OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.04.2020 - 3 Kart 779/19 (V)
Fundstelle
openJur 2020, 31466
  • Rkr:

§ 19 Abs. 2 S. 2 StromNEV, § 32 VwVfG

Es ist dem Letztverbraucher, der infolge einer Weigerung des Netzbetreibers zum Abschluss einer individuellen Netzentgeltvereinbarung an der Anzeige einer solchen gehindert ist, grundsätzlich zumutbar, den Abschluss einer solchen Vereinbarung durch ein besonderes Missbrauchsverfahren gemäß § 31 EnWG zu erzwingen. Wenn er dies unterlässt, kann dies einen Verschuldensvorwurf begründet, der einer Wiedereinsetzung in die versäumte Anzeigefrist gemäß § 32 VwVfG entgegensteht.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird mit dem Hauptantrag zurückgewiesen.

II.

Auf den Hilfsantrag wird der Beschluss der Bundesnetzagentur vom 05.06.2019, Az. BK4-19-004, aufgehoben und die Bundesnetzagentur verpflichtet, den Antrag der Beschwerdeführerin zur Verlängerung der Frist zur Anzeige einer Vereinbarung über ein individuelles Netzentgelt nach § 19 Abs. 2 S. 2 StromNEV für die Abnahmestelle mit der Marktlokations-ID ... für die Jahre 2014 bis 2016 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

III.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur und der Beschwerdeführerin werden gegeneinander aufgehoben. Eine darüber hinausgehende Kostenerstattung findet nicht statt.

IV.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf ... Euro festgesetzt.

Gründe

A.

Die Beschwerdeführerin betreibt am Standort ... ein Werk zur Herstellung von Holzwerkstoffen und ein Biomassekraftwerk. Zuvor wurde dies von der ...GmbH, vormals firmierend als ...GmbH betrieben, deren gesamten Geschäftsbetrieb die Beschwerdeführerin mit Wirkung zum 29.05.2019 im Wege der Ausgliederung zur Aufnahme durch Abspaltung des gesamten Geschäftsbetriebs übernahm.

Die hier streitgegenständliche Abnahmestelle ... ist unter der Marktlokations-ID ... über drei Trafos an das Elektrizitätsversorgungsnetz der Beteiligten angeschlossen, wobei über die Trafos ... und ... elektrische Energie aus dem Netz der Beteiligten bezogen und über den Trafo ... elektrische Energie aus dem von der Beschwerdeführerin bzw. zuvor ihrer Rechtsvorgängerin (im Folgenden zur Vereinfachung ebenfalls als Beschwerdeführerin bezeichnet) betriebenen Biomassekraftwerk eingespeist wird. Die Entnahme über die Trafos ... und ... in den Jahre 2012 bis 2016 belief sich jeweils auf eine Jahresbenutzungsstundenzahl von über 7.000 Stunden, bei einer Saldierung mit den über den Trafo ... vorgenommenen Einspeisungen lag sie unter 7.000 Stunden.

Auf Grundlage des § 19 Abs. 2 S. 2 StromNEV in der Fassung vom 26.07.2011 genehmigte die Bundesnetzagentur mit Beschluss vom 02.08.2012 (BK4-11-439) die Befreiung der Beschwerdeführerin von den Netzentgelten. Diesen Bescheid hob der Senat mit Beschluss vom 13.07.2016 auf (Az. VI-3 Kart 247/12 [V]). Noch während des laufenden Gerichtsverfahrens hatte die Beschwerdeführerin mit der Beteiligten am 23.12.2013 eine Vereinbarung über ein individuelles Netzentgelt gemäß § 19 Abs. 2 S. 2 StromNEV in der Fassung vom 14.08.2013 für die Kalenderjahre 2012 und 2013 unter der aufschiebenden Bedingung der Aufhebung des Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 02.08.2012 sowie unter dem Vorbehalt geschlossen, dass die Genehmigungsvoraussetzungen nach § 19 Abs. 2 S. 2 StromNEV auch tatsächlich eintreten. Auf den Antrag der Beschwerdeführerin vom 02.09.2016 genehmigte die Bundesnetzagentur die individuelle Netzentgeltvereinbarung durch Beschluss vom 30.01.2017 (Az.: BK4-16-163). Gegen diesen Beschluss erhob die Beteiligte Beschwerde, da sie der Ansicht war, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 S. 2 StromNEV nicht erfüllt seien, weil zur Berechnung der Jahresbenutzungsstundenzahl Einspeisungen und Bezug zu saldieren seien. Mit Beschluss vom 04.08.2018 (VI-3 Kart 46/17 [V]) wies der Senat die Beschwerde zurück und entschied, dass es für die Ermittlung des individuellen Netzentgeltes nur auf die aus dem Netz der Beteiligten erfolgte Stromentnahme ankomme, ohne dass eine Saldierung mit der über die EEG-Anlage erfolgten Einspeiseleistung vorzunehmen sei.

Mit Schreiben vom 31.01.2014 forderte die Beschwerdeführerin die Beteiligte zum Angebot einer Vereinbarung über ein individuelles Netzentgelt nach § 19 Abs. 2 S. 2 StromNEV für das Jahr 2014 und die Folgejahre für die Abnahmestelle ... auf. Die Beteiligte vertrat - wie die Bundesnetzagentur in ihrem Schreiben vom 10.07.2014 - die Ansicht, dass Entnahmen und Einspeisungen einer Abnahmestelle bei der Bestimmung der Benutzungsstunden zu saldieren seien, sofern ein physikalischer Zusammenhang zwischen dem Einspeisepunkt eines Biomassekraftwerks und den Entnahmepunkten bestehe. Auf die Bitte der Beschwerdeführerin um die Einschätzung dieser Frage teilte die Bundesnetzagentur mit E-Mail vom 11.09.2014 mit, dass nach ihrer Einschätzung ein physikalischer Zusammenhang zwischen den Entnahme- und Einspeisestellen bestehe. Am 17.09.2014 übersandte die Beschwerdeführerin der Beteiligten die Stellungnahme der Bundesnetzagentur vom 11.09.2014 und führte aus, dass sie die Auffassung der Bundesnetzagentur für fehlerhaft und rechtswidrig halte. Gleichzeitig schlug sie den Abschluss der in Kopie beigefügten individuellen Netzentgeltvereinbarung vor, die sodann zur Genehmigung bei der Bundesnetzagentur eingereicht werden sollte. Gegen eine etwaige Versagung der Genehmigung würde sie sodann ein Rechtsmittel einlegen und den von der Bundesnetzagentur bejahten physikalischen Zusammenhang gerichtlich überprüfen lassen. Die Beteiligte verweigerte den Abschluss einer solchen Vereinbarung mit Schreiben vom 23.09.2014.

Mit ihrer am 30.12.2017 vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) erhobenen Klage nahm die Beschwerdeführerin die Beteiligte auf Erstattung des Differenzbetrags zwischen den für die Jahre 2014 und 2015 gezahlten allgemeinen Netzentgelten und den individuellen Netzentgelten, die sie hätte zahlen müssen, hilfsweise auch auf Abschluss bzw. Angebot einer individuellen Netzentgeltvereinbarung in Anspruch. Das Landgericht Frankfurt (Oder) wies die Klage durch Urteil vom 25.04.2019 (31 O 21/18, Anlage EDIS 5) ab, das Verfahren ist zweitinstanzlich beim OLG Brandenburg (6 U 69/19) anhängig.

