OLG Braunschweig, Beschluss vom 08.07.2020 - 3 W 19/20
Fundstelle
openJur 2020, 32219
  • Rkr:

1. Ein Nachlasspfleger – dessen Wirkungskreis die Sicherung und Verwal-tung des Nachlasses umfasst – ist nicht beschwerdebefugt gegen Be-schlüsse, die im Erbscheinsverfahren desjenigen Erblassers ergehen, für dessen unbekannte Erben er bestellt ist (Anschluss an BayObLG, Be-schluss vom 17. August 1990 – BReg. 1a Z 36/89 –, BeckRS 2010, 27258).

2. Eine Stiftung erlangt erst durch die Anerkennung durch die Stiftungsbe-hörde Rechtsfähigkeit. Vor der Bekanntgabe der Anerkennung kann der später einzusetzende Stiftungsvorstand keine Rechtshandlungen vor-nehmen, die Wirkung für oder gegen die Stiftung entfalten; eine Vor-Stiftung ähnlich der Vor-GmbH oder dem Vor-Verein existiert nicht (An-schluss an BFH, Urteil vom 11. Dezember 2015 – X R 36/11 –, DStRE 2015, S. 715 [719 ff. Rn. 54 ff.]). Dies gilt auch für eine Stiftung von Todes wegen, so dass die Ernennung eines Testamentsvollstreckers den allge-mein üblichen Weg zur Gründung einer Stiftung von Todes wegen dar-stellt.

3. Einer vom Erblasser zum Testamentsvollstrecker ernannten Person, die Vermögensdelikte in erheblichem Umfang zum Nachteil des Nachlasses begangen hat, ist vom Nachlassgericht kein Testamentsvollstreckerzeug-nis zu erteilen, da bereits ein wichtiger Grund nach § 2227 BGB für die Entlassung besteht.

Tenor

Die Beschwerde des Nachlasspflegers vom 3. Dezember 2018 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Goslar – Nachlassgericht – vom 8. November 2018 – 7 VI 384/18 – wird als unzulässig verworfen.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2. vom 3. Dezember 2018 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Goslar – Nachlassgericht – vom 8. November 2018 – 7 VI 384/18 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Erbscheinsantrag vom 31. Mai 2018 als unzulässig verworfen wird.

Der Nachlasspfleger und der Beteiligte zu 2. haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Beschwerdewert wird auf 4.000.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Beteiligte zu 2. begehrt einen auf die Beteiligte zu 1. lautenden Erbschein, die Beteiligte zu 3. beruft sich auf ein früheres Ehegattentestament.

1. Der Ehemann der Erblasserin hatte zwei Kinder aus erster Ehe: Die Beteiligte zu 3. ist seine Tochter, sein Sohn ist ohne Abkömmlinge verstorben und von der Beteiligten zu 4. – seiner Ehefrau – allein beerbt worden. Die Erblasserin und ihr Ehemann waren im Bereich der Immobilienverwaltung tätig und waren Eigentümer mehrerer Immobilien, unter anderem in … und …. Sie hatten zwei gemeinsame Töchter, die im Januar 1994 bei einem Autounfall ums Leben gekommen sind; weitere Abkömmlinge haben sie nicht.

Mit gemeinschaftlichem notariellen Testament vom 8. Juni 1994 verfügten die Erblasserin und ihr Ehemann unter Ziffer II wie folgt:

Wir setzen uns hiermit gegenseitig zum alleinigen und ausschließlichen Erben ein. Der Überlebende wird in keiner Weise beschränkt oder beschwert. Er kann über das beiderseitige Vermögen in jeder Weise frei verfügen.

Als gemeinsame Schlusserben bestimmten sie unter Ziffer III des Testaments die Kinder des Erblassers aus erster Ehe – die Beteiligte zu 3. und den Ehemann der Beteiligten zu 4.; unter „VI. Bindung“ regelten sie:

Sämtliche in diesem Testament niedergelegten Verfügungen sind wechselbezüglich. Sie können daher nur gemeinschaftlich geändert werden oder durch Widerruf.

Nach dem Tode eines Teils von uns, soll aber der überlebende Teil berechtigt sein, einseitig dieses Testament zu ändern, sofern nach seiner Auffassung in der Person der Schlusserben hierfür berechtigte Gründe vorliegen.

Der Ehemann der Erblasserin verstarb im Jahr 2000.

Im Jahr 2004 lernte die Erblasserin den 1966 geborenen Beteiligten zu 2. kennen; nach Verbüßung einer über dreijährigen Haftstrafe unter anderem wegen Untreue und Betruges hielt dieser sich ab dem Jahr 2013 vermehrt bei der Erblasserin in … auf, wo er im Gästezimmer wohnte. Er war mit der Erblasserin befreundet und trat zum Teil nach außen als ihr Lebensgefährte auf. Über eine eigene Wohnung und ein regelmäßiges Einkommen verfügte er nicht.

Im November 2017 erkrankte die Erblasserin lebensbedrohlich an einer Herzinnenhautentzündung und wurde am 20. November 2017 ins Krankenhaus eingeliefert. Am 21. November 2017 erteilte sie dem Beteiligten zu 2. eine notarielle transmortale Generalvollmacht. Am selben Tage errichtete sie ein notariell beurkundetes Testament, in dem sie regelte:

Ich vermache meinen gesamten Nachlass einer noch zu gründenden gemeinnützigen Stiftung mit dem Namen „[A.] Stiftung.“

Zweck der Stiftung ist die Förderung begabter Studierender auf dem Gebiet des Maschinen- und industriellen Hochbaus der Technischen Universität Braunschweig.

Ich bestimme hiermit, dass [der Beteiligte zu 2] die Stiftung gründet und in meinem Sinne die Satzung ausgestaltet und in verantwortlicher Stellung die Stiftung führt. Er soll vorerst auch Vorsitzender des Stiftungs-Vorstandes werden und Sorge dafür tragen, dass die Mittel aus meinem Nachlass im Sinne der Stiftung verwendet werden. Dazu soll er sich auch fachkundiger Hilfe bedienen.

