen. Er bekundete auch, dass er keine konkreten Anhaltspunkte dafür habe, dass die Kinder geschlagen werden würden, er aber den Eindruck habe, dass an ihnen der Frust der Eltern ausgelassen werde.

Im Nachgang zu diesem Telefonat fand eine Besprechung zwischen der Zeugin X und zwei Kolleginnen statt, in welcher diese auf einem schriftlichen "Protokoll vorläufige Gefährdungseinschätzung" als Ergebnis festhielten, dass gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung gegeben seien. Es sollten deswegen Gespräche mit den Kindeseltern geführt, der Unterstützungsbedarf geklärt und die erzieherischen Kompetenzen der Eltern überprüft werden.

Der Angeklagte besuchte in der Zeit vom 11.07. bis zum 16.07.2019 seinen Vater in C und nahm dabei N mit. M und M1 verblieben in dieser Zeit bei der Nebenklägerin. Diese brachte M am Donnerstag, den 11.07.2019 noch in den Kindergarten, wo er am Folgetag unentschuldigt fehlte.

Am Sonntag, den 14.07.2019 rief der Zeuge N2 zweimal die Polizei, weil es wiederum zu besonders lautstarkem Geschrei aus seiner Nachbarwohnung kam. Es kam daraufhin zu einem Polizeieinsatz, bei dem die eingesetzten Beamten kurz mit der Nebenklägerin und dem Zeugen sprachen. Weil sie keine Anzeichen von körperlicher Gewalt gegen die Kinder feststellten, ergriffen sie keine weiteren Maßnahmen.

Auch am Montag, den 15.07.2019 brachte die Nebenklägerin ihren Sohn in den Kindergarten, wo er wiederum am Folgetag fehlte. Am Mittwoch, den 17.07.2019 besuchte auch N nach ihrer Rückkehr aus C wieder den Kindergarten. M wurde an diesem Tage nach Hause geschickt, weil bei ihm Fieber gemessen wurde. Zudem hatte er in diesem Zeitraum einige Tage Probleme mit einer Durchfallerkrankung. Am folgenden Donnerstag blieben beide Kinder zuhause. Freitags wurden beide wieder in den Kindergarten gebracht, M aber wieder nach Hause geschickt, weil bei ihm immer noch Fieber gemessen wurde.

In der Woche unmittelbar vor dem Tod des M wurden weder er noch seine Schwester N in den Kindergarten gebracht. Die allgemeine Wetterlage in dieser Zeit war hochsommerlich warm und es herrschte trockenes Wetter. Die Leitung der Kindertagesstätte informierte die Zeugin X am Montag, den 22.07.2019 darüber, dass alle drei Kinder der Familie in den vergangenen Wochen sehr unregelmäßig dort gewesen seien und bat um Rückruf. Die Zeugin X antwortete darauf per E-Mail, dass sie dabei sei, sehr kurzfristig eine Familienhilfe einzusetzen und dann schnellmöglich einen gemeinsamen Termin zu organisieren.

Am Montag besuchten der Angeklagte und die Nebenklägerin gemeinsam mit den drei Kindern einen in der Nähe ihrer Wohnung gelegenen Spielplatz, wo sie sich unter anderem gemeinsam mit der Zeugin G aufhielten. Dienstags besuchte der Angeklagte mit den Kindern den Spielplatz ohne Begleitung der Nebenklägerin und hielt sich dort wieder den gesamten Nachmittag über mit der Zeugin G und deren Kindern auf. Eine Erkrankung seiner Kinder war an keinem der beiden Tage Gesprächsthema. Auch stellte die Zeugin keine Krankheitssymptome bei einem der Kinder fest. Erstaunt war sie lediglich über den ausgeprägten Durst, den M hatte und dem sie an dem Dienstag - von den für ihre eigenen Kinder mitgeführten - Getränken abgab, weil der Angeklagte trotz der hohen Temperaturen keine Getränke für seine Kinder mit sich führte. Erst auf ihre Aufforderung hin ließ der Angeklagte seinen Sohn - wie bei früheren gemeinsamen Spielplatzbesuchen auch schon vorgekommen - aus dem Kinderwagen heraus, damit dieser mit den anderen spielen konnte.

Nachdem die Kinder an den beiden Vortagen im Kindergarten unentschuldigt gefehlt hatten, erklärte der Angeklagte gegenüber der Kindertagesstätte am Mittwoch wahrheitswidrig, dass die gesamte Familie erkältet sei und meldete seine Kinder für den Rest der Woche krank. Tatsächlich besuchte er am Mittwoch die Zeugin F4, die in E auf einem Reiterhof beschäftigt war, gemeinsam mit seinen beiden älteren Kindern, während die Nebenklägerin mit M1 zuhause blieb.

Die seit mehreren Tagen andauernde Hitzeperiode verstärkte sich weiter und es wurden bundesweit Höchstwerte bei den Temperaturen seit Beginn der Wetteraufzeichnungen gemessen. Die Nebenklägerin verließ am Donnerstagmittag die Wohnung, um nach E zu fahren, wo sie Zeit mit ihrem neuen Partner verbringen wollte. Sie hatte hierzu mit dem Angeklagten abgesprochen, dass dieser sich bis Samstag um die Kinder kümmern werde. Es handelte sich um den heißesten Tag des gesamten Jahres, bei dem an den drei Wetterstationen im F Stadtgebiet Maximaltemperaturen zwischen 40,0 °C und 40,9 °C gemessen wurden.

Am Donnerstagabend führte die Nebenklägerin mit der Mutter des Angeklagten, der Zeugin C2 eine "Unterhaltung" über WhatsApp. Auf die mit einem Foto unterlegte Nachricht der Nebenklägerin, dass sie sich in E bei einem Bad im Kanal erfrischt habe, hielt ihr die Zeugin C2 vor, dass die armen Kinder dann "wieder den ganzen Tag in der Bude eingesperrt" gewesen seien. Die Zeugin C2 hielt der Nebenklägerin weiter vor, dass sie beide [die Nebenklägerin und der Angeklagte] für die Kinder verantwortlich seien und dass das "gruselig" sei. Sie forderte die Nebenklägerin auf, dass diese sich kümmern müsse, wenn es der Angeklagte nicht tue und warf ihr vor, dass die Kinder "schlimmer wie Tiere leben" würden.

Der Angeklagte verbrachte den Tag mit seinen drei Kindern in der Dachgeschoßwohnung. Die an die Wohnung angrenzenden Dachflächen verfügten über keine nennenswerte Wärmedämmung, so dass sich die Wohnräume bereits auf Temperaturen von mehr als 30 °C aufgeheizt hatten. Weil die Außentemperaturen in der Nacht auf Freitag nicht unter 24 °C fielen, blieb es in der Wohnung die gesamte Zeit über sehr warm.

Am Freitag, den ... wollte der Angeklagte die Zeugin F4 überraschen und machte sich mit seinen Kinder zu diesem Zweck vormittags auf den Weg zum Bahnhof. Nachdem ihm die Zeugin unterwegs mitgeteilt hatte, dass sie gar nicht bei der Arbeit sei, besuchte der Angeklagte mit den Kinder für kurze Zeit einen Spielplatz, verlies diesen jedoch bald wieder, weil es ihm dort zu heiß war. Zur Mittagszeit hatte der Angeklagte telefonischen Kontakt mit der Zeugin X, die ihm mitteilte, dass die Familie ab dem 01.08.2019 durch zwei Mitarbeiter des Sozialdienstes Unterstützung erfahren werde. Hierüber zeigte er sich sehr erfreut. Der Angeklagte und die Nebenklägerin standen in der Zeit ihrer Abwesenheit in regelmäßigem Kontakt durch Chatnachrichten. So lautete am Freitagmittag etwa die Antwort des Angeklagten auf die Frage, was die Kinder machen würden wörtlich: "Nerven".

M, der körperlich aufgrund der Durchfallerkrankung der Vorwoche noch geschwächt war, zeigte sich im Verlaufe des Tages weinerlich, aß kaum und trank wenig.

2. Die Tat vom ...

Die Kammer konnte nur die grobe Struktur des Tagesverlaufes und des nachfolgenden Tatgeschehens feststellen. Am Nachmittag des ... erreichten die Außentemperaturen im Stadtgebiet von F erneut Werte bis zu 38 °C und es war bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von circa 25 % sehr trocken. Die dünne Bewölkung der Nacht hatte sich bereits morgens schnell aufgelöst, so dass den gesamten Tag über eine ungeminderte Sonneneinstrahlung vorherrschte. Aufgrund dieser Wetterlage und der keinen nennenswerten Wärmeschutz bietenden Dachkonstruktion herrschten in der Dachgeschoßwohnung des Angeklagten ebenfalls Temperaturen, die deutlich über 30 °C lagen.

Der Angeklagte sperrte seinen Sohn M zu einem vor 16:50 Uhr liegenden Zeitpunkt in dessen Kinderzimmer ein, indem er die innenliegende Türklinke der nach außen zu öffnenden Zimmertüre abnahm und diese von außen schloss. Das Zimmer verfügt über eine Grundfläche von knapp 12 Quadratmetern und eine maximale Deckenhöhe von 2,42 Metern, wobei die zur Straße - in nordnordöstlicher Richtung - gelegene Raumseite ab einer Höhe von circa 80 cm eine Dachschräge aufweist, in welcher auch eine Gaube mit zwei nebeneinander angeordneten, einflügeligen Fenster eingelassen ist. Das Zimmer ist mit einem Laminatfußboden und weiß gestrichener Raufasertapete ausgestattet, wobei an den Wänden keine Bilder, Spiegel oder sonstigen Gegenstände vorhanden sind. Mit Ausnahme eines Kleiderschrankes zwischen Zimmereingangstür und Fenster und einem in der Mitte des Raumes befindlichen, kopfseitig an die gegenüber der Türe liegende Wand gestellten Kinderbettes, waren in dem Zimmer keine Möbel vorhanden. Das Kinderbett war an der Kopf- und Fußseite geschlossen und verfügte an beiden Seitenteilen über Gitterstäbe. Dabei waren auf einer Seite drei Stäbe entfernt worden, um M das selbständige Verlassen des Bettes zu ermöglichen, ohne über die Stäbe klettern zu müssen. Daneben befanden sich auf dem Boden des Zimmers zahlreiche unterschiedliche Kinderspielsachen.

Der Angeklagte ließ die Fenster des Zimmers - die mit einer zu circa 4/5 heruntergelassenen Lamellenjalousie verdunkelt waren - verschlossen, damit die von ihm erwarteten Schreie und das Weinen seines Sohnes nicht nach draußen dringen konnten. Er gab seinem Sohn dessen mit Tee gefüllte Trinkflasche mit einem Fassungsvermögen von 300 ml mit in das Zimmer. In dem nicht belüfteten Zimmer herrschte zu diesem Zeitpunkt eine Temperatur von mindestens 35 °C. Auch der Angeklagte nahm diese Temperatur deutlich als unangenehm heiß wahr, weshalb er auch im Wohnzimmer, wo er sich anschließend überwiegend aufhielt, das Fenster geöffnet und den Deckenventilator angeschaltet hatte oder nach dem Einsperren seines Sohnes noch öffnete und anschaltete. Als er die Türe schloss, handelte er mit dem feststehenden Entschluss, seinen Sohn - wie auch in der Vergangenheit gemeinsam mit der Nebenklägerin so praktiziert - so lange schreien und weinen zu lassen, bis dieser aufgeben oder irgendwann einschlafen würde. Er beabsichtigte nicht, vor dem kommenden Vormittag nach seinem Sohn zu schauen oder die Türe wieder zu öffnen, nachdem dieser eingeschlafen wäre und tat dies auch nicht. Er erkannte, dass das Einsperren seines zweijährigen Sohnes wegen der großen Hitze verbunden mit dem zusätzlichen körperlichen Stress eines längeren Weinens und Schreiens zu einer erheblichen Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens und einer Schädigung der Gesundheit des Kindes in Form von starken Kreislaufbeschwerden und quälendem Durst führen könnte und nahm dies jedenfalls billigend in Kauf, um seine Ruhe vor ihm zu haben. Wie sich noch zeigen sollte, traten diese Beschwerden bei M tatsächlich auch ein. Die hierdurch hervorgerufenen Leiden des Kindes waren ihm dabei gleichgültig. Nicht ausschließbar ist, dass der Angeklagte die Möglichkeit eines tödlichen Verlaufs nicht erkannte oder zumindest darauf vertraute, dass sein Sohn in der Folge des Einsperrens nicht versterbe. Bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte der Angeklagte aber sicher erkennen können und müssen, dass seine Handlung geeignet war, den Tod seines Sohnes M herbeizuführen. Trotz der bei ihm vorhandenen geistigen Minderbegabung war die Fähigkeit des Angeklagten, dass Unrecht seiner Tat einzusehen und entsprechend dieser Einsicht zu handeln, zum Tatzeitpunkt weder aufgehoben noch erheblich vermindert.

Die Zeugin N3, eine Cousine der Nebenklägerin, wollte sich am frühen Abend des Tattages zu dieser nach E gesellen und wurde von ihr gebeten, noch einige Kleidungsstücke für sie aus ihrer Wohnung in F abzuholen und nach E mitzubringen. Die Zeugin erklärte sich hierzu bereit. Als sie um 16:50 Uhr in der Wohnung des Angeklagten angekommen war, ging sie direkt ins Wohnzimmer und setzte sich dort auf die Couch, während der Angeklagte die Sachen für die Nebenklägerin suchte und einpackte und sich zu diesem Zweck auch in der Küche aufhielt. Trotz des im Wohnzimmer geöffneten Fensters und dort laufendem Deckenventilator war es ihr deutlich zu heiß, so dass sie sich immer wieder mit ihrem Handy Luft zu fächerte.

Bereits beim Betreten der Wohnung, vernahm sie deutlich, dass M in seinem Zimmer eingeschlossen schrie und weinte und offensichtlich aus dem Zimmer herauswollte. Dies wurde ihr auch von N geschildert, die in der Wohnung herumlaufen konnte, wohingegen M1 für die Zeugin aufgrund offenstehender Tür vom Wohnzimmer aus sichtbar, ruhig in ihrem Kinderbett stand, das über geschlossene Gitterstäbe verfügte und aus dem sie ohne Hilfe nicht heraus gelangen konnte. Auch im Wohnzimmer waren die Schreie von M für N3 immer noch zu hören. Als der Angeklagte die Sachen der Nebenklägerin zusammengesucht und ihr übergeben hatte, sprach sie denn auch den Angeklagten auf das Weinen seines Sohnes an und bat ihn, seinen Sohn wegen dessen offensichtlichen Unwohlseins doch einmal aus seinem Zimmer heraus zu lassen. Der Angeklagte erklärte sinngemäß, M sei noch nicht lange im Bett und er werde gleich nach ihm sehen. Die Zeugin N3 verließ schließlich nach etwa 20 Minuten Aufenthalt sodann wieder die Wohnung. In dieser Zeit hatte M durchgehend aus seinem Zimmer heraus geschrien und geweint, ohne dass sie oder der Angeklagte nach ihm gesehen hätten, .

Der Angeklagte schaute entgegen seiner vorherigen Ankündigung nicht nach seinem weinenden Sohn. Eine knappe halbe Stunde später ließ sich der Angeklagte von dem Zeugen U - dem Lebenspartner der Mutter der Nebenklägerin - wegen seines großen Durstes zwei 1,5 Liter große Flaschen Cola und ein Päckchen Tabak bringen und nahm diese Dinge unten an der Haustüre entgegen. Der Angeklagte und der Zeuge U verabredeten, dass der Zeuge U an nächsten Tag um 10:00 Uhr erneut bei dem Angeklagten erscheinen und dann auf M1 aufpassen werde. Der Angeklagte selbst beabsichtigte, an diesem Samstag gemeinsam mit den beiden älteren Kindern, M und N, erneut die Zeugin F4 auf dem Reiterhof aufzusuchen. Um 17:36 Uhr sendete der Angeklagte der Nebenklägerin eine Nachricht mit einer Vielzahl sogenannter "Emojis", die rote, schwitzende Köpfe zeigten. Auf die Reaktion der Nebenklägerin "Total warm", antwortete der Angeklagte "Ohhh ja".

