OLG Hamm, Urteil vom 27.11.2019 - 31 U 35/19
Fundstelle
openJur 2020, 2768
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 12.02.2019 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld (Az.: 6 O 346/18) aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht Bielefeld zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte nach Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrages vom 24.10./27.10.2015 zur Finanzierung eines gebrauchten Kia Ceed in Anspruch.

Nach Auszahlung des Darlehensbetrages erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 26.10.2017 den Widerruf ihrer auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung. Nachdem die Beklagte den Widerruf zurückgewiesen hatte, forderte die Klägerin die Beklagte erneut mit anwaltlichem Schreiben zur Rückabwicklung auf.

Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt, unter Zurückweisung der Hilfswiderklage

1. festzustellen, dass die Beklagte aus dem Darlehensvertrag vom 24.10/27.10.2015 mit der Darlehensnummer 11111 über ursprünglich 15.843,64 € keine Ansprüche auf Zahlung der Zins- und Tilgungsleistungen mehr herleiten kann;

hilfsweise für den Fall, dass der Klageantrag zu 1. zulässig und begründet ist, hat sie beantragt,

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 4.928,77 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB ab dem 01.12.2017 binnen sieben Tagen nach Übergabe des Fahrzeugs Kia Motor JD, Fahrgestellnummer W1234 zu zahlen,

3. festzustellen, dass die Beklagte sich mit der Entgegennahme des Fahrzeugs aus dem Antrag zu 2) in Annahmeverzug befindet,

4. die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 1.613,16 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der. EZB seit Rechtshängigkeit für die außergerichtliche anwaltliche Rechtsverfolgung zu zahlen.

Für den Fall, dass die innerprozessuale Bedingung eintritt und das Gericht sich für die im Wege der innerprozessualen Bedingung zu bescheidenden Anträge für örtlich unzuständig erklärt, hat die Klägerin hilfsweise die Verweisung betreffend die Anträge zu 2 bis 4 an das für den Sitz der Beklagten zuständige Gericht beantragt.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht von einem wirksamen Widerruf der Klägerin ausgehe, hat sie beantragt,

festzustellen, dass die Klagepartei im Rahmen eines wirksamen Widerrufs verpflichtet ist, der Beklagen Wertersatz für den Wertverlust des Pkw Kia Motors JD (CEED 1,6 CRDI) mit der Fahrgestellnummer: W1234 zu leisten, der auf einem Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise nicht notwendig war.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, das Landgericht Bielefeld sei für die Klage örtlich unzuständig. Im Übrigen sei die Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß erfolgt. Die Klägerin müsse jedenfalls für die Nutzung des Fahrzeuges Wertersatz leisten.

Wegen der Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen. Der maßgebliche allgemeine Gerichtsstand der Beklagten befinde sich im Bezirk des Landgerichts Braunschweig. Ein Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§ 29 ZPO) sei ebenfalls nicht am Wohnsitz der Klägerin gegeben. Insbesondere könne für die geltend gemachte negative Feststellungsklage nicht von dem in § 12 ZPO geregelten Grundsatz abgewichen werden, dass die Klage in Ermangelung eines anderen Gerichtsstandes am (Wohn-)Sitz des Beklagten zu erheben sei.

Der Klägerin gehe es wirtschaftlich darum, die Zins- und Tilgungsleistungen zurückzuerhalten, was in dem Hilfsantrag zu 2 zum Ausdruck komme. Für die Klage auf Rückzahlung wäre aber gemäß § 29 ZPO ebenfalls das Gericht am Sitz des Darlehensgebers zuständig. Diese wirtschaftliche Betrachtungsweise komme auch in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Bestimmung des Streitwerts von positiven und negativen Feststellungsklagen nach Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrages zum Ausdruck. Da das Landgericht Bielefeld für die Hilfsanträge zu 2-4 ohnehin nicht zuständig sei, sei nicht einzusehen, die gerichtlichen Zuständigkeiten für die Beurteilung eines einheitlichen Lebenssachverhalts aufzuspalten. Ein einheitlicher Erfüllungsort am Ort, an dem sich der PKW zum Zeitpunkt des Widerrufs wie im Kaufvertrag vorgesehen befinde, sei ebenfalls abzulehnen. Dies gelte auch, soweit das Darlehen als verbundenes Geschäft im Sinne von § 358 BGB der Finanzierung des Pkw-Kaufs gedient habe.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.

