OLG Hamm, Beschluss vom 28.06.2019 - 20 U 70/19
Fundstelle
openJur 2020, 750
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 18 O 162/18
Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 20.02.2019 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 11.050,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin schloss am 17.05.2017 mit Beginn zum 01.07.2017 bei der Beklagten zu 1) einen Rentenversicherungsvertrag ab. Bei Abschluss des Vertrages unterzeichnete sie zudem eine Erklärung, wonach ihr der Versicherungsschein, die Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Versicherungsbedingungen sowie die Verbraucherinformationen ausgehändigt wurden.

Vor Abschluss des Vertrages war die Klägerin von dem Beklagten zu 2), der Versicherungsmakler ist, in der Privatwohnung der Klägerin beraten worden.

Die Möglichkeit einer betrieblichen Altersvorsorge wurde bei diesen Beratungsgesprächen nur kurz erörtert; da der Betrieb, bei dem die Klägerin seinerzeit beschäftigt war, eine solche nicht anbot, war sie der Auffassung, dass eine betriebliche Altersvorsorge deshalb für sie nicht in Betracht komme. Ein Beratungsprotokoll wurde durch den Beklagten zu 2) nicht erstellt.

Auf den Rentenversicherungsvertrag erbrachte die Klägerin eine Einmalzahlung von 10.000,- € sowie insgesamt sieben monatliche Prämienzahlungen in Höhe von jeweils 150,- €.

Mit Schreiben vom 03.05.2018 erklärte die Klägerin den Widerruf sowie die Anfechtung ihrer auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärung.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Zahlung eines Betrages in Höhe der Summe von Einmalzahlung und geleisteten Prämien geltend gemacht. Sie ist bezüglich der Beklagten zu 1) der Auffassung, ihr stehe ein Widerrufsrecht schon wegen der Haustürsituation des Vertragsschlusses zu; jedenfalls sei die ihr erteilte Belehrung insoweit fehlerhaft. Hinsichtlich des Beklagten zu 2) meint die Klägerin, sie sei unzureichend über die Möglichkeit anderer Vertragsgestaltungen, insbesondere hinsichtlich einer betrieblichen Altersvorsorge, beraten worden. Sie behauptet dazu, der Abschluss einer betrieblichen Altersvorsorge bei der X Versicherung hätte eine um 300,- € höhere monatliche Rente zur Folge gehabt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Ein Anspruch gegenüber der Beklagten zu 1) ergebe sich weder aus § 346 Abs. 1 BGB noch aus § 812 Abs. 1 S. 2 BGB. Der von der Klägerin erklärte Widerruf sei unwirksam, weil die Widerrufsfrist verstrichen sei. Die Frist sei in Lauf gesetzt worden, die Klägerin habe bestätigt, die dafür maßgeblichen Unterlagen erhalten zu haben. Die ihr erteilte Widerrufsbelehrung sei auch inhaltlich ordnungsgemäß. Anfechtungsgründe seien nicht ersichtlich. Auch ein Anspruch gegen den Beklagten zu 2) bestehe nicht. Eine Pflichtverletzung des Beklagten zu 2) stehe, auch unter Berücksichtigung von aus dem Fehlen einer Beratungsdokumentation folgenden Beweiserleichterungen, nicht fest. Im Übrigen sei auch ein kausaler Schaden nicht hinreichend dargelegt worden.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, der Anträge, des Tenors und der Begründung des Urteils wird auf dieses Bezug genommen (Bl. 317 ff. der elektronischen Gerichtsakte, im Folgenden eGA).

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Sie meint weiterhin, der Vertrag mit der Beklagten zu 1) sei aufgrund des von ihr erklärten Widerrufs und der Anfechtung unwirksam. Der Beklagte zu 2) hafte ihr aufgrund einer unzureichenden Beratung über alternative vertragliche Möglichkeiten, insbesondere hinsichtlich einer betrieblichen Altersvorsorge.