Eine Stiftungssatzung ist in dem Testament nicht enthalten und ihm auch nicht beigefügt. Beide Beurkundungen fanden im Krankenhaus statt, wobei das Testament – augenscheinlich vom beurkundenden Notar – handschriftlich niedergeschrieben worden ist. Wegen der Einzelheiten wird auf die beglaubigten Ablichtungen der Vollmachtsurkunde (Bl. 12–16 d.A.) und des Testaments (B. 17 f. d.A.) Bezug genommen.

Am 28. November 2017 verstarb die Erblasserin. Der Beteilige zu 2. wohnte weiterhin in ihrem Wohnhaus. Dort zog auch seine Lebensgefährtin ein, die er im Januar 2018 kennengelernt hatte. Den gemeinsamen Lebensunterhalt bestritt der Beteiligte zu 2. aus dem Nachlass.

Mit notarieller Urkunde vom 31. Mai 2018 (Bl. 2–10 d.A.) – auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird – beantragte der Beteiligte zu 2. einen Erbschein, der die Beteiligte zu 1. als Alleinerbin ausweist. Die Erblasserin habe durch die Errichtung des Testaments vom 21. November 2017 das gemeinschaftliche Testament vom 8. Juli 1994 geändert.

Die Beteiligte zu 3. ist dem Erbscheinsantrag entgegengetreten und hat die Anordnung einer Nachlasspflegschaft angeregt. Das Testament vom 21. November 2017 sei unwirksam, soweit es dem früheren gemeinschaftlichen Testament vom 8. Juli 1994 widerspreche. Ziffer II des gemeinschaftlichen Testaments beziehe sich ersichtlich nur auf die Möglichkeit des länger lebenden Ehegatten, zu Lebzeiten über das ererbte Vermögen frei zu verfügen. Ziffer VI betone die Wechselbezüglichkeit und regele nur für den ganz besonderen Fall, dass in der Person der Schlusserben berechtigte Gründe vorliegen, die Möglichkeit einer Abänderung durch den länger lebenden Ehegatten. Solche Umstände lägen hier aber nicht vor und das Testament vom 21. November 2017 äußere sich hierzu auch nicht. Damit sei das frühere Testament bindend. Es bestünden auch Zweifel, ob das jüngere Testament dem wirklichen Willen der Erblasserin entspreche. Die Erblasserin habe nichts unternommen, um die Stiftung zu initiieren, und habe sich zum Zeitpunkt der Beurkundung in einem sehr kritischen Gesundheitszustand befunden, der unmittelbar zur Verlegung der Erblasserin in eine Spezialklinik geführt habe. Bis zur Klärung, wer Erbe geworden sei, sei die Sicherung des Nachlasses durch einen Nachlassverwalter erforderlich, da der Beteiligte zu 2. bereits eine Immobilie aus dem Nachlass für 950.000 € veräußert habe und der Veräußerungserlös an ihn selbst und nicht etwa auf ein Notaranderkonto oder an die noch nicht existierende Stiftung geflossen sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 18. Juli 2018 (Bl. 22–26 d.A.) und vom 30. Juli 2018 (Bl. 43–48 d.A.) Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 2. August 2018 – 7 VI 528 – ordnete das Nachlassgericht gemäß § 1960 BGB Nachlasspflegschaft mit dem Wirkungskreis „Sicherung und Verwaltung des Nachlasses, insbesondere Prüfung des Widerrufs der von der Erblasserin erteilten Vorsorgevollmacht vom 21.11.2017“ an und bestellte den Beteiligten zu 5. zum berufsmäßigen Nachlasspfleger. Wegen der Einzelheiten wird auf den genannten Beschluss (beglaubigte Abschrift Bl. 52 f. d.A.) Bezug genommen. Am 3. August 2018 widerrief der Nachlasspfleger die Generalvollmacht. Die gegen die Einrichtung der Nachlasspflegschaft zunächst erhobene Beschwerde zum Oberlandesgericht Braunschweig – 1 W 106/18 – nahmen die Beteiligten zu 1. und 2. im Februar 2019 zurück.

2. Mit angefochtenem Beschluss vom 8. November 2018 hat das Nachlassgericht den Antrag auf Erteilung eines Erbscheins, der die Beteiligte zu 1. als Alleinerbin ausweist, zurückgewiesen. Diese sei nicht Erbin der Erblasserin geworden, da das Testament vom 21. November 2017 gemäß § 2270 f. BGB unwirksam sei; die dort angeordnete Erbeinsetzung widerspreche der im gemeinschaftlichen Testament vom 8. Juni 1994. Die dortige Schlusserbeneinsetzung sei wechselbezüglich und bindend. Gründe in der Person der Schlusserben im Sinne der Ziffer II Abs. 2 des Testaments, die die Erblasserin berechtigt hätten, das gemeinschaftliche Testament einseitig zu ändern, lägen nicht vor; insbesondere seien solche im Testament vom 21. November 2017 nicht genannt. Damit sei die Beteiligte zu 1. nicht Erbin geworden.

Gegen diesen am 13. November 2018 zugestellten Beschluss haben die Beteiligte zu 1. und der Nachlasspfleger mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2018 – eingegangen am selben Tage – Beschwerde eingelegt und beantragt, unter Aufhebung des angegriffenen Beschlusses dem Erbscheinsantrag der Antragstellerin vom 31. Mai 2018 stattzugeben. Die Beteiligte zu 1. sei davon ausgegangen, dass „berechtigte Gründe“ (Ziffer VI des Testaments vom 8. Juli 1994) nicht vorliegen müssten, damit die Erblasserin habe neu testieren können. Das Nachlassgericht hätte darauf hinweisen müssen, dass es solche „berechtigten Gründe“ für erforderlich halte. Es habe auch die Beweislast verkannt: Wer eine Abänderung oder Aufhebung durch eine spätere Verfügung für unwirksam halte, sei diesbezüglich feststellungs- und beweisbelastet. „Berechtigte Gründe“ hätten auch vorgelegen, denn die Erblasserin sei zutiefst enttäuscht gewesen, dass die Beteiligten zu 3. und 4. sie während ihrer früheren Krebserkrankung nicht besucht hätten. Wegen der Einzelheiten wird auf den genannten Schriftsatz (Bl. 76–80 d.A.) Bezug genommen.

