OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.05.2019 - 11 A 2057/17
Fundstelle
openJur 2019, 28564
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 16 K 3992/17
Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert.

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 8. Februar 2017 verpflichtet, den Antrag der Klägerin auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern an den in Neuss gelegenen Standorten T. Weg, C.-------straße , E.------straße , K. Straße, L.-----straße , U.--------straße , X.-------straße , M. Straße, Am L1. und M1. I. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin ist ein Unternehmen, das sich mit dem Sammeln von Altkleidern befasst.

Mit Schreiben vom 3. Juni 2016 beantragte die Klägerin die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern an insgesamt 20 Standorten im Gebiet der Beklagten für die Dauer von jeweils drei Jahren. Die Standorte der Altkleidersammelcontainer sollten unmittelbar neben dort bereits aufgestellten Altglascontainern liegen. Die Container würden mindestens einmal pro Woche angefahren und geleert. Bei Bedarf könnten die Container auch kurzfristig geleert und Verschmutzungen oder Müll beseitigt werden.

Mit Bescheid vom 8. Februar 2017 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Sie übe ihr Ermessen dahingehend aus, dass grundsätzlich eine Aufstellung von Altkleidersammelcontainern im öffentlichen Straßenraum nicht zugelassen werde. In der Vergangenheit seien derartige Anträge stets abgelehnt worden. Die Erteilung der beantragten Sondernutzungserlaubnis schaffte einen Präzedenzfall, auf den sich künftig andere Bewerber berufen könnten. Dies solle vermieden werden. Denn Größe und Erscheinungsbild von dauerhaft aufgestellten Altkleidersammelcontainern würden das Orts- und Straßenbild der Stadt auf negative Weise beeinträchtigen. Auf Grund der Vielzahl der bereits aufgestellten Altglas- und Altpapiersammelcontainer werde durch weitere Container eine nicht mehr hinzunehmende Überfrachtung des öffentlichen Straßenraums eintreten. Erfahrungsgemäß bildeten sich an derartigen Standorten auch immer wieder wilde Müllkippen. Wenn an den Sammelstandorten mehrere Firmen ihre Behälter abstellten, lasse sich nicht mehr zweifelsfrei ermitteln, wer für die Beseitigung des dort abgelegten Mülls zuständig sei. Eine Reinigung der Standorte "aus einer Hand" sei dann nicht möglich. Für die Klägerin bestehe die Möglichkeit, Altkleider in Form von Haussammlungen zu sammeln und/oder mit Grundstückseigentümern Verträge über die Nutzung von privaten Flächen für die Aufstellung von Sammelbehältern abzuschließen.

