AG Marburg, Beschluss vom 16.01.2018 - 22 IN 178/17
Fundstelle
openJur 2019, 29652
  • Rkr:
Tenor

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Auslagen werden nicht erstattet.

Dem Antragsteller wird aufgegeben, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses einen Kostenvorschuss zur Deckung der Verfahrenskosten (§ 54 InsO) in Höhe von 1.000,-- EUR zu leisten.

Gründe

Die Verfahrenskostenstundung war dem Antragssteller gemäß §§ 4a Abs. 1 Satz 3 InsO analog, 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO zu versagen. Verfahrenskostenstundung ist nämlich dann nicht zu gewähren, wenn bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Stundungsantrag Gründe vorliegen, die zu einer Versagung der Restschuldbefreiung führen würden. Das ist hier der Fall:

Es liegt der Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO vor. Der Schuldner hat seine Auskunfts- und Mitwirkungspflichten vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig verletzt. Aus dem Gutachten des Sachverständigen Rechtsanwalt S. ergibt sich, dass der Antragsteller in seinem am 13. November 2017 bei Gericht eingereichten Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in erheblichem Maße unrichtige Angaben zu seinem Vermögen gemacht hat. So hat er nicht angegeben, dass der in seinem Eigentum stehende Pkw BMW 530d im Sicherungseigentum der BMW Bank GmbH steht. Weiter hat er verschwiegen, dass zum damaligen Zeitpunkt in seinem Eigentum fünf Pkw standen, nämlich ein Audi A4, ein Ford Fiesta, ein Ford KA, ein Mazda 323, ein Opel Corsa C und ein Alfa Romeo 147, die er im Oktober 2017 erwarb und im Dezember 2017 weiterveräußerte. Schließlich hat er nicht angegeben, dass in seinem Eigentum ein Pkw-Transportanhänger mit dem Kennzeichen MR-JA 44 steht. Gerade unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Antragsteller seinen Lebensunterhalt, soweit möglich, durch den Handel mit Autos bestreitet können diese fehlerhaften Angaben nicht versehentlich im Sinne einer leichten Fahrlässigkeit gemacht worden sein. Vielmehr ist entweder davon auszugehen, dass der Antragsteller bewusst über seine Vermögensverhältnisse täuschen wollte oder ihm die Richtigkeit seiner Angaben in einem Maße irrelevant erschien, das in ganz erheblicher Weise gegen die verkehrsübliche Sorgfalt verstößt.

Eine Verfahrenskostenstundung ist unter diesen Umständen nicht gerechtfertigt. Die Stundung soll es redlichen Schuldnern ermöglichen eine Restschuldbefreiung zu erreichen. Eine Stundung kommt aber nicht in Betracht, wenn diese Voraussetzungen bereits zu Beginn des Verfahrens offenkundig nicht vorliegen.

§ 4a Abs. 1 Satz 3 und 4 InsO verweist insoweit auf § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Diese Reglung ist nicht abschließend. Auch die sonstigen Versagungsgründe des § 290 Abs. 1 ZPO führen zu einer Zurückweisung des Stundungsantrags, wenn sie, wie hier, bereits zu Beginn des Verfahrens zweifellos feststehen. Es ist nämlich nicht gerechtfertigt, ein Verfahren auf Staatskosten zu führen, von dem offenkundig zu Beginn des Verfahrens erkennbar ist, dass das Ziel der Restschuldbefreiung nicht zu erreichen ist (vgl. BGH, ZInsO 2015, 1790 f.).

Auch nach Neuordnung der Sperrfristen in § 287a InsO ist an diesen Grundsätzen festzuhalten (vgl. AG Oldenburg, ZVI 2016, 254 [BGH 12.11.2015 - IX ZB 82/14]; Uhlenbruck/Pape,InsO, 14. Aufl. 2015, § 4a RNr. 30 ff.). Der Gesetzgeber hat mit diesen Änderungen die Zulässigkeit einer Restschuldbefreiung in einem neuen Verfahren, nach einer vorangegangenen Versagung, neu geregelt. Die Stundungsregelungen sind aber nur insoweit geändert worden, als in § 4 Abs. 1 Satz 3 InsO der frühere Versagungsgrund nach § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO inkorporiert wurde. Anders als bei den Sperrfristen für ein neues Verfahren ist für die Vorwirkung von Versagungsgründen gerade keine Neuregelung getroffen worden. Es gilt also weiterhin: Wenn das Verfahren deshalb eröffnet werden soll obwohl offenkundig ein Grund für die Versagung der Restschuldbefreiung vorliegt, kann dies nicht auf Kosten und Risiko der Staatskasse erfolgen. Die Kosten muss der Antragsteller selber tragen.

Der Antrag auf Stundung der Kosten des Insolvenzverfahrens war daher zurückzuweisen (§ 4a InsO).

Falls der Vorschussbetrag - der sich aus der Differenz zwischen der vorhandenen Masse und den voraussichtlichen Verfahrenskosten errechnet - nicht fristgerecht eingezahlt wird, ist mit der Zurückweisung des Insolvenzantrages mangels Masse (§ 26 InsO) zu rechnen.

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