Das Nachlassgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 6. Dezember 2018 – auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 83 d.A.) – nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Ziffer VI Abs. 2 des gemeinschaftlichen Testaments enthalte eine Bedingung für die Befreiung von der Bindungswirkung; es lägen keine hinreichenden Anhaltspunkte vor, dass diese Bedingung erfüllt sei.

3. Mit Urteil der großen Strafkammer des Landgerichts Braunschweig vom 15. April 2019 – 1 KLs 14/19 – ist der Beteiligte zu 2. unter anderem wegen Untreue in 74 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Die Untreuetaten bestanden in Verfügungen des Beteiligten zu 2. in Höhe von insgesamt 129.358,40 € (Barabhebungen, Zahlungen per EC-Karte) über zum Nachlass gehörende Bankkonten für private Zwecke. Wegen der Einzelheiten wird auf das genannte Urteil (Sonderband Ablichtungen StA Braunschweig – 703 Js 44238/18 –) Bezug genommen.

Die Beschwerdeführer haben mit Schriftsätzen vom 18. März, 10., 20., 22. und 24. Mai, 3. Juni sowie 23. September 2019 weitere Ausführungen zur Beschwerdebegründung gemacht. Die Beteiligte zu 3. ist der Beschwerde – und insbesondere der Darstellung, es sei zu einem Zerwürfnis zwischen der Erblasserin und den Beteiligten zu 3. und 4. nebst Ehemännern gekommen – mit Schriftsatz vom 2. Juli 2019 entgegengetreten. Wegen der Einzelheiten wird auf die genannten Schriftsätze (Bl. 95 f., 98 f., 101, 103, 104a–104c, 105 f. und 123 f. sowie Bl. 113–117 d.A.) Bezug genommen.

II.

Beide Beschwerden bleiben ohne Erfolg. Die Beschwerde des Nachlasspflegers ist unzulässig (1), die Beschwerde der Beteiligten zu 1. ist als solche des Beteiligten zu 2. auszulegen (2) und ist als solche zulässig, aber nicht begründet (3).

1. Die Beschwerde des Nachlasspflegers ist unzulässig. Sie ist zwar innerhalb der Monatsfrist des § 63 FamFG eingelegt worden, der Nachlasspfleger ist aber nicht beschwerdeberechtigt im Sinne des § 59 FamFG.

Der Wirkungskreis des Nachlasspflegers umfasst die Sicherung und Verwaltung des Nachlasses. Die Frage, wer letztlich Erbe wird, ist von diesem Wirkungskreis nicht umfasst. Ein Nachlasspfleger ist nicht befugt, Beschwerde einzulegen gegen Beschlüsse, die im Erbscheinsverfahren desjenigen Erblassers ergehen, für dessen unbekannte Erben er bestellt ist (BayObLG, Beschluss vom 17. August 1990 – BReg. 1a Z 36/89 –, BeckRS 2010, 27258; vgl. auch Meyer-Holz, in: Keidel, FamFG, 20. Auflage 2020, § 59, Rn. 78 m.w.N.; Grziwotz, in: MüKo FamFG, 3. Auflage 2019, § 352, Rn. 11 m. zahlr. w.N. in Fn. 40; Zimmermann, in: Keidel, FamFG, 20. Auflage 2020, § 352, Rn. 25). „Ihn geht das Erbscheinsverfahren nichts an“ (Zimmermann, in: ZEV 2011, 631 [632]).

2. Der Erbscheinsantrag und die Beschwerde der Beteiligten zu 1. sind als solche des Beteiligten zu 2. auszulegen, denn die Beteiligte zu 1. konnte mangels Rechtsfähigkeit keinen Erbscheinsantrag stellen und kann aus demselben Grund auch nicht selbst Beschwerde einlegen (a). Vor diesem Hintergrund ist die Verfügung der Erblasserin so auszulegen, dass sie den Beteiligten zu 2. zum Testamentsvollstrecker ernennen wollte (b).

a) Die Beteiligte zu 1. – die „Stiftung i.Gr.“ – existiert nicht. Eine Stiftung, auch eine von Todes wegen (Weitemeyer, in: MüKo BGB, 8. Auflage 2018, § 83 Rn. 8), erlangt erst durch die Anerkennung durch die Stiftungsbehörde Rechtsfähigkeit. Vor der Bekanntgabe der Anerkennung kann der später einzusetzende Stiftungsvorstand keine Rechtshandlungen vornehmen, die Wirkung für oder gegen die Stiftung entfalten; eine Vor-Stiftung ähnlich der Vor-GmbH oder dem Vor-Verein existiert nicht (BFH, Urteil vom 11. Dezember 2015 – X R 36/11 –, DStRE 2015, S. 715 [719 ff. Rn. 54 ff.]; Hüttemann/Rawert, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 80, Rn. 47–55; Langenfeld, in: ZEV 2002, S. 481 [483]; Schlüter/Stolte, Stiftungsrecht, 3. Auflage 2016, Rn. 113; Weitemeyer, in: MüKo BGB, 8. Auflage 2018, § 81 Rn. 61–63; jeweils m.w.N.; a.A. Ellenberger, in: Palandt, BGB, 79. Auflage 2020, § 80, Rn. 2 m.w.N.).

Auch eine zwischenzeitliche Anerkennung durch die Stiftungsbehörde liegt nicht vor, so dass die Stiftung auch nicht gemäß § 84 so zu behandeln ist, als hätte sie beim Tod der Erblasserin schon existiert – wobei diese Rückwirkungsfiktion ohnehin begrenzt wäre (vgl. Hüttemann/Rawert, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 84, Rn. 6–9). Im Fall der Stiftung von Todes wegen mit Berufung der Stiftung zur Erbin wird diese mit der Anerkennung rückwirkend zur Vollerbin (vgl. § 2101 Abs. 2 BGB; Weitemeyer, in: MüKo BGB, 8. Auflage 2018, § 84, Rn. 6).