Die Klägerin beantragt in Abänderung des angefochtenen Urteils,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 11.050,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.05.2018 zu zahlen,

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin Kosten für außergerichtliche Rechtsanwaltstätigkeit in Höhe von 958,19 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in zweiter Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat durch Beschluss vom 15.05.2019 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Ein Anspruch gegenüber der Beklagten zu 1) bestehe nicht. Der von der Klägerin erklärte Widerruf sei nicht fristgerecht erfolgt, ein Widerrufsrecht gemäß § 312g BGB scheide wegen § 312 Abs. 6 BGB ohnehin aus. Auch ein Anfechtungsgrund liege nicht vor. Auch gegenüber dem Beklagten zu 2) stehe der Klägerin kein Anspruch aus § 63 zu. Aus dem Vortrag der Klägerin ergebe sich weder eine Verletzung der Pflicht zur Bedarfsermittlung noch derjenigen zur Empfehlung des dafür passenden Versicherungsschutzes. Im Übrigen sei die Höhe eines etwaigen Schadens nicht hinreichend dargelegt worden. Weil die Klägerin selbst angegeben habe, bei zutreffender Beratung einen anderen Vertrag abgeschlossen zu haben, bestehe der Schaden nicht in der Summe der gezahlten Prämien, sondern nur insoweit, als sie gegenwärtig schlechter steht, als sie bei Abschluss des ansonsten gewählten Vertrages stehen würde. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss des Senats vom 15.05.2019 (eGA 445 ff.) verwiesen.

Die Klägerin hat sich gegen die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung gewandt. Der Senat verkenne die Reichweite der Pflichten eines Versicherungsmaklers; es bleibe dabei, dass die Beratung durch den Beklagten zu 2) völlig unzureichend gewesen sei. Gegenüber einer Privatrente habe der vom Beklagten zu 2) empfohlene Vertrag zwar in der Ansparphase noch Vorteile, in der Rentenphase aber einen Nachteil von 75,95 € monatlich. Außerdem wäre die Klägerin dadurch flexibler im Hinblick auf (teilweise) Auszahlungen während der Anspar- und Rentenphase gewesen. Schließlich bestehe ein gravierender Nachteil des vom Beklagten zu 2) empfohlenen Vertrages darin, dass das angesparte Kapital im Falle des Todes der Klägerin vor Erreichen des Rentenalters der Beklagten zu 1) zufalle. Es sei daher offensichtlich und habe daher keines Nachweises bedurft, dass der vom Beklagten zu 2) empfohlene Vertrag in mehreren Punkten für die Klägerin nachteilig gewesen sei. Der Beklagte zu 2) habe auch keinen einzigen Grund benennen können, der für eine vernünftige Beratung spreche. Zu dem Vorbringen der Klägerin im Einzelnen wird verwiesen auf den Schriftsatz vom 07.06.2019 (eGA 472 ff.).

II.

Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufungsangriffe der Klägerin aus der Berufungsbegründung vom 09.04.2019 (eGA 398 ff.) greifen nicht durch.

1.

Der Klägerin steht kein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Prämien gegen die Beklagte zu 1) zu.

a)

Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 9 Abs. 1 VVG i.V.m. § 346 Abs. 1, 2 BGB.

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der von der Klägerin mit Schreiben vom 03.05.2018 erklärte Widerruf nicht fristgerecht erfolgte. Die Frist betrug gemäß §§ 8 Abs. 1 S. 1, 152 Abs. 1 VVG 30 Tage und begann gemäß § 8 Abs. 2 VVG in demjenigen Zeitpunkt, in welchem die Klägerin die dort aufgeführten Unterlagen erhielt. Vorliegend bestätigte die Klägerin schriftlich, den Versicherungsschein, die Allgemeinen Versicherungsbedingungen sowie die weiteren Informationen nach § 7 Abs. 1 und 2 VVG erhalten zu haben. Die der Klägerin erteilte Widerrufsbelehrung entsprach den Anforderungen des § 8 Abs. 2 Nr. 2 VVG. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung auch nicht mehr.

b)

Ebenso wenig kommt ein Anspruch der Klägerin gemäß § 355 Abs. 3 BGB in Betracht.