Sie beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und das Verfahren an das Landgericht Bielefeld zurückzuverweisen.

Hilfsweise beantragt sie der Sache nach die Abänderung des angefochtenen Urteils und Verurteilung der Beklagten nach Maßgabe der zuletzt erstinstanzlich gestellten Haupt- und Hilfsanträge.

Die Beklagte tritt der Berufung entgegen und vertritt weiter die Auffassung, dass keine örtliche Zuständigkeit beim Landgericht Bielefeld gegeben sei.

Für den Fall, dass der Senat dennoch von einer örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts für den Antrag zu 1 ausgehe, werde beantragt,

das Verfahren an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückzuverweisen.

Beide Parteien haben sich mit der Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO einverstanden erklärt.

II.

Die Berufung hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie zur Zurückverweisung an das Landgericht Bielefeld gemäß § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO. Dabei folgt der Senat den von beiden Parteien gestellten Zurückverweisungsanträgen. Dies ist auch unter den Gesichtspunkten der Prozessökonomie und unter Berücksichtigung von § 538 Abs. 1 ZPO im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung sachgerecht, da den Parteien andernfalls eine Tatsacheninstanz verloren ginge und noch keine Feststellungen zu den maßgeblichen tatsächlichen und materiellrechtlichen Fragen zu sämtlichen Klageanträgen getroffen worden sind. Das Landgericht hat lediglich die eigene Zuständigkeit für den Klageantrag zu 1 verneint.

Dies hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Ein Gerichtsstand im Bezirk des Landgerichts Bielefeld ergibt sich im Streitfall aus § 29 Abs. 1 ZPO. Da die Klägerin als Verbraucherin nicht unter den in § 29 Abs. 2 ZPO aufgeführten Personenkreis fällt, ist unabhängig von der Frage der Wirksamkeit des Widerrufs eine abweichende Vereinbarung des Erfüllungsortes in Ziff. 11 der Darlehensbedingungen für die örtliche Zuständigkeit unbeachtlich. Auch die Regelung in Nr. 12 der Darlehensbedingungen zur Vereinbarung des Gerichtsstands erfasst nur Verträge mit Kaufleuten als Darlehensnehmern.

Die Klage ist jedenfalls hinsichtlich des unbedingt gestellten und deshalb vorrangig zu bescheidenden Klageantrags zu 1 auch im Übrigen zulässig.

1.

Für die mit dem Klageantrag zu 1 erhobene negative Feststellungsklage besteht das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere Rechtsschutzinteresse. Das Feststellungsinteresse der negativen Feststellungsklage entsteht regelmäßig aus einer von der Beklagten aufgestellten Bestandsbehauptung ("Berühmen") der von der Klägerin verneinten und gegen sie gerichteten Ansprüche (BGH, Urteil vom 16.05.2017, XI ZR 586/15, Rn. 13). Fehlt es daran bei Klageerhebung oder entfällt das Berühmen vor Schluss der mündlichen Verhandlung (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 04. Mai 2006 - IX ZR 189/03 -, NJW 2006, 2780, Rn. 24; BGHZ 18, 98, 106), ist die negative Feststellungsklage unzulässig. Hier berühmt sich die Beklagte weiterhin fortbestehender Erfüllungsansprüche, weil sie die Auffassung vertritt, der erklärte Widerruf sei unwirksam. Der Darlehensvertrag zwischen den Parteien ist - unabhängig vom ausgebrachten Widerruf - noch nicht vollständig abgewickelt. Er ist mit einer Laufzeit von 84 Monaten geschlossen, so dass die Klägerin noch nicht sämtliche ihr nach dem maßgeblichen Vertragsinhalt obliegenden Zins- und Tilgungsleistungen erbracht hat.

