OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 03.05.2018 - 6 U 89/17
Fundstelle
openJur 2020, 43429
  • Rkr:

Wird ein aus Buchstaben und Ziffern bestehendes Zeichen auf dem Produkt selbst (hier: Pfefferspray) sowie in Angeboten im Internet hervorgehoben verwendet, liegt hierin in der Regel eine markenmäßige Benutzung; etwas anderes kann dann gelten, wenn dem angesprochenen Verkehr das Zeichen als Angabe der Gebindegröße geläufig ist (im Streitfall verneint).Ist ein mit einer eingetragenen Marke kollidierendes Zeichen über längere Zeit von mehreren Anbietern benutzt worden und endet der Schutz der eingetragenen Marke, kann es grundsätzlich nicht als missbräuchlich angesehen werden, wenn einer dieser Anbieter selbst das Zeichen als Marke anmeldet.

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 20.04.2017, Az. 2-03 O 300/16 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert.

2. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung bei Meidung von Ordnungsgeld bis EUR 250.000,- im Falle der Nichtbeitreibbarkeit von Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle von Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, die Ordnungshaft zu vollziehen an einem ihrer gesetzlichen Vertreter, untersagt,

Reizstoffsprühgeräte oder Pfeffersprays, die gemäß nachfolgenden Abbildungen mit den Zeichen MK-3, MK-3F, MK-3T, MK-8 oder MK-9 gekennzeichnet sind, zu bewerben, anzubieten, in den Verkehr zu bringen, einzuführen oder auszuführen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen:

3. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung bei Meidung von Ordnungsgeld bis EUR 250.000,- im Falle der Nichtbeitreibbarkeit von Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle von Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, die Ordnungshaft zu vollziehen an einem ihrer gesetzlichen Vertreter, untersagt,

Reizstoffsprühgeräte oder Pfeffersprays gemäß den nachfolgenden Abbildungen unter den Zeichen MK-3, MK-3F, MK-3T, MK-8 und MK-9 zu bewerben oder anzubieten:

4. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin im Hinblick auf die im Klageantrag zu I. beschriebenen Handlungen, soweit diese nach dem 02.06.2016 begangen wurden, Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, und zwar über:

5. Namen und Anschriften von Lieferanten und anderer Vorbesitzer;

6. Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Produkte;

7. Einkaufsmengen, Einkaufszeiten und Einkaufspreise;

8. etwaige weitere Gestehungskosten;

9. Namen und Anschriften von gewerblichen Abnehmern;

10. Namen und Anschriften von Angebotsempfängern;

11. Zahl und Inhalt von Angeboten;

12. Verkaufsmengen, Verkaufszeiten und Verkaufspreise;

13. Umsatz und Gewinn;

14. Art und Umfang der betriebenen Werbung

dies alles (Buchstaben a bis j) unter Beifügung der entsprechenden Belegkopien, nämlich insbesondere von Kopien der Auftragsschreiben sowie der Auftragsbestätigungen, Rechnungen und Lieferscheine, ferner von Kopien der Bestellschreiben der etwaigen gewerblichen Abnehmer sowie der entsprechenden Auftragsbestätigungen, Rechnungen und Lieferscheine an die gewerblichen Abnehmer, ferner von Kopien der druckschriftlichen Werbemittel,

wobei die Auskunft über Gewinn sowie Art und Umfang der betriebenen Werbung erst ab 02.07.2016 geschuldet ist.

15. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus Handlungen der Beklagten, die in den Klageanträgen zu I. und II. beschrieben sind und die nach dem 02.07.2016 begangen wurden, bereits entstanden ist oder noch entstehen wird, sofern dieser Schaden nicht von folgender Ziffer 5.) erfasst wird.

16. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.973,90 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.10.2016 zu zahlen.

17. Die Beklagte wird verurteilt, alle noch in ihrem Besitz oder Eigentum befindlichen Exemplare der in Ziffer I. beschriebenen Waren zum Zwecke der Vernichtung an einen von der Gerichtsvollzieherverteilerstelle des zuständigen Amtsgerichts zu benennenden und von der Klägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher herauszugeben.

18. Die Anschlussberufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

19. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

20. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 150.000 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.

Die Parteien streiten im Wege der Klage und Widerklage um markenrechtliche Unterlassungs- und Folgeansprüche sowie um die Löschungsreife der Klagemarken.

Die Parteien sind Wettbewerber beim Vertrieb von Reizstoffsprühgeräten, auch als "Pfeffersprays" bezeichnet. Beide Parteien versehen ihre Produkte schon seit längerem Zeitraum mit den Bezeichnungen "MK-3", "MK-8" und "MK-9". Die ehemalige Lieferantin der Klägerin und jetzige Lieferantin der Beklagten war bis 2011 Inhaberin der Unionsmarke "MK", die 2011 nicht mehr verlängert wurde.

Die Klägerin ist Inhaberin der deutschen Wortmarken "MK 3", "MK-8" sowie "MK-9", die am 03.02.2016 bzw. am 02.06.2016 eingetragen wurden und die jeweils unter anderem Schutz in der Warenklasse 13 für Selbstverteidigungssprays beanspruchen. Gegen die Marken der Klägerin wurden Löschungsanträge nach § 50 MarkenG gestellt. Die Klägerin ließ die Beklagte unmittelbar nach Markeneintragung abmahnen.