Der Angeklagte hielt sich in der Folgezeit durchgehend in seiner Wohnung auf. Seine Tochter M1 verbrachte den Abend und die Nacht in ihrem Kinderbett. Die 4 Jahre und 7 Monate alte N hielt sich bei ihm im Wohnzimmer auf, wo sie auf der Internetseite "youtube" Videos schauen durfte, gegen 21:50 Uhr noch mit der Nebenklägerin telefonierte und dann irgendwann auf dem Sofa einschlief. Der Angeklagte hielt sich ebenfalls dort auf. In dem Wohnzimmer befanden sich anders als im Rest der Wohnung ein Decken- und ein Standventilator. Der Angeklagte chattete den Abend und einen Großteil der Nacht über mit einer Vielzahl von Verwandten und Bekannten. Mehrere Stunden chattete und telefonierte er dabei auch mit der Zeugin F4 über weitgehend belanglose Themen. Zuletzt tauschte er gegen 01:48 Uhr am Samstagmorgen die letzten Textnachrichten mit ihr aus. Die Außentemperatur sank in dieser Nacht nicht unter 21 °C, es gab an dem Abend und in der Nacht in Essen weder Niederschlag noch Gewitter.

Nach seinem Sohn schaute der Angeklagte nicht mehr. Wie lange genau dieser nach dem Besuch der Zeugin N3 weiter weinte und schrie, um aus seinem Zimmer herausgelassen zu werden, vermochte die Kammer nicht festzustellen. Nachdem er den Inhalt seiner Flasche ausgetrunken hatte, setzte bei ihm Durst ein, der sich im Laufe des Abends zu einem quälenden Durstgefühl steigerte. Aufgrund der fortschreitenden Dehydrierung kam es bei ihm weiter zu erheblichen Kreislaufbeschwerden, die schließlich in einem vollständigen Zusammenbruch des Kreislaufs mündeten.

M verstarb im Laufe der Nacht an einem Kreislaufversagen in Folge eines Hitzeschocks und Flüssigkeitsmangels in Bauchlage vor seinem Kinderbett. Sein Tod wäre nicht eingetreten und für den Angeklagten sicher vermeidbar gewesen, wenn dieser ihn in eine kühlere Umgebung - etwa den belüfteten und sich im Laufe des Abends abkühlenden Teil der Wohnung - verbracht und ihm mehr Getränke zur Verfügung gestellt hätte.

3. Nachtatgeschehen

Am Samstagmorgen telefonierte der Angeklagte gegen 08:45 Uhr mit der Zeugin C3, der Mutter der Nebenklägerin, die sich erkundigen wollte, ob ihr Partner, der Zeuge U bereits an der Wohnung eingetroffen sei. Dies verneinte der Angeklagte wahrheitsgemäß. Während des Telefonats sprach die ebenfalls aufgewachte N dazwischen und fragte, wo M sei. Der Angeklagte antwortete darauf, dass dieser schlafe. In weiteren Verlauf des Vormittages chattete der Angeklagte wiederum mit einer Vielzahl von Verwandten und Bekannten.

Der Zeuge U traf um 10:00 Uhr wie verabredet ein und fand die Wohnung in einem sogar für ihn ungewohnt schlechten Zustand vor. So befanden sich mehrere volle Mülltüten, Berge mit dreckiger Kleidung und benutzte Windeln in der Wohnung. Der Zeuge U fertigte Lichtbilder von der in ihrem Kinderbett stehenden M1, auf denen deutlich zu erkennen ist, dass die oberen Seitenteile des Bettes, in dem Bereich, in dem das stehende Kind seine Hände auflegt, großflächig mit Kot verschmiert sind. Der Zeuge schickte diese Bilder um 10:47 Uhr an seine Partnerin - die Zeugin C3 - und kommentierte sie unter anderem mit den Worten "Ganze bett voller scheiße das zimmer stinkt auch danach". Er forderte die Zeugin dazu auf, die Bilder festzuhalten und keinem zu zeigen, so habe man "was in der Hand". Der Angeklagte badete in dieser Zeit seine ältere Tochter N, während der Zeuge U versuchte, ein wenig in der Wohnung aufzuräumen und zu putzen.

Um 11:20 setzte der Zeuge U einen Notruf ab. Er meldete dabei ein Kleinkind, das steif sei, sich nicht mehr bewege und vermutlich tot sei. Auf Anweisung der Leitstelle versuchte der Zeuge kurz, den verstorbenen M wiederzubeleben, wofür er ihn umdrehte. Der Zeuge stellte seine Bemühungen jedoch aufgrund der auch für ihn als medizinischen Laien erkennbaren Aussichtslosigkeit schnell ein.

Die Zeugen I und S1 trafen als Rettungssanitäter als erste vor Ort ein, wurden unten vor dem Haus von dem Angeklagten in Empfang genommen und in die Wohnung hochgeführt. Der Angeklagte führte die beiden Zeugen in den Raum, in dem M verstorben war und äußerte dabei die Frage: "Kann man nichts mehr machen, der ist hinüber, oder?". Wenige Minuten nach den Rettungssanitätern trafen auch die Notärztin, die Zeugin N4 mit ihrem Fahrer, dem Zeugen O1 und einem hospitierenden Arzt ein. Auch sie stellten sofort den Tod des M fest und informierten aufgrund der Umstände die Polizei. Während die Rettungskräfte vor Ort waren, liefen in der Küche ein Kondenswäschetrockner und eine Kühltruhe, die beide weitere Wärme in den Raum abgaben.

Der Angeklagte kümmerte sich nicht um seine beiden Töchter, sondern verlangte vielmehr für sich selbst Beruhigungsmedikamente, die ihm von der Zeugin N4 jedoch nicht gegeben wurden.

Auch die noch während des polizeilichen Einsatzes eintreffende Nebenklägerin zeigte bei ihrer Ankunft keinerlei Interesse an dem Zustand ihrer beiden überlebenden Töchter. Diese wurden von der Polizei zunächst mitgenommen und dann in die Obhut des Jugendamtes übergeben. Am selben Nachmittag wurden sie der Zeugin Q1 zur ärztlichen Untersuchung vorgestellt. Die Zeugin stellte bei beiden Mädchen körperlich einen schmutzigen und psychisch einen distanzlosen Allgemeinzustand fest.

Der Angeklagte wurde vorläufig festgenommen und befindet sich nach Haftbefehlsverkündung durch das Amtsgericht F1 am Folgetag seither in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt F5. Der Vollzug der Untersuchungshaft wurde in der Zeit vom 15.08.2019 bis zum 15.09.2019 unterbrochen durch die Vollstreckung des Restes einer Ersatzfreiheitsstrafe aufgrund der Verurteilung durch das Amtsgericht H vom 16.11.2018 (vgl. oben I. 3. h) sowie daran anschließend vom 16.09.2019 bis zum 01.10.2019 durch die Vollstreckung des Restes der Ersatzfreiheitsstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgericht H vom 21.11.2017 (vgl. oben I. 3. g).

Soweit das Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts einer Tatbeteiligung oder einer Kindesmisshandlung sich auch gegen die Nebenklägerin richtete, wurde es von der Staatsanwaltschaft F6 mit Abschlussverfügung vom 23.08.2019 gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

III.

Beweiswürdigung

Diese Feststellungen beruhen auf der Beweisaufnahme, wie sie sich aus dem Sitzungsprotokoll ergibt. Im Einzelnen:

1.) Feststellungen zur Person

Der Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung nicht zur Person eingelassen.

Die Feststellungen zur familiären, schulischen und beruflichen Entwicklung sowie zur physischen und psychischen Gesundheit des Angeklagten trifft die Kammer zunächst aufgrund der Aussage der psychiatrischen Sachverständigen N5, die die ihr gegenüber - im Rahmen von Explorationsgesprächen am 18.11.2019 und am 05.01.2020 - gemachten Angaben des Angeklagten hierzu in der Hauptverhandlung glaubhaft bekundet hat.

Dabei sind die auf diesem Wege in die Hauptverhandlung eingeführten Angaben des Angeklagten zu seinem Lebensweg, seinen familiären Verhältnissen und seinem schulischen und beruflichen Werdegang plausibel und chronologisch nachvollziehbar und damit grundsätzlich glaubhaft. Bestätigt und im Sinne der getroffenen Feststellungen konkretisiert wurden die dergestalt in die Hauptverhandlung eingeführten Angaben des Angeklagten zur Person durch die Aussage seiner Mutter, der Zeugin C2, welche in der Hauptverhandlung glaubhaft - weil detailliert, offen und anschaulich - über die entsprechende Entwicklung ihres Sohnes berichtete. Ihre Angaben deckten sich dabei mit den Angaben des Angeklagten gegenüber der psychiatrischen Sachverständigen N5 und ergänzten beziehungsweise konkretisierten sie in Teilbereichen, sodass die Kammer keine Anhaltspunkte hat, sie in Zweifel zu ziehen.

Die Feststellungen zu dem intellektuellen Leistungsvermögen des Angeklagten trifft die Kammer auf der Grundlage der diesbezüglichen Ausführungen der psychiatrischen Sachverständigen N5, die in der Hauptverhandlung neben ihren eigenen Befunden ergänzend das Ergebnis einer testpsychologischen Begutachtung durch die L1 darstellte und nachvollziehbar erläuterte. So habe der Angeklagte im sog. Wechsler-Intelligenztest für Erwachsene (WIE), der die Errechnung eines Verbal- und eines Handlungsintelligenzquotienten ermögliche und dabei zwischen den Bereichen "Sprachliches Verständnis, Wahrnehmungsorganisation, Arbeitsgedächtnis und Arbeitsgeschwindigkeit" differenziere, Werte erzielt, die mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 % auf einen Intelligenzquotienten im Bereich zwischen 60 und 72 schließen ließen. In einem weiteren Testverfahren, dem sog. Grundintelligenztest Skala 2 - CFT 20-R, mit welchem überwiegend sprachfrei die Fähigkeit zum Erkennen figuraler Beziehungen und formallogischer Denkprobleme mit unterschiedlichen Komplexitätsgrad erfasst werde, habe er einen Intelligenzquotienten von 83 erreicht. Hinweise auf eine Borderline-Persönlichkeitsstruktur oder andere Akzentuierungen seiner Persönlichkeitsstruktur hätten die hierzu erhobenen Persönlichkeitsinventare nicht ergeben. Unter Berücksichtigung dieser Erkenntnisse sowie anknüpfend an die eigenen Befunde aus den beiden Explorationsgesprächen und den Eindruck von dem Angeklagten aus der Hauptverhandlung sei bei diesem im Ergebnis von einer intellektuellen Leistungsfähigkeit auszugehen, welche derjenigen einer Lernbehinderung entspreche, aber über der einer geistigen Behinderung liege. Denn das von dem Angeklagten selbst beschriebene und von Zeugen aus unterschiedlichen Kontaktsituationen bestätigten Verhalten in zahlreichen Alltagssituationen sowie seine vorhandenen Fertigkeiten und Interessen sprächen deutlich gegen eine höhergradige geistige Beeinträchtigung. Diese nachvollziehbar und überzeugend dargestellte Bewertung teilt die Kammer, auch weil - damit in Einklang stehend - durch zahlreiche Zeuginnen über unterschiedliche Gesprächssituationen mit dem Angeklagten glaubhaft berichtet worden ist, in denen dieser für konstruktive Kommunikation zugänglich war und sich jeweils keine Anhaltspunkte für die Zeuginnen ergaben, dass dieser geistig überfordert sein könnte. So berichtete beispielsweise etwa die Zeugin Q über ein von ihr durchaus als positiv empfundenes Elterngespräch mit dem Angeklagten, in welchem dieser aktiv eigene Vorstellungen einbrachte und eine Fortsetzung der Hospitation im Kindergarten anregte. Auch die Zeugin C5 berichtete anschaulich darüber, dass sie sehr wohl den Eindruck gehabt habe, dass der Angeklagte immer gut verstanden habe, was sie von ihm wolle, seine Antworten auf ihre Fragen teils abgewogen und angepasst, nicht aber immer offen oder gar naiv gewirkt hätten. Dabei habe er über ein hohes Maß an Selbstkontrolle verfügt, sich nicht unangemessen geäußert und sich im Verhältnis zu der Nebenklägerin aktiver in die gemeinsamen Gespräche eingebracht.

Dass der Angeklagte nie zu nennenswertem Alkohol- oder Betäubungsmittelkonsum neigte, ergibt sich für die Kammer neben seinen eigenen Angaben bei der psychiatrischen Sachverständigen auch daraus, dass keiner der gehörten Zeugen aus seinem persönlichen Umfeld über einen derartigen Konsum des Angeklagten berichtete.

Die Feststellungen zu den Vorstrafen des Angeklagten trifft die Kammer aufgrund des in der Hauptverhandlung verlesenen Bundeszentralregisterauszugs vom 24.03.2020.

2.) Feststellungen zur Sache

Der Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung nicht zur Sache eingelassen und von seinem Schweigerecht umfassend Gebrauch gemacht.

Er hat jedoch im Ermittlungsverfahren am 27.07.2019 Angaben gemacht, die die Kammer durch die glaubhaften Angaben der beiden Vernehmungsbeamten L2 und L3 in die Hauptverhandlung eingeführt hat (im Einzelnen weiter unten). Zudem hat er sich auch gegenüber der Sachverständigen N5 diese Angaben wiederholend bzw. ergänzend eingelassen (im Einzelnen weiter unten).

a) Feststellungen zur Vorgeschichte der Tat

aa) Die Kammer trifft die Feststellungen zu dem Beginn der Beziehung zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägerin maßgeblich auf der Grundlage der Angaben der Sachverständigen N5, die in der Hauptverhandlung den Inhalt der Angaben des Angeklagten aus den Explorationsgesprächen wiedergab. Die Sachverständige bekundete hierzu anschaulich, dass sie die Angaben des Angeklagten in dessen Gegenwart laut diktiert habe, um auf diese Weise möglichst genau den Wortlaut seiner Angaben dokumentieren zu können. Der Angeklagte selbst beschrieb ihr gegenüber die Entwicklung der Beziehung, wie die Kammer es festgestellt hat.

Die auf diese Weise eingeführten Angaben des Angeklagten waren im Sinne der getroffenen Feststellungen glaubhaft, weil sie durch die Nebenklägerin C1 als Zeugin bestätigt und ergänzt worden sind, ohne dass dabei nennenswerte Abweichungen gegenüber der Schilderung des Angeklagten zu Tage traten. Auch die Zeugin C2 schilderte davon unabhängig, aber inhaltlich übereinstimmend den Verlauf der Beziehung ihres Sohnes und der Nebenklägerin - soweit sie hierin Einblick hatte - wie die beiden selbst. Ihre Angaben fanden wiederum Bestätigung in dem Inhalt der Angaben der Zeugin C3, die als Mutter der Nebenklägerin das Geschehen ebenfalls in seinen Grundzügen so schilderte, wie es die Kammer festgestellt hat.

Im Hinblick auf die Wohnverhältnisse am F2-platz ..., insbesondere bezüglich der Größe und Aufteilung der Wohnung des Angeklagten und der Nebenklägerin trifft die Kammer ihre Feststellungen aufgrund der Inaugenscheinnahme der ausweislich des Sitzungsprotokolls im Einzelnen in Augenschein genommenen Lichtbilder des Sonderbandes "Lichtbildmappe" welche von der Tatortbeamtin KOKin L3 als Zeugin umfangreich und nachvollziehbar erläutert wurden.

bb) Feststellungen zu den Lebensbedingungen der drei Geschwister

Dass der Angeklagte und die Nebenklägerin mit der Erziehung und Versorgung ihrer Kinder zumindest ab Ende des Jahres 2018 latent überfordert waren, hat sich in der Beweisaufnahme aus den dahingehenden Angaben der Zeuginnen C5, C4 und C3, C2, G, N3, M2, N2, Q und C6 ergeben.