Im Januar 2019 erklärte sich die Beteiligte erstmals zum Abschluss einer individuellen Netzentgeltvereinbarung für die Jahre 2014 bis 2016 unter dem Vorbehalt bereit, dass die Beschwerdeführerin eine Fristverlängerung für die Anzeige der Vereinbarung eines individuellen Netzentgeltes erwirkt. Entsprechend beantragte die Beschwerdeführerin bei der Bundesnetzagentur mit Schreiben vom 25.01.2019 (Anlage BF 13) gemäß § 31 Abs. 7 VwVfG die rückwirkende Verlängerung der Frist zur Anzeige einer Vereinbarung über ein individuelles Netzentgelt gemäß § 19 Abs. 2 S. 2 StromNEV für die Abnahmestelle ... für die Jahre 2014 bis 2016. Gemäß Punkt II.5.e) der Festlegung der Bundesnetzagentur zur sachgerechten Ermittlung individueller Netzentgelte vom 11.12.2013 (Az. BK4-13-749) sind Vereinbarungen über individuelle Netzentgelte spätestens am 30.09. des Jahres, in dem sie erstmals zur Anwendung kommen sollen, gegenüber der Bundesnetzagentur anzuzeigen. Mit Schreiben vom 01.03.2019 teilte die Bundesnetzagentur mit, dass sie beabsichtige, den Antrag auf rückwirkende Fristverlängerung zurückzuweisen, und gab der Beschwerdeführerin Gelegenheit zur Stellungnahme, die hierauf mit Schreiben vom 14.04.2019 reagierte.

Die Bundesnetzagentur hat den Antrag auf Verlängerung der Frist zur Anzeige der Vereinbarung über ein individuelles Netzentgelt durch den angefochtenen Beschluss vom 05.06.2019 (Az. BK4-19-004) abgelehnt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, Voraussetzung für die begehrte nachträgliche Verlängerung der Anzeigefrist als behördlich vorgegebene Ordnungsfrist sei, dass entweder einem Antrag auf Wiedereinsetzung in eine gesetzliche Frist stattzugeben oder der Fortbestand der durch den Fristablauf eintretenden Rechtsfolge unbillig wäre. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Einer Wiedereinsetzung in die Anzeigefristen der Jahre 2014 bis 2016 stünde der Ablauf der Jahresfrist gemäß § 32 Abs. 3 VwVfG entgegen, ebenso der Ablauf der zweiwöchigen Frist nach § 32 Abs. 2 VwVfG, da das Hindernis spätestens mit Rechtskraft der Entscheidung des erkennenden Senats im Verfahren VI-3 Kart 46/17 [V] vom 16.05.2018 entfallen sei. Die Fristversäumung sei auch nicht unverschuldet gewesen. Die Beschwerdeführerin habe es jedenfalls versäumt, nach der rechtlich nicht verbindlichen Auskunft der Beschlusskammer im Jahre 2014 eine beschwerdefähige Entscheidung herbeizuführen und hiergegen Rechtsschutz zu ersuchen, was ihr zumutbar gewesen wäre. Die nachträgliche Fristverlängerung sei deshalb auch nicht aus Billigkeitserwägungen i.S.d. § 31 Abs. 7 S. 2 VwVfG geboten.

Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde und macht geltend, dass der Ablehnungsbeschluss ermessensfehlerhaft sei und sie in ihren Rechten verletze. Er leide bereits an einem Ermessensausfall. Die im Beschluss geäußerte Annahme, dass eine Fristverlängerung nur bei Vorliegen einer der beiden genannten Voraussetzungen, die das Ermessen zugunsten der Betroffenen binde, in Betracht komme, sei verfehlt. Vielmehr erfordere jede Entscheidung nach § 31 Abs. 7 VwVfG die Ausübung eines behördlichen Ermessens durch Abwägung aller Umstände des Einzelfalls, die hier nicht ansatzweise erkennbar sei. Es fehlten Ausführungen zu den wirtschaftlichen Konsequenzen der Entscheidung für die Beschwerdeführerin und zum Zweck der behördlichen Anzeigefrist, insbesondere dazu, ob diese über den Einzelfall hinaus Folgen zeitigen könne. Die Bundesnetzagentur könne abwägungsrelevante Aspekte nicht nur abstrakt einbeziehen, sondern müsse den konkreten Einzelfall betrachten.

Darin, dass die Belange der Beschwerdeführerin in keiner Weise berücksichtigt seien, liege jedenfalls ein Ermessensfehlgebrauch. Zudem beruhe die Entscheidung auf sachfremden Erwägungen. Sie habe die Frist nicht schuldhaft versäumt, da ihr ein normgemäßes Verhalten nicht möglich gewesen sei. Eine fristwahrende Anzeige sei wegen der Weigerung der Beteiligten, eine Vereinbarung über ein individuelles Netzentgelt abzuschließen, objektiv unmöglich gewesen. Dies würde auch dann gelten, wenn sie gegen die Weigerung der Beteiligten im Wege eines Missbrauchsverfahrens vorgegangen wäre. Ein solches Verfahren wäre erst nach Fristablauf abgeschlossen worden, zumal eine negative Entscheidung der Bundesnetzagentur, gegen die sie gerichtlich hätte vorgehen müssen, absehbar gewesen wäre. Ein Fristverlängerungsantrag im September 2014 wäre aussichtslos gewesen, wie dieses Verfahren und der Umstand zeige, dass die Bundesnetzagentur im Jahr 2014 die Anzeigefrist aus § 19 Abs. 7 StromNEV noch als materiellrechtliche Ausschlussfrist angesehen habe. Ursache für die Fristversäumung sei die falsche Rechtsauskunft der Bundesnetzagentur und die daraus folgende Weigerungshaltung der Beteiligten gewesen. Ein zeit- und kostenintensives Vorgehen gegen die Beteiligte sei ihr unzumutbar gewesen.

Die Ermessensausübung sei auch disproportional, weil die Bundesnetzagentur bei pflichtgemäßer Ermessensausübung unter gebotener Berücksichtigung der Belange der Beschwerdeführerin und der konkreten Umstände des Einzelfalls eine rückwirkende Fristverlängerung hätte gewähren müssen. Alle abwägungsrelevanten Gesichtspunkte sprächen für eine rückwirkende Fristverlängerung. Der Fortbestand der Rechtsfolgen des Fristablaufs sei unbillig. Der Ablehnungsbeschluss belaste sie in erheblicher Weise, da sie für die Jahre 2014 bis 2016 allgemeine Netzentgelte in Höhe von ca. ... Euro habe zahlen müssen, die individuellen Netzentgelte, für deren Vereinbarung die materiellrechtlichen Voraussetzungen unstreitig vorgelegen hätten, aber nur ca. ...Euro betragen hätten. Eine rückwirkende Fristverlängerung würde weiteren Aufwand zur gerichtlichen Durchsetzung ihrer Rechte vor dem Oberlandesgericht Brandenburg ersparen und dem Rechtsfrieden dienen. Die Fristversäumung sei nicht schuldhaft erfolgt, sondern auf die unzutreffende Rechtsauskunft der Bundesnetzagentur zurückzuführen, auf die sie sich habe verlassen können. Sie habe seit 2011 behördliche und gerichtliche Verfahren zur Durchsetzung ihres Rechts auf ein individuelles Netzentgelt geführt, ein weiteres Missbrauchsverfahren sei nicht zumutbar gewesen. Interessen Dritter, insbesondere der Beteiligten, stünden der rückwirkenden Fristverlängerung nicht entgegen. Schließlich betreffe diese nur einen Einzelfall, eine Ausstrahlungswirkung auf andere Fälle sei nicht ansatzweise dargetan oder ersichtlich.

Die Bundesnetzagentur sei zur Fristverlängerung verpflichtet, da ihr Ermessen auf Null reduziert sei. Da die Bundesnetzagentur selbst für das Fristversäumnis verantwortlich sei, sei das Berufen auf die Fristversäumung treuwidrig. Auch lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 32 VwVfG vor, insbesondere habe sie den Antrag auf rückwirkende Fristverlängerung mit Schreiben vom 25.01.2019 innerhalb der Frist des § 32 Abs. 2 S. 1 VwVfG gestellt. Die Anzeige einer individuellen Netzentgeltvereinbarung könne infolge der Weigerung der Beteiligten zu deren Abschluss nach wie vor nicht erfolgen, da die Beteiligte den Abschluss der Vereinbarung von der begehrten Fristverlängerung abhängig mache. Dementsprechend bestehe nach wie vor ein Hindernis und könne die Frist für den Wiedereinsetzungsantrag nicht abgelaufen sein. Die Ausschlussfrist des § 32 Abs. 3 VwVfG sei nicht anwendbar, da die Beschwerdeführerin durch höhere Gewalt an der Antragstellung gehindert gewesen sei. Zu höherer Gewalt zähle auch, dass der Grund für den Ablauf der Ausschlussfrist in der Sphäre der Bundesnetzagentur gelegen habe.