Das Landgericht hat sowohl die auf Unterlassung gerichtete Klage als auch die auf Löschung der Klagemarken gerichtete Widerklage mit Urteil vom 20.04.2017, auf das gem. § 540 I ZPO wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die klägerischen Ansprüche seien verwirkt, da die Klägerin Benutzung des Zeichens durch die Beklagte seit dem Jahr 2000 hätte kennen müssen und sich dieser Kenntnis bewusst verschlossen habe. Die Löschungswiderklage sei unbegründet, da keine bösgläubige Anmeldung vorliege. Die Klägerin habe das Zeichen selbst seit 1994 genutzt, so dass eine Benutzungsabsicht offensichtlich sei.

Hiergegen richten sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlichen Klageanträge weiterverfolgt sowie die Anschlussberufung der Beklagten, mit der sie ihre erstinstanzlichen Widerklageanträge weiterverfolgt.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteil des Landgerichts Frankfurt a.M. zu erkennen:

Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung bei Meidung von Ordnungsgeld bis EUR 250.000,- im Falle der Nichtbeitreibbarkeit von Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle von Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, die Ordnungshaft zu vollziehen an einem ihrer gesetzlichen Vertreter, untersagt,Reizstoffsprühgeräte oder Pfeffersprays, die gemäß nachfolgenden Abbildungen mit den Zeichen MK-3, MK-3F, MK-3T, MK-8 oder MK-9 gekennzeichnet sind, zu bewerben, anzubieten, in den Verkehr zu bringen, einzuführen oder auszuführen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen:Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung bei Meidung von Ordnungsgeld bis EUR 250.000,- im Falle der Nichtbeitreibbarkeit von Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle von Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, die Ordnungshaft zu vollziehen an einem ihrer gesetzlichen Vertreter, untersagt,Reizstoffsprühgeräte oder Pfeffersprays gemäß den nachfolgenden Abbildungen unter den Zeichen MK-3, MK-3F, MK-3T, MK-8 und MK-9 zu bewerben oder anzubieten:Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin im Hinblick auf die im Klageantrag zu I. beschriebenen Handlungen, soweit diese nach dem 02.06.2016 begangen wurden, Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, und zwar über:Namen und Anschriften von Lieferanten und anderer Vorbesitzer;Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Produkte;Einkaufsmengen, Einkaufszeiten und Einkaufspreise;etwaige weitere Gestehungskosten;Namen und Anschriften von gewerblichen Abnehmern;Namen und Anschriften von Angebotsempfängern;Zahl und Inhalt von Angeboten;Verkaufsmengen, Verkaufszeiten und Verkaufspreise;Umsatz und Gewinn;Art und Umfang der betriebenen Werbungdies alles (Buchstaben a bis j) unter Beifügung der entsprechenden Belegkopien, nämlich insbesondere von Kopien der Auftragsschreiben sowie der Auftragsbestätigungen, Rechnungen und Lieferscheine, ferner von Kopien der Bestellschreiben der etwaigen gewerblichen Abnehmer sowie der entsprechenden Auftragsbestätigungen, Rechnungen und Lieferscheine an die gewerblichen Abnehmer, ferner von Kopien der druckschriftlichen Werbemittel,Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus Handlungen der Beklagten, die in den Klageanträgen zu I. und II. beschrieben sind und die nach dem 02.07.2016 begangen wurden, bereits entstanden ist oder noch entstehen wird, sofern dieser Schaden nicht von folgender Ziffer 5.) erfasst wird.Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.973,90 EUR nebst 9 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.Die Beklagte wird verurteilt, alle noch in ihrem Besitz oder Eigentum befindlichen Exemplare der in Ziffer I. beschriebenen Waren zum Zwecke der Vernichtung an einen von der Gerichtsvollzieherverteilerstelle des zuständigen Amtsgerichts zu benennenden und von der Klägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher herauszugeben, hilfsweise alle noch in ihrem Besitz oder Eigentum befindlichen Exemplare der in Ziffer I beschriebenen Waren und Werbemittel selbst zu vernichten.Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Wege der Anschlussberufung beantragt die Beklagte,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 20.04.2017, Az. 2-03 O 300/16 abzuändern und die Klägerin zu verurteilen, in die Löschung der beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen folgenden deutschen Wortmarken einzuwilligen:

Deutsche Marke Nr. 30 2015 058 068 "MK3"Deutsche Marke Nr. 30 2016 013 749 "MK-8"Deutsche Marke Nr. 30 2016 013 750 "MK-9"Die Klägerin beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

II.

Während die zulässige Berufung der Klägerin weit überwiegend Erfolg hatte, blieb der zulässigen Anschlussberufung der Beklagten der Erfolg versagt.

A.

Die klägerische Berufung ist zulässig, insbesondere fristgemäß eingelegt. In der Sache hat sie bis auf einen kleinen Teil der Nebenforderung auch Erfolg. Die Klägerin hat durch die markenmäßige Benutzung (1.) der Bezeichnungen "MK-3", "MK-8" und "MK-9" die Markenrechte der Klägerin verletzt (2.). Da weder die Einrede der Verwirkung (3.) noch die Einrede der rechtsmissbräuchlichen Markenanmeldung (4.) Erfolg haben, stehen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche weit überwiegend zu (5.). Der Rechtsstreit war auch nicht nach § 148 ZPO im Hinblick auf das bei dem DPMA anhängige Löschungsverfahren gegen die Klagemarken auszusetzen (6.).

1.) Die Nutzung der Zeichen durch die Beklagte erfolgte markenmäßig.