Für eine unzureichende körperliche und seelische Betreuung sowie fehlende Förderung der Kinder entsprechend ihrem jeweiligen Alter sprechen zunächst die von den Erzieherinnen Q und C6 bekundeten Auffälligkeiten. Beide berichteten bedrückend anschaulich, offen und detailliert über ihre Beobachtungen im Kindergartenalltag. So beschrieb die Zeugin C6, die anfänglich mit der Betreuung von M und später mit der kommissarischen Leitung der Kindertagesstätte befasst war, den Entwicklungsstand des M, der nach ihrem fachkundigen Eindruck in seinen Fähigkeiten auf vielen Gebieten hinter Altersgenossen zurückblieb. Auch berichtete sie über den wenig liebevollen Umgang beider Elternteile, soweit sie hiervon beim Bringen und Abholen der Kinder einen Eindruck gewinnen konnte. Offen, detailliert und anschaulich berichtete sie über hygienische Mängel bei den von den Kindern mitgebrachten Getränkebechern und Brotdosen sowie darüber, dass die Eltern immer wieder daran erinnert werden mussten, Wechselkleidung und Feuchttücher mitzubringen.

Auch aus den Bekundungen der Zeugin C5, die von den Kindeseltern gerade wegen der Verhaltensauffälligkeiten und nicht altersgerechten Sprachentwicklung von N bereits im Spätsommer 2018 aufgesucht worden war, berichtete - auf der Grundlage ihrer langjährigen Berufserfahrung entsprechend fachkundig und qualifiziert - über die von ihr vom ersten Kontakt an wahrgenommene Überforderung der Eltern. Sachlich und zugleich unmissverständlich stellte sie dar, wie bei ihr - bildlich - bereits beim Erstkontakt zu N und ihren Eltern die "Alarmglocken" angegangen seien und für sie kein Zweifel daran bestanden habe, dass die Familie weitere Unterstützung bei der Sorge für ihre Kinder benötige. Von der Familie sei bereits im September 2018 der Name X als zuständige Ansprechpartnerin des Jugendamtes genannt worden, so dass sie in den folgenden Wochen und Monaten beständig versucht habe, einen Kontakt dorthin herzustellen und einen gemeinsamen Gesprächstermin stattfinden zu lassen.

Die Zeugin L3, die Verfasserin des Tatortbefundberichts, erläuterte bei der Vorstellung der Lichtbilder der Wohnung des Angeklagten, wie ihr neben dem desaströs unhygienischen Allgemeinzustand der Wohnung besonders aufgefallen war, dass sich nicht ein einziges Kinderbuch in der Wohnung befunden habe.

Die Zeugin C4, eine Schwester der Nebenklägerin, die deren Aussage in der Hauptverhandlung mitverfolgt hatte, meldete sich an einem späteren Verhandlungstag von sich aus als Zeugin. Sie stellte ihre Aussagemotivation überzeugend dahingehend dar, dass sie zumindest den beiden überlebenden Kindern ihrer Schwester eine bessere Zukunft wünsche. Sie fühle sich deswegen verpflichtet zu bekunden, dass viele der Angaben ihrer Schwester unzutreffend gewesen seien und dass diese wiederholt gegenüber den Kindern übergriffig geworden sei. Nur exemplarisch führte sie hierfür eine heftige Ohrfeige der Nebenklägerin gegen N an. Eindrücklich schilderte die Zeugin C4, wie erschüttert sie selbst darüber gewesen sei, dass die Kinder - auch in ihrer Gegenwart - in Hochstühlen "verwahrt" wurden, damit sich die Eltern nicht ständig mit ihnen beschäftigen müssten. Die Angaben waren glaubhaft, da sie detailliert und frei von übertriebener Belastungstendenz vorgebracht wurden. Ein Grund für die Zeugin, sowohl den Angeklagten als auch ihre eigene Familienangehörige, die Nebenklägerin, wahrheitswidrig dergestalt zu belasten, ist nicht zu Tage getreten. Im Gegensatz zu der Nebenklägerin, aber im Einklang mit den übrigen Zeuginnen belastete die Zeugin C4 mit ihren Angaben nicht einseitig den Angeklagten, sondern schilderte vielmehr recht nüchtern, wie der Angeklagte und die Nebenklägerin gemeinsam mit ihren Kindern verfuhren.

Die Angaben der Zeugin finden Bestätigung in der nicht altersgerechten motorischen Entwicklung insbesondere des Gangs und der Laufsicherheit des M sowie den Angaben des rechtsmedizinischen Sachverständigen G1 zur - beinahe fehlenden - Gewichtszunahme von M nach seinem ersten Geburtstag. Für die Kammer nachvollziehbar und überzeugend führte dieser aus, dass es vollkommen atypisch sei, wenn ein Kleinkind zwischen seinem ersten und zweiten Geburtstag kaum 400 Gramm zunehme. Die diametral abweichende Bewertung des Kinderarztes L, der bekundete, diese Phänomen "beinahe täglich" zu erleben, sei dagegen als abwegig zu bezeichnen.

Vollkommen unabhängig von den genannten Zeugen beschrieb auch die Zeugin C2, die Mutter des Angeklagten, dass sie so entsetzt über den Umstand gewesen sei, dass ihr Enkelsohn eines seiner Beine beim Laufen hinterhergezogen und in seinen Bewegungen beeinträchtigt gewirkt habe, dass sie mit der Einschaltung des Jugendamtes gedroht habe.

Auch die Zeugin N3 berichtete über eine allgemeine Überforderung der Eltern mit ihren Kinder, welche sie unter anderem nachvollziehbar daran festmachte, dass die Kinder nicht auf ihre Eltern gehört hätten und die Eltern - auch in ihrer Gegenwart - die Kinder deswegen viel angeschrien hätten. Glaubhaft und ohne Belastungstendenz beschrieb sie, dass sie dieses Verhalten bei beiden Eltern beobachtet habe. Die Nebenklägerin habe das Gesicht des M einmal mit der flachen Hand weggestoßen, als dieser im Hochstuhl gesessen habe. Sie habe zur Nebenklägerin gesagt, dass sie so etwas nicht machen könne, worauf diese geantwortete habe, dass die Kinder sie "provozieren" würden.

Die Nebenklägerin, deren Angaben im Wesentlichen durch eine offen zu Tage tretende Belastungstendenz zum Nachteil des Angeklagten geprägt waren, erklärte selbst, dass es überwiegend der Angeklagte gewesen sei, der sich um die Zubereitung der Mahlzeiten für die Kinder gekümmert habe. Nicht ansatzweise nachvollziehbar oder gar glaubhaft waren ihre Bekundungen, soweit sie erklärte, man habe stets auf eine besonders gesunde Ernährung der Kinder geachtet. Denn die Nebenklägerin war schon auf unmittelbare Nachfrage kaum in der Lage, hierfür beispielhaft auch nur einzelne Lebensmittel oder sogar Gerichte zu benennen.

Selbst die Mutter der Nebenklägerin, die ansonsten sehr bemüht darum wirkte, keine Angaben zu machen, die ihre Tochter in ein schlechtes Licht rücken könnten, berichtete im Verlaufe ihrer Vernehmung über deren verbalen Ausfälle ("Ich hasse Dich, Du Missgeburt") gegenüber ihrer Enkeltochter N. Ihre Angaben waren dabei auch deswegen glaubhaft, weil sie sich weiterhin ersichtlich scheute, noch deutlicher zu werden, dabei aber bestätigte, dass Äußerungen dieser Art keineswegs ein einmaliger Vorfall gewesen seien.

Die von den verschiedenen Zeuginnen beschriebenen Auffälligkeiten wurden so auch von den Mitarbeiterinnen der Kindertagesstätte, welche M und seine Schwester N ab Dezember 2018 besuchten, in der Hauptverhandlung beschrieben und übereinstimmend als nicht altersgerecht eingeschätzt.

Zu der Frage, seit wann das Jugendamt der Stadt F3 über den Hilfebedarf der Familie informiert war, konnte die Kammer keine sicheren Feststellungen treffen. Die - erst nach "Überprüfung" durch den Leiter des Jugendamtes dem Zeugen O2 als Leiter der Mordkommission übergebene - Akte des Jugendamtes ist in wesentlichen Teilen unvollständig dokumentiert gewesen und auch die hierzu gehörte Zeugin X machte Angaben, die in vielerlei Hinsicht unvollständig waren und übermäßig beschönigend wirkten.

So berichtete die Zeugin X zunächst über den auch von der Zeugin C5 beschriebenen Hausbesuch, den beide auf den 07.12.2018 datierten. Schon dabei konnte sie keine überzeugende Begründung dafür abgeben, aus welchem Grund der Besuch von ihr - gerade als vermeintlicher Erstkontakt zu der Familie - weder in der Jugendamtsakte noch in ihrer polizeilichen Vernehmung Erwähnung gefunden hat und der Anlass, Inhalt und Ergebnis des Gesprächs überhaupt nicht dokumentiert worden zu sein scheinen. So bekundete die Zeugin hierzu nur, es sei leider aufgrund der Arbeitsbelastung wohl "nicht alles" dokumentiert worden. Unklar musste vor diesem Hintergrund schon bleiben, wann und warum überhaupt eine Akte für die Familie C7 / T1 angelegt worden ist. Dass die Zeugin in dienstlicher Funktion an Hausbesuchen teilnimmt, ohne hierzu überhaupt Aufzeichnungen zu fertigen, wirkt auch deswegen überraschend, weil der Vorgang aus damaliger Sicht nicht abgeschlossen war, sondern weiterhin ein Austausch stattfinden sollte.

Auf Vorhalt eines von ihr gefertigten Vermerks vom 26.02.2019 - dem ersten Vermerk in der Jugendamtsakte überhaupt -, wonach ihr die Familie "seit Anfang des Jahres" bekannt sei, erklärte die Zeugin, dass die Kontaktaufnahme durch die Ergotherapeutin im Dezember erfolgt sei. Offen blieb, weshalb von dem Angeklagten und der Nebenklägerin gegenüber der Zeugin C5 bereits im September der Name X als Ansprechpartnerin benannt werden konnte, was sich kaum mit den Angaben der Zeugin X in Einklang bringen lässt, die Familie zu diesem Zeitpunkt nicht gekannt zu haben.

Die Zeugin vermochte auch nicht zu erläutern, weshalb eine auf den 11.01.2019 datierende Schweigepflichtsentbindung des Angeklagten und der Nebenklägerin für die Mitarbeiterinnen der Kindertagesstätte in der Jugendamtsakte befindlich ist. Jedenfalls machte die Zeugin nach ihren Angaben von der so eingeräumten Möglichkeit, sich weitere Informationen zu verschaffen, keinen Gebrauch, sondern nahm erst 28.06.2019 Kontakt zu der Kita-Leitung auf.

Die näheren Umstände der anonymen Meldung eines Nachbarn am 22.02.2019 beim Jugendamt, die im Anschluss verlaufenen (vergeblichen) Hausbesuche sowie das Gespräch zwischen dem Angeklagten, der Nebenklägerin und der Zeugin X stellt die Kammer auf der Grundlage der Angaben der Zeugin X dar, soweit diese die Angaben letztlich auf entsprechende Vorhalte aus der Akte des Jugendamtes bestätigte. Die Zeugin X hat die festgestellten Ereignisse im Rahmen ihrer polizeilichen Zeugenvernehmung praktisch vollständig verschwiegen, indem sie hierzu ausschließlich erwähnte, ein Nachbar habe "mal" angerufen und gemeldet, dass ein Hund in die Wohnung mache. Sowohl bei der Polizei als auch in der Hauptverhandlung war ihr gesamtes Aussageverhalten unübersehbar davon geprägt, das Bild einer kaum hilfsbedürftigen Familie zu zeichnen, bei der sich weder ex ante noch ex post irgendwie geartete Anzeichen für die Notwendigkeit einer intensiveren Begleitung ergeben hätten. Ihre Angaben waren dabei an unterschiedlichen Stellen - trotz wiederholter und expliziter Hinweise auf die Wahrheitspflicht - derart unvollständig, dass sie jedenfalls objektiv nicht mehr den Anforderungen an eine wahrheitsgemäße Aussage genügten.

So bekundete die Zeugin auf Vorhalt aus ihrer polizeilichen Vernehmung zunächst, dass ihre dortige Erklärung, man sei nie unangekündigt bei der Familie gewesen, weil man dafür nie Anlass gesehen habe, zutreffend sei. Auch nach dem folgenden Vorhalt des von ihr selbst gefertigten Vermerks vom 26.02.2019 über zwei unangekündigte Hausbesuche am 22.02. und 25.02. blieb sie bei der Auffassung, ihre Angaben seien inhaltlich korrekt, weil man damals ja niemanden angetroffen habe. Auf Nachfrage, weshalb sie bei offensichtlicher Kenntnis des Inhaltes der anonymen Anzeige vom 22.02.2019 gegenüber der Polizei nur über den von dem Nachbarn erwähnten Hund berichtet habe, nicht aber über die - nur eine Zeile weiter - dokumentierten Schläge in den Nacken der Kinder, erklärte die Zeugin, dass sich aus ihren Gesprächen mit N und den Eltern nie Anzeichen für Gewalt gegen die Kinder ergeben habe.

Im Ergebnis nicht nachvollziehbar verblieben auch die Erklärungsversuche der Zeugin mit Blick auf den von ihr - gegenüber der Polizei gänzlich und in der Hauptverhandlung zunächst - unerwähnt gebliebenen schriftlichen Antrag des Angeklagten und der Nebenklägerin auf Gewährung von Familienhilfe, dessen Existenz sie erst nach entsprechendem Vorhalt einräumte.

Die Zeuginnen Q und C6 berichteten über - und bestätigten auf entsprechende Vorhalte ergänzend - den Inhalt der mit dem Angeklagten und der Nebenklägerin geführten Elterngespräche seit März 2019 sowie über ihre Wahrnehmungen im täglichen Kontakt mit M und seiner Schwester N. Insbesondere die Zeugin Q war emotional sichtlich ergriffen und berichtete trotz des großen zeitlichen Abstandes zu dem Tod des M nur unter Tränen über die von ihr gemachten - und vor dem Hintergrund des Todes des Kindes nun in ihrer Tragweite anders bewerteten - Beobachtungen bezüglich des großen Hungers und Durstes des M in der Kindertagesstätte sowie den von ihr und ihren Kolleginnen dokumentierten unzureichenden hygienischen Zustand der beiden Kinder. Ihre Angaben waren glaubhaft, da sie auch von der Zeugin C6 bestätigt wurde. Wie sich aus den Vorhalten ergab und so auch von der Nebenklägerin bestätigt wurde, wurden alle Protokolle über den Inhalt der Elterngespräche auch von ihr und dem Angeklagten unterzeichnet, was zusätzlich für die inhaltliche Richtigkeit des dort Festgehaltenen spricht. Nahezu absurd war vor diesem Hintergrund die Behauptung der Nebenklägerin, es habe nie Beschwerden wegen des Zustandes der Kinder aus dem Kindergarten gegeben, was die Nebenklägerin zugleich mit dem unverschämten Vorwurf gegenüber den Mitarbeiterinnen der Kindertagesstätte verband, dass diese "hinter ihrem Rücken" entsprechendes dokumentiert hätten. So sei ihr - der Nebenklägerin - im Kindergarten immer gesagt worden, die Kinder würden gut aussehen. Sie frage sich noch heute, warum "die" ihnen nie etwas gesagt hätten. Gegenteiliges ergibt sich in jeder Hinsicht unmissverständlich unter anderem aus den von der Nebenklägerin persönlich unterzeichneten Gesprächsprotokollen, insbesondere demjenigen vom 06.05.2019, welches auch bei unbedarftester Lesart objektiv unmöglich als positive Rückmeldung verstanden werden kann, da es einen Missstand an den nächsten reiht.