Mangels Rechtsfähigkeit der Beteiligten zu 1. kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Beteiligte zu 2. beim Stellen des Erbscheinsantrag auf Basis der transmortalen Generalvollmacht gehandelt hat. Im Falle einer solchen Vollmacht sind wegen der Universalsukzession die Erben des Vollmachtgebers die Vertretenen, nicht der Nachlass, denn dieser ist als Vermögenmasse nicht rechtlich selbständig und somit nicht rechtsfähig (BGH, Urteil vom 23. Februar 1983 – IV a ZR 186/81 –, NJW 1983, S. 1487 [1489]; OLG Frankfurt, Beschluss vom 29. Juni 2011 – 20 W 168/11 –, DNotZ 2012, S. 140 [141] m.w.N.; Schubert, in: MüKo BGB, 8. Auflage 2018, § 168, Rn. 39 m.w.N.). Hier besteht aber die oben geschilderte Besonderheit, dass die im Testament vom 21. November 2017 vorgesehene Alleinerbin – die Beteiligte zu 1. – ebenfalls nicht rechtsfähig ist.

b) Vor diesem Hintergrund ist die Verfügung der Erblasserin, der Beteiligte zu 2. solle die Stiftung gründen, am ehesten so auszulegen, dass die Erblasserin zum Zweck der Stiftungsgründung den Beteiligten zu 2. zum Testamentsvollstrecker ernennen wollte, auch wenn sie dies nicht ausdrücklich getan hat. Der zulässige Inhalt einer Verfügung von Todes wegen wird durch den Typenzwang bestimmt; es dürfen nur solche Arten von Verfügungen getroffen werden, die sich entweder direkt oder kraft Auslegung oder Analogie aus dem Gesetz ableiten lassen (Krätzschel, in: Firsching/Graf, Nachlassrecht, 11. Auflage 2019, § 9, Rn. 1). Für Anordnungen zur Nachlassabwicklung bedeutet dies, dass – neben Bestimmungen über die Auseinandersetzung unter mehreren Erben wie Ausschließung der Auseinandersetzung (§ 2044 BGB), Teilungsanordnungen (§§ 2048 f. BGB) und Ausgleichspflicht (§ 2050 BGB) – der Erblasser die Möglichkeit hat, Testamentsvollstreckung anzuordnen und einen Testamentsvollstrecker zu ernennen (Krätzschel, in: Firsching/Graf, Nachlassrecht, 11. Auflage 2019, § 9, Rn. 5). Ein anderes Institut mit ähnlichen Befugnissen ist gesetzlich nicht vorgesehen. Insbesondere ist ein Testamentsvollstrecker – anders als ein transmortal Bevollmächtigter – nicht Vertreter der Erben, sondern hat die Stellung eines Treuhänders und ist Inhaber eines privaten Amtes (BGH, Urteil vom 7. Juli 1982 – IVa ZR 36/81 –, NJW 1983, S. 40 m.w.N.). Als solcher kann er auch selbst einen Erbscheinsantrag stellen (vgl. Dietz, in: Beck’sches Notar-Handbuch, 7. Auflage 2019, § 17, Rn. 423).

Die Ernennung eines Testamentsvollstreckers stellt auch den allgemein üblichen Weg zur Gründung einer Stiftung von Todes wegen dar (vgl. z.B. OLG Hamm, Beschluss vom 22. Dezember 2011 – 15 W 712/10 –, juris, Rn. 54 f.; OLG Frankfurt, Urteil vom 15. Oktober 2010 – 4 U 134/10 –, DNotZ 2012, S. 217; LG Stuttgart, Beschluss vom 17. Juli 2009 – 1 T 61/2009 –, ZEV 2009, S. 396; Lange, in: ZStV 2019, S. 85 [87]; Langenfeld, in: ZEV 2002, S. 481 [482]; Lehmann/Hahn, in: Feick, Stiftung als Nachfolgeinstrument, 1. Auflage 2015, § 17, Rn. 1 ff.; Hüttemann/Rawert, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 83, Rn. 18; Schmidt, in: ZEV 2000, S. 438).

Insoweit ist der einzig gangbare Weg, um dem (hier zu unterstellenden) Willen der Erblasserin gerecht zu werden, die Gründung der Stiftung durch den Beteiligten zu 2. vornehmen zu lassen, in der entsprechenden Verfügung die Anordnung der Testamentsvollstreckung und Ernennung des Beteiligten zu 2. zum Testamentsvollstrecker zu sehen. Der Erbscheinsantrag und die Beschwerde sind daher – zugunsten ihrer möglichen Wirksamkeit – als solche des Beteiligten zu 2. auszulegen.

3. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2. ist zulässig, aber nicht begründet.

a) Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist der Beteiligte zu 2. beschwerdeberechtigt im Sinne des § 59 Abs. 1 FamFG, da er den Erbscheinsantrag, der mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen worden ist, gestellt hat (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29. November 2018 – I-3 Wx 98/17 –, juris, Rn. 20).