Der Klageantrag zu 1 ist in der vorliegenden Konstellation auch nicht bereits deshalb unzulässig, weil es der Klägerin - anders als regelmäßig bei laufenden Immobiliarkrediten - einfach möglich ist, ihre eigentliches Klageinteresse mit der Leistungsklage zu verfolgen. Wie sich aus dem Klageantrag zu 2 ergibt, kann die Klägerin zur Durchsetzung des eigentlichen Rechtsschutzziels zwar Leistungsklage erheben. Dennoch entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, dass die (auch) gegen eine künftige Erfüllungsleistung gerichtete negative Feststellungsklage einen von der Leistungsklage unterschiedlichen Streitgegenstand aufweist (vgl. BGH, Urteil vom 02. April 2019?- XI ZR 583/17?-, Rn. 10 ff.; Urteil vom 03.07.2018, XI ZR 572/16 Rn. 17; OLG Stuttgart, Urteil vom 27.06.2017, 6 U 193/16, Rn. 36).

Der Bundesgerichtshof hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich das Interesse der negativen Feststellungsklage nicht durch eine Leistungsklage abbilden lässt (Urteil vom 16.05.2017 - XI ZR 586/15). Auch das OLG Stuttgart hält deshalb eine (bedingte) Klagehäufung von negativer Feststellungsklage und Leistungsklage in einem vergleichbaren Fall zutreffend für zulässig (Urteil vom 02. Juli 2019 - 6 U 312/18 -, Rn. 27). Es kann nicht angenommen werden, dass die Leistungsklage und die damit durchgeführte Rückabwicklung des verbundenen Geschäfts zu einer vollständigen Beilegung des zwischen den Parteien bestehenden Streits führt. Der Leistungsantrag umfasst regelmäßig nur die bis zum Widerruf bzw. einem späteren Stichtag vor Klageerhebung (hier: 01.12.2017) gezahlten Raten. Die weiter gezahlten bzw. offenen Raten sind vom Leistungsantrag nicht umfasst. Das Feststellungsinteresse fällt nur fort, wenn der Kläger aufgrund der Umstände vor der Gefährdung zur Inanspruchnahme durch den Gegner endgültig sicher ist (MüKoZPO/Becker-Eberhard, 5. Aufl. 2016, ZPO § 256 Rn. 61).

2.

Zutreffend hat das Landgericht erkannt, dass sich ein Gerichtsstand der Beklagten im Bezirk des Landgerichts Bielefeld nicht aus §§ 12, 17, 21 ZPO ergibt. Einziger Sitz der Beklagten ist Braunschweig. Es handelt sich bei der Beklagten um eine Zweigniederlassung der Volkswagen Bank. Auch die VW Bank hat ihren alleinigen Sitz in Braunschweig. Niederlassungen i.S.v. § 21 ZPO an Orten im Bezirk des Landgerichts Bielefeld sind weder für die Beklagte noch für die VW Bank selbst vorgetragen. Die Vermittlung von Darlehensverträgen durch die Autohäuser ohne eigene Entscheidungsbefugnis reicht für die Annahme einer Niederlassung am Sitz des Autohauses nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 13.07.1987 - II ZR 188/86; Musielak/Voit/Heinrich, 16. Aufl. 2019, ZPO § 21 Rn. 6 zu Vermittlungsagenturen).

3.

Nicht gefolgt werden kann dem Landgericht demgegenüber, soweit es einen Gerichtsstand für den Klageantrag zu 1 aus § 29 Abs. 1 ZPO verneint hat. Bei dem Klageantrag zu 1 handelt es sich um eine negative Feststellungsklage, mit der Erfüllungsansprüche der Beklagten auf Zahlung von Zins- und Tilgungsleistungen geleugnet werden sollen. Die geleugneten Ansprüche beziehen sich auf den gesamten Vertragszeitraum und schließen sowohl die Vergangenheit (vor und nach Widerruf) als auch künftige Erfüllungsansprüche ein.

