AG Frankfurt am Main, vom 21.07.2017 - 33 C 767/17 (67)
Fundstelle
openJur 2019, 32283
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihren gesetzlichen Vertretern, zu unterlassen, von ihr gehaltene oder benutzte Fahrzeuge in der Feuerwehrzufahrt und auf den Stellflächen zwischen den Stützpfeilern, die sich von der XXX Straße aus gesehen links befinden, am Gebäude XXX Straße X, XXXXX Frankfurt am Main, zu parken und Dritten diese Flächen zum Zwecke des Parkens von Fahrzeugen zu überlassen, sofern es sich nicht um kurzzeitiges Be- und Entladen eines Fahrzeuges handelt.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500,00 EUR und wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Mit Mietvertrag vom 22.04.2015 (Bl. 6 ff. d. A.), auf den wegen dessen Einzelheiten Bezug genommen wird, mietete die Beklagte von der Klägerin Gewerberäume im Anwesen XXX Straße X, XXXXX Frankfurt am Main.

Vor dem Haus befindet sich eine Feuerwehrzufahrt, die seitlich von Stützpfeiler begrenzt wird, zwischen welchen sich Freiflächen in Form von Nischen befinden. Diese Flächen nutzt die Beklagte zum Abstellen von Fahrzeugen. Wegen der Einzelheiten der örtlichen Gegebenheiten wird auf die zur Akte gereichten Lichtbilder (Bl. 15 f. d. A.) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 11.05.2016 (Bl. 12 d. A.) forderte die Klägerin die Beklagte auf, die Feuerwehrzufahrt nicht durch Fahrzeuge zu blockieren. Mit Schreiben vom 17.08.2016 (Bl. 13 d. A.) und 03.11.2016 (Bl. 14 d. A.) forderte die Klägerin die Beklagte erneut zur Unterlassung der Nutzung der Flächen und der Feuerwehreinfahrt als Parkfläche auf. Mit Schreiben vom 12.01.2017 (Bl. 17 d. A.) wiederholte sie diese Forderung gegenüber der Beklagten und widerrief zudem ausdrücklich eine etwaige Gestattung der Nutzung als Parkfläche. Auch in der Folgezeit stellte die Beklagte Fahrzeuge auf den Flächen zwischen den Stützpfeilern ab.

Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe Fahrzeuge auch in der Einfahrt selbst abgestellt, zudem würden die in den Nischen abgestellten Fahrzeuge in die Einfahrt hineinragen.

Die Klägerin beantragt,

wie erkannt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es handele sich bei den Nischen um für sie vorgesehene Stellplätze. Bei Abschluss des Mietvertrages habe die Klägerin ihr zugesichert, dass sie die Parkflächen nutzen könne. Zudem habe die Klägerin die Nutzung der Flächen und die Anbringung von Schildern mit der Aufschrift "AVIA" ohne jegliche Beanstandungen in der Vergangenheit gestattet. Die Beklagte ist der Ansicht, dass selbst wenn die Klägerin zu einem Widerruf der Gestattung grundsätzlich berechtigt wäre, die Ausübung dieses Rechts jedenfalls rechtsmissbräuchlich sei.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 541 BGB zu.

Nach § 541 BGB kann der Vermieter auf Unterlassung klagen, wenn der Mieter einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache trotz einer Abmahnung fortsetzt. Maßstab ist der dem Mieter zustehende Mietgebrauch, der sich primär aus dem Inhalt und Zweck des Mietvertrags ergibt (BGH NJW 2008, 216 [BGH 10.10.2007 - VIII ZR 260/06]; Palandt/Weidenkaff, 75. Aufl. 2016, § 541, Rn. 6). Aus dem schriftlichen Mietvertrag ergibt sich eine Vereinbarung der Parteien über die Anmietung oder sonstige Berechtigung zur Nutzung von Parkplätzen nicht. Eine diesbezügliche mündliche Absprache der Parteien hat die Beklagte nicht substantiiert vorgetragen und im Übrigen auch nicht unter Beweis gestellt.