Der Begriff des im engeren Sinne markenmäßigen Gebrauchs ist im Interesse eines umfassenden Kennzeichenschutzes grundsätzlich weit zu fassen (BGH GRUR 2002, 613 - GERRI/KERRY Spring; BGH GRUR 1996, 68, 70 - COTTON LINE). Danach genügt bereits die objektive, nicht völlig fernliegende Möglichkeit, dass der Verkehr einen Herkunftshinweis annimmt (zB EuGH GRUR 2003, 55 - Arsenal Football Club, Tz. 57 und 51 "könnten"; im Erg. ebenso EuGH GRUR 2002, 692 - Hölterhoff, Tz. 17 über das Erfordernis, dass ein herkunftshinweisendes Verständnis "ausgeschlossen" sein müsse); eine Verwendung als Herkunftshinweis liegt daher erst dann nicht vor, wenn ausgeschlossen werden kann, dass der Verkehr dies so auffasst.

Bei der Beurteilung des Verkehrsverständnisses ist auch die "Aufmachung" der Kennzeichnung zu berücksichtigen (EuGH GRUR 2003, 55 - Arsenal Football Club, Tz. 56). Anbringung unmittelbar auf der Ware oder blickfangmäßige Herausstellung werden als für markenmäßigen Gebrauch sprechend bewertet (zB BGH GRUR 2003, 963, 964 - AntiVir/AntiVirus; BGH GRUR 1998, 830, 834 - Les-Paul-Gitarren). Jedoch reicht blickfangmäßige Gestaltung allein zur Bejahung nicht aus (zB BGH GRUR 1999, 992, 994 - BIG PACK zu § 23 Nr. 2; BGH GRUR 1999, 238, 239 - Tour de culture; BGH GRUR 1970, 305, 306 - Löscafe), da zum Beispiel auch werbewirksame Gattungsbezeichnungen häufig herausgestellt werden (zB OLG München GRUR-RR 2002, 12, 14 - MOZART bzgl. "Mozart-Torte" zu Art. 12 GMV; OLG Hamburg WRP 1997, 106, 111 - Gucci).

Ausgehend hiervon ist eine markenmäßige Benutzung zu bejahen. Sowohl auf den Produkten der Beklagten selbst (Antrag zu I.) als auch in den Angebotstexten (Antrag zu II) werden die beanstandeten Zeichen an einer Stelle bzw. in einem Zusammenhang verwendet, die grundsätzlich auf eine Herkunftsangabe schließen lassen. Werden Zeichen "nach Art einer Marke" verwendet, stellt dies ein ganz erhebliches Indiz dafür dar, dass der Verkehr mit ihnen auch einen Herkunftshinweis verbindet. In einer derartigen Konstellation kann es zwar trotzdem an einer markenmäßigen Nutzung fehlen, wenn der Verkehr in der Bezeichnung "MK3" einen Hinweis auf die Gebindegröße sieht oder eine reine Bestellnummer. Beides ist hier jedoch nicht der Fall.

Im Hinblick auf die Gebindegröße hat die Beklagte eine Vielzahl von Belegen vorgelegt, die den Rückschluss darauf zulassen, dass jedenfalls in Herstellerkreisen und in der Fachöffentlichkeit die Bezeichnung "MK..." gefolgt von einer Zahl tatsächlich als - aus den USA stammende und dort verbreitete - Größenangabe verstanden werden kann, so z.B. im Testbericht in Anlage B 27 sowie im Artikel in der Zeitschrift "Visio" (Anlage B 28). Auch die Tatsache, in Anlage B 29 Angebot für Holster und Clips vorgelegt werden, die als "für MK-3-Dosen" passend beworben werden, lässt erkennen, dass mit der Angabe eher eine Größe als ein bestimmter Hersteller verbunden wird. Dies alles lässt allerdings keinen Rückschluss darauf zu, dass auch der angesprochene Verkehr "MK-3" als Größenangabe versteht, wenn das Zeichen so verwendet wird wie in den Anträgen dargestellt und nicht etwa mit einem klarstellenden Zusatz wie "Größe". Angesprochen ist hier nämlich der allgemeine Verkehr, zu dem auch die Mitglieder des Senats gehören. Anhaltspunkte dafür, dass diesem die Bedeutung "MK" ebenso bekannt ist wie der Fachöffentlichkeit, sind nicht ersichtlich. Bei der Prüfung der markenmäßigen Benutzung kommt es auf die Auffassung des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen an. Die Annahme einer gespaltenen Verkehrsauffassung ist dann gerechtfertigt, wenn von den sich gegenüberstehenden Zeichen verschiedene Verkehrskreise angesprochen sind, die sich - wie etwa der allgemeine Verkehr und Fachkreise oder unterschiedliche Sprachkreise - objektiv voneinander abgrenzen lassen. In einem solchen Fall reicht es für die Bejahung eines Verletzungstatbestands aus, wenn Verwechslungsgefahr bei einem der angesprochenen Verkehrskreise besteht (BGH GRUR 2013, 631 - AMARULA/Marulablu; BGH GRUR 2004, 947, 948 GAZOZ) bzw. wenn einer der angesprochenen Verkehrskreise die Benutzung als markenmäßig erkennt.