In der Kommentarliteratur entspricht es ganz h.M., dass sich die örtliche Zuständigkeit bei der negativen Feststellungsklage "spiegelbildlich" nach der Leistungsklage umgekehrten Rubrums und dem für eine solche Leistungsklage maßgeblichen Erfüllungsort (§§ 269, 270 BGB) richtet (vgl. Musielak/Voit/Heinrich, 16. Aufl., ZPO § 29 Rn. 20; Zöller/Schultzky, ZPO, 32. Aufl., § 29 ZPO, Rn. 25; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 77. Aufl., § 29 Rn. 31; Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 29 Rn. 7; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 29 Rn. 20; BeckOK ZPO/Toussaint, 32. Ed. 1.3.2019, ZPO § 29 Rn. 29; MüKoZPO/Patzina, 5. Aufl., ZPO § 29 Rn. 4; Saenger, ZPO, § 29 Rn. 7). Da es beim Klageantrag zu 1 um (geleugnete) Erfüllungsansprüche der Bank gegen den Verbraucher geht, ist nach dieser Auffassung eine Zuständigkeit des Landgerichts am Wohnsitz des Verbrauchers - hier der Klägerin - gegeben.

Diese Auffassung entspricht der neueren obergerichtliche Rechtsprechung (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 02. Juli 2019 - 6 U 312/18 -, juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 22.12.2017 - 17 U 107/17; OLG München, Beschluss vom 18. August 2009 - 31 AR 355/09 -, Rn. 6, juris; Beschluss vom 22.06.2017 - 34 AR 97/17, Rn. 4, juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 30. Juni 2017 - I-17 U 144/16 -, Rn. 41; in diese Richtung auch: OLG Köln, Hinweis vom 06.06.2019, 24 U 149/18 und OLG Oldenburg, Verf. vom 26.06.2019, 8 U 75/19).

Dieses einheitliche Meinungsbild in der obergerichtlichen Rechtsprechung und Fachliteratur wird in letzter Zeit von mehreren Landgerichten in Fällen widerrufener Darlehensverträge zur Finanzierung von Kfz-Kaufverträgen in Frage gestellt. Unter Berufung auf ein Urteil des Landgerichts Köln haben neben dem Landgericht Bielefeld in diesem Verfahren mehrere Landgerichte einen Erfüllungsort am Wohnsitz des Klägers abgelehnt (vgl. LG Köln, Urt. vom 03.05.2018, 21 O 278/17, juris). Das Landgericht Köln hat sich dabei auf ein älteres Urteil des OLG Bamberg vom 21.12.2009 (4 U 156/09, n.v.) gestützt, das aus allgemeinen Erwägungen zur Umgehung von § 12 ZPO eine negative Feststellungsklage am Gerichtsstand der Leistungsklage umgekehrten Rubrums für unzulässig gehalten habe.

Der Senat hat im Urteil vom 14.12.2016 (31 U 257/15, juris Rn. 67) ausdrücklich offengelassen, ob eine negative Feststellungsklage am für den Wohnsitz des Verbrauchers maßgeblichen Ort hätte erhoben werden können. Wegen des im dortigen Verfahren - einem Rechtsstreit außerhalb des Anwendungsbereichs von § 358 BGB - allein gestellten Antrags auf Sicherheitenfreigabe verhält sich die Entscheidung nur zum Erfüllungsort für den Anspruch auf Rückgewähr einer Grundschuld. Der Senat ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, dass insoweit der Sitz der Bank maßgeblich ist, weil sie Schuldnerin dieser Verpflichtung ist.

Der Bundesgerichtshof stellt zur Bestimmung des Erfüllungsortes auf die §§ 269, 270 BGB ab (vgl. Urteil vom 07. Dezember 2004 - XI ZR 366/03 -, Rn. 26 ff. - zu Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ). Danach hat die Leistung grundsätzlich an dem Ort zu erfolgen, an dem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hat, es sei denn, ein anderer Leistungsort ist bestimmt oder aus den Umständen zu entnehmen. Nach § 270 Abs. 4 BGB i.V. mit § 269 BGB sind Geldschulden im Zweifel am Wohnsitz des Schuldners zu erfüllen. Auch wenn Leistungshandlung und Leistungserfolg dabei häufig auseinanderfallen, ändert dies gemäß § 270 Abs. 4 BGB nichts daran, dass Leistungsort im Sinne des § 269 BGB der Wohnort des Schuldners bleibt (vgl. BGHZ 44, 178, 179 f.; BGH, Urteil vom 7. März 2002 - IX ZR 293/00, WM 2002, 999, 1000).