Ein Widerrufsrecht der Klägerin im Sinne dieser Vorschrift bestand nicht; darauf, ob der Versicherungsvertrag in der Privatwohnung der Klägerin geschlossen wurde, kommt es nicht an. Denn unabhängig vom Vorliegen eines Haustürgeschäftes kommt ein Widerrufsrecht gemäß § 312g BGB nicht in Betracht, weil diese Vorschrift gemäß § 312 Abs. 6 BGB keine Anwendung auf den Abschluss von Versicherungsverträgen findet; die Widerrufsmöglichkeiten des Versicherungsnehmers beurteilen sich vielmehr ausschließlich nach den Vorschriften des VVG. Auch dagegen wendet sich die Klägerin in der Berufungsinstanz nicht mehr.

c)

Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB scheidet gleichfalls aus.

Die Klägerin erbrachte die Prämienzahlungen aufgrund eines wirksamen Versicherungsvertrages und daher mit Rechtsgrund. Insbesondere ist der Versicherungsvertrag nicht durch die von der Klägerin erklärte Anfechtung als von Anfang an unwirksam anzusehen. Denn es fehlt an einem Anfechtungsgrund. Eine arglistige Täuschung der Klägerin durch die Beklagte zu 1) im Sinne von § 123 Abs. 1 BGB ist nicht ansatzweise ersichtlich; aber auch ein Irrtum im Sinne von § 119 Abs. 1 BGB liegt nicht vor. Soweit die Klägerin die Vorstellung hatte, der von ihr abgeschlossene Vertrag sei "lukrativer", als dies tatsächlich der Fall war, läge nur ein unbeachtlicher Motivirrtum vor.

d)

Schließlich kommt auch ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) aus § 6 Abs. 5 VVG wegen einer vermeintlichen Falschberatung durch die Beklagte zu 1) nicht in Betracht.

Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist diese Anspruchsgrundlage gemäß § 6 Abs. 6 VVG unanwendbar, wenn der Versicherungsvertrag - wie hier - von einem Versicherungsmakler vermittelt wurde. Zwar können sich auch in solchen Fällen ergänzende Hinweispflichten des Versicherers aus § 242 BGB ergeben (Prölss/Martin-Rudy, VVG, 30. Aufl. 2018, § 6 Rn. 70). Eine solche Pflicht des Versicherers, die trotz § 6 Abs. 6 VVG neben diejenigen des Maklers tritt, besteht aber nur in Ausnahmefällen, etwa wenn der Antrag des Versicherungsinteressenten erkennbar unklar ist (vgl. dazu z.B. OLG Saarbrücken, Urteil vom 04.05.2011 - 5 U 502/10, VersR 2011, 1441). Eine Pflicht der Beklagten zu 1), die Klägerin auf ihren Antrag hin über alternative Formen der Altersvorsorge zu beraten, lässt sich aus § 242 BGB nicht ableiten, da dies gerade der Pflichtenkreis des Beklagten zu 2) war. Auch dies greift die Klägerin in der Berufungsinstanz nicht mehr an.

2.

Aber auch gegen den Beklagten zu 2) steht der Klägerin kein Anspruch auf Rückzahlung der von ihr geleisteten Prämienzahlungen zu.

a)

Dabei kann zunächst dahinstehen, ob die Klägerin entsprechend der von ihr vertretenen Auffassung gemäß §§ 323, 326 BGB von dem mit dem Beklagten zu 2) geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag zurücktreten konnte. Denn daraus könnte die Klägerin ohnehin nicht die Zahlung eines Betrages in Höhe der an die Beklagte zu 1) geleisteten Prämien ableiten.

b)

Einzige in Betracht kommende Grundlage für einen derartigen Anspruch der Kläger gegen den Beklagten zu 1) ist daher § 63 S. 1 VVG. Auch ein solcher Anspruch scheidet vorliegend aber aus.

aa)

Selbst wenn eine Pflichtverletzung des Beklagten zu 2) vorläge, wäre jedenfalls die Höhe eines etwaigen Schadens seitens der Klägerin nicht hinreichend dargelegt worden.