Am 8. März 2017 hat die Klägerin Klage erhoben, die sie auf zehn Standorte beschränkt hat. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen geltend gemacht: Soweit die Beklagte die Ablehnung damit begründet habe, dass durch aufgestellte Container das Orts- und Straßenbild beeinträchtigt werde, sei diese Begründung bereits unschlüssig, da die Beklagte selbst im Stadtgebiet Altkleidersammelcontainer aufgestellt habe. Die Begrenzung der Anzahl von Altkleidersammelcontainern erfordere im Übrigen ein konkretes Gestaltungskonzept, das vom Rat zu beschließen sei. Hieran fehle es. Die überdies zur Begründung der Antragsablehnung herangezogene Erwägung der Reinigung "aus einer Hand" sei kein straßenrechtlich relevanter Belang. Soweit hiermit die Problematik der Reinigung der Standorte angesprochen sei, stelle die Reinigungspflicht ohnehin eine Nebenpflicht der Sondernutzung dar, die die Beklagte gegebenenfalls durch Nebenbestimmungen näher ausformen könne.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung der Ablehnungsverfügung vom 8. Februar 2017 zu verpflichten, über den Antrag vom 3. Juli 2016 bezüglich der Standorte Nr. 2: T. Weg, Nr. 3: C1. ., Nr. 4: E1. ., Nr. 6: K. Str., Nr. 7: L2. ., Nr. 8 U1. ., Nr. 9: X1. ., Nr. 12: M. Str., Nr. 13: Am L3. -, Nr. 19: M1. I. , unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags hat sie Bezug genommen auf die Begründung des angefochtenen Bescheids und ergänzend ausgeführt: Entgegen der Behauptung der Klägerin stelle sie selbst keine Altkleidersammelcontainer im öffentlichen Straßenraum auf. Auch die Abfall- und Wertstofflogistik O. GmbH (AWL) sei nicht im Besitz derartiger Sondernutzungserlaubnisse. Sollten Altkleidersammelcontainer unerlaubt im öffentlichen Verkehrsraum aufgestellt sein, so würden sofort nach Kenntniserlangung entsprechende Maßnahmen eingeleitet. Altglas- und Altpapiercontainer würden im öffentlichen Verkehrsraum allein von der AWL betrieben.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 28. Juli 2017 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe das ihr bei der Entscheidung über die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen zustehende Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Insbesondere habe sie die Ablehnung auf die Beeinträchtigung des Ortsbilds durch Altkleidersammelcontainer stützen können. Ein Gestaltungskonzept des Rats sei nicht erforderlich gewesen, weil die konzeptionelle Entscheidung, die der Ablehnung zu Grunde liege, auch dem originär wegerechtlichen Schutz des Gemeingebrauchs diene. Unabhängig davon sei die Ablehnung auch gerechtfertigt durch die Überlegungen der Beklagten zur Standortsauberkeit. Verschmutzungen an Containerstandorten zu vermeiden, sei eine straßenrechtlich relevante Erwägung. Überdies habe die Beklagte bei ihrer straßenrechtlichen Entscheidung das Ziel, eine Wartung und Entsorgung der Containerstandorte "aus einer Hand" zu erreichen, berücksichtigen dürfen. Die Betreuung, Entleerung und Reinigung der im öffentlichen Verkehrsraum abgestellten Altglas- und Altpapiercontainer und deren Umgebung liege in der alleinigen Verantwortung der AWL. Die Absicht der Beklagten, den eigenen Überwachungsaufwand möglichst gering zu halten und Missständen wirksam begegnen zu können, stehe im sachlichen Zusammenhang mit der Straße und könne die Ablehnung weiterer Container an den bereits vorhandenen Standorten rechtfertigen. Der Verschmutzungsproblematik könne nicht ebenso effektiv durch Nebenbestimmungen als mildere Mittel entgegengewirkt werden.

Die vom Senat zugelassene Berufung begründet die Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend wie folgt: Der Ablehnungsentscheidung fehle es bereits an einzelfallbezogenen Ermessenserwägungen hinsichtlich der einzelnen von ihr beantragten Standorte. Dies sei aber erforderlich gewesen, weil die Ablehnung auf eine Beeinträchtigung des Straßen- oder Ortsbilds gestützt werde. Darüber hinaus handele es sich bei der grundsätzlichen Ablehnung der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für Altkleidersammelcontainer im öffentlichen Verkehrsraum um die Ausübung eines generalisierten Ermessens. Diese gehöre nicht mehr zu den Aufgaben der laufenden Verwaltung. Hierfür sei vielmehr eine ermessensleitende Richtlinie in Form eines Gestaltungskonzepts des Rats erforderlich gewesen.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 8. Februar 2017 zu verpflichten, ihren Antrag auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für folgende öffentliche Flächen auf dem Gebiet der Beklagten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden:

- T. Weg

- C.-------straße

- E.------straße

- K. Straße

- L.-----straße

- U.--------straße

- X.-------straße

- M. Straße

- Am L1.

- M1. I. .

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich zur Begründung auf ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung hat Erfolg.

Die Ablehnung des Antrags der Klägerin auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern an den zehn im Klageantrag benannten Standorten mit Bescheid vom 8. Februar 2017 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat einen Anspruch auf Neubescheidung ihres Antrags (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

I. Rechtsgrundlage für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen ist § 18 Abs. 1 Satz 2 StrWG NRW. Danach bedarf die Benutzung öffentlicher Straßen über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) der Erlaubnis der Straßenbaubehörde.

Die von der Klägerin beabsichtigte Aufstellung von Altkleidersammelcontainern an Standorten, die - dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig - im öffentlichen Straßenraum liegen, stellt eine Sondernutzung dar.

Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 2017 - 11 A 566/13 -, juris, Rn. 38 f., m. w. N.

Die Ablehnung des Antrags der Klägerin durch Bescheid vom 8. Februar 2017 unter Berufung darauf, Sondernutzungserlaubnisse für die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern im öffentlichen Straßenraum würden grundsätzlich nicht erteilt, um zum einen einer Beeinträchtigung des Orts- und Straßenbilds und einer "Überfrachtung" des öffentlichen Straßenraums entgegenwirken und zum anderen einer Verschmutzung der Standorte effektiv begegnen und eine Reinigung der Containerstandorte "aus einer Hand" durch den Betreiber der bereits aufgestellten Altglas- und Altpapiercontainer gewährleisten zu können, ist ermessensfehlerhaft.