Die Beteiligte hält den Antrag der Beschwerdeführerin auf rückwirkende Fristverlängerung ebenfalls für begründet. Der rückwirkenden Fristverlängerung stünden keine wesentlichen Gesichtspunkte entgegen, so dass die Verweigerung ermessensfehlerhaft sei. Die durch den Fristablauf eingetretenen Rechtsfolgen stünden im Widerspruch zur materiellrechtlichen Lage. Es sei zudem widersprüchlich und treuwidrig, die Beschwerdeführerin darauf zu verweisen, dass sie im Jahre 2014 ein Missbrauchsverfahren gegen die Beteiligte hätte führen müssen.

Die Beschwerdeführerin und die Beteiligte beantragen,

den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 05.06.2019, Az. BK4-19-004, aufzuheben und die Bundesnetzagentur zu verpflichten, die Frist zur Anzeige einer Vereinbarung über ein individuelles Netzentgelt nach § 19 Abs. 2 S. 2 StromNEV für die Abnahmestelle mit der Marktlokations-ID ...für die Jahre 2014 bis 2016 um eine vom Gericht zu bestimmende Frist antragsgemäß zu verlängern,

hilfsweise,

den Beschluss des Bundesnetzagentur vom 05.06.2019, Az. BK4-19-004, aufzuheben und die Bundesnetzagentur zu verpflichten, über den Antrag der Beschwerdeführerin zur Verlängerung der Frist zur Anzeige einer Vereinbarung über ein individuelles Netzentgelt nach § 19 Abs. 2 S. 2 StromNEV für die Abnahmestelle mit der Marktlokations-ID ...für die Jahre 2014 bis 2016 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Bundesnetzagentur beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Bundesnetzagentur verteidigt den angefochtenen Beschluss und trägt vor, diesem liege ein zutreffender Prüfungsmaßstab zugrunde. Die Entscheidung über den Fristverlängerungsantrag sei unter Berücksichtigung aller betroffenen Interessen zu treffen. Hierzu zählten zum einen das Interesse des Letztverbrauchers, eine wirtschaftliche Besserstellung für einen zurückliegenden Zeitraum zu erreichen, zum anderen aber auch die Interessen der Netzbetreiber und der Allgemeinheit. Die Netzbetreiber hätten ein berechtigtes Interesse daran, dass es für länger zurückliegende Zeiträume nicht mehr zu Erlösausfällen komme. Zudem bestehe ein öffentliches Interesse daran, Verwerfungen im bundesweiten Refinanzierungsmechanismus, der sog. § 19 StromNEV-Umlage, zu vermeiden.

Ein Anspruch auf nachträgliche Fristverlängerung bestehe danach nicht. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lägen nicht vor. Das Verhalten der Beschwerdeführerin sei in mehrfacherer Hinsicht schuldhaft gewesen. Die Anstrengung eines besonderen Missbrauchsverfahrens nach § 31 EnWG gegen die Beteiligte sei der Beschwerdeführerin sowohl möglich als auch zumutbar gewesen. Eine solche Vorgehensweise entspreche ständiger Praxis in vergleichbaren Konstellationen. Dies gelte umso mehr, als die Beschwerdeführerin selbst bereits in ihrem Schreiben vom 17.09.2014 eine ähnliche Vorgehensweise angekündigt habe. Für das Versäumnis der Beschwerdeführerin im September 2014 sei das erst durch Beschwerde der Beteiligten im Jahr 2017 eingeleitete Beschwerdeverfahren VI-3 Kart 46/17 [V] ersichtlich nicht relevant, ebensowenig die erst am 30.12.2017 eingereichte Zivilklage. Jedenfalls habe es die Beschwerdeführerin versäumt, nach Rechtskraft des Beschlusses des Senats vom 06.08.2018 im vorgenannten Verfahren einen Antrag auf Durchführung eines Missbrauchsverfahrens nach § 31 EnWG bzw. einen Antrag auf nachträgliche Verlängerung der Anzeigefrist zu stellen. Dem Verschulden stehe auch nicht die von ihr der Beschwerdeführerin im September 2014 erteilte Auskunft entgegen. Sie habe keine offensichtliche Falschauskunft erteilt, sondern eine sachlich und rechtlich komplexe Fragestellung - wie erst infolge der späteren Rechtsprechung der Bundesgerichtshofs zur kaufmännisch bilanziellen Betrachtungsweise offenbar geworden sei - unrichtig beantwortet. Es sei bei einer derartig komplexen Materie an den jeweiligen Betroffenen, eine gerichtliche Klärung herbeizuführen und sich daran festhalten zu lassen, wenn sie dies nicht täten. Diesen Rechtsgedanken habe der Gesetzgeber in § 839 Abs. 3 BGB für Amtshaftungsansprüche ausdrücklich normiert. Zudem hätte der Fristverlängerungsantrag und der Antrag auf Durchführung eines Missbrauchsverfahrens analog § 32 Abs. 2 VwVfG spätestens bis zum 20.08.2018 gestellt werden müssen. Die Beschwerdeführerin habe die nachzuholende Frist in dem Moment selbst wahren können, in dem ihr die Möglichkeit zur Beantragung eines Missbrauchsverfahrens nach § 31 EnWG zur Durchsetzung der individuellen Netzentgeltvereinbarung eröffnet gewesen sei. Auch die Voraussetzungen des § 32 Abs. 3 VwVfG lägen nicht vor, die Anforderungen, die die Rechtsprechung an den Begriff der "höheren Gewalt" stelle, seien nicht erfüllt. Die Auskunft vom 11.09.2014 sei angesichts des schuldhaften Versäumnisses der Beschwerdeführerin nicht letztursächlich für das eingetretene Fristversäumnis gewesen. Die Beschwerdeführerin sei bereits 2014 von der Fehlerhaftigkeit der Rechtsposition der Bundesnetzagentur überzeugt gewesen. Sie, die Bundesnetzagentur, habe die fristgerechte Anzeige nicht arglistig unterminiert.

Die Entscheidung sei auch ermessensfehlerfrei. Aus dem angefochtenen Beschluss gehe hervor, dass sich die Beschlusskammer ihres Ermessens bewusst gewesen sei und hiervon Gebrauch gemacht habe. Es liege auch kein Ermessenfehlgebrauch vor, da die Beschlusskammer alle für die Ermessensentscheidung relevanten Gesichtspunkte berücksichtigt habe. Der vorliegende Sachverhalt entspreche mit Blick auf die betroffenen Interessen dem Standardfall der nachträglichen Verlängerung der Anzeigefrist für individuelle Netzentgelte. Ihre Einschätzung vom 11.09.2014 und das aufgezeigte Versäumnis der Beschwerdeführerin hätten daher gesteigerte Bedeutung und die Ablehnung der Fristverlängerung aus Billigkeitserwägungen gerechtfertigt. Es handele sich auch nicht um einen atypischen Sonderfall ohne Ausstrahlungswirkung, vielmehr stehe zu befürchten, dass künftig eine Vielzahl von Letztverbrauchern von einer zeitnahen gerichtlichen Klärung der Rechtsfragen absehen und erst Jahre später einen Fristverlängerungsantrag stellen würden. Eine positive Entscheidung über den Fristverlängerungsantrag diene auch nicht dem Rechtsfrieden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze mit Anlagen, den beigezogenen Verwaltungsvorgang und das Protokoll der Senatssitzung vom 11.03.2020 Bezug genommen.