Dabei kann für die Frage der Zulässigkeit der Beschwerde dahinstehen, ob der Beteiligte zu 2. tatsächlich Testamentsvollstrecker ist und ihm das Antragsrecht im Erbscheinsverfahren tatsächlich zugestanden hat; wenn die Tatsachen, die das rechtliche Betroffensein ergeben, mit den Tatsachen zusammenfallen, von denen die Begründetheit des Rechtsmittels abhängt (siehe unten, Abschnitt b), gilt der allgemeine Grundsatz, dass verfahrensrechtliche Voraussetzungen keines Nachweises bedürfen, soweit sie mit den Voraussetzungen der Sachprüfung identisch sind. In diesem Fall soll vermieden werden, dass eine Beschwerde deshalb mangels Beschwerdebefugnis als unzulässig verworfen wird, weil der mit dem Rechtsmittel zur sachlichen Überprüfung gestellte Anspruch nicht bestehe (BGH, Beschluss vom 18. Oktober 1962 – V BLw 8/62 –, BeckRS 1962, 31185202, Ziff. 4).

b) Die Beschwerde des Beteiligten zu 2. ist aber nicht begründet. Der Erbscheinsantrag vom 31. Mai 2018 ist unzulässig, denn der Beteiligte zu 2. ist nicht antragsberechtigt (aa). Eine Heilung durch Annahme des Amts als Testamentsvollstrecker kommt jedenfalls wegen der zwischenzeitlichen strafrechtlichen Verurteilung des Beteiligten zu 2. nicht in Betracht (bb).

aa) Der Beteiligte zu 2. ist bezüglich des begehrten Erbscheins nicht antragsberechtigt, denn er ist trotz der dahingehenden Auslegung des Testaments vom 21. November 2017 (siehe oben, Ziffer 2 lit. b) nicht Testamentsvollstrecker geworden.

Die Testamentsvollstreckung als solche beginnt mit dem Erbfall, sofern der Erblasser keinen anderen Zeitpunkt bestimmt hat. Hiervon zu trennen ist aber das Amt des konkreten Testamentsvollstreckers. Dieses beginnt nicht bereits auf Grund Ernennung und Eintritt des Erbfalls, sondern erst mit dem Zeitpunkt, in welchem der Ernannte das Amt annimmt, § 2202 Abs. 1 BGB. Die Annahme oder Ablehnung des Amtes muss durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht erfolgen, so dass eine „stillschweigende“ Erklärung jedenfalls keine Wirkung hat. Zwar mag es genügen, den Willen zur Annahme – unabhängig von der Ausdrucksweise – deutlich zum Ausdruck zu bringen, zum Beispiel durch einen Antrag auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses oder auch die Teilnahme an Verhandlungen des Nachlassgerichts in der Eigenschaft als Testamentsvollstrecker (Weidlich, in: Palandt, BGB, 79. Auflage 2020, § 2202, Rn. 1; Zimmermann, in: MüKo BGB, 8. Auflage 2020, § 2202, Rn. 6; jeweils m.w.N.).

Eine so zu interpretierende Erklärung oder ein so zu interpretierendes Verhalten gegenüber dem Nachlassgericht liegen hier aber nicht vor; eine solche Erklärung ist insbesondere nicht in dem Erbscheinsantrag vom 31. Mai 2018 zu sehen, denn darin ist der Beteiligte auf Basis der transmortalen Vollmacht und als „testamentarisch bestimmter (zukünftiger) Vorsitzender der in Gründung befindlichen … Stiftung“ aufgetreten, also ausdrücklich als Vertreter. Darin kann gerade nicht die Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht gesehen werden, Testamentsvollstrecker sein – und damit im eigenen Namen handeln – zu wollen.

bb) Eine Heilung durch Annahme des Amts als Testamentsvollstrecker im Beschwerdeverfahren kommt hier jedenfalls deshalb nicht in Betracht, weil der Beteiligte zu 2. zwischenzeitlich wegen Untreue in 74 Fällen zum Nachteil des Nachlasses zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist.

Nach § 2227 BGB kann das Nachlassgericht den Testamentsvollstrecker zwar nicht von Amts wegen (Zimmermann, in: MüKo BGB, 8. Auflage 2020, § 2207, Rn. 2), wohl aber auf Antrag eines Beteiligten entlassen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein wichtiger Grund für die Entlassung besteht nach § 2227 BGB insbesondere im Fall einer groben Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers; eine solche ist hier in Form der 74 Untreuestraftaten zum Nachteil des Nachlasses ohne weiteres gegeben (vgl. Lange, in: BeckOK BGB, 54. Ed., Stand 1. Mai 2020). Der Nachlasspfleger wäre hier auch befugt – und im Rahmen gewissenhafter Amtsausübung sogar verpflichtet – den Antrag auf Entlassung des Beteiligten zu 2. aus dem Testamentsvollstreckeramt zu stellen, zumal er zur „Sicherung und Verwaltung des Nachlasses, insbesondere Prüfung des Widerrufs der von der Erblasserin erteilten Vorsorgevollmacht vom 21.11.2017“ bestellt ist, mithin insbesondere, um zu kontrollieren, wie der Beteiligte zu 2. mit dem Nachlass verfährt. Den Antrag auf Entlassung hätte der Nachlasspfleger vor diesem Hintergrund auch schon vor Annahme des Testamentsvollstreckeramtes zu stellen; die Entlassung wäre hier auch vor Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses vom Nachlassgericht auszusprechen, damit es bei Vorliegen des offensichtlichen Entlassungsgrundes erst gar nicht zum Amtsbeginn – und damit zur Möglichkeit weiterer pflichtwidriger Verfügungen – kommt (vgl. OLG Saarbrücken, Beschluss vom 6. August 2018 – 5 W 2/18 –, ZEV 2019, S. 29 [33 Rn. 45 f.]; Zimmermann, in: MüKo BGB, 8. Auflage 2020, § 2227, Rn. 3).

4. Für den Fall, dass in der hiesigen Nachlasssache in Zukunft erneut über einen Erbscheinsantrag zu entscheiden sein sollte, weist der Senat auf das Folgende hin:

Das Testament vom 21. November 2017 dürfte zwar formwirksam errichtet worden sein (a), es dürfte aber materiell nicht wirksam sein, da die Schlusserbeneinsetzung im Testament vom 8. Juli 1994 bindend im Sinne des § 2271 Abs. 2 BGB sein dürfte (b).

a) Das Testament vom 21. November 2017 dürfte im Hinblick auf das darin enthaltene Stiftungsgeschäft (noch) formwirksam errichtet worden sein.