1. Die Sondernutzungserlaubnis wird auf Grund einer Ermessensentscheidung erteilt (vgl. § 18 Abs. 2 StrWG NRW). Das der Behörde eingeräumte Ermessen ist entsprechend dem Zweck der Vorschrift unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen, insbesondere des Gebots der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG), auszuüben (§ 40 VwVfG NRW). Die gerichtliche Kontrolle der Ermessensentscheidung beschränkt sich auf die Einhaltung dieses rechtlichen Rahmens (§ 114 Satz 1 VwGO). Dabei sind im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zulässig nachgeschobene Ermessenserwägungen im Sinne von § 114 Satz 2 VwGO vom Gericht zu berücksichtigen.

Eine ordnungsgemäße Ermessensausübung setzt zunächst voraus, dass der der Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt wird und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt werden. Für die Rechtmäßigkeit einer Ermessensentscheidung genügt es grundsätzlich, wenn bei einer auf mehrere Gründe gestützten Ermessensentscheidung nur einer der herangezogenen Gründe sie trägt, es sei denn, dass nach dem Ermessen der Behörde nur alle Gründe zusammen die Entscheidung rechtfertigen sollen.

Vgl. hierzu etwa OVG NRW, Urteil vom 7. April 2017 - 11 A 2068/14 -, NVwZ-RR 2017, 855 (857) = juris, Rn. 48 ff., m. w. N.

Entsprechend dem Zweck des § 18 Abs. 2 StrWG NRW hat sich die behördliche Ermessensausübung an Gründen zu orientieren, die einen sachlichen Bezug zur Straße haben. Zu diesen Gründen können insbesondere zählen ein einwandfreier Straßenzustand (Schutz des Straßengrunds und des Zubehörs), die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, der Ausgleich zeitlich und örtlich gegenläufiger Interessen verschiedener Straßenbenutzer und Straßenanlieger (etwa Schutz vor Abgasen, Lärm oder sonstigen Störungen) oder Belange des Straßen- und Stadtbilds, d. h. baugestalterische oder städtebauliche Vorstellungen mit Bezug zur Straße (Vermeidung einer "Übermöblierung" des öffentlichen Straßenraums, Schutz eines bestimmten Straßen- oder Platzbilds und Ähnliches).

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. April 2017 - 11 A 2068/14 -, NVwZ-RR 2017, 855 (857) = juris, Rn. 54, und Beschlüsse vom 2. August 2006 - 11 A 2642/04 -, juris, Rn. 21, und vom 1. Juli 2014 - 11 A 1081/12 -, juris, Rn. 8 f., m. w. N.

2. Die Kommune darf ihr Ermessen zur Bewirkung einer gleichmäßigen Handhabung durch die Straßenbaubehörde auch generell ausüben, etwa durch den Erlass ermessenslenkender Verwaltungsvorschriften (Ermessensrichtlinien). Hierdurch bewirkt sie eine Selbstbindung, die im Grundsatz von der gesetzlichen Ermessensermächtigung zugelassen wird. Die durch eine Verwaltungsvorschrift bewirkte Ermessensbindung der Behörde geht aber nicht so weit, dass wesentlichen Besonderheiten des Einzelfalls nicht mehr Rechnung getragen werden könnte. In atypischen Fällen, in denen die generelle Ermessensausübung die individuellen Besonderheiten des konkreten Einzelfalls nicht (hinreichend) berücksichtigt, ist der Behörde ein Abweichen von den ermessenslenkenden Vorschriften möglich.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 19. März 1996 - 1 C 34.93 -, BVerwGE 100, 335 (340 f.) = juris, Rn. 22, und vom 18. September 1984 - 1 A 4.83 -, BVerwGE 70, 127 (142) = juris, Rn. 41, sowie Beschlüsse vom 22. Mai 2008 - 5 B 36.08 -, juris, Rn. 4, und vom 25. September 1998 - 5 B 24.98 -, juris, Rn. 4; OVG NRW, Beschluss vom 28. Oktober 2016 - 13 B 905/16 -, juris, Rn. 37; Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier/Gerhardt, VwGO, Kommentar, Loseblatt-Sammlung (Stand: September 2018), § 114 Rn. 22; Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 5. Auflage 2018, § 114 Rn. 86 ff., 93 ff., m. w. N.