B.

Die zulässige Beschwerde ist nicht mit dem Haupt-, aber mit dem Hilfsantrag begründet.

I. Der als Verpflichtungsantrag gemäß §§ 75 Abs. 1, 78 Abs. 1 und 3, 83 Abs. 4 EnWG statthafte Hauptantrag, der auf die Verpflichtung der Bundesnetzagentur zur Verlängerung der streitgegenständlichen Anzeigefrist für ein individuelles Netzentgelt gerichtet ist, bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die Bundesnetzagentur ist nicht verpflichtet, die beantragte Fristverlängerung zu gewähren.

1. Die streitgegenständliche Frist zur Anzeige eines individuellen Netzentgeltes nach Punkt II.5.e) der Festlegung der Bundesnetzagentur zur sachgerechten Ermittlung individueller Netzentgelte vom 11.12.2013 (Az. BK4-13-749) ist keine materiellrechtliche Ausschlussfrist, sondern eine behördliche Verfahrensfrist im Sinne des § 31 Abs. 2 VwVfG, die den Maßgaben des § 31 Abs. 7 VwVfG unterfällt und rechtlich nicht zu beanstanden ist (BGH, Beschluss vom 15.05.2017, EnVR 39/15, Rn. 15; Beschluss vom 13.12.2016, EnVR 34/15 Rn. 38 ff., jeweils bei juris).

Fristen, die von Behörden gesetzt werden, können nach § 31 Abs. 7 S. 1 VwVfG verlängert werden. Das kann nach S. 2 auch rückwirkend geschehen, insbesondere wenn es unbillig wäre, die Folgen des Fristablaufs bestehen zu lassen. Dabei muss der Antrag nicht innerhalb der zu verlängernden Frist, sondern kann auch noch nach deren Ablauf gestellt werden (Kallerhoff/Stamm in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl., § 31 Rn. 49; Michler in: BeckOK VwVfG, 46. Ed., § 31 Rn. 58 m.w.N.).

Die Beschwerdeführerin hat die Fristen für die Anzeige der Vereinbarung eines individuellen Netzentgeltes für die Kalenderjahre 2014 bis 2016, die danach bis zum 30.09.2014, 30.09.2015 bzw. 30.09.2016 lief, versäumt und demgemäß mit Schreiben vom 25.01.2019 beantragt, die jeweiligen Fristen nachträglich zu verlängern.

2. Behördlich gesetzte Fristen können nach § 31 Abs. 7 S. 1 VwVfG verlängert werden und unterscheiden sich dadurch maßgeblich von gesetzlichen Fristen. Letztere können nur verlängert werden, wenn es das Gesetz selbst ausdrücklich vorsieht. Die Verlängerung behördlicher Fristen liegt gemäß Abs. 7 im Ermessen der Behörde, sofern nicht im Gesetz etwas anderes bestimmt ist. Die Betroffenen haben grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass die Behörde über einen entsprechenden Antrag unter Berücksichtigung aller von ihnen dafür geltend gemachten oder der Behörde selbst bekannten oder von ihr gemäß § 24 VwVfG festzustellenden Gründe nach pflichtgemäßem Ermessen gemäß § 40 VwVfG. Die Ermessensentscheidung hat zu berücksichtigen, dass sie für die behördlich gesetzten Fristen an die Stelle der bei gesetzlichen Fristen allein möglichen Wiedereinsetzung tritt. Die Voraussetzungen, unter denen eine Fristverlängerung erfolgt, dürfen also nicht strenger sein als bei der Wiedereinsetzung nach § 32 VwVfG. Daher ist das Ermessen der Behörde bei der Entscheidung über die Fristverlängerung auf Null reduziert, wenn die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung vorliegen; dann muss die Behörde die Frist verlängern, um nicht ermessensfehlerhaft zu entscheiden (VGH Mannheim, Urteil vom 08.10.2018, 9 S 804/17, Rn. 41, bei juris). Ermessensfehler liegen auch dann vor, wenn die Behörde persönliche oder sachliche Gründe, die sie zu berücksichtigen hat, nicht berücksichtigt und dadurch die Nichtverlängerung unbillig ist. Vergleichbares gilt, wenn die behördliche Berufung auf die Nichteinhaltung der Frist gegen Treu und Glauben verstößt (zu alledem Senat, Beschluss vom 12.07.2017, VI-3 Kart 21/16 [V], Rn. 39, bei juris, m.w.N.; vgl. auch Kallerhoff/Stamm in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 31 Rn. 51; Michler in: BeckOK VwVfG, a.a.O., § 31 Rn. 60 m.w.N.). Soweit keine wesentlichen Gesichtspunkte dagegen sprechen, hat die Behörde in der Regel zugunsten des Betroffenen zu entscheiden (BVerwG, Urteil vom 23.10.1993, 6 C 10/92, Rn. 25, bei juris; Michler in: BeckOK VwVfG, a.a.O., § 31 Rn. 61 m.w.N.).

Die Behörde hat dabei im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung die in § 31 Abs. 7 S.2 VwVfG angesprochenen Gesichtspunkte der Billigkeit im Hinblick auf die Rechtsfolgen und die dargestellten ähnlichen Gründe entgegen dem Wortlaut des § 31 Abs. 7 S. 2 VwVfG nicht auf der Tatbestandsseite zu berücksichtigen, diese steuern vielmehr auf der Rechtsfolgenseite die Entscheidung der Behörde (BVerwG, Urteil vom 22.10.1993, 6 C 10/92, Rn. 25, bei juris; Michler in: BeckOK VwVfG, a.a.O., § 31 Rn. 59).

3. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind im Streitfall nicht erfüllt, so dass die Fristverlängerung nicht bereits aus diesem Grund geboten ist.

3.1. Die Wiedereinsetzung hat gemäß § 32 Abs. 1 VwVfG zur Voraussetzung, dass die Fristversäumung unverschuldet war.

Ein schuldhaftes Fristversäumnis liegt vor, wenn der Betroffene hinsichtlich der Wahrung der Frist diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die für einen gewissenhaften, seine Rechte und Pflichten sachgerecht wahrnehmenden Beteiligten geboten und ihm nach den Umständen zumutbar sind. Das Maß an Achtsamkeit und Vorsorge, das die Einhaltung der der Rechtssicherheit dienenden Fristvorschriften erfordert, bestimmt sich nach den Umständen des einzelnen Falles (BVerwG, Urteil vom 09.06.1989, 6 C 49/87, Rn. 11, bei juris). Abzustellen ist auf das Maß und die Umsicht der Verkehrskreise, in denen sich der Betreffende bewegt (Kallerhoff/Stamm in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 32 Rn. 15; Michler in: BeckOK VwVfG, a.a.O., § 32 Rn. 10) bzw. auf die Sorgfalt, die allgemein einem gewissenhaft und sachgemäß Handelnden geboten und ihm auch individuell möglich und zumutbar ist (Michler in: BeckOK VwVfG, a.a.O., § 32 Rn. 10 m.w.N.).

Unter Berücksichtigung dieses Prüfungsmaßstabs ist vorliegend ein eigenes Verschulden der Beschwerdeführerin an der Fristversäumung zu bejahen, weil sie sich von 2014 an bis zur Stellung des Antrags auf nachträgliche Fristverlängerung mehrere Jahre nicht in der sachlich gebotenen Weise um die Durchsetzung ihrer Rechtsposition im Wege eines besonderen Missbrauchsverfahrens gegen die Beteiligte gemäß § 31 EnWG bemüht hat, obgleich ihr dies möglich und zumutbar gewesen wäre.