Die Feststellungen dazu, dass der Angeklagte und die Nebenklägerin gemeinsam dazu übergingen, die innenseitig angebrachte Türklinke der Zimmertüre des von M als Kinderzimmer genutzten Raumes abzumontieren, um ihn an einem eigenmächtigen Verlassen des Raumes zu hindern, trifft die Kammer zunächst auf Grundlage der Angaben des Angeklagten im Ermittlungsverfahren und wiederholend gegenüber der Sachverständigen N5. Seine diesbezüglichen Angaben in der polizeilichen Beschuldigtenvernehmung - in die Hauptverhandlung eingeführt durch die glaubhaften Angaben des Vernehmungsbeamten L2 - waren grundsätzlich glaubhaft, weil sie schlüssig sind und durch das übrige Ergebnis der Beweisaufnahme gestützt wurden.

So bestätigte unter anderem die Zeugin C6 auf Vorhalt eines Protokolls über ein Elterngespräch vom 10.04.2019, dass dort die entsprechenden Äußerungen ["Eltern müssen umziehen (wegen der offenen Küche) weil M an die Messer geht"] durch die Eltern getätigt worden seien. Die Kammer hält es für naheliegend, dass bei dem Angeklagten und der Nebenklägerin tatsächlich derartige Sorgen bestanden, weil sich andernfalls derartige Äußerungen kaum erklären ließen. Soweit die Nebenklägerin hierzu befragt ausführte, dass mit "weil er an die Messer geht" gemeint gewesen sein müsse, "falls" er an die Messer ginge, was er aber nie getan habe, war dies überhaupt nicht nachvollziehbar. So ist es geradezu abwegig, dass im Verlaufe des Gesprächs - bei dem eine Vielzahl konkreter Probleme besprochen worden ist - alleine über die theoretische Möglichkeit eines Umzuges unter einer nicht eingetretenen Bedingung gesprochen worden sein sollte und dies zugleich derart eindeutig, aber inhaltlich falsch dokumentiert sein könnte.

Die Angaben der Nebenklägerin zur Motivation für die Abnahme der Türklinke erschienen zudem fragwürdig, da sie hierfür keinen konsistenten Grund benennen konnte. So sei einerseits Anlass dafür gewesen, dass M "aus dem Bett gegangen sei". Was an diesem zunächst unverfänglichen Umstand problematisch gewesen sei, konnte oder wollte sie aber nicht benennen. Andererseits waren ihre Angaben widersprüchlich und damit nicht überzeugend, soweit sie bekundete, dass ihr Sohn immer sehr schnell eingeschlafen sei und auch gut durchgeschlafen habe. Denn so vermochte sie überhaupt nicht zu erklären, warum in diesem Falle eine Entfernung der Türklinke hätte erfolgen müssen. So bekundete sie, dass er nachts eigentlich nie aufgestanden und rumgelaufen sei. Zutreffend sei vielmehr, dass er an Kindergartentagen abends von 17 oder 18 Uhr bis zum nächsten Morgen durchgeschlafen habe und um 7 Uhr dann sogar noch hätte geweckt werden müssen. Aus eigener Sachkunde betrachtet die Kammer die Schilderung, der zweijährige Sohn habe stets mindestens 13 bis 14 Stunden am Stück durchgeschlafen - am Wochenende auch länger -, als lebensfern.

Sowohl aus sich heraus als auch vor dem Hintergrund der Angaben der weiteren Zeugen waren die Angaben der Nebenklägerin nicht glaubhaft, soweit sie versuchte, die alleinige Verantwortlichkeit für das Abnehmen der Klinke wahrheitswidrig auf den Angeklagten abzuwälzen. So behauptete sie, es sei der Angeklagte gewesen, der mit dieser Idee an sie herangetreten sei. Sie habe dann gesagt, dass das keine gute Idee sei. Eine Begründung dafür, weshalb sie dem vermeintlichen Vorschlag des Angeklagten nicht widersprochen habe, konnte sie auch auf Nachfrage nicht geben, was gegen die Richtigkeit ihrer Aussage spricht. Völlig lebensfremd war unter anderem der Erklärungsversuch der Nebenklägerin, sie "schwöre", dass sie jeden Abend um 20 Uhr die Türklinke wieder reingesteckt habe. Das habe sie aus Angst vor dem Angeklagten aber heimlich getan. Wenig lebensnah behauptete sie auf weitere Nachfrage, sie sei morgens stets vor dem Angeklagten aufgestanden und als erstes zum Zimmer des M gegangen, um dort die Türe zu öffnen, damit der Angeklagte nicht bemerke, dass sie abends heimlich die Klinke wieder angebracht habe. Gegen die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben spricht, dass sie bei der Polizei überhaupt nicht darüber berichtete hatte, dass das Einsperren die Idee des Angeklagten gewesen sei, dieser ihr gegenüber aggressiv gewesen sei oder sie Angst vor ihm gehabt habe, was sie auf entsprechenden Vorhalt bestätigte. Hätte es sich indessen um wahrheitsgemäße Angaben gehandelt, so hätte aus Sicht der Kammer nichts näher gelegen, als diese unmittelbar gegenüber der Ermittlungsbehörde offen zu legen.

Allein vor dem Hintergrund einer abgesprochenen Aussage kann sich die Kammer erklären, dass die Zeugin C3 mit beinahe identischem Wortlaut an dem folgenden Hauptverhandlungstermin die Angaben ihrer Tochter zu bestätigten suchte, soweit es um regelmäßige abendliche Telefonate ging, in denen die Nebenklägerin stets erwähnt haben will, gerade die Klinke wieder angebracht zu haben. So habe ihre Tochter heimlich angerufen, um - ohne einen irgendwie beschriebenen Zusammenhang - darüber zu berichten, dass sie die Klinke jetzt wieder angebracht habe. Ihre Angaben blieben dabei indessen völlig farblos und die Zeugin vermochte keinerlei Nachfragen zum Hintergrund der vermeintlichen Gespräche zu beantworten oder irgendwelche Details hierzu zu benennen, die ansatzweise nachvollziehbar gemacht hätten, aus welchen Gründen es zu einem solchen Telefonat gekommen sein soll.

Dagegen berichteten die Zeuginnen C2, M2 und G unabhängig voneinander über ein gemeinsames Vorgehen des Paares. Ihre Angaben waren glaubhaft, weil sie jeweils individuelle Kontexte lebensnah beschreiben konnten, in denen sie hiervon Kenntnis erlangt haben.

So erklärte die Zeugin C2 detailliert und nachvollziehbar, dass sie in einem Telefonat gerade von der Nebenklägerin selbst erfahren habe, dass die Türklinke abgenommen werde, weil M abends immer wieder aus dem Zimmer käme. Dabei habe die Nebenklägerin ihr gegenüber nicht geäußert, dass das die Idee des Angeklagten sei oder gegen ihren Willen geschehe. Vielmehr sei sie auf den Vorwurf der Zeugin, dass sie das so nicht machen könnten, nicht weiter eingegangen. Die Zeugin M2 beschrieb dagegen einen persönlichen Besuch in der Wohnung der beiden, bei der die Nebenklägerin den Angeklagten gefragt habe, ob die Klinke schon abmontiert sei. So dann schilderte die Zeugin - was aus Sicht der Kammer deutlich für den Wahrheitsgehalt ihrer Angaben spricht - ihr eigenes Unverständnis über diese Äußerung und die auf ihre Nachfrage erfolgte Begründung, dass M beim Einschlafen "zu unruhig" sei. Auch vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Zeugin gleichsam unwichtige Details ihres Besuches schildern konnte, der in einer Freistunde ihrer nahegelegenen Schule zur Mittagszeit stattgefunden habe, geht die Kammer von einer erlebnisbasierten und im Ergebnis glaubhaften Schilderung aus. Vollkommen unabhängig davon berichtete auch die - nicht zur Familie gehörende - Zeugin G darüber, aus Gesprächen mit der Nebenklägerin davon erfahren zu haben, dass beide die Türklinke entfernen würden, weil sie große Probleme mit dem Einschlafen von M gehabt hätten, der immer wieder rumgelaufen sei. Offen und lebensnah schilderte sie dabei ihre Verwunderung über die ihr von dem Angeklagten und der Nebenklägerin beschriebene Vorgehensweise, die Kinder regelmäßig schon zwischen 17 und 18 Uhr ins Bett zu legen und begründete dies damit, dass ihr bei ihrem jüngsten Sohn 19 Uhr schon früh erscheine. Ihre Angaben waren nicht zuletzt deswegen glaubhaft, weil sie über eigene Probleme mit ihren Kindern berichtete und dabei zugleich nachvollziehbar darstellte, dass sie einen Sohn mit einer Aufmerksamkeitsstörung und sich hierüber mit der Nebenklägerin ausgetauscht habe sowie dieser - aufgrund eigener Erfahrungen - Empfehlungen zu einer feindiagnostischen Abklärung gegeben habe. Die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben wurde darüber hinaus weiter dadurch gestärkt, das sie Kenntnisse offenbarte, die sie lebensnah nur von den Eltern gehabt haben kann, namentlich etwa über einen der N durch den Kinderarzt L - tatsächlich - verschriebenen "Schlafsaft", was insgesamt dafür spricht, dass der von ihr beschriebene Austausch mit der Nebenklägerin tatsächlich stattgefunden hat.

Anhaltspunkte dafür, dass sich die drei Zeuginnen hierzu abgestimmt haben könnten, um den Angeklagten in falscher Weise zu entlasten, hat die Hauptverhandlung nicht ergeben. Ihre Angaben sprechen deswegen in Verbindung mit den Angaben des Angeklagten und der Nebenklägerin aus dem Ermittlungsverfahren deutlich dagegen, dass der Angeklagte einseitig die treibende Kraft bei der Entfernung der Türklinke gewesen sein könnte. Weil die Zeuginnen hierzu keine genauen Angaben machen konnten, konnte die Kammer nicht feststellen, ab wann der Angeklagte und die Nebenklägerin derart vorgingen.

cc) Die weiteren Feststellungen zur körperlichen Entwicklung von M hat die Kammer zunächst auf der Grundlage der Angaben der Nebenklägerin C1 getroffen, soweit diese selbst über eine unkomplizierte Schwangerschaft und Geburt des gesunden Kindes berichtete. Im Übrigen berichtete der sachverständige Zeuge L, der Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Neonatologe und Diabetologe (DDG) ist, über den Verlauf der von ihm durchgeführten kinderärztlichen U-Untersuchungen und bestätigte dabei die ihm vorgehaltenen Daten und Messwerte aus dem Untersuchungsheft von M, ohne dass sich dabei Anhaltspunkte für die Kammer ergaben, die gegen die objektive Richtigkeit der festgehaltenen Werte hätten sprechen können.

dd) Feststellungen zu der Situation nach der Trennung der Kindeseltern

Die Angaben zur Trennung des Paares Mitte Juni 2019 und der Aufnahme jeweils neuer Partnerschaften beruhen auf den Angaben der Nebenklägerin, die im Hinblick auf die zeitliche Einordnung glaubhaft waren, weil sie durch die gleichlautenden Angaben des Angeklagten im Ermittlungsverfahren - wiederum eingeführt durch die Aussagen der beiden bereits genannten Vernehmungsbeamten - und auch von mehreren Familienangehörigen sowie der Zeugin F4 so bestätigt worden sind. Auch die Zeugin Q berichtete darüber, dass die Nebenklägerin ihr gegenüber zu diesem Zeitpunkt eine Trennung thematisierte. Nicht glaubhaft waren dagegen die Angaben der Nebenklägerin, soweit sie den Angeklagten bezichtigte, ihr gegenüber immer wieder aggressiv und teils sogar gewalttätig gewesen zu sein. Gegen die Richtigkeit dieser Angaben spricht zuvorderst der Umstand, dass sie von der Nebenklägerin im Rahmen ihrer polizeilichen Vernehmung überhaupt nicht erwähnt wurden und sie stattdessen über eine friedliche Trennung berichtete, was sie auf entsprechenden Vorhalt dem Grunde nach bestätigte. Gleiches gilt für ihre Behauptung, der Angeklagte habe seine beiden Töchter gegenüber seinem Sohn bevorzugt und zu letzterem ein schlechteres Verhältnis gehabt. Insoweit waren schon ihren eigenen Angaben widersprüchlich, da sie zugleich bekundete, dass für die Zeit der dauerhaften räumlichen Trennung beabsichtigt gewesen sei, dass M zu seinem Vater gehe.

Die Feststellungen zu den zunehmenden Abwesenheitszeiten der Kinder in der Kindertagesstätte stützt die Kammer auf die so lautenden Angaben der Zeugin Q, die über die von ihre hierzu gefertigten Aufzeichnungen berichtete. Auch der Zeugin X war mit Email der Kindertagesstättenleitung mitgeteilt worden, dass sich dort die Fehlzeiten häuften und um Rücksprache gebeten worden. Dass die Kinder tatsächlich nicht in dem vorgegebenen Umfang krank waren, sondern teilweise aus Bequemlichkeit der Eltern nicht gebracht wurden, bestätigte die Nebenklägerin in ihrer Vernehmung selbst.

Der Zeuge N2 berichtete sehr differenziert über seine Kontaktaufnahme zum Jugendamt, zu seinen eigenen Angaben und dem bei ihm vorangegangenen Gewissenskonflikt, da er einerseits nicht als Denunziant in Erscheinung treten wollte, andererseits aber immer größere Sorgen um das Wohlergehen der Kinder gehabt und schließlich nicht mehr untätig habe bleiben wollen. Die Angaben des Zeugen waren frei von überschießender Belastungstendenz, plastisch, offen und anschaulich. So beschrieb der Zeuge etwa sein Herzklopfen, als er sich überwunden hatte und vor der Türe seiner Nachbarn stand, um dort zu klopfen. Auch im Übrigen gab er eine deutlich erlebnisbasierte Schilderung ab. Ihm war bekannt, dass seine Nachbarn in Trennung lebten und er schilderte seinen Eindruck dahingehend, dass sich mit der Trennung die Konflikte - soweit er es anhand der Dauer der Streitigkeiten wahrnehmen konnte - weiter zuspitzten. So habe er teilweise trotz lauter Musik, die er mit Kopfhörern gehört habe, immer noch seine Nachbarn schreien gehört. Genauso glaubhaft berichtete der Zeuge über seine beiden Versuche vom 14.07.2019, die Polizei zu einem Eingreifen zu bewegen, weil gerade an diesem Tag das Geschrei aus der Wohnung wieder besonders laut gewesen sei. Der - dem Zeugen unbekannte - Umstand, dass es sich dabei um einen Tag handelte, an dem sich der Angeklagte mit seiner älteren Tochter in C befand und er damit nicht für das Geschehen in der Wohnung verantwortlich gewesen sein kann, spricht für die von dem Zeugen zuvor bekundete Einschätzung, dass es häufig "die Frau" gewesen sei, die lauter, aggressiver und inhaltlich noch ausfallender gegenüber den Kindern geschrien habe. So berichtete er unter anderem über Beleidigungen und verbale Ausfälle der Mutter gegenüber den Kindern, die er auch gegenüber Erwachsenen als völlig unzumutbar angesehen hätte. Bei der Frau sei er richtig schockiert gewesen, "wenn die mal richtig losgelegt habe".

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund dieser Angaben, die durch die Bekundungen der Zeuginnen C3 und C4 nachdrückliche Bestätigung fanden, steht für die Kammer fest, dass die Nebenklägerin wahrheitswidrige Angaben zu ihrem eigenen Verhalten den Kindern gegenüber gemacht hat. Soweit sie sich selbst in der Hauptverhandlung als treusorgende und stets gewaltfrei agierende Mutter darstellte und große Empörung über den Umstand vorgab, dass das Jugendamt ihr nunmehr auch noch die beiden geliebten Töchter "weggenommen" habe, was "einfach krass" und "eine absolute Frechheit" sei, gegen die sie angehen werde, konnte die Kammer Anhaltspunkte für die Richtigkeit dieser Darstellung nicht finden. Gegen das von der Nebenklägerin gezeichnete Bild der liebevollen Mutter sprechen in diesem Zusammenhang beispielhaft weiter die Angaben des Zeugen PK T2, der beschrieb, dass die Nebenklägerin sich bei ihrem Eintreffen am Tatort weder für den Zustand noch den Verbleib ihrer beiden Töchter interessierte.

