LG Bochum, Urteil vom 10.07.2015 - I-4 O 21/15
Fundstelle
openJur 2020, 727
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • nachfolgend: Az. 15 U 110/15
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Herausgabe eines PKW.

Der Kläger war Eigentümer eines PKW B, ...#.

Er behauptet,

er habe den streitgegenständlichen PKW im Internet auf der Plattform "n.de" zum Preis von 31.995,00 € zum Verkauf angeboten, woraufhin sich telefonisch eine Person gemeldet habe, die sich als S vorgestellt habe. Man sei sich am Telefon handelseinig geworden, er habe das Fahrzeug telefonisch an den S verkauft. Als Zahlungsweg sei Überweisung des Kaufpreises vereinbart worden. Der Käufer habe dann in einem weiteren Telefonat mitgeteilt, dass er das Fahrzeug nicht selbst abholen könne, sondern einen Vertreter mit Vollmacht und Personalausweis des S schicken werde.

Der Vertreter, der sich als C vorstellte, sei noch am gleichen Tag bei dem Kläger erschienen, habe den Personalausweis des Herrn S mit sich geführt und dem Kläger eine Quittung über eine Überweisung auf das Konto des Klägers, die von der Postbank ausgestellt sei, vorgelegt. Man habe sodann den bereits mündlich geschlossenen Vertrag noch schriftlich fixiert, sodann habe der Kläger dem Vertreter des Käufers den streitgegenständlichen PKW nebst Papieren ausgehändigt.

Der Kaufpreis sei auf seinem Konto sodann jedoch nicht eingegangen, woraufhin er Anzeige bei der Polizei erstattet habe.

Unstreitig sind dem Zeugen S vor dem vorgenannten Geschehen seine Geldbörse nebst Ausweispapieren abhanden gekommen. Der wirkliche S ist in die Angelegenheit nicht involviert, hat insbesondere nie mit dem Kläger telefoniert und auch mit ihm keinen Kaufvertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug geschlossen.

Der Beklagte hat unstreitig das streitgegenständliche Fahrzeug am 22.11.2014 von einem Dritten, der ihm gegenüber als K aufgetreten ist, mit schriftlichem Kaufvertrag erworben, und zwar zum Preis von 21.700,00 €. Insoweit hat er das Fahrzeug ebenfalls auf "n.de" entdeckt, wo es unter Angabe einer Mobiltelefonnummer und unter Angabe eines falschen Erstzulassungsmonats und einer falschen Modellbezeichnung angeboten war. Nach Kontaktaufnahme, die ergab, dass das Fahrzeug in Rheine stehe, machte sich der Beklagte mit seiner Frau auf den Weg, zwischenzeitlich hatte man sich verständigt, eine Besichtigung auf halbem Wege, nämlich in Greven, stattfinden zu lassen. Das Fahrzeug wurde besichtigt, der Dritte brachte es dem Beklagten am gleichen Abend nach Bochum, wo der Kaufpreis bar entrichtet wurde. Der Dritte gab sich gegenüber dem Beklagten als gewerblicher Zwischenhändler aus, das genutzte Kaufvertragsformular beschreibt allerdings einen Kauf von privat. Aus den mit übergebenen Papieren war der Kläger weiter als Halter ersichtlich.

Der Kläger behauptet weiter,

der vom Beklagten gezahlte Kaufpreis sei ungewöhnlich niedrig.

Der Kläger ist der Ansicht,

er habe das Eigentum an dem streitgegenständlichen PKW nicht verloren, eine wirksame Übereignung habe es an den S nicht gegeben. Denn es sei ihm gerade darauf angekommen, mit dem echten S zu kontrahieren, was nicht geschehen sei.

Der Beklagte habe das Eigentum auf Grund der unstreitigen Umstände auch nicht gutgläubig erwerben können.

Sein Herausgabeanspruch ergebe sich aus dem Eigentum.

Der Kläger beantragt,

den Beklagen zu verurteilen, an ihn das Fahrzeug vom Typ B, Fahrgestellnummer ...# mit dem letzten amtlichen Kennzeichen ...# nebst Zulassungsbestätigung Teil II sowie entweder nebst Zulassungsbetätigung Teil I oder nebst Abmeldebescheinigung sowie nebst Schlüsseln des Fahrzeuges herauszugeben sowie

den Beklagten zu verurteilen an den Kläger 1.474,89 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Januar 2015 als gesonderten Verzugsschaden zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Meinung,

das streitgegenständliche Fahrzeug jedenfalls gutgläubig erworben zu haben. Der Kläger habe das Fahrzeug aber auch übereignet und sein Eigentum verloren.

Eine Ablichtung der Ermittlungsakten 15 UJs 5436/15 StA Hildesheim war beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Gründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

Der Kläger kann von dem Beklagten nicht die Herausgabe des streitgegenständlichen PKW verlangen.

Insbesondere folgt ein solcher Anspruch nicht aus § 985 BGB, denn der Kläger ist nicht Eigentümer des streitgegenständlichen PKW.

Insoweit kann offen bleiben, ob der Kläger das Eigentum dadurch verloren hat, dass es der Beklagte gutgläubig von einem Dritten erworben hat. Zwar ist das Fahrzeug dem Kläger nicht abhanden gekommen, so dass ein solcher Erwerb grundsätzlich möglich ist. Ob eine Gutgläubigkeit auf Seiten des Beklagten vorliegt, was zweifelhaft sein könnte, weil die im Tatbestand beschriebenen Umstände (Eintrag in die Papiere, Kaufvertrag von Privat, Kaufpreis, Treffen auf halber Strecke) jedenfalls in ihrer Gesamtheit die Gutgläubigkeit auch entfallen lassen könnten, muss nicht entschieden werden. Beweiserhebung über die Angemessenheit des Kaufpreises ist nicht erforderlich.

Denn der Kläger hat sein Eigentum jedenfalls durch eigene Übereignungshandlung im Sinne des § 929 BGB an den Abholer des Fahrzeugs oder den durch ihn vertretenen Telefongesprächspartner verloren.

Unstreitig hat der Kläger das Fahrzeug an den ihm gegenüber als C aufgetretenen Herrn übergeben, der angab, für einen Herrn S zu handeln.

Mit einer Person, die sich dieses Namens bediente, hatte sich der Kläger nach eigenen Angaben zuvor auf einen Kaufvertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug telefonisch geeinigt. Denn nach eigener Auskunft im Termin war die Sache fix: Kaufobjekt, Kaufpreis und auch die Zahlungsmodalitäten waren telefonisch geklärt.

Auch eine Einigung über den Eigentumsübergang ist erfolgt. Denn der Kläger war sich mit seinem Telefonpartner darüber einig, dass das Eigentum übergehen soll, insbesondere sollte nicht eine vorherige oder gleichzeitige Kaufpreiszahlung Bedingung sein. Andernfalls wäre es nicht zu erklären, dass der Kläger den Besitz an dem streitgegenständlichen PKW ohne erfolgte Gutschrift auf sein Konto oder ohne Barzahlung aufgegeben hat.

Die Eigentumsübertragung scheitert auch nicht daran, dass der Kläger der Ansicht war, mit dem echten S zu kontrahieren bzw. es ihm gerade hierauf ankam.

Beim hier, die Richtigkeit des klägerischen Vortrags unterstellt, vorliegenden Handeln unter fremdem bzw. falschem Namen kommt es für die Frage, ob ein Eigengeschäft des Handelnden oder ein Geschäft des wirklichen Namensträgers vorliegt, darauf an, ob die Benutzung des Namens bei dem Geschäftspartner eine Fehlvorstellung hervorruft oder ob dieser lediglich mit dem Handelnden kontrahieren will, ihm der tatsächliche Name seines Gegenübers somit gleichgültig ist (BGH, II ZR 304/86).

So ist insbesondere bei Bargeschäften die Fallgruppe des "Geschäftes für den, den es angeht" anerkannt (gerade für den Gebrauchtwagenkauf: BGH, V ZR 92/12).

Im dortigen Fall war ein Gebrauchtwagen gegen Barzahlung von jemandem übereignet worden, der den PKW zuvor vom wahren Eigentümer unterschlagen hatte und dessen Namen nutzte. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Übereignung nicht daran scheiterte, dass der als Verkäufer auftretende nicht von dem wahren Eigentümer bevollmächtigt war.

Andererseits ist für Fälle, in denen es dem Verkäufer berechtigterweise konkret darauf ankommt, nur mit dem tatsächlichen Namensträger zu kontrahieren, anerkannt, dass die Übereignung dann daran scheitert, dass der tatsächlich handelnde nicht von dem Namensträger bevollmächtigt ist.

Dies ist in der Rechtsprechung insbesondere für Fälle angenommen worden, in denen der Leistungsaustausch nicht sofort abgewickelt wird.

Der hier zu entscheidende Fall liegt letztlich in der Mitte der genannten Fallgestaltungen: Es handelt sich nicht um ein Bargeschäft. Allerdings war der Kläger der Ansicht, durch die ihm vorgelegte Quittung hinreichend sicher auf den unmittelbar bevorstehenden Zahlungseingang schließen zu können. Andernfalls hätte er das Fahrzeug nicht übergeben.

Insoweit ist zu bedenken, dass auch in der Fallgestaltung der Barzahlung, für welche das "Geschäft für den, den es angeht" anerkannt ist, eine 100%ige Sicherheit nicht besteht, etwa wenn die Kaufsache mit Falschgeld bezahlt wird.

Die Kammer ordnet den hiesigen Fall mehr in die Richtung ein, dass es dem Kläger gleichgültig war, wie sein Geschäftspartner tatsächlich mit Namen hieß. Er kannte vor den bestrittenen Vorgängen des 20.11.2014 weder den Herrn S, noch den ihm gegenüber Auftretenden. Der Name war ihm letztlich auch nicht wichtig. Denn er dachte, die Gegenleistung sei mit hinreichender Sicherheit auf dem Weg zu ihm. Wenn dies anders gewesen wäre, hätte er das Fahrzeug nicht herausgegeben. Das erkennt man zuletzt auch daran, dass der Kläger in dem von ihm genutzten Kaufvertrag (Bl. 8 d. A.) ausdrücklich keinen Eigentumsvorbehalt vereinbart. Das entsprechende Kreuz in dem dafür vorgesehen Kästchen fehlt.

Dass die letzte Sicherheit fehlte, ist wie ausgeführt auch bei vorgenommener Barzahlung nicht entscheidend.

Letztlich hat der Kläger daher den streitgegenständlichen PKW an den ihm gegenüber als S auftretenden Unbekannten durch Einigung und Übergabe an eine verabredungsgemäß erschienene Geheißperson übereignet, so dass bereits deshalb ein Anspruch aus § 985 BGB ausscheidet.

Weitere Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich, insbesondere ergeben sich solche nicht aus dem früheren Besitz des Klägers, da er diesen freiwillig aufgegeben hatte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

Der Streitwert wird auf 30.500,00 EUR festgesetzt.

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