3.1.1. Nach § 19 Abs. 2 S. 11 und 12 StromNEV haben die Antragstellung für die Erteilung der Genehmigung nach Satz 5 sowie die Anzeigeerstattung nach Satz 7 durch den Letztverbraucher zu erfolgen. Die Reduzierung des Netzentgeltes stellt eine Privilegierung für den Letztverbraucher dar. Er profitiert von einer für ihn günstigen Berechnung des Netzentgeltes und hat daher ein unmittelbares Interesse daran, dass das individuelle Netzentgelt für ihn so gering wie möglich ausfällt. Demgegenüber hat der Netzbetreiber keine Vorteile von Netzentgelten in geringer Höhe, da seine Mindererlöse über den bundesweiten Wälzungsmechanismus lediglich kompensiert werden. Es entspricht allgemeinen rechtlichen Grundsätzen, dass derjenige, der eine für sich günstige Rechtswirkung in Anspruch nehmen will, deren Voraussetzungen auch fristgerecht geltend zu machen hat. Demgemäß hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass die Verantwortung für eine rechtzeitige Erstattung der Anzeige eines individuellen Netzentgeltes beim Letztverbraucher liegt (BGH, Beschluss vom 11.12.2018, EnVR 59/17, Rn. 35, bei juris).

3.1.2. Hieraus folgt, dass es dem Letztverbraucher, der infolge einer Weigerung des Netzbetreibers zum Abschluss einer individuellen Netzentgeltvereinbarung an der Anzeige einer solchen gehindert ist, grundsätzlich zumutbar ist, den Abschluss einer solchen Vereinbarung durch ein besonderes Missbrauchsverfahren gemäß § 31 EnWG zu erzwingen.

3.1.2.1. Das besondere Missbrauchsverfahren gemäß § 31 EnWG stellt den regulierungsrechtlichen Rahmen dar, in dem Streitfragen wie die seinerzeit streitgegenständliche Frage des Vorliegens der Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 S. 2 StromNEV im Verhältnis zwischen dem Letztverbraucher und dem Netzbetreiber geklärt werden können. Im Rahmen des besonderen Missbrauchsverfahrens können Personen und Personenvereinigungen, deren Interessen durch das Verhalten eines Betreibers von Energieversorgungsnetzen erheblich berührt werden, bei der Regulierungsbehörde einen Antrag auf Überprüfung dieses Verhaltens stellen. Nach § 31 Abs. 1 S. 2 EnWG überprüft die Regulierungsbehörde sodann, inwieweit das Verhalten des jeweiligen Betreibers eines Energieversorgungsnetzes unter anderem mit den Regelungen der Abschnitte 2 und 3 des EnWG oder der auf dieser Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen, zu denen die StromNEV zählt, übereinstimmt. Entsprechend den unionsrechtlichen Vorgaben dient § 31 EnWG dabei nach der Gesetzesbegründung einer zügigen, effektiven Streitbeilegung (BT-Drs. 15/3917; vgl. auch Senat, Beschluss vom 12.06.2013, VI-3 Kart 165/12 [V], Rn. 93, bei juris).

Sowohl die Voraussetzungen für die Vereinbarung eines individuellen Netzentgeltes gemäß § 19 Abs. 2 S. 2 StromNEV als auch dessen konkrete Berechnung können eine Vielzahl komplexer tatsächlicher oder rechtliche Fragen aufwerfen, deren Klärung im Wege des besonderen Missbrauchsverfahrens gängige regulierungsrechtliche Praxis darstellen. Ein gewissenhaft seine Rechte und Pflichten wahrender Letztverbraucher würde deshalb bei Beachtung der in diesem Kontext zu wahrenden Sorgfalt grundsätzlich die Weigerung eines Netzbetreibers, ein individuelles Netzentgelt zu vereinbaren, im Rahmen eines besonderen Missbrauchsverfahrens behördlich - und im Falle der Erfolglosigkeit sodann gerichtlich - überprüfen lassen.

In diesem Sinne hat der Senat bereits entschieden, dass ein Letztbetreiber gehalten ist, die Berechnungen des Netzbetreibers und dessen Ansicht, hinsichtlich der Berechnungsmethodik alle angeschlossenen Letztverbraucher gleich behandeln zu müssen, von der Bundesnetzagentur nachprüfen zu lassen und ihn anderenfalls eine Mitverantwortung daran trifft, dass die Anzeige eines für ihn günstigeren Netzentgeltes nicht fristgerecht erfolgt ist (Senat, Beschluss vom 12.07.2017, VI-3 Kart 21/16 [V]), Rn. 45 ff., bei juris). Gleiches gilt, wenn der Letztverbraucher es versäumt hat, die vom Netzbetreiber für die Berechnung des individuellen Netzentgeltes vorgelegten Unterlagen und die darauf beruhende Berechnung des individuellen Netzentgeltes nachzuprüfen, wobei er eine etwaige Verweigerung der Vorlage der Unterlagen durch den Netzbetreiber im Rahmen eines besonderen Missbrauchsverfahrens nach § 31 EnWG überprüfen lassen könne (Senat, Beschluss vom 08.03.2017, VI-3 Kart 186/15 [V], Rn. 38 ff., bei juris).

3.1.2.2. Die Beschwerdeführerin kann hiergegen nicht einwenden, dass sie bereits überobligatorische Anstrengungen zur Durchsetzung ihrer Rechtsposition vorgenommen hätte. Die von der Beteiligten und nicht der hiesigen Beschwerdeführerin geführten regulierungsrechtlichen Beschwerdeverfahren vor dem Senat zu den Az. VI-3 Kart 247/12 [V] und VI-3 Kart 46/17 [V] betrafen zum einen die von der Bundesnetzagentur rückwirkend ab dem 01.01.2011 erteilte vollständige Netzentgeltbefreiung, zum anderen die Genehmigung der Vereinbarung eines individuellen Netzentgeltes für das Jahr 2013. Das erstgenannte Verfahren steht mit dem hiesigen Verfahren in keinerlei Zusammenhang, das letztgenannte Verfahren betraf einen anderen Zeitraum und war deshalb nicht geeignet, das Recht der Beschwerdeführerin auf ein individuelles Netzentgelt für den Standort ... für den streitgegenständlichen Zeitraum von 2014 und 2016 durchzusetzen. Das zunächst vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) geführte und zwischenzeitlich vor dem Oberlandesgericht zweitinstanzlich anhängige Zivilverfahren ist nicht geeignet, die Vereinbarung eines individuellen Netzentgeltes unmittelbar durchzusetzen und damit die regulierungsrechtliche Position der Beschwerdeführerin zu klären, da die fristgemäße Anzeige Voraussetzung für die wirksame Vereinbarung ist und über diese im Rahmen des Zivilverfahren nicht entschieden wird.

3.1.3. Besondere Umstände, die hiervon abweichend im Streitfall die Annahme rechtfertigen würden, die Wahrung ihrer Rechtsposition sei der Beschwerdeführerin im Streitfall ausnahmsweise nicht möglich oder zumutbar gewesen, liegen nicht vor.