Die Zeugin X bestätigte nach entsprechendem Vorhalt den - von ihr selbst gefertigten - Inhalt des Vermerks zu der Meldung des Zeugen N2 vom 09.07.2019. Im Rahmen ihrer vorherigen Angaben - zu denen sie auf Befragen erklärte, nichts mehr ergänzen zu habe - hatte sie auch dieses Protokoll über eine vorläufige Gefährdungseinschätzung oder das Ergebnis dieser Besprechung nicht erwähnt. Auf Nachfrage, warum sie auch gegenüber der Polizei die mit den Kolleginnen durchgeführte "Gefährdungseinschätzung" mit dem von ihr eigenhändig dokumentierten Ergebnis: "Gewichtige Anhaltpunkte für eine Kindeswohlgefährdung sind gegeben: (x) ja ( ) nein" nicht erwähnt habe, sondern weiterhin darauf beharre, dass es tatsächlich zu keinem Zeitpunkt Anhaltpunkte für eine Kindeswohlgefährdung gegeben habe, verrannte sie sich in kaum noch wiederzugebende Erklärungsversuche, dass dies seinen Grund in der unglücklichen Gestaltung des von ihr verwendeten Formulars habe. So bedeute im vorliegenden Fall "Ja" im Ergebnis doch eher "Nein". Sie bekundete weiter, dass es sicher unglücklich sei, dass auf diesem Formular gleich an zwei Stellen - wie auch in anderen Vermerken der Jugendamtsakte - Kalenderdaten handschriftlich geändert worden seien, habe dafür aber keine weitere Erklärung.

Aus sich heraus nicht schlüssig blieb bei den Schilderungen der Zeugin trotz entsprechender Nachfragen, weshalb sie schließlich im Juli doch mit Eile und Nachdruck auf den Einsatz einer Familienhilfe hinwirkte, obgleich sie keinerlei Anlass für eine Vernachlässigung der Kinder erkannt haben will und ausweislich eines ihr vorgehaltenen Vermerks, den sie in Kenntnis des Todes von M am 29.07.2019 gefertigt hatte, dort sogar den Antrag auf Familienhilfe aus Februar aufgrund eines Gespräches mit dem Angeklagten als erledigt ausgelegt hatte.

Zu dem Inhalt eines - ausweislich der durch den Zeugen O2 vorgestellten Auswertung des Mobiltelefons des Angeklagten - zwischen dessen Anschluss und der dienstlichen Festnetznummer der Zeugin X am 15.07.2019 über 19 Minuten geführten Gespräches konnte die Kammer keine Feststellungen treffen, da die Zeugin hierzu keine Erinnerung hatte und das entsprechende Gespräch von ihr in der Akte des Jugendamtes nicht dokumentiert und bei ihrer polizeilichen Vernehmung auch im Rahmen der chronologischen Aufstellung der Ereignisse nicht erwähnt worden ist.

Die Feststellung, dass der Angeklagte in der Zeit von 11.07. bis zum 16.07.2019 seinen Vater in C besuchte und dabei N mitnahm, ergibt sich für die Kammer aus den diesbezüglichen Angaben der Zeugin Q zu den Abwesenheitszeiten und -gründen der Kinder in der Tagesstätte. Die Kammer hat keinen Anlass, die Richtigkeit dieser Angaben in Zweifel zu ziehen, da auch die Nebenklägerin über eine derartige Reise berichtete, wenngleich sie hierzu keine verbindlichen Zeitangaben machen konnte.

Vor dem Hintergrund eben dieser Angaben ist die Kammer auch davon überzeugt, dass M in den Tagen ab dem 17.07.2019 unter Fieber und einer Durchfallerkrankung litt. In Anbetracht der glaubhaften Angaben der Zeuginnen G und F4, auf die die Kammer ihre Feststellungen zu den Spielplatzbesuchen am 22. und 23.07. sowie zu dem Besuch auf dem Reiterhof am 24.07.2019 stützt, geht die Kammer davon aus, dass sich sein Zustand soweit gebessert hatte, dass er äußerlich zumindest nicht kränklich wirkte und jedenfalls keinen Durchfall mehr hatte. Denn weder die Zeugin G, die als Mutter von vier Kindern selbst über entsprechende Erfahrung verfügt, noch die Zeugin F4, die ebenfalls mehrere Stunden am Stück mit dem Angeklagten und seinen Kindern verbrachte, stellten entsprechende Auffälligkeiten fest. Sie bekundeten im Gegenteil, dass eine Erkrankung eines der Kinder auch zu keinem Zeitpunkt von dem Angeklagten erwähnt worden sei. Die Zeugin G berichtete überzeugend, dass sie in diesem Falle dem M nicht von ihren Chips abgegeben hätte. Auch die Zeugin F4 berichtete über fröhliche Kinder, mit denen sie gemeinsam gespielt, eine Wasserschlacht gemacht und Eis gegessen habe.

Der meteorologische Sachverständige N6, der beim Regionalen Klimabüro F als Mitarbeiter des Deutschen Wetterdienstes tätig ist, stellte in der Hauptverhandlung umfassend die Entwicklung von Temperaturen, Bewölkung, Luftfeuchtigkeit und (fehlendem) Niederschlag in F in der Zeit vom 25.07.2019, 12:00 Uhr bis zum 27.07.2019, 12:00 Uhr dar. Verständlich und nachvollziehbar erläuterte er hierbei, dass die von ihm zusammengefassten Werte von mehreren automatischen Wetterstationen auf dem Stadtgebiet gemessen worden seien, namentlich einer Station in F7, ca. 9 km südwestlich des F2-platzes, einer Station am F8 Hauptbahnhof, ca. 3 km südlich des F2-platzes, einer Station in F9, ca. 1 km östlich des F2-platzes sowie einer weiteren Station in F10, ca 3 km nordwestlich des F2-platzes. An den Stationen F7 und F9, die auch Niederschlagsmengen dokumentieren, sei in dem gesamten Zeitraum kein Niederschlag gemessen worden. Für die Kammer überzeugend führte er aus, dass aus sachverständiger Sicht im Hinblick auf die konkreten Außentemperaturen am F2-platz keine signifikanten Abweichungen gegenüber den gemessenen Werte zu erwarten seien, da sich auch zwischen den einzelnen Stationen keine derartigen Unterschiede gezeigt hätten.

Der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für das Dachdeckerhandwerk L4 stellte in der Hauptverhandlung anschaulich und nachvollziehbar das Ergebnis der von ihm bei einem Ortstermin vorgenommenen Untersuchungen der Dachkonstruktion des Hauses am F2-platz ... vor. So führe die mehrschichtige Konstruktion der das Zimmer nach außen abgrenzenden Flächen (Mansarde, Gaubendach, Gaubenfenster, Gaubenwange und die Zimmerdecke) nicht zu einer nennenswerten Reduktion der einwirkenden Wärme. Das Schrägdach des Hauses sei mit Tonziegeln bedeckt gewesen, welche sich auf einer Tragelattung und entsprechenden Dachsparren befunden hätten. Unter dem darunter befindlichen Luftraum seien nur eine 10 mm dicke Spanplatte sowie eine 4 mm dicke Polystyrolschicht vorhanden gewesen, bevor nach einer weiteren Luftschicht von 0 bis 8 mm eine Lage aus 12 mm dicken Paneelhölzern, eine Gipskartonplatte von 14 mm und dahinter die Rauhfasertapete angebracht gewesen seien. Vergleichbares gelte für den Aufbau des Gaubendachs. Auch bei den Gaubenwangen und der Zimmerdecke sei keine physikalisch wirksame Wärmedämmung festzustellen gewesen. Soweit dort teilweise zumindest eine Polystrolschicht von bis zu 20 mm verbaut worden sei, seien dabei erhebliche Lücken und Hohlräume festzustellen gewesen, so dass insgesamt keine wirksame Wärmedämmung vorgelegen habe, weshalb Hitze nahezu "ungefiltert" von außen in die Räumlichkeiten habe eindringen können.

Die Kammer folgt den Angaben der Nebenklägerin, dass sie am Donnerstagmittag die gemeinsame Wohnung verlassen hat und nach E zu ihrem neuen Freund gefahren ist. Denn diese Angaben decken sich mit dem übrigen Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere den Bekundungen der gehörten Zeuginnen und dem Ergebnis der durch den Zeugen KHK O2 dargestellten Auswertung auch des Mobiltelefons der Nebenklägerin. Nicht glaubhaft, weil von der Zeugin erstmals in der Hauptverhandlung erwähnt und von der Zeugin F4 nicht bestätigt waren ihre Angaben, soweit sie bekundete, dass Grund ihrer Abwesenheit ein entsprechendes Drängen des Angeklagten gewesen sei, der "sturmfrei" haben wollte, um die Zeugin F4 bei sich zu empfangen. Auch hierbei handelt es sich um einen Versuch der einseitigen Entlastung und Verschiebung der gesamten Verantwortlichkeit auf den Angeklagten, der von Zeugin im Ermittlungsverfahren noch nicht unternommen worden war.

Die Angaben der Nebenklägerin zur grundsätzlichen Abwesenheit finden auch Bestätigung in den Angaben der Zeugin C2, die über den Inhalt des Chats mit der Nebenklägerin ("Abkühlung im Kanal") berichtete.

Dass der Angeklagte den Donnerstag mit den Kindern in seiner Wohnung verbrachte, bekundete er selbst gegenüber dem Zeugen L2. Es haben sich aus der Beweisaufnahme keine gegenteiligen Anhaltspunkte ergeben, was auch für den von ihm so beschriebenen Verlauf des Freitagvormittages gilt.

Dass der Angeklagte am Freitag, den ... von der Zeugin X zur Mittagszeit darüber informiert wurde, dass ab dem 01.08.2019 zwei Mitarbeiter der Familienhilfe zur Unterstützung der Familie tätig werden sollten, hat der Angeklagte im Ermittlungsverfahren selbst bekundet. Diese Angabe war glaubhaft, weil sie sich mit den Angaben der Zeugin X deckte und sich auch aus der Auswertung der Anrufliste des Angeklagten ergab, dass ein Gespräch zwischen beiden Anschlüssen stattgefunden hat. Dass M sich an dem Tag weinerlich zeigte, kaum aß und trank, stützt die Kammer auf die so lautenden Angaben des Angeklagten gegenüber der Sachverständigen N5. Die Angaben sind plausibel, weil sie sich mit den Feststellungen des rechtsmedizinischen Sachverständigen G1 gut vereinbaren lassen, soweit es die extreme Austrocknung des Leichnams angeht (vgl. hierzu sogleich unten).

b) Feststellungen zur Tat vom ...

Die Feststellungen zur groben Struktur der Tat vom ... trifft die Kammer zunächst auf der Grundlage der Angaben des Angeklagten im Rahmen seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung und gegenüber der psychiatrischen Sachverständigen, deren Inhalt die Kammer durch Vernehmung der Zeugen L2, L3 und der Sachverständigen N5 in die Hauptverhandlung eingeführt hat.

aa) Objektives Tatgeschehen

Nach den glaubhaften Schilderungen der Zeugen L2 und L3 hat der Angeklagte zu dem Geschehen ab dem Mittag des ... zusammengefasst zunächst angegeben, dass er M mittags gegen 13:00 Uhr ins Bett gelegt habe. Er habe dann eine halbe Stunde gewartet. Weil N aber immer wieder in sein Zimmer gelaufen sei, habe er den M wieder raus geholt. Sie hätten dann ein bisschen Musik gehört. Die Kinder hätten Spaß gehabt. Er habe gegen späten Nachmittag den M und die M1 ins Bett gebracht. Das sei gegen 17:30 Uhr gewesen. Er sie dann später mit der N auf die Couch gegangen. Da habe er nur noch ferngesehen und mit C1 und seiner Freundin telefoniert. Weil es so warm war gewesen sei, sei die N gegen 23:15 Uhr auf der Couch eingeschlafen. Sie seien auch dort geblieben, es sei eine Schlafcouch. Auf Befragen gebe er an, dass er aber nicht mehr nach den beiden anderen Kindern gesehen habe. Der M schlafe an sich sehr gut ein. Er schlafe in einem Gitterbett. Da seien aber ein paar Stäbe raus, damit er nicht mehr über die Stäbe hinaus klettere.

Am Morgen sei dann der U gekommen. Das sei vereinbart gewesen, damit er auf die M1 aufpasse. Er - der Angeklagte - habe ja mit M und N zu seiner Freundin gewollt. U sei kurz nach 10 Uhr gekommen. Er habe zu U gesagt, er gehe den M wecken. In dem Zimmer habe er dann den M auf den Boden liegend gesehen. Er habe direkt vor einer langen Seite des Bettes gelegen, an der er immer rüber gestiegen sei. Er vermute,

M sei wieder drüber gestiegen und gefallen. M habe auf dem Bauch und auf dem Kopf gelegen. Seine Teeflasche sei ausgetrunken gewesen und habe im Bett gelegen. Die habe er ihm gestern beim Schlafen gehen gegeben.

Sie hätten aus der Zimmertür von M die Türklinke entfernt. Das hätten C1 und er zusammen entschieden. Er habe die entfernt. Der M sei nachts immer aufgestanden und aus dem Bett geklettert. Er sei dann nachts auch schon mal aus seinem Zimmer raus. Das hätten sie gefährlich gefunden. Er hätte sich ja auch was Gefährliches nehmen können. Daher hätten sie die Klinke entfernt. Der M habe morgens ja eigentlich immer gerufen. Sie hätten ihn dann geholt. Wenn er nicht gerufen habe, seien sie halt rüber und hätten ihn geweckt.

Das Fenster im Zimmer des M sei zu gewesen. Er habe es geschlossen, weil es an dem Abend gewittert habe. Sonst sei es aber immer auf.

Diese Angaben hat er gegenüber der Sachverständigen N5 strukturell wiederholt und detailreicher geschildert, wobei er das Geschehen jedoch auf Donnerstag - und damit einen Tag früher als tatsächlich stattgefunden - verortete: Er habe M nochmal kurzzeitig ins Bett gelegt, weil er immer müde gewesen sei. N sei aber sehr laut gewesen, so dass er ihn wieder rausgeholt habe, Essen gemacht habe und die M1 gefüttert habe. N habe alleine gegessen. M habe nichts essen wollen, habe es weggeschoben oder runtergeschmissen. Dann hätten sie noch Musik gehört. Er sei immer komisch gewesen, sei immer "am Knöttern und am Weinen" gewesen. Irgendwann sei es spät gewesen, etwa 17 Uhr. M sei "totmüde" gewesen, sei rötlich im Gesicht gewesen. Er habe nochmal den "Popo" gemacht, alles geguckt, alles sei in Ordnung gewesen und er habe ihn ins Bett gelegt mit der Flasche Tee.

Das Kind sei nicht eingeschlossen gewesen, aber die Türklinke sei "ab" gewesen, weil der M nachts immer durch die Wohnung gelaufen sei und durch die Küche gelaufen sei. Das sei nur eine Woche lang so gewesen, dass das gemacht worden sei, weil C1 Angst gehabt habe, dass er in die Küche an Messer gehe oder ähnliches. Die Wände seien recht dünn, man habe ihn gehört, wenn er im Bett gespielt habe, oder wenn "Popo voll oder viel Pipi", dann habe er geweint oder gerufen und dann sei man auch rein. Er sei die ganze Zeit schon so komisch gewesen und am Weinen.