Es trifft zwar zu, dass der durch eine fehlerhafte Beratung entstehende Schaden in der Belastung mit einem nachteiligen Vertrag liegen kann, so dass der Anspruchsteller verlangen kann, so gestellt zu werden, wie er ohne Vertragsschluss stünde (Prölss/Martin-Dörner, a.a.O., § 63 Rn. 16). Dies gilt aber nur dann, wenn der Versicherungsnehmer geltend macht, er hätte bei zutreffender Beratung überhaupt keinen Vertrag abgeschlossen (Prölss/Martin-Dörner, a.a.O.). Gerade das ist aber hier nicht der Fall; die Klägerin hat durchgehend schriftsätzlich vorgetragen und auch bei ihrer Anhörung vor dem Landgericht ausdrücklich bestätigt, dass die bei zutreffender Beratung nicht gar keinen, sondern einen anderen Vertrag abgeschlossen hätte (eGA 310 oben). Angesichts dessen könnte die Klägerin selbst dann, wenn eine Pflichtverletzung des Beklagten zu 2) vorläge, nicht pauschal die Rückzahlung sämtlicher erbrachter Prämienzahlungen (unter Anrechnung der schon aufgrund des Vertrages erlangten Vorteile, etwa Steuervergünstigen) verlangen. Vielmehr wäre sie so zu stellen, wie sie bei Abschluss des günstigeren Vertrages gestanden hätte (vgl. z.B. KG Berlin VersR 2009, 343). Auch deshalb wäre eine nähere Darlegung der Klägerin erforderlich gewesen, welche konkrete Form der betrieblichen Altersvorsorge sie bei zutreffender Beratung gewählt haben würde und wie sich ihre wirtschaftliche Situation dann im Vergleich zu derjenigen, wie sie angesichts des nunmehr abgeschlossenen Vertrages tatsächlich besteht, dargestellt hätte. Daran fehlt es aber wie bereits dargelegt.

Obwohl schon das Landgericht mehrfach darauf hingewiesen hat, dass die Schadenshöhe seitens der Klägerin nicht hinreichend dargelegt ist, und trotz des deutlichen Hinweises des Senats im Hinweisbeschluss vom 15.05.2019, dass insoweit ein Vergleich zwischen der tatsächlichen und der hypothetisch bei anderer Beratung bestehenden Vermögenslage der Klägerin erforderlich ist, hat die Klägerin zu der Höhe eines etwaigen Schadens auch in ihrer Stellungnahme vom 07.06.2019 keine näheren Ausführungen gemacht.

Schon deshalb besteht gegen den Beklagten zu 2) der geltend gemachte Anspruch nicht.

bb)

Im Übrigen bleibt es aber auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin im Schriftsatz vom 07.06.2019 dabei, dass es schon an der Verletzung einer aus §§ 60, 61 VVG folgenden, für die Erbringung der Prämienzahlungen ursächlichen Beratungspflicht des Beklagten zu 2) fehlt.

Gemäß § 61 Abs. 1 VVG hat der Makler den Versicherungsinteressenten nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu fragen (Pflicht zur Bedarfsermittlung) und sodann den für diesen Bedarf passenden Versicherungsschutz zu empfehlen (Pflicht zur Beratung). Dabei trifft ihn gemäß § 60 Abs. 1 VVG die Pflicht, seine Empfehlung auf eine ausreichende Grundlage zu stützen. Gemäß §§ 61 Abs. 1 S. 2, 62 VVG muss er den Inhalt der Beratung dokumentieren.