Der Verkehr wird die Bezeichnung "MK ..." auch nicht als reines Bestellzeichen auffassen. Als Bestellzeichen oder Sortenbezeichnungen werden solche Zeichen angesehen, die in Katalogen, Preislisten und Dekorationen als Artikelbezeichnung verwendet werden, um die einzelnen Produkte zu individualisieren und dadurch das Angebot und die Bestellung zu erleichtern (Senat, GRUR-RR 2018, 102, 194m - Rnr. 29 - Sam). Die Einordnung als Bestellzeichen bedeutet jedoch nicht automatisch, dass das Zeichen nicht auch zur Bezeichnung der betrieblichen Herkunft verwendet wird. Vielmehr kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Ein Herkunftshinweis ist zu verneinen, wenn die Bezeichnung zweifelsfrei ausschließlich als internes Zeichen im Rahmen eines Bestellzeichensystems aufgefasst wird. Meistens geht die Verkehrsauffassung in solchen Fällen jedoch dahin, dass die Bezeichnung sowohl eine einzelne Warensorte bezeichnet als auch daneben auf die Herkunft der Ware aus einem bestimmten Betrieb hinweist (BGH, GRUR 1970, 552 - Felina-Britta; Hacker in Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 14 Rnr. 135). Anhaltspunkte dafür, dass der Verkehr hier die Zeichen zweifelsfrei als rein internes Zeichen im Rahmen eines Bestellzeichensystems auffasst, sind auch hier nicht erkennbar. Bei der Anbringung auf dem Produkt selbst (Antrag I) spricht hiergegen schon die Tatsache, dass die Verwendung nach Art einer Marke erfolgt, nämlich prominent und hervorgehoben auf der Produktvorderseite. Die Tatsache, dass in auf dem Produkt selbst eine weitere Marke angebracht ist, führt nicht dazu, dass der Verkehr die Zeichennutzung als nicht herkunftshinweisend ansieht. Diese Umstände sprechen vielmehr dafür, dass durchschnittlich verständige und aufmerksame Verbraucher die "MK"-Bezeichnungen in diesem Zusammenhang als eigenständige Kennzeichen im Sinne einer Zweitmarke ansehen. Der Verkehr ist vielfach an die Verwendung von Zweitkennzeichen gewöhnt (BGH, GRUR 2017, 1043 Rnr. 30 - Dorzo, mwN). Der Verkehr erkennt in dem Logo im oberen Teil des Produktlabels ein Logo des Herstellers. Die Bezeichnung "MK" wird als Kennzeichen für das konkrete Produkt, angesehen. Der Verkehr ist daran gewöhnt, dass bestimmte Modelle einer Produktpalette mit eigenen Marken gekennzeichnet werden. Ein allgemein bekanntes Beispiel für diese Übung ist der Bekleidungssektor oder die KfZ-Branche. Wird in der Werbung ein Produkt mit einem unterscheidungskräftigen Begriff in einer Weise bezeichnet, die weder beschreibend noch dekorativ verstanden wird, ist im Regelfall von einer kennzeichenmäßigen Verwendung auszugehen (Senat, GRUR-RR 2018, 102 - SAM).

Bei den in Rede stehenden Internetangeboten (Antrag II) wird die Bezeichnung "MK" in der Angebotsüberschrift verwendet, ohne dass ein weiterer Herkunftshinweis erkennbar ist. Der Verkehr wird daher umso mehr Anlass dafür haben, hierin eine Herkunftsbezeichnung zu sehen. Die Tatsache, dass unmittelbar über der Überschrift die "MK"-Bezeichnung nochmals auch als "Art.-Nr." benannt wird, führt zu keiner anderen Beurteilung, da der Verkehr dies gegenüber der deutlich herausgehobenen Überschrift nicht wahrnehmen wird. Gegen ein reines Bestellzeichen spricht im Übrigen auch, dass es für die Bestellung weder erforderlich noch möglich ist, die Bezeichnung "MK" als Bestellzeichen anzugeben. Vielmehr erfolgt die Bestellung durch Klicken des Buttons "in den Warenkorb". Für den Verkehr ist daher nicht erkennbar, dass die Bezeichnung Teil eines Bestellzeichensystems ist.

2.) Die Beklagte hat durch die Verwendung der Zeichen auch die Klagemarken verletzt. Im Falle der Marken "MK-8" und "MK-9" liegt eine Doppelidentität nach § 14 II Nr. 1 MarkenG vor. Zwischen den Zeichen "MK 3" und "MK-3" besteht offensichtlich eine Verwechselungsgefahr nach § 14 II Nr. 1 MarkenG, die von der Beklagten auch nicht in Frage gestellt wird.

3.) Entgegen der Auffassung des Landgerichts sind die Klageansprüche auch nicht nach § 21 IV MarkenG i.V.m. § 242 BGB verwirkt.

a) Allerdings war das Landgericht an der Berücksichtigung der Verwirkung nicht gehindert, obwohl die Beklagte selbst die Verwirkung nur am Rande und auch nur im Hinblick auf die Benutzungsmarke, nicht hingegen im Hinblick auf die eingetragenen Klagemarken eingewendet hat, die die Klägerin ihrer Klage zugrunde gelegt hat. Alle Verwirkungsfälle des § 21 MarkenG - und damit auch die Verwirkung nach allgemeinen Grundsätzen (§ 24 IV MarkenG) - sind nämlich Einwendungen, die vom Beklagten nicht ausdrücklich erhoben werden müssen, sondern von Amts wegen zu beachten sind (BGH GRUR 1966, 623, 625 - Kupferberg).

b) In der Sache fehlt es jedenfalls an dem für eine Verwirkung erforderlichen Zeitmoment. Dieses erfordert eine lang anhaltende, vom Markeninhaber geduldete redliche Nutzung der Marke (BGH GRUR 2008, 1104 - Haus & Grund II). An dieser fehlt es hier schon deshalb, weil die Klagemarken erst Anfang bzw. Mitte 2016 eingetragen worden sind, so dass zum Zeitpunkt der Abmahnung vom 28.06.16 diese Ansprüche aus zeitlichen Gründen schon gar nicht verwirkt gewesen sein können. Entgegen der Auffassung des Landgericht sind die Zeiträume vor der Eintragung der Marken für die Verwirkung nicht zu berücksichtigen, da die Klägerin mangels Markenschutzes gar nicht in der Lage gewesen wäre, die Benutzung durch die Beklagte zu unterbinden und daher auch keine Duldung der Benutzung erfolgt ist. Das von der Beklagten beanstandete Verhalten der Klägerin (Anmeldung eines Zeichens als Marke, das mutmaßlich längere Zeit von einem Wettbewerber benutzt wird) kann eine Verwirkung nicht begründen, sondern möglicherweise eine missbräuchliche Markenanmeldung darstellen.