3.1.3.1. Ein solcher Umstand liegt nicht darin, dass der Beschwerdeführerin die Fristeinhaltung auch bei Beantragung eines besonderen Missbrauchsverfahrens voraussichtlich nicht möglich gewesen wäre. Zwar wäre eine Klärung der streitigen Rechtsfrage im behördlichen Missbrauchsverfahren angesichts der erst am 23.09.2014 erfolgten endgültigen Weigerung der Beteiligten, die begehrte individuelle Netzentgeltvereinbarung abzuschließen, bis zum Ablauf der für das Jahr 2014 geltenden Anzeigefrist zum 30.09.2014 nicht zu erwarten gewesen. Nach § 31 Abs. 3 EnWG sind Anträge auf Durchführung eines besonderen Missbrauchsverfahrens binnen zwei Monaten zu entscheiden. Es sind aber keine Gründe ersichtlich, aus denen die Bundesnetzagentur einen Antrag auf Verlängerung der Anzeigefrist, der aus Anlass der Beantragung der Überprüfung des Verhaltens der Beteiligten gestellt worden wäre, nicht hätte positiv bescheiden müssen. Denn in einem solchen Fall ist es dem Letztverbraucher ersichtlich aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen unmöglich, die Anzeigefrist einzuhalten. Es entspricht demgemäß der Verwaltungspraxis, Fristverlängerungsanträge in Anzeigeverfahren für individuelle Netzentgelte mit Blick auf ein anhängiges Missbrauchsverfahren und ein sich ggfs. anschließendes Beschwerdeverfahren positiv zu bescheiden, wie von der Bundesnetzagentur im Verhandlungstermin zu Protokoll erklärt worden ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Bundesnetzagentur im Streitfall anders vorgegangen wäre, liegen nicht vor. Vielmehr hatte die Bundesnetzagentur schon in der Vergangenheit in einem anderen Beschwerdeverfahren vor dem erkennenden Senat vorgetragen, dass in der Verwaltungspraxis für das Jahr 2014 Fristverlängerungen auf Antrag gewährt worden seien und sie zudem auf die Möglichkeit verwiesen habe, Missbrauchsverfahren gegen unkooperative Netzbetreiber einzuleiten. In diesem Verfahren hatte sie auch versichert, individuelle Netzentgeltvereinbarungen nicht wegen einer auf das Fehlverhalten des Netzbetreibers zurückzuführenden Fristversäumung zu untersagen (vgl. die Wiedergabe ihres diesbezüglichen - unstreitigen - Vorbringens im Beschluss vom 15.07.2017, VI-3 Kart 79/14 [V], Rn. 77, bei juris).

3.1.3.2. Die Beantragung der Überprüfung der Weigerung der Beteiligten im Wege des besonderen Missbrauchsverfahrens war der Beschwerdeführerin auch nicht deshalb unzumutbar, weil diese auf einer bereits von der Bundesnetzagentur geäußerten - unzutreffenden - Rechtsansicht beruhte.

3.1.3.2.1. Zwar war deshalb bereits abzusehen, dass das besondere Missbrauchsverfahren keinen Erfolg haben und eine gerichtliche Überprüfung der ablehnenden Entscheidung der Bundesnetzagentur erforderlich werden würde. Dass eine gerichtliche Klärung einer komplexen, streitigen Rechtsfrage erforderlich wird, ist nicht ungewöhnlich. Der damit verbundene zeitliche und finanzielle Aufwand ist angesichts der aufgezeigten Verantwortung des Letztverbrauchers für die Anzeige der individuellen Netzentgeltvereinbarung und damit auch deren Zustandekommen nicht geeignet, einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgerecht wahrnehmenden Letztverbraucher davon abzuhalten, die Vereinbarung eines individuellen Netzentgeltes auch auf diesem Wege durchzusetzen.

Zudem hat die Beschwerdeführerin selbst in ihrem Schreiben vom 17.09.2014 an die Beteiligte ausdrücklich eine gerichtliche Überprüfung der Versagung der Genehmigung der zunächst abzuschließenden individuellen Netzentgeltvereinbarung durch die Bundesnetzagentur angekündigt und damit zum Ausdruck gebracht, dass sie bereits im Jahr 2014 eine gerichtliche Überprüfung einer zu erwartenden für sie nachteiligen Entscheidung der Bundesnetzagentur ohne Weiteres für zumutbar erachtet hat.

3.1.3.2.2. Auch wenn die in ihren E-Mails vom 10.07. und 11.09.2014 geäußerte Rechtsansicht der Bundesnetzagentur Anlass dafür war, dass die Beteiligte den Abschluss der individuellen Netzentgeltvereinbarung abgelehnt hat, führt dies nicht dazu, dass der Beschwerdeführerin die Durchführung eines besonderen Missbrauchsverfahrens wegen eines überwiegenden Verschuldens der Bundesnetzagentur unzumutbar war.

Wie und unter welchen Umständen eine behördliche Mitschuld geeignet ist, ein eigenes Verschulden des Betroffenen zu relativieren, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab, und ist von Fall zu Fall in wertender Betrachtung festzustellen. Das Kriterium der Zumutbarkeit räumt die Möglichkeit ein, den vom Gesetz nicht geregelten Fall eines Verschuldens auch der Behörde zu berücksichtigen. Behördliches (Mit-)Verschulden kann also gegebenenfalls die Einhaltung einer Frist unzumutbar machen (OVG Münster, Beschluss vom 27.04.2004, 13 A 3596/01, Rn. 53, bei juris, unter Hinweis u.a. auf BVerwG, Urteil vom 25.11.1977, 5 C 12.77; Kallerhoff/Stamm in Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 32 Rn. 26; Michler in: BeckOK VwVfG, a.a.O., § 32 Rn. 10.4).

Es kann dahinstehen, ob die von der Bundesnetzagentur im Jahr 2014 geäußerte Rechtsansicht überhaupt einen Verschuldensvorwurf begründen kann. Zwar war die in ihren E-Mails vom 10.07. und 11.09.2014 veräußerte Rechtsansicht zur Saldierung von Ein- und Ausspeisungen wegen eines bestehenden physikalischen Zusammenhangs unrichtig. Die Bundesnetzagentur hat ihre diesbezügliche Rechtsansicht in der Folgezeit unter Berücksichtigung aktuellerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geändert, ihre geänderte Rechtsansicht ist sodann durch den Senat im Verfahren VI-3 Kart 467/17 [V] bestätigt worden. Die Bundesnetzagentur hat jedoch lediglich ihre Einschätzung einer komplexen und noch nicht gerichtlich geklärten Rechtsfrage abgegeben. Die Rechtsansicht der Bundesnetzagentur war vertretbar und nicht offensichtlich rechtswidrig, was vorausgesetzt hätte, dass an ihrer Unrichtigkeit vernünftigerweise kein Zweifel besteht (Senat, Beschluss vom 18.05.2016, VI-3 Kart 174/14 [V], Rn. 83, bei jurs; vgl. zum Begriff des offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsakts auch BVerwG, Urteil vom 17.01.2007, 6 C 32/06; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 48 Rn. 85). Insbesondere ergab sich die Unrichtigkeit der zunächst vertretenen Rechtsansicht nicht schon aus der einfachen Rechtsanwendung einer eindeutigen Vorschrift oder bei Subsumtion unter unmissverständliche Tatbestandsmerkmale. Vielmehr stand die Bundesnetzagentur gerade im Jahr 2014 vor der Herausforderung, sich zur Schaffung der erforderlichen Rechtssicherheit für Letztverbraucher und Netzbetreiber in einer Vielzahl gerichtlich noch nicht geklärter Streitfragen im Zusammenhang mit der Vereinbarung individueller Netzentgelte gemäß § 19 Abs. 2 S. 2 StromNEV zu positionieren. Die Vielzahl ungeklärter Rechtsfragen geht dabei auf die zahlreichen grundlegenden Änderungen, die § 19 Abs. 2 StromNEV in den Jahren 2011 bis 2013 erfahren hat, zurück und ist dem Senat aus zahlreichen vor ihm geführten Streitverfahren bekannt (zu der im Jahr 2014 diesbezüglich bestehenden Rechtsunsicherheit auch Voß, Abgelehnte Verlängerung der Anzeigefrist für individuelles Netzentgelt nach § 19 Abs. 2 S. 2 StromNEV rechtmäßig, IR 2017, 156, 158).

