AG Rockenhausen, Beschluss vom 07.04.2006 - OWi 34/06
Fundstelle
openJur 2020, 20111
  • Rkr:
Tenor

1. Der Antrag des Betroffenen vom 24.01.2006 auf gerichtlicheEntscheidung gem. §§ 52 Abs. 2 S. 3, 62 OWiG wird als unbegründetverworfen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Betroffene (§§ 62 Abs. 2S. 2 OWiG, 473 Abs. 1 S. 1 StPO).

3. Die vorliegende Entscheidung ist unanfechtbar (§ 62 Abs. 2 S.3 OWiG).

Gründe

I.

Am 22.07.2005 erließ die Kreisverwaltung D. gegen den Betroffenen einen Bußgeldbescheid über EUR 500,00 zzgl. Kosten wegen selbstständigen Betreibens eines zulassungspflichtigen Handwerks als stehendes Gewerbe ohne entsprechende Eintragung in die Handwerksrolle. Mit Schriftsatz vom 21.07.2005, eingegangen bei der Kreisverwaltung D. am 22.07.2005, bestellte sich Rechtsanwalt Y. aus F. zum Verteidiger des Betroffenen und beantragte unter Vorlage seiner Vollmacht Akteneinsicht. Nach Zustellung des Bußgeldbescheides an den Betroffenen persönlich am 26.07.2005 wurde die Verfahrensakte am 29.07.2005 an den Verteidiger versandt, wo sie am 02.08.2005 eintraf. In der Folgezeit blieb der Bußgeldbescheid zunächst unangefochten mit der Folge, dass die Kreisverwaltung D. die Vollstreckung einleitete. Unter dem 17.11.2005 wandte sich der Verteidiger namens des Betroffenen an die Kreisverwaltung D. und machte geltend, die Vollstreckung sei mangels Zustellung des Bescheides "vom 29.08.2005" unzulässig. Genau eine Woche später teilte die Kreisverwaltung D. dem Verteidiger mit, dass bereits am 22.07.2005 ein Bußgeldbescheid ergangen sei, dessen Zustellung am 26.07.2005 erfolgte. Daraufhin legte der Verteidiger mit Schriftsatz vom 01.12.2005, eingegangen bei der Kreisverwaltung D. am 02.12.2005, Einspruch "gegen den Bescheid vom 29.07.2005" ein und beantragte gleichzeitig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung führte der Verteidiger aus, das Vertretungsverhältnis sei bereits am 22.07.2005 angezeigt worden, weshalb der Betroffene "möglicherweise" erwartete habe, dass der Bußgeldbescheid auch seinem Rechtsanwalt zugegangen sei. In einem weiteren Schriftsatz vom 07.12.2005, eingegangen bei der Kreisverwaltung D. am 08.12.2005, wies der Verteidiger ergänzend darauf hin, der Betroffene habe den Bußgeldbescheid nicht erhalten, was er sich nicht erklären könne. Außerdem rügte der Verteidiger, dass die Zustellung des Bußgeldbescheides nicht an ihn erfolgt sei. Dem Schriftsatz vom 07.12.2005 war eine "eidesstattliche Versicherung" des Betroffenen mit folgendem Inhalt beigefügt:

"Am 26.07.2005 habe ich den Bußgeldbescheid nicht erhalten. Der Bußgeldbescheid vom 29.07.2005 ist mir nicht bekannt. Ich habe alle Schreiben, die ich in dieser Sache erhalten hatte, meinem Rechtsanwalt gegeben.

Heute hat Herr Y. mir gesagt, dass er den Bußgeldbescheid nicht erhalten habe.

Ich bin im Übrigen davon ausgegangen, dass die Korrespondenz mit meinem Rechtsanwalt stattfindet."

Mit Bescheid vom 14.12.2005 verwarf die Kreisverwaltung D. den Einspruch des Betroffenen wegen Verspätung als unzulässig. Über den auf Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gerichteten Antrag entschied die Kreisverwaltung D. am 09.01.2006. Der Antrag wurde als "unzulässig" verworfen, da das Vorbringen des Betroffenen nicht ausreiche, um von einer unverschuldeten Versäumung der Einspruchsfrist ausgehen zu können. Der zweite Verwerfungsbescheid wurde dem Betroffenen persönlich am 10.01.2006 zugestellt. Mit Telefax vom 24.01.2006, welches um 20.41 Uhr bei der Kreisverwaltung D. einging, stellte der Verteidiger Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. § 52 Abs. 2 S. 3 OWiG.

II.

Der Antrag ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Verwirft die Verwaltungsbehörde den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, so ist gegen den Bescheid innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 62 OWiG zulässig (§ 52 Abs. 2 S. 3 OWiG). Da die Zustellung des Verwerfungsbescheides an den Betroffenen am 10.01.2006 erfolgte, lief die Antragsfrist am 24.01.2006 ab. Mit dem am 24.01.2006 um 20.41 Uhr eingegangenen Telefax hat der Verteidiger die Antragsfrist gewahrt.

Im Ergebnis hat die Verwaltungsbehörde den Antrag des Betroffenen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand jedoch zu Recht als unzulässig verworfen.

Gemäß § 52 Abs. 1 OWiG findet auf den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid unter anderem § 45 StPO entsprechende Anwendung. § 45 Abs. 1 S. 1 StPO verlangt, dass der Wiedereinsetzungsantrag innerhalb einer Woche nach Wegfall des Hindernisses gestellt wird. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Verfahrensakte am 02.08.2005 beim Verteidiger einging, kann vorliegend aus dessen Sicht nicht von einer rechtzeitigen Antragstellung ausgegangen werden. Zwar hat der Verteidiger mit Schriftsatz vom 21.03.2006 behauptet, ihm sei der Inhalt des Bußgeldbescheides nicht bekannt gewesen. Diese Behauptung ist jedoch nicht nachvollziehbar, da sich der Bußgeldbescheid vom 22.07.2005 zum Zeitpunkt der Übersendung der Akte in dieser befand. Der Betroffene muss sich jedoch das Verschulden seines Verteidigers nicht zurechnen lassen.

Als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung für den Wiedereinsetzungsantrag verlangt § 45 Abs. 2 S. 1 StPO die Glaubhaftmachung der zur Begründung des Antrags vorgebrachten Tatsachen. Daran fehlt es vorliegend. Die "eidesstattliche Versicherung" des Betroffenen vom 06.12.2005 ist als Mittel zur Glaubhaftmachung ungeeignet (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 48. Auflage, § 45 Rdnr. 8 und 9 sowie § 26 Rdnr. 9). Auf Unmöglichkeit der Glaubhaftmachung hat sich der Betroffene vorliegend nicht berufen. Als Mittel der Glaubhaftmachung wäre zum Beispiel die eidesstattliche Versicherung einer im Haushalt des Betroffenen lebenden Person dahingehend in Betracht gekommen, dass am 26.07.2005 ein Posteingang nicht zu verzeichnen war. Sollte der Betroffene alleine leben, hätte er dies als einen die Unmöglichkeit der Glaubhaftmachung begründenden Umstand darlegen müssen. Außerdem wäre hinsichtlich des Vortrags, sämtliche Unterlagen seien an den Rechtsanwalt übergeben worden, eine anwaltliche bzw. eidesstattliche Versicherung des Verteidigers angezeigt gewesen. Auch daran fehlt es. Die bloße Erklärung des Betroffenen, den Bußgeldbescheid am 26.07.2005 nicht erhalten zu haben, reicht zur Glaubhaftmachung nicht aus.