4.) Die Beklagte dringt auch mit ihrer Einrede der bösgläubigen Markenanmeldung nicht durch.

a) Die Löschungsreife einer eingetragenen Klagemarke wegen absoluter Schutzhindernisse, die Gegenstand der Prüfung im Eintragungsverfahren waren (§ 50 i.V. mit §§ 3, 7, 8 MarkenG), kann im Verletzungsprozess wegen der Bindung des Verletzungsrichters an die Eintragung zwar grundsätzlich nicht als Einwendung geltend gemacht werden. Zulässig ist aber der Einwand der Löschungsreife wegen bösgläubiger Anmeldung, da dieser Löschungsgrund im Eintragungsverfahren vom DPMA nicht geprüft wird (BGH GRUR 2000, 1032, 1034 - EQUI 2000; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 50 Rnr. 1; BeckOK MarkenR/Kopacek, 12. Ed. 1.1.2018, MarkenG § 50 Rn. 1-2; Ullmann, GRUR 2009, 364, 365). Die Beklagte trifft hierbei die Darlegungs- und Beweislast für das Vorhandensein der Voraussetzungen einer bösgläubigen Anmeldung. Ist die Markenmeldung bösgläubig gewesen und steht der Beklagten daher ein Anspruch auf Einwilligung in die Löschung - aus MarkenG oder UWG (hierzu s.u.) zu, könnte die Beklagte dieses Argument auch im Wege der Einrede im Verletzungsprozess geltend machen (BGH GRUR 2008, 917 , Rnr. 19 - Eros).

b) Auch nachdem die bösgläubige Markenanmeldung nach § 8 II Nr. 10 MarkenG markenrechtlich als Löschungsgrund erheblich geworden ist, existiert daneben auch weiterhin der außermarkenrechtliche Löschungsanspruch (§ 826 BGB, § 4 Nr. 4 UWG) und auch die Einrede der missbräuchlichen Anmeldung (§ 242 BGB). Die Voraussetzungen hierfür sind weitgehend identisch mit denen für die Löschung wegen bösgläubiger Anmeldung (BGH GRUR 2000, 1032, 1034 - Equi 2000). Die Abgrenzung zur Löschung wegen anderer Eintragungshindernisse (fehlende Unterscheidungskraft, Freihaltebedürfnis) hingegen bleibt weiterhin zu beachten. Eine Markenanmeldung wird daher nicht schon alleine deshalb missbräuchlich, weil die Marken z.B. wegen eines Freihaltebedürfnisses nicht hätten eingetragen werden dürfen, so dass diese Prüfung dem Eintragungs- bzw. Löschungsverfahren vorbehalten bleibt und im Verletzungsprozess nicht als Einrede entgegengehalten werden kann. Die Einrede der missbräuchlichen Anmeldung verlangt daher eine Behinderungsabsicht, die über die Sperrwirkung, die mit jedem Markenschutz verbunden ist, deutlich hinausgeht.

Der Anmelder eines Kennzeichens handelt nicht schon deshalb unlauter, weil er weiß, dass ein anderer dasselbe Kennzeichen im Inland für gleiche Waren benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben (BGH GRUR 2008, 621, 623 - Akademiks; BGH GRUR 1998, 412, 414 - Analgin; GRUR 1998, 1034, 1036 f. - Makalu). Nur wenn zur Kenntnis von der Benutzung besondere Umstände hinzutreten, die das Verhalten des Anmelders als wettbewerbswidrig erscheinen lassen, steht das Markenrecht der Anwendung des UWG nicht entgegen. Solche besonderen Umstände können darin liegen, dass der Zeicheninhaber in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstands des Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung des Besitzstands des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, als Kennzeichen hat eintragen lassen oder dass der Zeichenanmelder die mit der Eintragung des Zeichens kraft Markenrechts entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzt (vgl. zum Ganzen BGH, GRUR 2008, 621, 623 - AKADEMIKS).

Eine solche Behinderungsabsicht ist hier unter Berücksichtigung der Gesamtumstände jedoch nicht erkennbar.

Beide Parteien haben wie auch andere Anbieter die "MK"-Zeichen über längere Zeit nebeneinander benutzt. Einen formalen Zeichenschutz konnten die Anbieter bis 2011 aufgrund der Unionsmarke "MK" der Fa. X nicht erwerben. Es war auch zweifelhaft, ob ein solcher Schutz überhaupt möglich sein werde, nachdem "MK..." jedenfalls in den USA eine gebräuchliche Größenangabe war, die in gewissem Umfang auch schon auf den deutschen Markt "durchgesickert" war. Wenn die Klägerin unter diesen Umständen 2015/16 - und damit 5 Jahre nach Auslauf der bestehenden Marke - den Versuch unternommen hat, für "MK"-3/8/9 formalen Markenschutz zu erlangen, kann hieraus keine gezielte Behinderung ihrer Mitbewerber einschließlich der Beklagten sehen werden, selbst wenn die Klägerin um die Nutzung des Zeichens durch ihre Mitbewerber wusste. Die anderen Mitbewerber hätten ihrerseits seit 2011 die Gelegenheit gehabt, ihrerseits formalen Markenschutz zu erlangen, was sie aber nicht versucht haben.