Ein Recht zur fortwährenden Nutzung der Flächen zum Zwecke des Parkens von Fahrzeugen - soweit dies über ein kurzzeitiges Be- und Entladen hinausgeht - ergibt sich auch nicht aus einer etwaigen konkludenten Gestattung der Klägerin aufgrund einer Duldung seit Beginn des Mietverhältnisses im Mai 2015. Denn selbst eine langwährende Duldung der unentgeltlichen tatsächlichen Nutzung führt weder zu einer Einbeziehung in den Mietvertrag noch zur Annahme einer unwiderruflichen Gestattung (vgl. ebenso LG Frankfurt a. M., Urt. v. 8.5.2014 - 2/11 S 86/14, BeckRS 2014, 22916; LG Saarbrücken Urt. v. 7.6.1996 - 13 BS 13/96, BeckRS 9998, 74445). Dass die Klägerin die Nutzung zunächst nicht ausdrücklich beanstandete, konnte und durfte die Beklagte bei einer Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont gem. §§ 133, 157 BGB nicht anders verstehen als eine bloße Duldung. Denn ein Mietvertrag ist auf eine entgeltliche Gebrauchsüberlassung gerichtet, so dass der Mieter ohne besondere Umstände nicht davon ausgehen kann, dass die Duldung der unentgeltlichen Nutzung den Pflichtenkreis des Vermieters und den Rechtskreis des Mieters dauerhaft erweitert (ebenso LG Frankfurt a. M., Urt. v. 8.5.2014 - 2/11 S 86/14, BeckRS 2014). Demnach kann der Mieter allenfalls einwenden, nicht zur Zahlung eines Entgelts verpflichtet zu sein, während der Vermieter zum jederzeitigen Widerruf der Nutzungsberechtigung befugt bleibt.

Ein solcher Widerruf ist durch die Klägerin aber bereits durch das Schreiben vom 03.11.2016 und noch einmal ausdrücklich durch das Schreiben vom 12.01.2017 erfolgt, so dass die Beklagte jedenfalls ab Zugang dieser Schreiben nicht mehr annehmen konnte, zu einer entsprechenden Nutzung berechtigt zu sein. Die Ausübung dieses Rechts stellt sich entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht als rechtsmissbräuchlich dar. Eine besonderer Grund oder eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse ist nicht Voraussetzung für das Recht der Klägerin zum Widerruf, da selbst dann, wenn man in der bloßen Duldung der unentgeltlichen Nutzung einen Rechtsbindungswillen in Form eines Leihvertrages sehen wollte, die Klägerin gem. § 604 Abs. 3 BGB die Flächen jederzeit hätte zurückfordern können.

Den vertragswidrigen Gebrauch der Flächen hat die Beklagte auch trotz Abmahnung fortgesetzt. Eine Berechtigung zur Nutzung der Einfahrt zum Zwecke des dauerhaften Parkens bestand jedenfalls ab November 2016 nicht mehr. Die Beklagte wurde mit Schreiben vom 12.01.2017 nochmals entsprechend abgemahnt. Dennoch parkten auch im März 2017 - was sich insbesondere aus den zur Akte gereichten Lichtbildern vom 28.03.2017 (Bl. 43 ff. d. A.) und 08.05.2017 (Bl. 48 d. A.) ergibt - der Beklagten zuzuordnende Fahrzeuge zwischen den Stützpfeilern und in der Zufahrt. Die Beklagte kann sich insoweit auch nicht darauf berufen, sie habe lediglich zwischen den Stützpfeilern, nicht aber in der Zufahrt selbst geparkt. Denn auf den Bildern ist klar erkennbar, dass die Fahrzeuge aufgrund ihrer Länge auch in die Zufahrt hineinragen. Ferner geht das Gericht davon aus, dass es sich bei der Behauptung der Beklagten, die direkt in der Zufahrt geparkten Fahrzeuge hätten dort lediglich zeitlich begrenzt gehalten, um eine bloße Schutzbehauptung handelt. Denn nach § 12 Abs. 2 StVO parkt derjenige, der sein Fahrzeug verlässt oder länger als drei Minuten hält. Die Fahrzeugführer sind jedoch auf den zur Akte gereichten Lichtbildern nicht zu sehen, so dass nicht davon auszugehen ist, dass diese die Fahrzeuge unmittelbar nach Aufnahme der Lichtbilder wieder aus der Einfahrt entfernt haben könnten. Auch werden die Fahrzeuge augenscheinlich nicht be- oder entladen, da Heckklappe und Türen geschlossen sind.

II.

Der in der mündlichen Verhandlung vom 13.06.2017 beantragte Schriftsatznachlass war der Klägerin nicht zu gewähren, da der Schriftsatz vom 07.06.2017 keinen neuen entscheidungserheblichen Vortrag enthält.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

IV.

Der Streitwert wird auf 1.000,00 EUR festgesetzt.