Der Junge habe wenig gegessen und getrunken, er habe das zu der C1 gesagt, als er mit ihr telefoniert habe, und sie habe nur geäußert, "Was soll ich jetzt tun?", wie sie es immer geäußert habe. Er habe sich überlegt, dass er dann mit ihm zum Arzt gehe und er habe das auf diesen Freitag gelegt. Er habe gedacht, dass es besser sei abzuwarten. M habe schon mal so was gehabt und einen Tag und auch zwei Tage nichts gegessen und danach sei es wieder gut gewesen, sodass er gedacht habe es sei vernünftig abzuwarten. Er habe realisiert, dass er wenig getrunken habe. Er habe den Trinkbecher noch vollgemacht, habe den auch mit ins Bett getan, er sei selber auch müde gewesen, "ganz k.o., platt". Die Kinder seien anstrengend gewesen. Er sei froh gewesen, als Ruhe eingekehrt sei. M sei nur "am Knötern" gewesen, habe immer gesagt, er sei müde, dann habe er rumgeweint. Dann sei die Cousine gekommen, er habe ihn dann spielen hören und dann sei irgendwann Ruhe gewesen. Er habe gedacht, M schlafe, wie es immer abends gewesen sei.

Diese Angaben des Angeklagten zu den Eckpunkten des objektiven Geschehensablaufs sind im Wesentlichen glaubhaft, weil sie durch das übrige Ergebnis der Beweisaufnahme bestätigt worden sind:

So berichtete die Zeugin N3 detailreich, offen und damit insgesamt glaubhaft über ihren Besuch in der Wohnung des Angeklagten, bei dem sie auf Geheiß ihrer Cousine, der Nebenklägerin, Kleidungsstücke für diese abholte. Die konkrete Uhrzeit ihres Besuches - 16:50 Uhr - vermochte die Zeugin dabei zweifelsfrei anhand eines Anrufs einer Freundin festzumachen, mit der sie sich an dem Abend noch treffen wollte und weswegen sie einen bestimmten Zug nicht habe verpassen wollen. Während sie N im Wohnzimmer und M1 in ihrem Gitterbett stehend gesehen habe, habe sie den M nur in seinem Zimmer weinen gehört und den Angeklagten auch darauf angesprochen. Der Angeklagte habe nur erwidert, dass M noch nicht lange im Bett sei und er gleich nach ihm schauen werde, womit es für sie sein Bewenden gehabt habe. Zugleich beschrieb sie die Wohnung als nicht besonders sauber oder aufgeräumt. Glaubhaft, weil anschaulich und sichtlich erlebnisbasiert, berichtete sie darüber, dass es sehr heiß in der Wohnung gewesen sei, weshalb sie sich noch mit ihrem Mobiltelefon Luft zugefächelt habe, obwohl die Fenster geöffnet und ein Ventilator angeschaltet gewesen seien. Die Angaben der Zeugin waren insgesamt glaubhaft, weil sie differenziert und frei von überschießender Belastungstendenz antwortete und dabei auch immer wieder angab, auf verschiedene Details nicht geachtet zu habe und verschiedene Nachfragen nicht beantworten könne.

Aufgrund der Angaben der Zeugin steht für die Kammer fest, dass der Angeklagte seinen Sohn bereits vor 16:50 Uhr in dem Zimmer - dem späteren Fundort des Leichnams - eingesperrt haben muss. Dem stehen auch seine eigenen Angaben nicht entgegen, wonach er M "erst" gegen 17 Uhr oder 17:30 Uhr "ins Bett gebracht" haben will. Denn aus seinen Angaben gegenüber der Sachverständigen N5 ergibt sich, dass er zwar eine spätere Uhrzeit benannte, in der chronologischen Reihenfolge aber selbst den Besuch der Zeugin N3 auf einen Zeitpunkt nach dem Einsperren datierte. Anders als für die Zeugin ergaben sich dabei aber aus der Schilderung des Angeklagten keine konkreten Umstände dafür, die für die Richtigkeit der von ihm gemachten - zudem vagen - Zeitangaben sprechen würden. Dass er nach dem Besuch der Zeugin nochmals nach seinem Sohn geschaut habe, hat er selbst nicht berichtet, sondern auf Nachfrage in der polizeilichen Beschuldigtenvernehmung sogar ausdrücklich erklärt, dass er dies bis zum kommenden Morgen nicht mehr getan habe. Für die Richtigkeit dieser Behauptung spricht, dass es sehr nahe gelegen hätte, anderslautende Angaben zu machen, wenn er tatsächlich doch nach dem Kind geschaut hätte.

Das Einsperren des wachen Kindes am späten Nachmittag hat der Angeklagte zwar terminologisch als "ins Bett bringen" bezeichnet, dazu aber inhaltlich stets selbst erklärt, dass dies durch Schließen der Türe bei entfernter innerer Türklinke erfolgt sei. Die Kammer hat keinen Anlass, die dazu konstanten Angaben des Angeklagten für den Tatabend in Zweifel zu ziehen, da mehrere Zeuginnen (C2, M2, und G) in der Hauptverhandlung darüber berichtet haben, dies als regelmäßig praktizierte Vorgehensweise des Angeklagten und der Nebenklägerin aus der Vergangenheit gekannt zu haben und sich auch aus den Angaben der Nebenklägerin ergab, dass es sich keinesfalls um ein einmaliges Vorkommnis gehandelte hat. Im Vergleich zu seiner Schilderung gegenüber dem Zeugen L2 "verschob" der Angeklagte bei seiner Exploration durch die Sachverständige N5 die Ereignisse der Woche um jeweils einen Tag nach vorne. Ob dies unbewusst oder bewusst geschehen ist, kann für die Kammer offen bleiben, weil aufgrund der Angaben der übrigen Zeugen - auch in Verbindung mit den Angaben zu den Tagen vor der Tat - zweifelsfrei feststeht, dass seine zeitliche Einordnung gegenüber der Sachverständigen objektiv unrichtig ist, er aber die Struktur der Abläufe gleichbleibend geschildert hat. Dafür, dass der Angeklagte die Türklinke - wie er bei der Polizei selbst einräumte - tatsächlich entfernt hat, spricht weiter, dass sie am nächsten Morgen von den eintreffenden Rettungskräften in der Küche vorgefunden wurde. Auch ist vor dem Hintergrund der Angaben des rechtsmedizinischen Sachverständigen davon auszugehen, dass M - wenn er denn die Möglichkeit dazu gehabt hätte - das Zimmer auf der Suche nach Trinkbarem verlassen hätte.

Dass der Angeklagte seinen Sohn zu einer derart frühen Uhrzeit einsperrte, weil er "seine Ruhe haben wollte", ergibt sich aus den äußeren Umständen der Tat und den Angaben des Angeklagten sowie seinem Nachtatverhalten. Dass M nicht schlafen wollte, steht aufgrund der bereits dargestellten Angaben der Zeugin N3 fest. Der Angeklagte bekundete gegenüber der Sachverständigen, er selbst sei müde, "ganz k.o., platt" und froh gewesen, als Ruhe eingekehrt sei. Vor diesem Hintergrund drängt sich geradezu auf, dass er allein aus Bequemlichkeit handelte, um sich nicht weiter mit der - ihm grundsätzlich möglichen - Betreuung seines Sohnes befassen zu müssen, weil ihm dies zu anstrengend erschien. Auch der Umstand, dass er den weiteren Abend chattend auf dem Sofa verbrachte, spricht für die egoistische Fokussierung auf seine eigenen Belange.

Die Feststellungen zu Größe, Lage und Ausstattung des Zimmers, in dem der Angeklagte seinen Sohn einsperrte, trifft die Kammer aufgrund der Angaben der Zeugin KOKin L3, die in der Hauptverhandlung die von ihr bei der Tatortaufnahme gemachten Feststellungen ausführlich erläuterte und anhand der Lichtbilder des Sonderbandes "Lichtbildmappe" darstellte. Wegen der weiteren Einzelheiten der räumlichen Gegebenheiten der Wohnung wird auf die Lichtbilder des Sonderbandes "Lichtbildmappe" Bezug genommen. Die Lichtbilder zeigen die Wohnung und werden gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StPO zum Inhalt der Urteilsgründe gemacht. Die Angaben der Zeugin wurden ergänzt und bestätigt durch die Ausführungen des Sachverständigen L4, der anhand der von ihm gefertigten - und in der Hauptverhandlung ebenfalls in Augenschein genommenen - Skizzen die Maße des Zimmers präsentierte. Aus den in Augenschein genommenen Lichtbildern ergibt sich, dass bei der Tatortaufnahme die Fenster des Zimmers geschlossen und durch die Lamellenjalousie überwiegend verdunkelt waren. Die vernommenen Einsatzkräfte haben ausnahmslos bekundet, keine Veränderungen an den Fenstern vorgenommen zu haben. Die - von dem Zeugen L2 wiedergegebene - Einlassung des Angeklagten im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung, wonach das Fenster des Zimmers sonst regelmäßig nachts geöffnet gewesen sei, er es am Tatabend aber wegen eines Gewitters geschlossen habe, ist für die Kammer vor dem Hintergrund der Angaben des meteorologischen Sachverständigen N6 als Schutzbehauptung widerlegt. Zweifel an der Richtigkeit der diesbezüglichen Angaben des Angeklagten ergaben sich zunächst schon daraus, dass er den glaubhaften Bekundungen der Zeugin N3 folgend Fenster im Rest der Wohnung geöffnet hatte. Der Sachverständige N6 erklärte hierzu, dass auf Grundlage der von ihm ausgewerteten Wetterdaten feststehe, dass es in ganz F am Abend des ... weder ein Gewitter noch Niederschlag gegeben habe.

Die Kammer ist vor diesem Hintergrund davon überzeugt, dass der Angeklagte das Fenster allein deswegen geschlossen hielt, damit nicht das Geschrei seines Sohnes nach außen dringen sollte. Da es keine Gewitter gegeben hat, steht fest, dass der Angeklagte zu seiner Motivation, weshalb er das Fenster geschlossen gehalten hat, gelogen hat. Bereits aus allgemeiner Lebenserfahrung heraus ist es vollkommen abwegig ist, dass es ein fast drei Jahre altes Kind an einem Hochsommertag vor 17 Uhr klag- und geräuschlos hinnehmen würde, alleine eingesperrt zu werden. Naheliegend ist vielmehr ein lautes Protestieren und Weinen des Kindes in einer derartigen Situation, wie es die Zeugin N3 ja auch selbst am Tattag erlebt und glaubhaft geschildert hat. Dafür, dass auch M regelmäßig versuchte, abends auf sich aufmerksam zu machen - gerade weil Kleinkinder nicht ohne weiteres so früh einschlafen - sprechen deutlich auch die glaubhaften Angaben des Zeugen N2, der - wie bereits oben dargestellt - über häufiges Kindergeschrei bis hin zur Erschöpfung berichtete. Auch das eigene Verhalten des Angeklagten in Form des Entfernens der Türklinke spricht stark gegen die von ihm parallel dazu gemachte Behauptung, M sei abends stets schnell und gut eingeschlafen. Denn in diesem Falle wäre es überhaupt nicht erforderlich gewesen, ihn physisch daran zu hindern, sein Zimmer verlassen zu können.

Der Sachverständige N6 bekundete im Übrigen zu den Wetterbedingungen vom ..., dass ausgehend von Tiefsttemperaturen um 06:00 Uhr morgens von 23,9 °C in F10 (um 6 Uhr in F7: 24,5 °C; F8 Hauptbahnhof: 25,3 °C) in Ermangelung von Bewölkung eine rasche Erwärmung auf Spitzenwerte um 16 Uhr von 38,5 °C in F10 (um 16 Uhr in F7: 36,4 °C; F8 Hauptbahnhof: 36,7 °C) erfolgte. Dabei sei die relative Luftfeuchte auf niedrige 25 % am Nachmittag gesunken und habe sich dann bis Mitternacht sukzessive auf einen Wert von 66 % erhöht. Noch um Mitternacht hätten Außentemperaturen von 24,5 °C in F7 (F8 Hauptbahnhof: 27,8 °C; F10: 28,4 °C) geherrscht, die im Laufe der Nacht des 27.07.2019 nicht unter 21,3 °C in F7 morgens um 6 Uhr (F8 Hauptbahnhof: 22,5 °C; F10: 22,1 °C) gefallen seien.

Aufbauend auf diesen Wetterdaten und anknüpfend an die baulichen Gegebenheiten der Dachgeschoßwohnung, wie sie der Sachverständige L4 in der Hauptverhandlung dargestellt hat (vgl. oben) hat der Sachverständige für Schall- und Wärmeschutz, F11, in der Hauptverhandlung die von ihm vorgenommene thermische Simulation und deren Ergebnisse dargestellt. So habe er eine computergestützte Nachbildung des Raumes in einem dreidimensionalen Modell vorgenommen und bei der thermischen Simulation mit Hilfe des hierfür entwickelten und mehrfach validierten Programmes TAS (Thermal-Analysis-System) die maßgeblichen Faktoren, darunter vor allem Gebäudegeometrie, Baumaterialien, etwaige Verschattung und die bekannten Wetterdaten berücksichtigt. Zusammenfassend hat er nachvollziehbar dargestellt, dass nach seinen Berechnungen die tatsächlichen Temperaturen in dem Zimmer des M in einem Bereich von circa 35 bis 37 °C am Nachmittag sowie in einem Bereich von 32 bis 34 °C in der Nacht gelegen hätten.

Für die grundsätzliche Plausibilität der auf diese Weise simulierten Temperaturen des Tattages spricht, dass die von dem Sachverständigen gemessenen Temperaturen am Tag einer Ortsbegehung näherungsweise den Temperaturen der Simulation für diesen Tag entsprachen. Die simulierten Werte lagen dabei circa 1 °C unter den tatsächlich gemessenen Werten, was zusätzlich dafür spricht, die Simulationsergebnisse als Mindestwerte zu verstehen.

Jeder - auch der Angeklagte - ist in der Lage, derartige Temperaturen wahrzunehmen und zu erkennen, dass sie für den dauerhaften Aufenthalt in Wohnräumen unkomfortabel hoch sind. Dass es auch dem Angeklagten in der Wohnung unangenehm heiß war, ergibt sich zwanglos auch aus der seiner Kommunikation mit der Nebenklägerin von 17:36 Uhr (rote, schwitzende "Emojis", "Total warm", "Ohhh ja") die sich just über die Temperaturen verhält.

Dass es in der Wohnung derart heiß war, wird auch durch die von den Zeugen am Folgetag gemachten Wahrnehmungen gestützt. So berichteten die Zeugen I, S1, N4, O1, I1, T3, T2, L3 und der rechtsmedizinische Sachverständige G1 alle übereinstimmend von ihrem subjektiven Empfinden einer "sehr warmen" beziehungsweise "heißen" Wohnung. Aufgrund der Entwicklung der Wetterlage über die gesamte Woche und den Werten des Samstages ergibt sich zugleich ohne weiteres, dass es zum Zeitpunkt der Wahrnehmungen der Zeugen vergleichbare Temperaturen zu denen des Vorabends geherrscht haben müssen. Auch der Zeuge N2 berichtete als Bewohner der Nachbarwohnung, dass es bei ihm in dieser Zeit unter dem Dach "höllisch" heiß gewesen sei. Obgleich in der Küche noch ein zu Beginn des Einsatzes angeschalteter Kondenswäschetrockner und eine Gefriertruhe Wärme in den Raum abgaben, beschrieb der Zeuge T3 anschaulich, dass ihm beim Öffnen der Kinderzimmertüre ein regelrechter "Schwall" warmer Luft entgegengekommen sei, was ihn an das Öffnen einer Saunatüre erinnert habe. Auch der Zeuge I beschrieb die Temperaturen in dem Kinderzimmer als noch drückender, als in der ansonsten vom Zeugen O1 schon als "brühend heiß" beschriebenen Wohnung.

Die Kammer folgt den Angaben des Angeklagten aus dem Ermittlungsverfahren, dass er seinem Sohn eine gefüllte Teeflasche mit in das Zimmer gegeben hat. Die Kammer hat in der Hauptverhandlung zwei Trinkgefäße in Augenschein genommen, die - jeweils leer - in dem Zimmer aufgefunden und sichergestellt worden sind. Es handelte sich dabei um einen Trinkbecher mit einem Fassungsvermögen von 230 ml, der im Kinderbett aufgefunden wurde sowie um eine Trinkflasche mit einem Nuckelaufsatz und einem Fassungsvermögen von 300 ml, die neben dem Bett auf dem Fußboden lag.