An eine Behinderungsabsicht wäre in der vorliegenden Konstellation nur zu denken, wenn die Klägerin ihre Marken in der sicheren Kenntnis angemeldet hätte, dass diese gar nicht schutzfähig sind. Hierfür sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich, zumal ja die Fa. X im Jahr 2000 erfolgreiche eine "MK"-Marke angemeldet hatte, die auch - wie sich aus dem Registerauszug in Anlage B 30 ergibt - von keinem Wettbewerber angegriffen worden war. Bei dieser Ausgangslage kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin sichere Kenntnis davon hatte, dass die "MK"-Zeichen nicht schutzfähig sind.

5.) Die Verletzung der Klagemarken hat nach §§ 14 V, VI, 19 I, III MarkenG einen Unterlassungsanspruch, sowie einen Auskunfts- und Schadensersatzfeststellungsanspruch zur Folge. Die Auskunft hinsichtlich Gewinn sowie Art und Umfang der betriebenen Werbung ist erst ab 02.07.2016 - also einen Monat nach Eintragung der Marken - geschuldet, da die Beklagte erst ab diesem Zeitpunkt schuldhaft gehandelt hat, erst ab diesem Zeitpunkt Schadenersatz - und nicht nur Bereicherungsausgleich nach § 812 BGB - schuldet, und daher auch erst ab diesem Zeitpunkt die für die Berechnung des Schadensersatz relevanten Auskünfte zu erteilen hat.

Nach § 18 I MarkenG ist die Beklagte auch zur Vernichtung der rechtsverletzenden Erzeugnisse verpflichtet; diese Vernichtung ist auch nicht unverhältnismäßig. Der Vernichtungsanspruch nach § 18 I MarkenG steht unter dem Vorbehalt der Unverhältnismäßigkeit nach § 18 III MarkenG, für die der Verletzer darlegungs- und beweisbelastet ist. Nach dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte des Gesetzes bildet der Anspruch auf Vernichtung schutzrechtsverletzender Ware die Regel und nur ausnahmsweise sollen andere Maßnahmen in Betracht kommen. Die Regelung geht zurück auf das Gesetz zur Stärkung des Schutzes des geistigen Eigentums und zur Bekämpfung der Produktpiraterie (PrPG) vom 7. 3. 1990 (BGBl. I, S. 422), das einen generellen zivilrechtlichen Vernichtungsanspruch eingeführt hat: im Warenzeichengesetz (§ 25a) und in anderen Sonderschutzgesetzen (Urheberrechts-, Geschmacksmuster-, Patent-, Gebrauchsmuster-, Halbleiterschutz- und Sortenschutzgesetz). Mit der Vernichtung als Regelmaßnahme hat sich der Gesetzgeber bewusst für eine einschneidende Maßnahme entschieden, die in vielen Fällen mehr als das lediglich zur unmittelbaren Folgenbeseitigung Nötige zulässt. Er hat dies für notwendig erachtet, um den Interessen des Schutzrechtsinhabers Genüge zu tun und den zunehmenden Schutzrechtsverletzungen wirksam begegnen zu können (vgl. Begr. zum Reg. Entwurf, BT-Drucks. 11/4792, S. 15, 27). Er hat sich dabei von der Erwägung leiten lassen, dass die Verletzung von Schutzrechten in einigen Bereichen des geistigen Eigentums ein Massendelikt sei und wirksame zivilrechtliche Gegenmaßnahmen erfordere. Allein durch die Vernichtung werde sichergestellt, dass schutzrechtsverletzende Ware nicht wieder in Verkehr gebracht werde. Die bloße Entfernung des Warenzeichens habe sich in der Vergangenheit als unzureichend erwiesen; in vielen Fällen sei die an den Piraten zurückgegebene Ware kurze Zeit später - erneut rechtswidrig mit dem Warenzeichen versehen - wieder im Marktkreislauf aufgetaucht. Der Gesichtspunkt des vorbeugenden Rechtsschutzes rechtfertige die einschneidende Maßnahme auf diesem speziellen Gebiet. Daneben habe die Anordnung der Vernichtung - soweit sie über die bloße Folgenbeseitigung hinausreiche - auch eine Art Sanktionscharakter. Der damit verbundene generalpräventive Effekt werde gerade im Rahmen internationaler Überlegungen zur wirksamen Bekämpfung der Produktpiraterie besonders hervorgehoben (Begr. zum Reg.-Entwurf, BT-Drucks. 11/4792, S. 15, 27 ff.). Diese Erwägungen des Gesetzgebers gelten auch nach der durch Art. 10 I der Enforcement-Richtlinie veranlassten Fassung von § 18 I MarkenG unverändert fort (Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 18, Rnr. 10.).

Diese auch im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck kommende Zielsetzung des Gesetzgebers, die Vernichtung als Regelmaßnahme auszugestalten, erfordert es, den Ausnahmetatbestand eng auszulegen. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um einen Fall der sog. Produktpiraterie oder eine sonstige Form der Markenverletzung handelt; denn für eine derartige Differenzierung find sich im Gesetzeswortlaut kein Anhaltspunkt. Dabei kommt der Tatsache, dass die Entfernung der widerrechtlichen Kennzeichnung ein milderes Mittel zur Beseitigung der Störung darstellen würde, bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung regelmäßig keine maßgebende Bedeutung zu (BGH GRUR 1997, 899, 900 - Vernichtungsanspruch; Köhler, GRUR 1996, 82, 87), da dies ansonsten dem Sanktionscharakter der Vernichtung nicht gerecht werden würde. Die Frage des Bestehens einer Beseitigungsalternative ist im Gesetz daher nur als eine, für sich allein nicht ausreichende, Voraussetzung für das Vorliegen einer Ausnahme vom Regelfall vorgesehen. Da die Beklagte weitere Verhältnismäßigkeitsaspekte nicht vorträgt, ist sie auch zur Vernichtung verpflichtet.

Der Abmahnkostenersatzanspruch der Klägerin folgt aus §§ 683, 677, 670 BGB und ist auch in der Höhe begründet. Lediglich der Zinsanspruch besteht nach § 288 I BGB nur in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Ein höherer Zinssatz findet insbesondere in § 288 II BGB keine Grundlage, da keine Entgeltforderung vorliegt. Diese setzt voraus, dass die Forderung auf die Zahlung eines Entgelts als Gegenleistung für eine vom Gläubiger erbrachte oder zu erbringende Leistung gerichtet ist, die in der Lieferung von Gütern oder der Erbringung von Dienstleistungen besteht (BGH NJW 2010, 1872 Rnr. 23; 2010, 3226 Rnr. 12 f). Die Erstattung von Abmahnkosten fällt nicht hierunter (OLG Celle NJW-RR 2007, 393 ; MüKoBGB/Ernst, 7. Aufl. 2016, BGB § 286 Rn. 76-78). Hieran hat auch die Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur steuerlichen Behandlung von Abmahnkostenersatz (BFH GRUR 2017, 826 ) nichts geändert. Soweit der Bundesfinanzhof entschieden hat, dass Abmahnkosten umsatzsteuerrechtlich als Entgelt im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs zwischen dem Unternehmer und den von ihm abgemahnten Wettbewerbern - und nicht als nicht steuerbare Schadensersatzzahlungen - zu qualifizieren sind, handelt es insoweit um eine rein steuerrechtliche Beurteilung, die - wie der selbst BFH ausführt - nicht nach zivilrechtlichen, sondern ausschließlich nach (umsatz-)steuerrechtlichen Kriterien zu erfolgen hat. Im Umkehrschluss ist auch die Frage, ob eine entgeltliche Leistung im Sinne von § 288 II BGB vorliegt, rein nach zivilrechtlichen und nicht nach umsatzsteuerrechtlichen Kriterien zu entscheiden.

6.) Der Rechtsstreit war insoweit auch nicht bis zur Entscheidung des DPMA im anhängigen Löschungsverfahren zu den Klagemarken nach § 148 ZPO auszusetzen.

Ein anhängiges Löschungsverfahren vor dem DMPA hat auf den Verletzungsprozess grundsätzlich keinen Einfluss, da das Verletzungsgericht vom Bestand der Marke auszugehen hat. Allerdings kann eine Aussetzung des Verletzungsverfahrens nach § 148 ZPO in Betracht kommen. Abzuwägen sind das Interesse des Markeninhaber an einer zeitnahen Entscheidung, das Interesse des Beklagten, nicht auf Grund einer löschungsreifen Marke verurteilt zu werden, und das Interesse, widersprüchliche Entscheidungen zu vermeiden. Eine Verfahrensaussetzung kommt in Betracht, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Löschung der Marke im registerrechtlichen Verfahren besteht, die die mit der Aussetzung verbundene Prozessverzögerung rechtfertigt (vgl. BGH GRUR 2014, 1101 , Rnr. 16 - Gelbe Wörterbücher).

Eine derartige Beurteilung der Erfolgsaussichten ist dem Senat hier jedoch nicht möglich, da die Beklagte - die hierfür darlegungsbelastet wäre - zu den Einzelheiten und dem Inhalt des Verfahrens vor dem DPMA nichts vorgetragen hat. Es liegt insoweit lediglich die von Klägerseite eingereichte Erwiderung auf den Löschungsantrag vor (Anlage BB 24), aus der sich nur grob ergibt, was Gegenstand des Löschungsverfahrens ist. Dies ist aber keine ausreichende Grundlage für eine Prüfung der Erfolgsaussichten des Löschungsverfahrens, ohne die eine Aussetzung gar nicht in Betracht kommt.