Bei Anwendung dieser Grundsätze ist der Wohnsitz der Klägerin als Erfüllungsort für die mit der negativen Feststellungsklage bekämpften Zahlungsansprüche zur Begründung der örtlichen Zuständigkeit maßgeblich. Dieses maßgebliche Klageziel der vorrangig geltend gemachten negativen Feststellungsklage tritt nicht durch die weiter angekündigten Hilfsanträge oder ein von der Klägerin verfolgtes "eigentliches Interesse" in den Hintergrund.

a.

Der Hinweis des Landgerichts auf die Streitwertbemessung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verfängt nicht. Es ist zwar nicht zu verkennen, dass das wirtschaftliche Interesse des Klägers in der Rückforderung seiner Zins- und Tilgungsleistungen besteht. Dieses Interesse verfolgt der Kläger - wenn auch unter einer aufschiebenden innerprozessualen Bedingung - ausdrücklich mit dem Antrag zu 2. Im Anwendungsbereich von § 358 BGB stellt die Rechtsprechung allerdings zutreffend umfassend auf das Interesse des Verbrauchers ab, so gestellt zu werden, als hätte er das Finanzierungsgeschäft nicht abgeschlossen (BGH, Beschluss vom 29. Mai 2015 - XI ZR 335/13 -, juris; Beschluss vom 07. April 2015 - XI ZR 121/14 -, juris; Beschluss vom 29. September 2009 - XI ZR 498/07 -, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 12.06.019, 31 W 12/19; Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 29. August 2019 - 5 U 506/18 -, juris). Dieses so bemessene wirtschaftliche Interesse lässt Raum sowohl für die Abwehr der eigenen Inanspruchnahme als auch für die Durchsetzung von Rückzahlungsansprüchen gegen die Bank und reduziert das Rechtschutzinteresse nicht etwa auf die Durchsetzung eigener Rückzahlungsansprüche.

Selbst wenn für die Bemessung des wirtschaftlichen Interesses allein auf die Rückzahlung der vom Verbraucher erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen abzustellen wäre, folgt daraus keine abweichende Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit. Maßgeblicher Erfüllungsort für die (isolierte) Leistungsklage auf Rückgewähr ist zwar grundsätzlich am Sitz der darlehensgewährenden Bank, soweit sie Schuldnerin dieser Leistungspflicht (Rückzahlung) ist. Das Argument hat auch der Senat ergänzend in seiner Entscheidung vom 14.12.2016 (s.o.) für die Verpflichtung zur Rückgewähr der Sicherheiten herangezogen. Der Begründung des Urteils kann jedoch nicht entnommen werden, dass ein bestehender Gerichtsstand (hier gem. § 29 ZPO) aus diesem Grund zu ignorieren wäre. Dies widerspräche der auch in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannten Einschätzung, dass ein Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag zu 1 unabhängig von einem eventuell anzunehmenden "eigentlichen wirtschaftlichen Klageziel" gegeben ist (s.o.). Deshalb kann unabhängig von einem ggf. weitergehenden Rechtsschutzinteresse auch allein der Feststellungsantrag verfolgt werden und es muss für die örtliche Zuständigkeit vorrangig auf diesen Antrag abgestellt werden.

b.