Der Angeklagte hat gegenüber der Polizei und gegenüber der Sachverständigen zunächst jeweils nur darüber berichtet, ein einziges Trinkgefäß mit in das Zimmer gegeben zu haben. So erklärte er gegenüber der Sachverständigen, er habe M "mit der Flasche Tee" ins Bett gelegt. Auch in seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung hatte er zuvor darüber berichtet, dass "seine Teeflasche" ausgetrunken gewesen sei und im Bett gelegen habe.

bb) Subjektives Tatgeschehen

Die Feststellungen zur inneren Tatseite trifft die Kammer aufgrund des objektiven Tatgeschehens.

Dass der Angeklagte sicher zumindest mit bedingtem Körperverletzungsvorsatz handelte, als er seinen Sohn in das überhitzte Zimmer einsperrte, folgert die Kammer aus der konkreten Begehungsweise der Verletzungshandlung.

Jeder - und damit auch der Angeklagte - erkennt, dass das Einsperren eines Kleinkindes in einem nicht belüfteten Raum, in dem Temperaturen von über 30 °C herrschen, mit weniger als einem halben Liter Flüssigkeit für viele Stunden eine üble, unangemessene Behandlung darstellt, durch die nicht nur das seelische sondern auch das körperliche Wohlbefinden des Opfers erheblich beeinträchtigt und eine Schädigung der Gesundheit hervorgerufen werden kann. So ist allgemein bekannt, dass der menschliche Körper bei hohen Außentemperaturen ohne ausreichend Flüssigkeitszufuhr nicht über einen längeren Zeitraum zu einer Temperaturregulation in der Lage ist, es zu starkem, später sogar quälendem Durst kommt und es zu körperlichen Ausfallerscheinungen bis hin zu einem Kreislaufversagen kommen kann.

Dass der Angeklagte den Eintritt solcher Folgen billigend in Kauf genommen hat, ergibt sich aus der Vornahme der Tathandlung selbst. Dies gilt umso mehr, als der Angeklagte - insoweit folgt die Kammer seinen Angaben gegenüber der Sachverständigen N5- erkannt hatte, dass M den Tag über weinerlich war sowie nur wenig gegessen und getrunken hatte.

In diesem Zusammenhang hat die Kammer auch berücksichtigt, dass der Angeklagte intellektuell unterdurchschnittlich leistungsfähig ist. Jedoch stellt sein Verhalten angesichts der für sich genommen einfach strukturierten, leicht zu durchschauenden Lebenssituation keinen Umstand dar, der zu durchgreifenden Zweifeln der Kammer an einem bedingten Körperverletzungsvorsatz des Angeklagten geführt hat. Die Beweisaufnahme hat keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Angeklagte davon ausgegangen sein könnte, dass sein Sohn einfach einschläft, ohne körperlichen Schaden zu nehmen. So wurde er noch von der Zeugin N3 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sein Sohn augenscheinlich aus dem Zimmer heraus wolle. Auch tauschte er sich selbst mit der Nebenklägerin in der Folge über die hohen Temperaturen in der Wohnung aus und verschaffte sich später selbst mit der von dem Zeugen U vorbeigebrachten Cola und den ihm zur Verfügung stehenden Ventilatoren Abkühlung.

Dass der Angeklagte bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt sicher hätte erkennen können und müssen, dass es sich bei dem Einsperren des M unter den beschriebenen Umstände, insbesondere ohne Belüftung und Versorgung nur mit 300 ml Trinkbarem, um ein Vorgehen handelte, das geeignet war, erhebliche Gesundheitsschäden und in der Folge auch den Tod des Kindes herbeizuführen, ergibt sich aus dem objektiven Tatgeschehen. Denn die möglichen Folgen einer solchen Handlung sind auch ohne medizinische Grundkenntnisse derart plakativ, dass diese für jedermann und somit auch für den Angeklagten klar ersichtlich sind.

Dass der Angeklagte beim Einsperren seines Sohnes die Möglichkeit eines tödlichen Ausgangs tatsächlich erkannte und er zugleich ein solches Geschehen auch zumindest billigend in Kauf genommen hat, er also mit Tötungsvorsatz handelte, konnte die Kammer nicht feststellen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt es bei gefährlichen Gewalthandlungen nahe, dass der Täter mit der Möglichkeit, das Opfer könne dabei zu Tode kommen, rechnet und, weil er gleichwohl sein gefährliches Handeln fortsetzt, auch einen solchen Erfolg billigend in Kauf nimmt. Deshalb ist in derartigen Fällen ein Schluss von der objektiven Gefährlichkeit der Handlungen des Täters auf den Tötungsvorsatz grundsätzlich möglich. Jedoch ist immer auch die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass der Täter die Gefahr der Tötung nicht erkannt oder jedenfalls darauf vertraut hat, ein solcher Erfolg werde nicht eintreten. In die hiernach erforderliche umfassende Abwägung aller für und gegen einen Tötungsvorsatz sprechenden Umstände sind vor allem die konkrete Angriffsweise, die psychische Verfassung des Täters bei der Tatbegehung sowie seine Motivation mit einzubeziehen. Danach ist es im Einzelfall denkbar, dass der Täter zwar alle Umstände kennt, die sein Vorgehen zu einer das Leben gefährdenden Behandlung machen, dass er sich aber - etwa infolge einer psychischen Beeinträchtigung - gleichwohl nicht bewusst ist, dass sein Tun zum Tod des Opfers führen kann oder dass er ernsthaft und nicht nur vage darauf vertraut, der Tod werde nicht eintreten. In der Regel ist aber das Vertrauen auf ein Ausbleiben des tödlichen Erfolges dann zu verneinen, wenn der vorgestellte Ablauf eines Geschehens einem tödlichen Ausgang so nahe ist, dass nur noch ein glücklicher Zufall diesen verhindern kann.

Dies zu Grunde gelegt verbleiben für die Kammer nach einer umfassenden Abwägung aller für und gegen einen Tötungsvorsatz sprechenden Umstände durchgreifende Zweifel, dass der Angeklagte mit bedingtem Tötungsvorsatz handelte. So stellt das Einsperren des Kindes unter den vorbeschriebenen Umständen zumindest für sich genommen keine Handlung dar, die den Schluss auf das Vorliegen eines Tötungsvorsatzes förmlich aufdrängt. Selbst wenn der Angeklagte die Risikodimension seines Vorgehens vollständig erkannt haben sollte, so könnte die Kammer nicht mit der gebotenen Sicherheit feststellen, dass er dabei nicht doch auf einen nicht tödlich endenden Ausgang gehofft haben könnte. Hierfür spricht unter anderem die Verabredung mit dem Zeugen U für den folgenden Vormittag und die Absicht, gemeinsam mit seinen beiden älteren Kindern erneut die Zeugin F4 auf dem Reiterhof zu besuchen.

cc) Feststellungen zur Schuldfähigkeit

Die Feststellungen dazu, dass die Fähigkeit des Angeklagten, das Unrecht seiner Tat einzusehen und entsprechend dieser Einsicht zu handeln, zum Tatzeitpunkt weder aufgehoben noch erheblich vermindert war, trifft die Kammer auf Grundlage der in jeder Hinsicht überzeugenden Angaben der Sachverständigen N5, deren fachliche Kompetenz der Kammer aus einer großen Zahl von Schwurgerichtsverfahren bekannt ist. So führte die Sachverständige zum Ergebnis ihrer Begutachtung detailliert und nachvollziehbar aus, dass bei dem Angeklagten zwar von einer intellektuellen Leistungsfähigkeit auszugehen sei, welche derjenigen einer Lernbehinderung entspreche. Diese erreiche aber, wie sich aus dem in der Hauptverhandlung durch zahlreiche Zeugen beschriebenen Verhalten und dem von dem Angeklagten in der Exploration selbst dargestellten Lebensweg sowie seinen alltagspraktischen Fähigkeiten ergebe, sicher nicht den Grad einer geistigen Behinderung, die das Eingangsmerkmal des forensisch relevanten Schwachsinns erfüllen könnte. Auch die mangelnde Empathie, die in der Tathandlung zum Ausdruck komme, habe ebenso wenig Krankheitswert wie die Überforderungssituation, in der er sich aufgrund der alleinigen Betreuung seiner Kinder befunden habe.

Nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen habe es für den Tatzeitraum bei dem Angeklagten auch keine Anzeichen einer krankheitswertigen Symptomatik, insbesondere keine Hinweise auf eine psychische Erkrankung oder Störung gegeben, die dem Merkmal der "krankhaften seelischen Störung" im Sinne des § 20 StGB zugeordnet werden können. Zwar seien bei dem Angeklagten im Nachgang zu der Tat Anzeichen einer depressiven Episode milder Ausprägung festzustellen, diese würden sich jedoch am ehesten als Haft- und Trauerreaktion erklären. Anhaltspunkte für eine schwergradige depressive Episode mit Krankheitswert vor dem Tatgeschehen hätten sich dagegen keine ergeben.

Auch sie habe keinerlei Hinweise für Suchtmittelmissbrauch, eine hochgradige affektiven Erregung im Sinne einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder eine schwere andere seelische Abartigkeit (§ 20 StGB) feststellen können, so dass insgesamt die medizinische Eingangsvoraussetzungen der §§ 20, 21 StGB zum Tatzeitpunkt nicht vorgelegen hätten. Diese Ausführungen kann die Kammer uneingeschränkt nachvollziehen, sie schließt sich nach eigener Prüfung der Bewertung der psychiatrischen Sachverständigen N5 an, dass aus den genannten Gründen ausgeschlossen werden kann, dass die Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei Begehung der Tat aus einem der in § 20 StGB genannten Gründe aufgehoben oder erheblich eingeschränkt war.

dd) Weitere Feststellungen zum objektiven Geschehen

Der Zeuge U schilderte seinen Besuch am Abend des ... so, wie es die Kammer festgestellt hat. Es ergab sich dabei kein Anlass, den Wahrheitsgehalt seiner diesbezüglichen Angaben in Zweifel zu ziehen. Der Zeuge stellte nachvollziehbar dar, dass er in Begleitung eines anderen "Stief-"Enkelkindes gewesen sei, sich auf dem Heimweg befunden und deswegen keinen Anlass gesehen habe, sich hoch in die Wohnung des Angeklagten zu begeben.

Die Beweisaufnahme hat insgesamt keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Angeklagte die Wohnung nach diesem Besuch noch einmal verlassen haben könnte. Auch haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass sich außer ihm selbst und seinen drei Kindern bis zum nächsten Morgen weitere Personen in der Wohnung aufgehalten haben könnten. Dies gilt insbesondere auch für die Nebenklägerin, die die Nacht in E bei ihrem neuen Freund verbrachte.

Der Zeuge KHK O2 stellte in der Hauptverhandlung das Ergebnis der Auswertung des Mobiltelefons des Angeklagten umfassend dar und ging dabei auf die diversen Chats, Nachrichten und Telefonate ein, die der Angeklagte im Laufe des Abends führte. Er fasste dabei die Daten der Anruflisten und der von ihm durchgesehenen Chatverläufe zusammen. Seine Angaben wurden bestätigt, soweit die Nebenklägerin auf Vorhalt der einzelnen Kontakte entsprechende Angaben zu den jeweiligen Kommunikationspartnern machte, was diese wiederrum selbst - so etwa die Zeuginnen F4, G, C3 und C4 - im Rahmen ihrer Vernehmungen bestätigt haben. Die Nebenklägerin selbst berichtete anschaulich über das Telefonat mit ihrer Tochter N und die Zeugin F4 über das - bereits in der Vergangenheit so häufiger praktizierte - längerdauernde Chatten und (teils parallel dazu erfolgende) Telefonate mit dem Angeklagten bis kurz vor zwei Uhr nachts.

Der rechtsmedizinische Sachverständige G1 erläuterte in der Hauptverhandlung ausführlich, verständlich und gut nachvollziehbar die von ihm im Rahmen der Obduktion gewonnenen Erkenntnisse zum körperlichen Zustand des M. Der der Kammer aus einer Vielzahl von Schwurgerichtsverfahren als überaus erfahrener Rechtsmediziner bekannte Sachverständige bekundete, dass er trotz seiner mehr als dreißigjährigen Berufserfahrung noch nie eine derart starke Zentralisation des im Körper vorhandenen Blutes im Bereich des Herzes festgestellt habe. Die Obduktion habe dabei den ersten Anschein der äußerlichen Betrachtung bestätigt, dass alle Extremitäten des Kindes beinahe blutleer gewesen seien. Die Augen seien bereits sehr tief eingesunken gewesen, was sonst bei Leichen erst nach einigen Tagen beobachtet werden könne. Auch dies spreche dafür, dass das Kind zu Lebzeiten in den letzten Tagen relativ wenig Flüssigkeit in sich gehabt habe müsse. Der gesamte Körper sei extrem ausgetrocknet gewesen, dies gelte sowohl für die Haut, das Unterhautfettgewebe, die Muskulatur und die inneren Organe. Vor diesem Hintergrund seien die Angaben der Notärztin N4 sowie des Rettungssanitäters S1 gut nachvollziehbar, die beide darüber berichteten, vergleichbare Bilder bis dahin ausschließlich auf Bildaufnahmen von Insassen von Konzentrationslagern gesehen zu haben. Bei der Obduktion hätten sich blutarme, zentral blasse Schocknieren gezeigt, das Gehirn sei deutlich geschwollen und blausüchtig gewesen. Es seien nur circa 5 ml, fast dunkelbrauner Urin in Harnblase gewesen. Es habe daneben geringgrade Zeichen einer stumpfen Gewalteinwirkung, insbesondere am Kopf sowie den oberen Extremitäten gegeben, die allerdings unspezifisch und nicht gravierend gewesen seien. Der Zeitpunkt des Todeseintritts lasse sich anhand der von ihm vorgenommenen Todeszeitbestimmung nach Henßke nur vage auf den Zeitraum zwischen 22:30 Uhr am ... und 09:00 Uhr am Morgen des ... eingrenzen. Vor dem Hintergrund der von ihm erhobene Befunde und der Angaben der Notärztin N4 zu den von ihr sicher erkannten Todeszeichen wie Leichenstarre und Totenflecken, sei ein Tod in den frühen Morgenstunden sehr plausibel. Todesursächlich sei danach sicher ein Kreislaufversagen in Folge eines Hitzeschocks und des Flüssigkeitsmangels des Kindes gewesen. Weder die Obduktion des Leichnams noch die feingeweblichen Untersuchungen sämtlicher lebenswichtiger Organe hätten irgendwie geartete Hinweise auf mögliche andere Todesursachen ergeben. Der Sachverständige stellte weiter dar, dass die Verabreichung einer ausreichenden Menge von Flüssigkeit oder das Verbringen in eine kühlere Umgebung als Maßnahmen geeignet gewesen wären, um einen tödlichen Geschehensausgang zu verhindern.