Dabei bedarf die Entscheidung über die Ausübung generellen Ermessens in der Regel eines vorherigen Ratsbeschlusses. Gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 GO NRW ist der Rat der Gemeinde für alle Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zuständig, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Abgesehen von den in § 41 Abs. 1 Satz 2 GO NRW enumerativ aufgezählten Fällen kann der Rat die Entscheidung über bestimmte Angelegenheiten auf Ausschüsse oder den Bürgermeister übertragen (§ 41 Abs. 2 Satz 1 GO NRW). Geschäfte der laufenden Verwaltung gelten im Namen des Rats als auf den Bürgermeister übertragen, soweit nicht der Rat sich, einer Bezirksvertretung oder einem Ausschuss für einen bestimmten Kreis von Geschäften oder für einen Einzelfall die Entscheidung vorbehält (§ 41 Abs. 3 GO NRW).

Bei den "Geschäften der laufenden Verwaltung" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen verwaltungsgerichtlichen Überprüfung unterliegt. Nach gefestigter Rechtsprechung fallen die nach Regelmäßigkeit und Häufigkeit üblichen Geschäfte darunter, deren Erledigung nach feststehenden Grundsätzen "auf eingefahrenen Gleisen" erfolgt und die für die Gemeinde unter Berücksichtigung ihrer Größe und Finanzkraft weder wirtschaftlich noch grundsätzlich von wesentlicher Bedeutung sind.

Vgl. hierzu etwa OVG NRW, Urteile vom 15. Dezember 1969 - III A 1329/66 -, OVGE 25, 186 (193), und vom 4. April 2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625; Nds. OVG, Beschluss vom 31. Januar 2013 - 7 LA 160/11 -, juris, Rn. 6; vgl. auch Sundermann, Die Geschäfte der laufenden Verwaltung in den Gemeinden, DVP 2009, 48; Frenzen, in: Dietlein/Heusch, BeckOK Kommunalrecht NRW, Stand: 1. Dezember 2018, § 41 Rn. 38 f., jeweils m. w. N.

Ausgehend hiervon zählt zwar u. a. die Entscheidung über die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen regelmäßig zu den Geschäften der laufenden Verwaltung.

Vgl. etwa Sundermann, DVP 2009, 48; Frenzen, in: Dietlein/Heusch, BeckOK Kommunalrecht NRW, Stand: 1. Dezember 2018, § 41 Rn. 38.1.

Der Erlass allgemeiner Richtlinien oder Anweisungen, die die Ermessenspraxis einer Gemeinde bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen im öffentlichen Straßenraum bestimmen sollen, gehört jedoch regelmäßig nicht mehr zu den Geschäften der laufenden Verwaltung. Eine solche Entscheidung ist vielmehr wegen des grundlegenden Charakters, den eine generelle Ermessensausübung mit Blick auf künftige Entscheidungen über entsprechende Erlaubnisanträge entwickelt, dem Gemeinderat vorbehalten, wenn nicht die zu regelnde Angelegenheit für die Gemeinde ausnahmsweise von untergeordneter Bedeutung ist.

Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 31. Januar 2013 - 7 LA 160/11 -, juris, Rn. 6; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 6. Juli 2001 - 8 S 716/01 -, juris, Rn. 22, vom 1. August 1996 - 5 S 3300/95 -, juris, Rn. 22, vom 27. August 1990 - 14 S 2400/88 -, juris, Rn. 18, und vom 27. Februar 1987 - 5 S 2185/86 -, VBlBW 1987, 344 (346); VG Stuttgart, Urteil vom 19. September 2018 - 8 K 12220/17 -, juris, Rn. 30; VG Trier, Urteil vom 8. Dezember 2014 - 6 K 410/14.TR -, juris, Rn. 43; VG Braunschweig, Urteil vom 10. Februar 2009 - 6 A 240/07 -, juris, Rn. 27; Frenzen, in: Dietlein/Heusch, BeckOK Kommunalrecht NRW, Stand: 1. Dezember 2018, § 41 Rn. 38.1; Sauthoff, Die Entwicklung des Straßenrechts seit 1998, NVwZ 2004, 674 (683); a. A. Schulze-Werner/Cordes, Die Zulassung zu Volksfesten und Märkten mittels ermessenslenkender Richtlinien und Beteiligung Dritter als Zuständigkeitsproblem, GewArch 2017, 61 (62 f.).

II. Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die in dem angegriffenen Bescheid vorgenommene Ermessensausübung, nach der der Antrag abzulehnen sei, weil grundsätzlich keine Sondernutzungserlaubnisse für die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern im öffentlichen Straßenraum erteilt würden, fehlerhaft. Für diese Ermessensausübung hätte es eines Ratsbeschlusses bedurft, der nicht vorliegt (dazu 1.). Dieser Fehler schlägt auf die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheids durch (dazu 2.)

1. Bei der Entscheidung einer Gemeinde, eine bestimmte Art der Sondernutzung - wie hier die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern - in ihrem Gemeindegebiet generell nicht zuzulassen, handelt es sich wegen ihres grundlegenden Charakters um eine dem Rat vorbehaltene Entscheidung. Denn diese Entscheidung erfolgt gerade nicht nach bereits feststehenden Grundsätzen "auf eingefahrenen Gleisen". Sie legt diese Grundsätze vielmehr erst fest und stellt damit die Weichen für künftige Entscheidungen über entsprechende Erlaubnisanträge.

Die Entscheidung erweist sich unter Berücksichtigung der Größe der Beklagten und der Bedeutung der ausgeschlossenen Sondernutzung mit einer Vielzahl möglicher, von der Grundsatzentscheidung potentiell betroffener Containerstandplätze im Stadtgebiet auch nicht ausnahmsweise als unbedeutend. Dass die Beklagte der Entscheidung selbst grundlegenden Charakter beimisst, wird aus der Begründung der angefochtenen Entscheidung und der Argumentation im Klageverfahren deutlich, in der sie auf die erheblichen Probleme hinweist, die ihrer Auffassung nach aus der Aufstellung zusätzlicher Altkleidersammelcontainer im öffentlichen Straßenraum hinsichtlich des Orts- und Straßenbilds der Stadt und der mit der Containeraufstellung einhergehenden Verschmutzung bzw. Vermüllung der Containerstandorte folgen würden.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist ein Ratsbeschluss nicht allein dann erforderlich, wenn es um städtebauliche und baugestalterische Belange wie den Schutz eines bestimmten Orts- und Straßenbilds (auf der Grundlage eines konkreten Gestaltungskonzepts) geht.

Vgl. hierzu etwa: OVG NRW, Beschluss vom 11. Juli 2017 - 11 A 2115/14 -, juris, Rn. 13; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 9. Dezember 1999 - 5 S 2051/98 -, juris, Rn. 46.

Entscheidend ist vorliegend vielmehr, dass die generelle Ermessensausübung, eine bestimmte Sondernutzungsart im gesamten Gemeindegebiet von vornherein auszuschließen, unabhängig von der sie tragenden Begründung wegen ihres grundsätzlichen Charakters dem Rat vorbehalten ist und diese Entscheidung deswegen nicht vom Bürgermeister bzw. der in seinem Namen handelnden Gemeindeverwaltung getroffen werden durfte.

2. Das Fehlen des erforderlichen Ratsbeschlusses führt zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids. Er ist wegen Ermessensausfalls materiellrechtlich fehlerhaft. Denn die allein entscheidungstragende Berufung auf die grundsätzliche Ablehnung derartiger Sondernutzungserlaubnisanträge führt dazu, dass eine Einzelfallentscheidung in der Sache nicht getroffen worden ist.

Vgl. hierzu etwa: VGH Bad.-Württ., Urteile vom 1. August 1996 - 5 S 3300/95 -, juris, Rn. 22, und vom 27. Februar 1987 - 5 S 2185/86 -, VBlBW 1987, 344 (346); Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 5. Auflage 2018, § 114 Rn. 86 ff. (109), m. w. N.; Frenzen, in: Dietlein/Heusch, BeckOK Kommunalrecht NRW, Stand: 1. Dezember 2018, § 41 Rn. 38.2; a. A. Schulze-Werner/Cordes, GewArch 2017, 61 (64).

Der Verzicht auf eine Einzelfallentscheidung ist nach den eingangs dargestellten Grundsätzen aber nur dann zulässig, wenn die Gemeinde ihr Ermessen rechtmäßig generell ausgeübt hat und überdies kein atypischer Fall vorliegt. An einer rechtmäßigen Ausübung generellen Ermessens fehlt es jedoch nach dem zuvor Gesagten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 Abs. 2 VwGO, 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.