Ein Testament kann ein Stiftungsgeschäft von Todes wegen im Sinne des § 83 BGB enthalten. Für die Stiftungserrichtung von Todes wegen gelten dann die formellen Voraussetzungen des Erbrechts. Das Stiftungsgeschäft muss – wenn es nicht durch eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichtet wird – zur Niederschrift eines Notars errichtet werden, § 2231 BGB. Die Formbedürftigkeit bezieht sich dabei nicht nur auf die Vermögenszuwendung an die Stiftung, sondern auf das gesamte Stiftungsgeschäft einschließlich der nach § 81 Abs. 1 Satz 3 BGB erforderlichen organisationsrechtlichen Regelungen, namentlich Namen, Sitz, Zweck und Vermögen der Stiftung sowie die Bildung ihres Vorstands (Hüttemann/Rawert, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 83, Rn. 2; Lange, in: ZStV 2019, S. 85 [86]; Langenfeld, in: ZEV 2002, 481 [482]; Weitemeyer, in: MüKo BGB, 8. Auflage 2018, § 83, Rn. 1; jeweils m.w.N.). Diese Elemente sind im Testament vom 21. November 2017 entweder (noch) hinreichend deutlich enthalten oder ihr Fehlen kann geheilt werden:

aa) Den Namen der Stiftung hat die Erblasserin im Testament genau festgelegt. Über ihren Sitz enthält das Testament zwar keine Aussage; diese Lücke kann aber der Testamentsvollstrecker schließen, da der Sitz für die Stiftung keine identitäts- bzw. wesensprägende Bedeutung hat (Schewe, in: Kroiß/Ann/Mayer, BGB, Erbrecht, 5. Auflage 2018, Anhang zu § 1923, Rn. 98). Auch das Vermögen der Stiftung ist im Testament eindeutig festgelegt: Die Erblasserin hat ihr ihren „gesamten Nachlass“ vermacht.

bb) Weniger eindeutig geregelt sind Zweck und Vorstand der Stiftung. Die Erblasserin hat zwar verfügt:

Zweck der Stiftung ist die Förderung begabter Studierender auf dem Gebiet des Maschinen- und industriellen Hochbaus der Technischen Universität Braunschweig.

Ich bestimme hiermit, dass [der Beteiligte zu 2] … in verantwortlicher Stellung die Stiftung führt. Er soll vorerst auch Vorsitzender des Stiftungs-Vorstandes werden …

Eine ausformulierte Stiftungssatzung ist in dem Testament aber nicht enthalten und ihm auch nicht beigefügt. Diese soll laut Testament vom Beteiligten zu 2. „im Sinne der Erblasserin“ ausgestaltet werden.

Es ist streitig, ob eine Stiftung von Todes wegen wirksam errichtet werden kann, wenn die Ausarbeitung der Satzung dem Testamentsvollstrecker überlassen wird. Dabei ist für die hier zu beantwortende Frage der formwirksamen Errichtung des Testaments allerdings ohne Belang, ob ein Testamentsvollstrecker nach § 5 Abs. 2 RDG eine solche Satzung selbst entwerfen darf (dagegen Hirtz, in: BeckOK RDG, 13. Ed., Stand 1. April 2020, § 5, Rn. 212 m.w.N.; a.A. Grunewald, in: ZEV 2010, S. 69 [70, Fn. 6]), denn er kann sich dabei ohne weiteres anwaltlicher Hilfe bedienen.

Ausgangspunkt bezüglich der Formwirksamkeit ist, dass der Erblasser jedenfalls den Stiftungszweck selbst bestimmen muss. Dieser muss im Testament genannt werden (OLG Celle, Beschluss vom 11. April 2017 – 6 W 36/17 –, juris, Rn. 3; Hüttemann/Rawert, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 83, Rn. 2). Eine vollständige Abfassung oder auch nur eine Ergänzung des Stiftungszweckes steht dem Testamentsvollstrecker nicht zu (Schewe, in: Kroiß/Ann/Mayer, BGB, Erbrecht, 5. Auflage 2018, Anhang zu § 1923, Rn. 98). Die Formulierung der Satzung kann der Erblasser demnach nicht vollständig dem Testamentsvollstrecker überlassen (Langenfeld, in: ZEV 2002, 481 [482]), also nicht ohne zumindest den Stiftungszweck bestimmt zu haben. In diesem Sinne ist wohl auch der Bundesgerichtshof zu verstehen, der es unbeanstandet gelassen hat, dass ein Testamentsvollstrecker die erste Satzung der zu gründenden Stiftung aufstellen sollte, wobei ein Entwurf des Erblassers vorlag, so dass es sich letztlich nur um eine Änderungsbefugnis handelte (BGH, Urteil vom 22. Januar 1964 – V ZR 37/62 –, NJW 1964, S. 1316 [1318 lit. b] = juris, Rn. 30), denn der Erblasser kann den Testamentsvollstrecker ermächtigen, etwaige Mängel des Stiftungsgeschäfts und der Stiftungssatzung durch Änderungen oder Ergänzungen zu beheben (Langenfeld, in: ZEV 2002, 481 [482]) oder – sofern der Stiftungszweck und die sonstigen essentialia hinreichend bestimmt sind – die Detailausarbeitung der Stiftungssatzung zu übernehmen (OLG München, Beschluss vom 28. Mai 2014 – 31 Wx 144/13 –, ZEV 2014, S. 605 [607, Ziff. (3)]; Dietz, in: Beck’sches Notar-Handbuch, 7. Auflage 2019, § 17, Rn. 301; Lehmann/Hahn, in: Feick, Stiftung als Nachfolgeinstrument, 1. Auflage 2015, § 17, Rn. 2.; Mecking, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 5, 4. Auflage 2016, § 85, Rn. 56; Schewe, in: Kroiß/Ann/Mayer, BGB, Erbrecht, 5. Auflage 2018, Anhang zu § 1923, Rn. 97).

Da die Identität einer Stiftung nicht durch die Besetzung des Vorstands geprägt wird, kann der Testamentsvollstrecker auch Regeln über dessen Bildung ergänzen oder gar erstmals fassen; das gleiche gilt für die Bestellung des ersten Vorstands (Schewe, in: Kroiß/Ann/Mayer, BGB, Erbrecht, 5. Auflage 2018, Anhang zu § 1923, Rn. 98). Diesbezüglich hat die Erblasserin sogar Teilregelungen getroffen, siehe oben.