(1)

Der erstgenannten Verpflichtung, nämlich den Bedarf der Klägerin zu ermitteln, ist der Beklagte zu 2) in nicht zu beanstandender Weise nachgekommen. Es ist unstreitig, dass der Beklagte zu 2) die persönliche Lebenssituation der Klägerin und ihre Vorstellungen für die Zukunft erfragte, um sie auf dieser Grundlage hinsichtlich einer Absicherung für das Rentenalter beraten zu können. Insbesondere erörterte er mit ihr, dass die Lebensplanung der Klägerin die Möglichkeit vorsah, für gewisse Zeiträume aus dem Berufsleben auszuscheiden. Dass die Klägerin eine solche Lebensplanung hatte, hat sie bei ihrer Anhörung im Termin vom 20.02.2019 ausdrücklich bestätigt (GA 182 unten). Dagegen wendet sich die Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 07.06.2019 zu dem Hinweisbeschluss des Senats vom 15.05.2019 auch nicht mehr.

(2)

Eine Verletzung der Pflicht, ausgehend von diesem Bedarf den dafür passendsten Versicherungsschutz zu empfehlen, steht ebenfalls nicht fest.

(a)

Darlegungs- und beweisbelastet für ihre Behauptung, der Beklagte zu 2) habe für diesen zuvor ermittelten Bedarf nicht den passendsten Versicherungsschutz empfohlen, ist die Klägerin. Dies verkennt sie im Schriftsatz vom 07.06.2019, wenn sie ausführt, "allenfalls ein Zeuge bzw. ein Sachverständiger" hätten die Feststellung ermöglichen können, ob das Beratungsergebnis des Beklagten zu 2) das "bestmögliche Ergebnis" ist (eGA 467). Es ist Sache der Klägerin darzulegen und zu beweisen, welche nach den Umständen konkret erforderliche Aufklärung oder Empfehlung der Beklagte zu 2) pflichtwidrig unterlassen hat.

Daran ändert das - unstreitige - Fehlen einer Beratungsdokumentation nichts. Dies kann zwar, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, zu Beweiserleichterungen bis hin zu Beweislastumkehr führen. Das betrifft aber lediglich die Frage, ob eine bestimmte - nicht dokumentierte - Beratung erfolgt ist oder nicht. Ergibt sich ein solcher Hinweis von wesentlicher Bedeutung nicht aus der Dokumentation oder fehlt eine solche gar völlig, kann der Vermittler für seine Behauptung, er habe in bestimmter Weise beraten, beweisbelastet sein (BGH, Urteil vom 13.11.2014 - III ZR 544/13, VersR 2015, 107). Etwas anderes gilt aber hinsichtlich derjenigen tatsächlichen Umstände, aus denen der Versicherungsinteressent überhaupt die Rechtspflicht des Vermittlers herleiten will, ihn über ein bestimmtes Versicherungsprodukt zu beraten. Unabhängig vom Vorhandensein oder Fehlen einer Beratungsdokumentation ist hier deshalb die Klägerin beweisbelastet für diejenigen Tatsachen, aus denen sich eine rechtliche Verpflichtung des Beklagten zu 2) ableiten ließe, sie - auch - über einzelne Möglichkeiten einer betrieblichen Altersvorsorge zu beraten. Dies gilt insbesondere für die Behauptung der Klägerin, eine solche betriebliche Altersvorsorge wäre im Vergleich zu dem vom Beklagten zu 2) empfohlenen Versicherungsvertrag passender gewesen, um die Absicherungsinteressen der Klägerin zu verwirklichen.