Ein etwaiger Verschuldensvorwurf wäre daher allenfalls so gering, dass er nicht geeignet wäre, das eigene Verschulden der Betroffenen zu relativieren. Denn die Bundesnetzagentur hätte eben nicht ohne größere Schwierigkeiten dazu beitragen können, dass der Beschwerdeführerin im Streitfall jedenfalls ein erfolgreicher Antrag auf Verlängerung der Anzeigefrist möglich gewesen wäre. Dies unterscheidet die streitgegenständliche Konstellation von den Fällen, in denen die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung die Fristeinhaltung wegen einer behördlichen Mitverschuldens für unzumutbar erachtet hat (etwa BVerwG, Urteil vom 22.01.1993, 6 C 10/92). Hinzu kommt bei der erforderlichen wertenden Betrachtung, dass die behördliche und erforderlichenfalls gerichtliche Durchsetzung der Genehmigung individueller Netzentgelte durch den betroffenen Letztverbraucher gerade wesentlich zur Beseitigung der aufgezeigten Rechtsunsicherheiten beigetragen hätte.

3.2. Des Weiteren ist auch die Jahresfrist des § 32 Abs. 3 VwVfG abgelaufen, so dass auch aus diesem Grund die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vorliegen.

Nach § 32 Abs. 3 VwVfG kann die Wiedereinsetzung nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

Die Jahresfrist ist im Hinblick auf die behördliche Antragsfrist für die Anzeige individueller Netzentgelte für die Kalenderjahre 2014 bis 2016 bereits zum 30.09.2015, 30.09.2016 bzw. 30.09.2017 abgelaufen. Höhere Gewalt, die die Einhaltung der Jahresfrist unmöglich gemacht hätte, liegt nicht vor. Unter höherer Gewalt im Sinne der Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte und des Bundesverwaltungsgerichts seit jeher ein Ereignis zu verstehen, das unter den gegebenen Umständen auch durch die größte, nach den Umständen des konkreten Falles vernünftigerweise von dem Betroffenen unter Anlegung subjektiver Maßstäbe - namentlich unter Berücksichtigung seiner Lage, Bildung und Erfahrung - zu erwartende und zumutbare Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte (BVerwG, Urteil vom 18.04.1997, 8 C 38/95, Rn. 16, bei juris, mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung). Dass ein solches Ereignis im Streitfall nicht vorliegt, folgt bereits aus den vorstehenden Ausführungen zum Verschulden.

3.3. Ob darüber hinaus auch die Voraussetzungen des § 32 Abs. 2 S. 1 VwVfG nicht vorliegen, wonach der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen ist, kann dahinstehen.

4. Die Verlängerung der Frist ist auch nicht deshalb geboten, weil die Bundesnetzagentur die Beschwerdeführerin treuwidrig an der Einhaltung der Frist gehindert hätte.

Ein Verstoß gegen Treu und Glauben kann im Einzelfall etwa vorliegen, wenn die Behörde in qualifizierter Weise gegen ihr gesetzlich aufgegebene Beratungs- und Auskunftspflichten verstoßen hat (VGH Mannheim, Beschluss vom 16.12.1993, 10 S1508/93, BeckRS 9998, 49655; Michler in: BeckOK VwVfG, § 31 Rn. 60). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die Bundesnetzagentur hat nicht bzw. jedenfalls nicht in grober Weise gegen die ihr obliegenden Prüfungspflichten bezüglich der seinerzeit streitigen Rechtsfrage verstoßen, weshalb im Streitfall die Beschwerdeführerin ein überwiegendes Verschulden an der Fristversäumung bzw. daran trifft, dass kein rechtzeitiger Fristverlängerungsantrag gestellt worden ist.

5. Sonstige Gründe, die unter Billigkeitsgesichtspunkten eine gebundene Ermessensentscheidung der Bundesnetzagentur zugunsten der Beschwerdeführerin begründen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

II. Der von der Beschwerdeführerin als Hilfsantrag geltend gemachte Verpflichtungsantrag hat dagegen Erfolg.

1. Die Beschwerdeführerin begehrt hilfsweise eine Verpflichtung der Bundesnetzagentur zur Neubescheidung des Fristverlängerungsantrags. Die Zulässigkeit und insbesondere die Statthaftigkeit des Hilfsantrags ergibt sich aus §§ 75 Abs. 1, 78 Abs. 1 und 3, 83 Abs. 4 EnWG.

2. Der Hilfsantrag ist auch begründet. Die Zurückweisung des von der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 25.01.2019 vorsorglich gestellten Fristverlängerungsantrags im angefochtenen Bescheid ist ermessensfehlerhaft. Die Beschwerdeführerin hat einen Anspruch auf erneute ermessensfehlerfreie Entscheidung durch die Bundesnetzagentur.

2.1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die eine Abwägung zwischen unterschiedlichen gesetzlichen Zielvorgaben erfordernde Ausübung des Regulierungsermessens vom Gericht zu beanstanden, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat (Abwägungsausfall), wenn in die Abwägung nicht an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden musste (Abwägungsdefizit), wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt worden ist (Abwägungsfehleinschätzung) oder wenn der Ausgleich zwischen ihnen zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (Abwägungsdisproportionalität) (vgl. BGH, Beschluss vom 22.07.2014, EnVR 59/12, Rn. 25, bei juris).

2.2. Ein Abwägungsausfall ist zwar nicht festzustellen. Die Bundesnetzagentur hat im angefochtenen Beschluss ausgeführt, dass es sich bei der Anzeigefrist um eine behördlich vorgegebene Ordnungsfrist handele und insoweit eine nachträgliche Fristverlängerung in Betracht komme. Sie hat ersichtlich erkannt, dass es sich um eine Ermessensentscheidung handelt und demgemäß auch Ermessenserwägungen angestellt.

2.3. Im Streitfall liegt aber ein Abwägungsdefizit vor, da die Begründung der Ermessensentscheidung keine hinreichenden, konkret auf den Fall der Beschwerdeführerin bezogenen Sacherwägungen aufweist.

Die Bundesnetzagentur hat im angefochtenen Beschluss die Auffassung vertreten, dass eine nachträgliche Fristverlängerung nur dann in Betracht komme, wenn entweder einem Antrag auf Wiedereinsetzung in eine gesetzliche Frist stattzugeben wäre oder der Fortbestand der durch den Fristablauf eingetretenen Rechtsfolge unbillig wäre, und sodann ausgeführt, warum diese beiden Voraussetzungen nicht vorliegen. Dabei hat sie insbesondere eine Fristverlängerung aus Billigkeitserwägungen allein mit der Begründung für nicht geboten erachtet, dass die Beschwerdeführerin die Frist schuldhaft versäumt habe. Weitere Ermessenserwägungen finden sich im angefochtenen Beschluss nicht.

Die Bundesnetzagentur hat zwar erkannt, dass bei Vorliegen der von ihr aufgeführten Voraussetzungen jeweils ihre Entscheidung zu Gunsten der Beschwerdeführerin gebunden gewesen wäre. Unzutreffend ist jedoch ihre Schlussfolgerung, dass bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen eine ablehnende Entscheidung zulasten der Beschwerdeführerin ohne weitere Prüfung gerechtfertigt war. Wie vom Senat bereits in einem Verfahren betreffend eine rückwirkende Fristverlängerung zur Anzeige eines individuellen Netzentgeltes ausdrücklich entschieden (Beschluss vom 06.12.2017, VI-3 Kart 89/16 [V]), vermag der auch im Streitfall von der Bundesnetzagentur für maßgeblich erachtete Umstand, dass ein schuldhaftes Verhalten des Letztverbrauchers vorliegt, nicht für sich gesehen eine Ermessensentscheidung zu seinen Lasten zu begründen. Es hätte vielmehr gleichwohl einer Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles bedurft. In einer Ablehnungsentscheidung muss auf alle im Antrag geltend gemachten Gründe, die eine Verlängerung rechtfertigen könnten, eingegangen werden (Kallerhoff/Stamm in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 31 Rn. 51unter Hinweis auf BFH NVwZ-RR 2000, 847). Eine solche umfassende Abwägung fehlt im Streitfall. Sie ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil es sich - wie die Bundesnetzagentur ohnehin erst im Beschwerdeverfahren und damit verspätet (vgl. sogleich unter 2.4.) geltend gemacht hat - im Hinblick auf die betroffenen Interessen um den "Standardfall der nachträglichen Verlängerung der Anzeigefrist für individuelle Netzentgelte" gehandelt hätte. Dagegen, dass es einen solchen Standardfall gibt, spricht bereits, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen der Ablehnung der Fristverlängerung für die Anzeigefrist für jeden Letztverbraucher anders sind. Vor allem aber würde durch eine derartige, pauschale Betrachtungsweise dem Erfordernis, eine Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles durchzuführen, ersichtlich nicht genügt.

2.4. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann bei Vorliegen eines behördlichen Gestaltungsspielraums eine fehlende Begründung in entsprechender Anwendung des § 45 Abs. 2 VwVfG im gerichtlichen Beschwerdeverfahren nicht nachgeholt werden, weil die gerichtliche Kontrolle eines der Behörde eingeräumten Gestaltungsspielraums grundsätzlich auf diejenigen Erwägungen zu beschränken ist, die die Behörde zur Begründung ihrer Entscheidung dargelegt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 07.06.2016, EnVR 62/14, Rn. 46, und vom 22.07.2014, EnVR 59/12, Rn. 29, jeweils bei juris).

2.5. Im Rahmen der Neubescheidung wird die Bundesnetzagentur nach alledem alle Umstände des Einzelfalles in ihre Ermessensentscheidung einzustellen haben. Neben Erwägungen dazu, wen ein Verschulden bzw. ein Verursachungsbeitrag an der Fristversäumung trifft, sind die Interessen der Beschwerdeführerin, des Netzbetreibers und der Allgemeinheit zu würdigen. Zu den zu berücksichtigenden Gesichtspunkten zählt auch, dass die von der Bundesnetzagentur im Jahr 2014 vertretene Rechtsansicht Anlass für die Weigerungshaltung der Beteiligten war und dass die Beteiligte als Netzbetreiberin zwischenzeitlich das Begehren der Beschwerdeführerin unterstützt und zum Abschluss einer individuellen Netzentgeltvereinbarung bereit ist. Die Bundesnetzagentur wird in diesem Zusammenhang auch die Erwägungen zu beachten haben, die bereits Gegenstand des bereits zitierten Senatsbeschlusses vom 06.12.2017 (VI-3 Kart 89/16 [V],) waren.

C.

I. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens waren gegeneinander aufzuheben, § 90 S. 1 EnWG.

Dies entspricht der Billigkeit, da die Beschwerde lediglich mit dem auf Neubescheidung gerichteten Hilfsantrag Erfolg hat und offen ist, ob der Beschwerdeführerin die begehrte nachträgliche Fristverlängerung im Rahmen dieser Neubescheidung bewilligt werden wird.

Anlass, den Hauptverfahrensbeteiligten auch die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten als nebenbeteiligter Netzbetreiberin aufzuerlegen, besteht hingegen nicht. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten eines Nebenbeteiligten im Sinne des § 79 Abs. 1 S. 3 EnWG setzt unter anderem ein besonderes Interesse desselben am Verfahrensausgang voraus (BGH, Beschluss vom 08.11.2017, EnVR 49/15, Rn. 2; Beschluss vom 23.10.2019, EnVR 28/18, Rn. 2, jeweils bei juris). Ein solches besonderes Interesse am Verfahrensausgang fehlt im Streitfall. Denn die Beteiligte hat lediglich ein unmittelbares Interesse an einer rechtssicheren Klärung der Streitfrage, ob und gegebenenfalls welche reduzierten Netzentgelte die Beschwerdeführerin als Letztverbraucherin mit intensiver Netznutzung für die Kalenderjahre 2014 und 2015 an sie zu zahlen hat, wobei sich infolge des Umlageverfahrens die Netzentgeltreduktion für sie als Durchlaufposten darstellt. Kein unmittelbares und damit besonderes Interesse hat sie deshalb am Obsiegen einer Hauptbeteiligten, hier der von ihr unterstützten Beschwerdeführerin.

II. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 50 Abs. 1 Nr. 2 GKG, § 3 ZPO.

Das wirtschaftliche Interesse der Beschwerdeführerin bemisst sich nach der Differenz zwischen den gezahlten allgemeinen Netzentgelten und den individuellen Netzentgeltten, die sich für die Jahre 2014 bis 2016 ergeben hätte. Für das Jahr 2017 ist nach dem unstreitigen Vorbringen der Bundesnetzagentur für die streitgegenständlichen Anschlussstelle ein individuelles Netzentgelt in Höhe von...Euro vereinbart worden. In Ermangelung einer von den Verfahrensbeteiligten vorgelegten konkreteren Berechnung ist dieses auch für die Jahre 2014 bis 2016 in Ansatz zu bringen, so dass sich die Differenz zu den in 2014 bis 2016 gezahlten allgemeinen Netzentgelten von ... Euro auf ... Euro beläuft. Demgemäß schätzt der Senat das wirtschaftliche Interesse der Beschwerdeführerin auf ... Euro.

Dass hier lediglich der Anspruch der Beschwerdeführerin auf nachträgliche Verlängerung der Frist zur Anzeige des individuellen Netzentgeltes in Streit steht, führt nicht zu einer Reduzierung dieses Interesses. Es ist zwischen den Verfahrensbeteiligten unstreitig, dass sämtliche weiteren Voraussetzungen für die Vereinbarung eines individuellen Netzentgeltes vorliegen, so dass anzunehmen ist, dass bei einer positiven Bescheidung des Fristverlängerungsantrags die Beschwerdeführerin letztlich nur die vereinbarten individuellen Netzentgelte zu zahlen haben wird. Die Inanspruchnahme individueller Netzentgelte steht und fällt damit allein mit dem Erfolg des Fristverlängerungsgesuchs.

D.

Der Senat hat die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof gegen diese Entscheidung nicht zugelassen, weil die hierfür in § 86 Abs. 2 EnWG normierten Voraussetzungen nicht vorliegen. Insbesondere haben die streitgegenständlichen Rechtsfragen keine grundsätzliche Bedeutung (§ 86 Abs. 2 Nr. 1 EnWG). Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (st. Rspr., vgl. die Nachweise bei Johanns/Rosen in: BerlK-EnR, 4. Aufl., § 86 EnWG, Rn. 29). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Im Streitfall gilt es, in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung gefestigte Grundsätze auf den konkreten Einzelfall anzuwenden, so dass keine Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfragen besteht. Hiervon abgesehen ist nicht dargelegt, dass sich die zu beantwortenden Rechtsfragen voraussichtlich in einer Vielzahl anderer Fälle stellen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 08.05.2001, KVZ 23/00, BeckRS 2010, 5789, Rn. 41).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde ist die Nichtzulassungsbeschwerde gegeben. Diese ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich beim Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf einzulegen. Die Nichtzulassungbeschwerde kann auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts erhoben werden. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Es muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a Abs. 4 ZPO, § 55a Abs. 4 VwGO eingereicht werden. Die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen bestimmen sich nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung) vom 24.11.2017 (BGBl. I, S. 3803). Über das Justizportal des Bundes und der Länder (www.justiz.de) können weitere Informationen über die Rechtsgrundlagen, Bearbeitungsvoraussetzungen und das Verfahren des elektronischen Rechtsverkehrs abgerufen werden. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieser Beschwerdeentscheidung. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist durch einen beim Oberlandesgericht Düsseldorf oder beim Bundesgerichtshof einzureichenden Schriftsatz binnen einem Monat zu begründen. Diese Frist beginnt mit der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde und kann auf Antrag von dem Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts (Bundesgerichtshof) verlängert werden. Die Begründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Beschwerdeentscheidung angefochten und ihre Abänderung oder Aufhebung beantragt wird. Die Nichtzulassungsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Für die Regulierungsbehörde besteht kein Anwaltszwang; sie kann sich im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren durch ein Mitglied der Behörde vertreten lassen (§§ 87 Abs. 4 Satz 1, 80 Satz 2 EnWG).