Darüber hinausgehend stellte der Sachverständige dar, dass er bei dem Leichnam ausgeprägte Anzeichen einer überdauernden Unterernährung festgestellt habe. Neben dem von den Zeuginnen Q und C6 beschriebenen Heißhunger des Jungen im Kindergarten spreche hierfür die Entwicklung seines Body-Mass-Indexes, wie dieser in dem kinderärztlichen Untersuchungsheft dokumentiert sei. Die von dem Sachverständigen hierzu auch unter Zuhilfenahme durchschnittlicher Percentilkurven für männliche Kleinkinder erläuterten Angaben vollzieht die Kammer nach eigener Prüfung nach. Während M zu Beginn seines Lebens noch im oberen Bereich der durchschnittlich vorkommenden Werte gelegen habe, sei er auf dieser Kurve bis zu der letzten U-Untersuchung vor seinem Tode an den unteren Rand abgerutscht. Insbesondere die fehlende Gewichtszunahme zwischen der U6 und der U7 sei nach seiner Auffassung keineswegs durch eine gesteigerte körperliche Aktivität des Kindes zu erklären. Das Gewicht des Leichnams habe 10,5 kg bei einer Körperlänge von 94 cm betragen. Zwar sei hier aufgrund der Austrocknung des Körpers zu Lebzeiten ein höheres Gewicht zu erwarten gewesen, gleichwohl läge er selbst mit 12 kg noch im absolut untersten Percentilbereich. Durchgreifende Hinweise auf einen längeren Zeitraum der Unterversorgung hätten sich zudem im Rahmen einer weitergehenden Untersuchung des Blutes und des Urins des verstorbenen Kindes ergeben. So sei bei den untersuchten Proben vom Leichnam des Kindes im Urin eine Acetonkonzentration von 38,7 mg/l und im Blut eine solche von 56,2 mg/l festgestellt worden, wohingegen Normalwerte zwischen 1,6 und 5 ml/l liegen würden. Ein solcher Befund erkläre sich vorliegend durch eine über einen Zeitraum von - mindestens - mehreren Wochen unzureichende Nahrungszufuhr, in deren Folge der Zuckerstoffwechsel zur Energieversorgung des Körpers nicht mehr ausreiche, weshalb es zur Lipolyse komme. Hierbei würden durch den vermehrten Abbau von Körperfett zur Energiegewinnung freie Fettsäuren in den Stoffwechselkreislauf gelangen und es würden dabei auch Ketonkörper, zu denen Aceton, Acetoacetatin und Hydroxybutyrat gehörten, produziert, was hier nur als Zeichen eines längerdauernden Hungerstoffwechsels interpretiert werden könne. Auch diese Ausführungen kann die Kammer uneingeschränkt nachvollziehen und schließt sich nach eigener Prüfung der Bewertung des rechtsmedizinischen Sachverständigen G1 an.

c) Feststellungen zum Nachtatgeschehen

Die Feststellungen zum Nachtatgeschehen trifft die Kammer im Hinblick auf die zeitliche Einordnung der jeweils stattgefundenen Kommunikationsvorgänge zunächst auf der Grundlage der Angaben der Zeugin C3 und des Zeugen U. Die Angaben der beiden Zeugen waren grundsätzlich glaubhaft, weil sie sich mit dem Ergebnis der Auswertung der Mobiltelefone des Angeklagten und des Zeugen U im Ermittlungsverfahren, dass durch den Zeugen KHK O2 in der Hauptverhandlung umfassend dargestellt wurde, ohne Einschränkungen deckten.

Die Zeugin C3 machte zum Inhalt des Telefonats offene Angaben, die auch glaubhaft waren, da sie detailreich und inhaltlich nachvollziehbar waren. So berichtete die Zeugin auch ungefragt über Nebensächlichkeiten und schilderte zugleich Einzelheiten konstant, wovon sich die Kammer durch zahlreiche Vorhalte aus der polizeilichen Vernehmung der Zeugin überzeugen konnte. Auf diese Weise berichtete sie etwa anschaulich darüber, wie sich im Hintergrund des Telefonates N nach dem M erkundigte und der Angeklagte hierauf antwortete.

Der Zeuge U berichtete in der Hauptverhandlung - anders als noch in seiner polizeilichen Vernehmung - offen über den Zustand der Wohnung, den er selbst als "katastrophal" bezeichnete und dies unter anderem an "purem Chaos" und "überall" vorhandenem Müll festmachte. Auch rückte er von seiner - ihm in der Hauptverhandlung vorgehaltenen - Angabe bei der Polizei ab, wonach er die Temperaturen in der Wohnung als "angenehm, nicht zu heiß, nicht zu kalt" empfunden habe und stellte klar, dass es auch für ihn in der Wohnung heiß gewesen sei und gestunken habe.

Diese Angaben waren glaubhaft, da sie sich mit dem Inhalt der in Augenschein genommenen Lichtbilder aus dem Tatortbefundbericht sowie der hierzu vorgenommenen Erläuterung der Zeugin KOK L3 und insbesondere auch mit den von dem Zeugen selbst gefertigten Fotos deckten. Die Kammer hat insoweit die auf dem Mobiltelefon des Zeugen U abfotografierten Bilder und Nachrichten, welche er der Zeugin C3 übersandte in Augenschein genommen. Der Zeuge hat hierzu am Ende seiner Befragung bestätigt, dass die Bilder die Tochter N und deren Bett in dem Zustand zeigen, wie er es vorgefunden hat. Beide Zeugen konnten dabei keine nachvollziehbare Erklärung für die Tatsache abgeben, dass sie die von dem Zeugen U gefertigten und übersandten Lichtbilder im Rahmen ihrer jeweiligen polizeilichen Vernehmungen unmittelbar nach dem Vorfall vollständig unerwähnt gelassen haben. Auch in der Hauptverhandlung berichteten sie hierüber nicht aus eigenem Antrieb, sondern gaben vielmehr erst nach nachdrücklicher Befragung und dem Hinweis auf die technische Auswertung des Mobiltelefons des Zeugen U vor, sich nunmehr überhaupt erinnern zu können.

Die Kammer hat den von dem Zeugen U abgesetzten Notruf durch Abspielen der aufgezeichneten Tondatei in Anwesenheit des Zeugen in Augenschein genommen. Der Zeuge bestätigte dabei nochmals den Inhalt des von ihm geführten Gespräches.

Uneingeschränkt glaubhaft waren die Angaben der Zeugen I, S1, N4 und O1, die die Auffindesituation im Rahmen ihres Rettungseinsatzes beschrieben, wie die Kammer es festgestellt hat. Der Zeuge O1 schilderte dabei anschaulich und trotz des reinen Inhaltes ohne Belastungstendenz, wie ihm die Frage des Angeklagten als besonders unpassend und deswegen prägnant in Erinnerung geblieben ist.

Die Zeugin N4 berichtete offen, detailliert und sichtlich erlebnisbasiert darüber, wie der Angeklagte im Nachgang ihres Einsatzes augenscheinlich primär mit sich selbst beschäftigt war und sich nicht mit seinen beiden Töchtern beschäftigte. Gleiches bekundete der Zeuge PK T2 ebenso glaubhaft mit Blick auf das Verhalten der Nebenklägerin bei deren Eintreffen.

Die sachverständige Zeugin Q1, die N und M1 als Assistenzärztin im F12-Krankenhaus in F am Nachmittag des ... körperlich untersuchte, berichtete auf der Grundlage der von ihr gefertigten Befunde detailliert, plausibel und glaubhaft über den schlechten Allgemeinzustand der beiden Mädchen und deren aus ihrer Sicht nicht situationsadäquates Verhalten, das sich unter anderem in einem ungewöhnlich starken Bedürfnis nach Nähe und Kommunikationsdrang gezeigt habe.

IV.

Rechtliche Würdigung

Indem der Angeklagte seinen Sohn M in dem überhitzten Raum bei geschlossenem Fenster ohne ausreichende Flüssigkeitsversorgung einsperrte, hat er eine Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB begangen. Denn das Einsperren unter den festgestellten Bedingungen stellt sowohl eine tatbestandsmäßige körperliche Misshandlung als auch eine Gesundheitsschädigung zum Nachteil des Kindes dar. Es handelt sich um eine üble, unangemessen Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden des Kindes ganz erheblich beeinträchtigte. Zugleich rief der Angeklagte einen pathologischen Zustand hervor, da in der Folge seines Handelns die normalen Körperfunktionen in erheblicher Weise beeinträchtigt wurden. Der Angeklagte erkannte die Möglichkeit des Erfolgseintritts und nahm ihn auch billigend in Kauf.

Weder objektiv noch subjektiv war sein Verhalten durch die Ausübung des elterlichen Sorgerechts gedeckt, denn es handelte sich offenkundig nicht um ein adäquates "Ins-Bettbringen".

Weil er den Tod des Kindes als Folge seines Handelns hätte erkennen können und müssen, hat er sich wegen Körperverletzung mit Todesfolge gem. § 227 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.

Die Kammer hat als Grunddelikt der Körperverletzung mit Todesfolge keine gefährliche Körperverletzung in der Begehungsweise einer das Leben gefährdenden Behandlung nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB angenommen, weil nicht mit Sicherheit festgestellt werden konnte, dass sich der Vorsatz des Angeklagten auch auf das Lebensgefährdende seiner Behandlung richtete.

Die Kammer hat dabei das Verschließen der Türe in der Absicht, erst am Folgetag wieder nach seinem Sohn zu schauen, als Schwerpunkt des vorwerfbaren Geschehens bewertet und damit in dem aktiven Handeln des Angeklagten die Grundlage seiner Strafbarkeit gesehen. Denn dieses Handeln überwiegt die daneben auch vorliegenden Elemente des Unterlassens, namentlich etwa die unterbliebene weitergehende Versorgung mit Wasser oder eine Befreiung des Kindes aus seiner hilflosen Lage.

Der Angeklagte war nicht wegen eines Tötungsdelikts zu bestrafen, weil die Kammer nicht feststellen konnte, dass er mit zumindest bedingtem Tötungsvorsatz handelte.

Als Vater des Kindes hat er tateinheitlich eine Misshandlung von Schutzbefohlenen gemäß § 225 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 StGB begangen, da sein minderjähriger Sohn seiner Fürsorge unterstand und das Einsperren eine rohe Misshandlung darstellt, die die Gefahr des Todes nach sich zog.

Mit seinem Verhalten erfüllte er zugleich den Tatbestand der Verletzung der Fürsorgepflicht im Sinne des § 171 StGB.

Die vorgenannten Tatbestände stehen zueinander im Verhältnis der Tateinheit, § 52 StGB.

Daneben kam eine Strafbarkeit wegen tateinheitlicher Freiheitsberaubung mit Todesfolge gemäß §§ 239 Abs. 1, Abs. 4 StGB nicht mehr in Betracht, weil das Einsperren des Kindes zugleich das tatbestandsmäßige Mittel der Körperverletzungshandlung darstellte und ihm damit kein eigenständiger Unrechtsgehalt zukommt (vgl. Fischer, StGB 67. Auflage 2020 § 239 Rdnr. 18).

V.

Rechtsfolgen der Tat

1. Strafzumessung

Wegen der Körperverletzung mit Todesfolge steht der Kammer gemäß § 227 Abs.1 StGB grundsätzlich ein Strafrahmen von Freiheitsstrafe von 3 Jahren bis zu 15 Jahren zur Verfügung.

Die Kammer hat sodann geprüft, ob ein minder schwerer Fall gemäß § 227 Abs. 2 StGB anzunehmen war, dies im Ergebnis jedoch verneint. Im Rahmen der hierbei vorzunehmenden Gesamtbetrachtung sind alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen, die für die Bewertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen (BGH, NStZ-RR 2007, S. 194). Dies zugrunde gelegt war ein minder schwerer Fall zu verneinen.

Zu Gunsten des Angeklagten war bei der Abwägung zu berücksichtigen, dass er als Erstverbüßer einer Haftstrafe besonders haftempfindlich ist und sich bereits über ein halbes Jahr in Untersuchungshaft befindet. Weiter war zu Gunsten des Angeklagten zu bedenken, dass er durch den Verlust seines Sohnes selbst schwer von der Tat betroffen ist.

Zu Lasten des Angeklagten war demgegenüber vor allem die Art der Tatausführung zu berücksichtigen. Gegen ihn sprachen auch seine Vorstrafen, wobei die Kammer gesehen hat, dass diese weitgehend dem Bereich der Bagatellkriminalität zuzuordnen sind. Erschwerend kam hinzu, dass - auch unter Berücksichtigung seiner allgemeinen Überforderung - er letztlich aus egoistischen Motiven handelte, soweit er vor allem für sich selbst Ruhe haben wollte. Ausdrücklich keine erschwerende Bedeutung hat die Kammer dem Umstand beigemessen, dass der Angeklagte tateinheitlich handelnd gleich mehrere Delikte verwirklicht hat.

Bei der gebotenen Gesamtabwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände war die Kammer nach alledem insbesondere angesichts der konkreten Art der Tatausführung der Überzeugung, dass kein minder schwerer Fall anzunehmen war. Die Kammer hat im Rahmen dieser Gesamtabwägung auch nicht unberücksichtigt gelassen, dass vorwerfbare Geschehenselemente auch im Bereich des Unterlassens gesehen werden können. Sie hätte jedoch - auch wenn hierin sogar der Schwerpunkt zu sehen wäre - weder einen minder schweren Fall angenommen noch von der durch § 13 Abs. 2 StGB eröffneten Möglichkeit einer Strafrahmenverschiebung nach § 49 Abs. 1 StGB Gebrauch gemacht, weil bei einer wertenden Gesamtwürdigung der wesentlichen unterlassungsbezogenen Gesichtspunkte diese im Verhältnis zur entsprechenden Begehungstat nicht weniger schwer wiegen würden. Denn die Vornahme der gebotenen Handlungen hätte dem Angeklagten nicht mehr abverlangt, als den normalen Einsatz rechtstreuen Willens.

Innerhalb des damit zur Anwendung kommenden Regelstrafrahmens des § 227 Abs.1 StGB hat die Kammer bei der konkreten Straffindung die bereits bei der Strafrahmenbestimmung genannten be- und entlastenden Umstände - auf die insoweit Bezug genommen wird - erneut umfassend berücksichtigt. Unter Abwägung aller vorgenannten und Berücksichtigung sämtlicher weiterer Strafzumessungsgesichtspunkte des § 46 StGB hat die Kammer für die Tat auf eine Freiheitsstrafe von

zehn Jahren

als tat- und schuldangemessen erkannt.

2. Keine Maßregeln der Besserung und Sicherung

Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen für eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) oder einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) vorliegen könnten, haben sich aus der Beweisaufnahme nicht ergeben. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus war nicht anzuordnen, weil der Angeklagte nicht an einer überdauernden Persönlichkeitsstörung leidet und die Taten nicht im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) begangen hat. Auch für die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt war kein Raum, weil die Voraussetzungen der Vorschrift nicht erfüllt sind. Denn nach sachverständiger Beratung durch die psychiatrischen Sachverständige N5 steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Angeklagte schon keinen Hang im Sinne des § 64 S. 1 StGB dazu aufweist, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen.

VI.

Kosten

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 472 Abs. 1 S. 3 StPO. Danach kann von der Auferlegung der notwendigen Auslagen der Nebenklägerin ganz oder teilweise abgesehen werden, soweit es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.

Vor dem Hintergrund des Aussageverhaltens der Nebenklägerin hat die Kammer von dieser Billigkeitsregel Gebrauch gemacht und abweichend von der grundsätzlichen Regelung des § 472 Abs. 1 S. 1 StPO ausnahmsweise dem Angeklagten die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin nicht auferlegt.

Auch unter ausdrücklicher Berücksichtigung der besonderen psychischen Belastung, von der bei dem Verlust des eigenen Kindes ausgegangen werden muss, ergab sich aus dem Verhalten der Nebenklägerin in der Hauptverhandlung der Eindruck, dass ihr Anschluss als Nebenklägerin nicht im Interesse ihres verstorbenen Sohnes zur besseren Sachaufklärung erfolgte, sondern allein der Abwälzung jeglicher Mitverantwortung dienen sollte.

Unbeschadet der Frage, ob die festgestellten und von der Nebenklägerin mitpraktizierten Verhaltensweisen (so unter anderem die verbalen und körperlichen Übergriffe gegenüber ihren Kindern, die unzureichende Ernährung des M und dessen regelmäßiges Wegsperren bereits am späten Nachmittag) in den Wochen und Monaten vor der hier angeklagten Tat eine selbständige Strafbarkeit nach § 225 StGB begründen, hat sie zur Überzeugung der Kammer in der Hauptverhandlung jedenfalls eine uneidliche Falschaussage begangen, mit der sie zugleich den Angeklagten über Gebühr belastete. Aus den oben dargestellten Gründen sind insbesondere ihre Angaben dahingehend, dass allein der Angeklagte für das Abnehmen der Türklinke verantwortlich gewesen sei, sicher widerlegt. Gleiches gilt für ihre Behauptung, sie habe an dem Donnerstag die Wohnung nur auf Drängen des Angeklagten verlassen. Es erschiene vor diesem Hintergrund unbillig, den Angeklagten auch mit den Auslagen der Nebenklägerin zu belasten.