(b)

Dieser Darlegungs- und Beweislast genügt die Klägerin nicht durch die pauschale Behauptung, es hätte für sie "deutlich bessere Formen der Altersvorsorge" gegeben, insbesondere wäre eine betriebliche Altersvorsorge angesichts der "persönlichen Verhältnisse" der Klägerin für diese günstiger gewesen. Der Beklagte zu 2) hat dies in zulässiger Weise bestritten und seinerseits behauptet, angesichts der von der Klägerin für ihre Zukunft in Betracht gezogenen Unterbrechung ihrer Berufstätigkeit sei eine betriebliche Altersvorsorge für sie unpassend gewesen. Angesichts dessen wäre es Sache der Klägerin gewesen, nachvollziehbar darzulegen, welcher konkrete andere Versicherungsvertrag ihr welche konkreten Vorteile gebracht hätte, so dass sich daraus eine Verpflichtung des Beklagten zu 2) ableiten ließe, hierüber zu informieren und zu beraten.

Dem genügt der Vortrag der Klägerin trotz Hinweises des Senats weiterhin nicht, auch nicht unter Berücksichtigung ihrer Ausführungen im Schriftsatz vom 07.06.2019.

Der punktuelle Verweis der Klägerin, der vom Beklagten zu 2) empfohlene Vertrag habe in der Rentenphase einen Nachteil von 75,95 € monatlich gegenüber einer Privatrente, ist für sich genommen nicht geeignet, eine Pflichtverletzung des Beklagten zu 2) zu belegen. Die Klägerin selbst trägt vor, dass dem wirtschaftliche Vorteile in der Ansparphase gegenüber gestanden hätten; weitere wirtschaftliche Betrachtungen fehlen völlig. Es ist damit nicht ersichtlich, inwieweit dieser andere Vertrag bei einer Gesamtbetrachtung wirtschaftlich günstiger für die Klägerin gewesen wäre.

Auch der Vortrag der Klägerin, sie wäre bei anderen Verträgen in der Anspar- und Rentenphase bezüglich Teilauszahlungen deutlich flexibler gewesen und zudem falle das angesparte Kapital im Todesfall der Beklagten zu 1) zu, vermag eine Pflichtverletzung des Beklagten zu 2) nicht zu begründen. Die Klägerin lässt bei ihrem Vortrag schon außer Acht, dass die Empfehlung des Beklagten zu 2) ausdrücklich auf der - unstreitigen - Lebensplanung der Klägerin basierte, zum Zwecke der Familiengründung ihre Berufstätigkeit zumindest zeitweise zu unterbrechen. Wie sich diese Lebensplanung zu den anderen Vertragsgestaltungen verhält, welche die Klägerin in den Raum stellt, ist nicht ersichtlich. Zudem hat die Klägerin bei ihrer Anhörung durch das Landgericht selbst angegeben, ihr Ziel sei gewesen, "später möglichst viel Rente" zu erhalten (eGA 307). Angesichts dessen durfte der Beklagte zu 2) seine Beratung an dem Ziel ausrichten, eine möglichst hohe Rentenzahlung zu gewährleisten. Eine ständige Verfügbarkeit des angesparten Kapitals für (Teil-)Auszahlungen steht diesem Ziel naturgemäß entgegen. Schließlich bestand für den Beklagten 2) angesichts des erklärten Ziels der Klägerin, ihre Rentenzahlung zu maximieren, auch keine Veranlassung für die Annahme, sie lege Wert auf Auszahlungen an ihre Erben für den Fall, dass sie vor Erreichen des Rentenalters versterben würde, denn auch dies hätte die Höhe der späteren Rente zwangsläufig reduziert.

(3)

Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass die - als solche unstreitige - Verletzung der Dokumentationspflicht nicht kausal zu dem hier geltend gemachten Schaden, nämlich der Zahlung der Prämien, geführt hat. Sie hat allenfalls Beweiserleichterungen zur Folge, die aber hier aus den dargelegten Gründen nichts daran ändern, dass ein Anspruch der Klägerin nicht besteht.

3.

Mangels Bestehen von Ansprüchen in der Hauptsache kann die Klägerin schließlich weder von der Beklagten zu 1) noch vom Beklagten zu 2) den Ersatz ihrer außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten verlangen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO; die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung dieses Beschlusses ergibt sich unmittelbar aus § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO.