VG Düsseldorf, Urteil vom 04.09.2018 - 14 K 2044/17.A
Fundstelle
openJur 2020, 378
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • nachfolgend: Az. 4 A 3954/18.A
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

Tatbestand und Entscheidungsgründe:

Das Gericht kann trotz Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil sie mit der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde, § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Klage vom 08.02.2017 mit den Anträgen,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 30.01.2017 zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und ihm die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen,

hilfsweise,

ihm subsidiären Schutz gemäß § 4 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen,

weiter hilfsweise,

festzustellen, dass in seiner Person Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

hat keinen Erfolg.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid des Bundesamtes vom 30.01.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

Der Kläger, der nach seinen eigenen Angaben am 24.07.2015 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland einreiste, hat zu seinem Verfolgungsschicksal im Wesentlichen ausgeführt, dass er mit einem Stammkunden mitgefahren sei und der habe ihn zu der Gruppe Jamaat ud-Dawa (Lashkare-Taiba) gebracht. Man habe ihn geschlagen und er sei eingesperrt worden. Man habe ihm nicht gesagt, warum er festgehalten worden sei. Sein Vater habe herausbekommen, wo er versteckt gehalten worden sei. Er habe mit dem Mann, der ihm essen gebracht habe, Kontakt aufgenommen und ihm Geld gegeben, damit er ihm zur Flucht verhelfe. Dieser Mann habe ihm dann den Fluchtweg gezeigt. Er sei dann zunächst nach Lahore und dann nach Karachi gegangen Sein Vater habe einen Schlepper besorgt und er habe Pakistan verlassen. Wenn er nach Pakistan zurückkehre, werde er von dem Stammkunden umgebracht.

Gemessen an diesem Vorbringen hat der Kläger in dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Asylgesetz (AsylG) maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keinen Anspruch auf die Anerkennung als Asylberechtigter, auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG und die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG. Darüber hinaus besteht auch kein Anspruch auf Feststellung nationaler Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).

Das Gericht folgt den tragenden Feststellungen und der im Wesentlichen zutreffenden Begründung des Bescheides des Bundesamtes vom 30.01.2017 und sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe - mit Ausnahme der folgenden ergänzenden Ausführungen - ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter gemäß § 16a Abs. 1 GG besteht schon deshalb nicht, weil der Kläger nach seinen Angaben auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist. Da die Bundesrepublik ausschließlich von sicheren Drittstaaten umgeben ist (vgl. § 26a Abs. 2 AsylG i.V.m. Anlage I zu § 26a AsylG), ist eine Anerkennung als Asylberechtigter gemäß Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG i.V.m. § 26a AsylG von vornherein ausgeschlossen.

Ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG besteht ebenfalls nicht, weil dem Kläger in Pakistan keine flüchtlingsrechtlich beachtliche Verfolgung droht.

Unterstellt man das im Verwaltungsverfahren vor dem Bundesamt dargelegte Verfolgungsschicksal als wahr, kann die Klage schon deshalb keine Aussicht auf Erfolg haben, weil sich der Kläger hinsichtlich der von ihm behaupteter Nachstellungen der privaten Akteure, d.h. sowohl der Mitglieder der militanten Organisation Jamaat ud-Dawa als auch des Stammkundens, gemäß § 3e AsylG auf die bestehende Möglichkeit der Inanspruchnahme internen Schutzes verweisen lassen. Es ist ihm möglich und zuzumuten, sich etwaigen Bedrohungen durch eine Flucht innerhalb Pakistans zu entziehen (inländische Fluchtalternative). Bei dem Kläger handelt es sich um einen gesunden Mann, so dass er durch Aufnahme einer Arbeit bei entsprechendem Einsatz seiner Arbeitskraft in der Lage ist, sich auch in einem anderen Landesteil Pakistans eine wirtschaftliche Existenzgrundlage aufzubauen und seinen Lebensunterhalt sicherzustellen.

Vgl. VG Aachen, Urteil vom 21.06.2013 - 6 K 1151/12.A -, Rn. 50, juris; VG Ansbach, Urteil vom 13.12.2007 - AN 3 K 07.30689 -, Rn. 24, juris.

Es steht auch nicht zu befürchten, dass die vom Kläger benannten privaten Akteure ihn in anderen Landesteilen Pakistans aufspüren könnten. Denn nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes können potentiell verfolgte Personen vor allem in den pakistanischen Großstädten wegen der dort vorherrschenden Anonymität in aller Regel unbehelligt leben, selbst wenn sie - was hier nicht der Fall ist - von der Polizei wegen Mordes gesucht werden.

Vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Pakistan, Stand: August 2017; Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 15.01.2014 an das VG Leipzig.

Dies ist nicht zuletzt dadurch bedingt, dass in Pakistan kein funktionierendes Meldewesen existiert, so dass die Übersiedlung in einen anderen Landesteil die Möglichkeit bietet, unerkannt und unbehelligt zu bleiben.

Vgl. VG Aachen, Urteil vom 21.06.2013 - 6 K 1151/12.A -, Rn. 50, juris; VG Sigmaringen, Urteil vom 24.01.2004 - A 6 K 10917/02 -, juris; Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 15.01.2014 an das VG Leipzig.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylG. Stichhaltige Gründe für die Annahme, dass dem Kläger in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 AsylG, mithin die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3) drohen könnte, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Im Übrigen müsste sich der Kläger gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3e AsylG auch insoweit auf die bestehende Möglichkeit der Inanspruchnahme internen Schutzes verweisen lassen.

Darüber hinaus bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass nationale Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG einschlägig sein könnten.

Nach alledem liegen auch die gesetzlichen Voraussetzungen für die im angefochtenen Bescheid enthaltene Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung vor, §§ 34, 38 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung beantragt werden. Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder

2. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

3. ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

Der Antrag ist schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) eingereicht werden.

In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen.

Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz - RDGEG -).

Die Antragsschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.

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