Eine eventuell eintretende Aufspaltung von Zuständigkeiten für die weiteren, hilfsweise gestellten Klageanträge führt ebenfalls nicht zu einer Verschiebung der örtlichen Zuständigkeit nach § 29 ZPO. Denn es ist grundsätzlich anerkannt, dass bei Darlehensverträgen je nach streitiger Verpflichtung ein unterschiedlicher Erfüllungsort maßgeblich sein kann (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 02. Juli 2019 - 6 U 312/18 -, Rn. 33, juris). Ob für die unter einer aufschiebenden Bedingung geltend gemachten Anträge zu 2-4 ohnehin ein gemeinsamer Erfüllungsort am Wohnsitz des Verbrauchers begründet ist, bedarf derzeit keiner Entscheidung. Die Frage hat der Senat für Darlehensverträge mit einem gem. § 358 BGB verbundenen Kaufvertrag bislang nicht entschieden. Dem Urteil des Senats vom 14.12.2016 (s.o.) lag eine solche Fallgestaltung nicht zugrunde.

c.

Gegen die Annahme der örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts Bielefeld spricht auch nicht etwa eine unzulässige Umgehung der allgemeinen Zuständigkeitsregelung in § 12 ZPO. Eine solche Sichtweise verquickt in nicht statthafter Weise die Fragen des Rechtsschutzbedürfnisses mit denen des Erfüllungsortes. Ob eine negative Feststellungsklage erhoben werden kann, beurteilt sich grundsätzlich nach dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 15. Mai 1986 - 4 U 326/85 -, NJW 1987, 138). Bejaht man dies, weil die Bank sich künftiger Erfüllungsansprüche gegen den Verbraucher berühmt, ist erst im zweiten Schritt zu prüfen, wo diese Klage erhoben werden kann.

Die Ermittlung des Erfüllungsortes richtet sich unabhängig von der Parteirolle nach dem materiellen Recht. Deshalb kann eine Umgehung der Zuständigkeitsregelungen nicht darin gesehen werden kann, dass der Verbraucher der Bank einen Prozess an einem für sie entfernten Gerichtsort "aufzwingt". Die negative Feststellungsklage als "aufgezwungenen Prozess" zu beurteilen, wäre nicht mit der Wertung zu vereinbaren, dass ein Rechtsschutzbedürfnis für eine solche Klage besteht. Die Auffassung führte im Ergebnis nur zu einem "eingeschränkten" Rechtsschutzbedürfnis, das lediglich eine Klage am allgemeinen Gerichtsstand der Bank zuließe. Ein solches eingeschränktes Rechtsschutzbedürfnis kann nicht mit § 12 ZPO begründet werden. Zwar erkennt § 12 ZPO das Interesse des Beklagten an, sich nicht an einem für ihn fremden Gerichtsort verteidigen zu müssen. Als Regulativ dazu sieht § 35 ZPO die freie Wahl des Klägers zwischen mehreren (allgemeinen und besonderen) Gerichtsständen vor. Diese freie Auswahl ist nur ausnahmsweise eingeschränkt und besteht bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs (BGH, Beschluss vom 12. September 2013 - I ZB 39/13 -, Rn. 9, juris). Ein solcher Ausnahmefall ist nicht gegeben. Denn schließlich besteht ein legitimes Interesse der Klägerin darin, ihrerseits den Rechtsstreit möglichst wohnsitznah durchzuführen, soweit die besonderen Gerichtsstandsregelungen dies zulassen. Selbst prozesstaktische Überlegungen, bei welchem Gericht nach Einschätzung der Klägerin bzw. ihres Prozessbevollmächtigten für ihr konkretes Begehren voraussichtlich die besten Erfolgsaussichten bestehen, sprechen nicht gegen die Wahl des für den eigenen Wohnsitz zuständigen Gerichts (BGH, Beschluss vom 12. September 2013, a.a.O., Rn.11).

Der Streit über das Bestehen von Erfüllungsansprüchen der Bank gegen den Verbraucher kann nach der maßgeblichen Zuordnung des materiellrechtlich zu beurteilenden Erfüllungsorts am Wohnsitz des Verbrauchers geführt werden.

III.

Eine Kostenentscheidung ist auch hinsichtlich der Kosten des Berufungsverfahrens nicht veranlasst. Darüber wird das Landgericht im Rahmen der einheitlichen Kostenendscheidung zu befinden haben. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.