Vor diesem Hintergrund dürften hier Stiftungszweck und -vorstand – auch ohne ausformulierte Satzung – im Testament (noch) bestimmt genug geregelt sein, um den Formerfordernissen des § 2231 BGB zu genügen.

b) Das Testament vom 21. November 2017 dürfte aber materiell nicht wirksam sein, da die Schlusserbeneinsetzung im Testament vom 8. Juli 1994 bindend im Sinne des § 2271 Abs. 2 BGB sein dürfte.

aa) Das Nachlassgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die im Testament vom 8. Juni 1994 vorgenommene Schlusserbeneinsetzung wechselbezüglich im Sinne der §§ 2270, 2271 BGB und grundsätzlich bindend ist. In Ziffer VI des Testaments ist ausdrücklich geregelt, dass alle in dem Testament enthaltenen Verfügungen wechselbezüglich sind. Dafür, dass auch die Schlusserbeneinsetzung wechselbezüglich sein soll, spricht im Übrigen auch die Hervorhebung der lebzeitigen Verfügungsbefugnis des Längstlebenden in Ziffer II des Testaments (siehe unten, Abschnitt bb; vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. September 2014 – I-3 Wx 128/13 –, ZEV 2015, S. 222 8224 f.]).

bb) Die Erblasserin dürfte auch nicht abweichend von § 2271 Abs. 2 Satz 1 BGB von der Bindungswirkung freigestellt gewesen sein. Ehegatten können sich zwar im Testament gegenseitig das Recht einräumen, wechselbezügliche Verfügungen nach dem Tode des Erstversterbenden zu ändern (vgl. z.B. OLG Bremen, Beschluss vom 30. August 2017 – 5 W 27/16 –, FGPrax 2017, 264 [265]; OLG Schleswig, Beschluss vom 27. Januar 2014 – 3 Wx 75/13 –, NJW-RR 2014, S. 965 [966]; jeweils m.w.N.); das Testament vom 8. Juli 1994 dürfte aber keinen generellen Änderungsvorbehalt enthalten (1) und die Voraussetzungen des im Testament enthaltenen bedingten Änderungsvorbehalts dürften hier nicht vorliegen (2).

(1) Ziffer II des gemeinschaftlichen Testaments vom 8. Juli 1994 dürfte keine Öffnungsklausel enthalten, die es dem länger lebenden Ehegatten umfassend ermöglichte, abweichend zu testieren; Ziffer II Sätze 2 und 3 des Testaments dürften sich ausschließlich auf lebzeitige (Vermögens-)Verfügungen beziehen und gerade nicht auf Verfügungen von Todes wegen.

Enthält ein gemeinschaftliches Testament eine Ermächtigung zur freien Verfügung über das beiderseitige Vermögen oder über den beiderseitigen Nachlass, so rechtfertigt diese es ohne weitere Anhaltspunkte nicht, einen Vorbehalt der Änderbarkeit durch den länger lebenden Ehegatten anzunehmen; eine solche Bestimmung stellt im Zweifel – wenn keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen – keinen Änderungsvorbehalt dar, sondern lediglich einen Verweis auf die lebzeitige Verfügungsbefugnis (BayObLG, Beschluss vom 30. August 1984 – 1 Z 71/84 –, BeckRS 2009, 29033; OLG Hamm, Beschluss vom 27. September 2001 – 15 W 88/01 –, juris, Rn. 33; OLG Schleswig, Beschluss vom 27. Januar 2014 – 3 Wx 75/13 –, NJW-RR 2014, S. 965 [966]; Braun, in: Burandt/Rojahn, 3. Auflage 2019, § 2271, Rn. 34; Litzenburger, in: BeckOK BGB, 54. Ed., Stand 1. Mai 2020, § 2271, Rn. 26). Ein Verweis auf die lebzeitige Verfügungsbefugnis ist insbesondere dann anzunehmen, wenn sich aus der Systematik des Testaments ergibt, dass eine nur lebzeitige Verfügungsfreiheit gemeint ist; dafür spricht beispielsweise die räumliche Nähe der Klausel zur gegenseitigen Erbeinsetzung sowie deren Trennung von der Schlusserbeneinsetzung, etwa durch einen Absatz (vgl. OLG Schleswig, a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben: Die Ermächtigung zur freien Verfügung befindet sich in Ziffer II im selben Absatz wie die gegenseitige Erbeinsetzung; die Schlusserbeneinsetzung befindet sich getrennt davon in der separaten Ziffer III. Ferner befindet sich unter Ziffer VI ein ausdrücklicher – allerdings bedingter – Änderungsvorbehalt. Aus dieser Systematik dürfte sich eindeutig ergeben, dass sich Ziffer II Sätze 2 und 3 des Testaments vom 8. Juli 1994 ausschließlich auf lebzeitige Verfügungen beziehen.

(2) Die Voraussetzungen, unter denen Ziffer VI Abs. 2 des gemeinschaftlichen Testaments vom 8. Juli 1994 eine Abänderung ermöglicht, dürften hier nicht vorliegen. Die Erblasserin ist nach Ziffer VI des gemeinschaftlichen Testaments vom 8. Juli 1994 nur dann berechtigt, dieses Testament einseitig zu ändern,

sofern nach [ihrer] Auffassung in der Person der Schlusserben hierfür berechtigte Gründe vorliegen.

Schlusserben sollten nach dem Willen der Eheleute die Kinder des Erblassers aus erster Ehe werden, also die Beteiligte zu 3. und der Ehemann der Beteiligten zu 4. Dabei kann hier dahinstehen, wie sich der Tod des Ehemanns der Beteiligten zu 4. auswirkt, da jedenfalls die Beteiligte zu 3. als von den Erblassern vorgesehene Schlusserbin zur Verfügung steht, unabhängig davon, ob sie allein erbt (§ 2094 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder neben einem Ersatzerben.

Es dürfte auch gerichtlich überprüfbar sein, ob die Voraussetzungen dieser Klausel vorliegen. Zwar können die Testierenden entscheiden, ob sie eine bedingte Freistellung gerichtlich nachprüfbar machen wollen oder nicht (BGH, Urteil vom 26. April 1951 – IV ZR 4/50 –, NJW 1951, S. 959 [560]; Kanzleiter, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 2271, Rn. 57; Kössinger/Zintl, in: Nieder/Kössinger, Handbuch der Testamentsgestaltung, § 11, Rn. 87; Musielak, in: MüKo BGB, 8. Auflage 2020, § 2271, Rn. 32). Allein die Wendung „nach [ihrer] Auffassung“ erscheint aber nicht eindeutig genug, um darin einen konkludenten Ausschluss der gerichtlichen Nachprüfbarkeit zu sehen (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 4. März 1997 – 3 W 86/97 –, juris, Rn. 18 zu „nach freiem pflichtgemäßen Ermessen“). Eine solch tiefgreifende Regelung müsste wohl eher ausdrücklich getroffen werden, denn letztlich liefe die in der Klausel genannte Bedingung ohne eine Nachprüfbarkeit leer; die bedingte Freistellungsklausel erwüchse faktisch zu einer generellen. Sollten die Eheleute dies bei Abfassung des Testaments gewollt haben, hätten sie es entweder deutlich zum Ausdruck bringen können oder die Bedingung von vornherein entfallen lassen können.

Soweit als Bedingung das Vorliegen „berechtigter Gründe“ „in der Person der Schlusserben“ gefordert wird, bestehen Zweifel, ob solche – die Richtigkeit des Vortrags der Beschwerdeführer unterstellt – dargetan sind. Solche Gründe müssen jedenfalls sachlich, vernünftig und gerecht sein (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 4. März 1997 – 3 W 86/97 –, juris, Rn. 18 zu „triftige Gründe“; Kanzleiter, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 2271, Rn. 57). Sie müssen auch erheblich sein, zumal auf Basis dieser Gründe hier die Kinder des Ehemannes der Erblasserin gänzlich enterbt werden sollen, obwohl es seinerzeit Wille der Eheleute war, dass diese ihn und die Erblasserin vollständig beerben, und dieser Wille durch den Tod des Erblassers grundsätzlich nicht mehr abänderbar ist. Es besteht jedenfalls kein Erfahrungssatz, dass in den Fällen, in denen Kinder zu Schlusserben bestimmt sind, Familienstreitigkeiten den überlebenden Ehegatten ohne weiteres zu einer Änderung des Testaments berechtigen (vgl. Kanzleiter, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 2271, Rn. 58 m.w.N.). Insoweit dürfte es keine ausreichend schwerwiegende Verfehlung gewesen sein, falls die Beteiligten zu 3. und 4. und ihre Ehepartner die Erblasserin während eines Krankenhausaufenthalts tatsächlich wissentlich nicht besucht haben sollten – wobei die Beteiligte zu 3. diesen Vorgang deutlich anders schildert. Zudem spricht der Vortrag der Beschwerdeführer, die Beteiligten zu 3. und 4. seien – augenscheinlich nach dem fraglichen Krankenhausaufenthalt – auf der Feier der Erblasserin anlässlich ihres 70. Geburtstags zu Gast gewesen, gegen ein so fundamentales Zerwürfnis, das es rechtfertigte, die leiblichen Kinder letztlich am Erbe ihres Vaters nicht teilhaben zu lassen.

dd) Vor diesem Hintergrund dürfte dahinstehen können, ob die Erblasserin beim Errichten des Testaments vom 21. November 2017 testierfähig gewesen ist und ob die Erbeinsetzung der Stiftung ihrem wirklichen Willen entsprochen hat.

Für eine Testierfähigkeit spricht allerdings die Aussage der im Rahmen des Ermittlungsverfahrens vernommenen Chefärztin, Frau C., die die Erblasserin bei ihrem Krankenhausaufenthalt ab dem 20. November 2017 behandelt hat (Sonderband Ablichtungen StA Braunschweig – 703 Js 44238/18 –, Bd. I, Bl. 136 f.). Diese hat ausgesagt, sie habe die Erblasserin in den Tagen vom 20. bis zum 22. November 2017 „als orientiert in Erinnerung“ und würde sie – soweit sie das beurteilen könne – „als geschäftsfähig beschreiben“. Die Schwere ihrer Erkrankung und die Lebensgefahr seien der Erblasserin bewusst gewesen.

Für den Willen der Erblasserin, ihr Vermögen einer Stiftung zugunsten Studierender der Technischen Universität Braunschweig zuzuführen, spricht zumindest ihr vorangegangenes Verhalten: Aus allgemein zugänglichen und zuverlässigen Quellen (https://www.tu-braunschweig.de/stipendien/deutschlandstipendien/foerderer, zuletzt abgerufen am 19. Juni 2020) ergibt sich, dass die Erblasserin schon zu Lebzeiten Studierende dieser Universität durch sogenannte „Deutschlandstipendien“ gefördert hat. Die augenscheinlich plötzlich aufgetretene lebensbedrohliche Erkrankung mag auch erklären, warum ein solcher Wunsch – den die Erblasserin nach dem Vortrag der Beschwerde seit langem gehegt habe – erst auf dem Sterbebett durch ein handschriftliches Testament (ungenügend) umgesetzt worden ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 81, 84 FamFG

Die Festsetzung des Gegenstandswertes des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 61 Abs. 1 Satz 1 GNotKG. Danach ist für den Wert eines Beschwerdeverfahrens der Antrag des Beschwerdeführers maßgeblich. Die Beschwerdeführer begehren einen Erbscheinsantrags, der die Beteiligte zu 1. als Alleinerbin der Erblasserin ausweist. Da damit der gesamte Nachlass zugeordnet werden soll, ist auch der gesamte Nachlasswert zu berücksichtigen. Dieser beträgt laut Angabe im Erbscheinsantrag 4.000.000,00 €.

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG besteht kein Anlass.