Dem Beklagtenvertreter war insoweit auch kein Schriftsatznachlass zu gewähren. Er hat dies in der mündlichen Verhandlung schon nicht ausdrücklich beantragt, sondern lediglich "angeboten", die Gründe für die Löschung im Einzelnen vorzutragen, was keinen Antrag auf Schriftsatznachlass darstellt. Aber auch das Grundrecht des Beklagten auf rechtliches Gehör nach Art. 103 I GG gebot es nicht, etwa durch einen förmlichen Hinweis nach § 139 ZPO und ggf. Vertagung von Amts wegen oder durch Gewährung von Schriftsatznachlass von Amts wegen (BGH NJW-RR 2013, 1358 ) dem Beklagten weiteren Vortrag zu ermöglichen. Die Aussetzung nach § 148 ZPO setzt schon nach dem Gesetzeswortlaut voraus, dass die Entscheidung des Rechtsstreits von einer anderen Entscheidung "abhängt", so dass das Gericht über diese Vorgreiflichkeit schon nur entscheiden kann, wenn es überhaupt Kenntnis über den genauen Inhalt des anderen Verfahrens hat. Ein Hinweis nach § 139 ZPO wäre auch nur erforderlich gewesen, wenn die Beklagtenseite diesen Gesichtspunkt ersichtlich übersehen hätte. Dies war jedoch nicht der Fall. Der Beklagtenvertreter hat erkannt, dass eine Aussetzung nach § 148 ZPO Vortrag zu den Voraussetzungen erfordert. Spätestens, nachdem der Klägervertreter als Anlage BB 24 ihren Erwiderungsschriftsatz im Löschungsverfahren vorgelegt hatte und auf § 148 ZPO verwiesen hatte, hätte für die Beklagtenseite Veranlassung bestanden, ihrerseits zu Inhalt und Erfolgsaussichten des Löschungsverfahrens vorzutragen. Eines gesonderten Hinweises bedurfte es nicht.

B.

Die zulässige Anschlussberufung hat in der Sache keinen Erfolg. Der Beklagten steht der mit der Widerklage geltend gemachte Löschungsanspruch gegen die Klagemarke aus §§ 3, 4 Nr. 4, 8 I 1 UWG nicht zu.

1.) Die Anschlussberufung ist zulässig, insbesondere innerhalb der Berufungserwiderungsfrist eingelegt worden. Soweit die Klägerin die Zulässigkeit der Anschlussberufung in Frage stellt, ist seit der Rechtsprechung des Reichsgerichts geklärt, dass im Fall der erstinstanzlichen Abweisung von Klage und Widerklage eine Anschließung zur Weiterverfolgung der Widerklage zulässig ist (RGZ 46, 373; Zöller-Heßler, ZPO, 32. Aufl., § 524, Rnr. 39).

2.) Der Widerklage fehlt es auch nicht an der Statthaftigkeit.

Nach § 54 MarkenG ist für Löschungen aufgrund absoluter Schutzhindernisse gem. § 50 - wozu auch die Nichtigkeit wegen bösgläubiger Anmeldung nach § 8 II Nr. 10 MarkenG gehört - das DPMA zuständig und nicht die ordentlichen Gerichte. Dies schließt aber nicht aus, dass bei einer missbräuchlichen Markenanmeldung der Vorbenutzer des Zeichens nach §§ 3, 4 Nr. 4, 8 I 1 UWG unabhängig von der markenrechtlich begründeten Löschung Rücknahme der Anmeldung oder Einwilligung in die Löschung des Zeichens verlangen kann, wenn bereits die Anmeldung als solches unlauter ist (BGH GRUR 2000, 1032, 1034 - Equi 2000; BGH GRUR 2016, 378 - Liquidrom), da sie einen Wettbewerber gezielt behindert.

Der BGH führt hierzu aus: "Das absolute Schutzhindernis des § 50 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG stellt keine abschließende Regelung dar, um rechtsmissbräuchliche oder sittenwidrige Markeneintragungen zur Löschung zu bringen. Der Gesetzgeber hat mit den Bestimmungen des Markengesetzes den unter Geltung des Warenzeichengesetzes bestehenden ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Schutz nicht einengen und die grundsätzliche Verteilung der Zuständigkeiten zwischen dem Patentamt und den ordentlichen Gerichten erhalten wollen. Unter der Geltung des Warenzeichengesetzes entsprach es ständiger Rechtsprechung des BGH, das ein Anspruch auf Löschung eines eingetragenen Warenzeichens nach § 1 UWG, § 826 BGB gegeben sein konnte (vgl. BGH GRUR 1986, 74 - Shamrock III). Auch nach dem Markengesetz sind die Zivilgerichte ebenfalls mit der Prüfung bösgläubiger Markenanmeldungen befasst (§ 55 Abs. 1, § 51 Abs. 4 Nr. 2, § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG). Die auch nach neuem Recht bestehende Möglichkeit eines Klageverfahrens nach der Zivilprozessordnung vor den ordentlichen Gerichten ist auch sinnvoll. Denn ein solches Verfahren ist besser als das Amtsermittlungsverfahren beim DPMA auf die Entscheidung der hier in Rede stehenden häufig streitigen und komplexen Sachverhalte zugeschnitten (vgl. v. Linstow, MarkenR 1999, 81, 83). Schließlich dient die zivilrechtliche Rechtsschutzmöglichkeit nach § 1 UWG gegen sittenwidrige Markenanmeldungen auch unter der Geltung des Markengesetzes der Verfahrensvereinfachung. Ein einheitlicher Sachverhalt wird - wie auch im Streitfall - nicht zur Entscheidung in unterschiedliche Zuständigkeiten zwischen Patentamt und BPatG einerseits und ordentlichen Gerichten andererseits aufgespalten".

3.) Es fehlt jedoch an einer unlauteren Markenanmeldung nach § 4 Nr. 10 UWG. Auf die obigen Ausführungen zu II.A.IV. kann insoweit Bezug genommen werden, da die unlautere Markenanmeldung nach § 4 Nr. 10 UWG keinen anderen Kriterien unterliegt als die bösgläubige Anmeldung nach § 8 II Nr. 10 MarkenG (BGH GRUR 2016, 378 , Rnr. 16 - Liquidorm).

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 II, 97 I ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 II ZPO) sind nicht erfüllt. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die Beklagte, die die Zulassung der Revision angeregt hat, hat auch das Vorliegen eines Zulassungsgrundes nicht dargelegt.