LG Münster, Urteil vom 26.09.2018 - 16 O 356/17
Fundstelle
openJur 2019, 28349
  • Rkr:
Tenor

Es wird festgestellt, dass das klagende Land aus abgetretenem Recht eine Forderung in Höhe von 215.131,12€ gegen die Beklagte hat.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Parteien streiten über das Bestehen von Umsatzsteuerforderungen aus Bauverträgen der Beklagten mit vier verschiedenen Werkunternehmern aus abgetretenem Recht. Die Beklagte schloss in den Jahren 2007 und 2008 als Bauträgerin und Leistungsempfängerin mit vier verschiedenen Werkunternehmern Verträge über Bauleistungen. Hierbei handelte es sich um Bauverträge in Bezug auf den Bautenschutz mit der Firma S, Zimmereiarbeiten mit der Firma U GmbH, Bodenbeläge mit der Firma L und Fliesenarbeiten mit der Firma E. Diese führten die darin vereinbarten Arbeiten durch und erhielten einen vollständigen Ausgleich in Höhe eines Nettowerklohns. Die Umsatzsteuer war in den vereinbarten Preisen nicht enthalten. Diese führte die Beklagte zunächst an das Finanzamt ab.

Mit Urteil vom 22.08.2013 erklärte der Bundesfinanzhof die vorherige Verwaltungspraxis zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft mit der Folge für unionsrechtswidrig, dass Bauträger die Umsatzsteuer zurückverlangen konnten, die sie vorher für die von ihnen bezogenen Bauleistungen an den Staat gezahlt hatten. Durch die Vorschrift des § 27 XIX 1 UStG ist nunmehr der Werkunternehmer, der vorher den Bauträgern lediglich eine Rechnung ohne Umsatzsteuer gestellt hatte, zur Umsatzsteuerleistung verpflichtet.

Die Beklagte beantragte auf Grundlage der neuen Rechtsprechung die Erstattung der gezahlten Umsatzsteuerbeträge. Das Finanzamt erteilte daraufhin der Beklagten Abrechnungsbescheide im Jahr 2015 für die Jahre 2007 und 2008 in Höhe der Klageforderung (Anlagen K1, und K2, Bl. 13- 16 d.A.).

Die Werkunternehmer korrigierten in der Folgezeit ihre ursprünglichen Rechnungen und forderten die Beklagte zur Zahlung der noch offenen Umsatzsteuer auf. Für die Einzelheiten der Korrekturrechnungen wird auf die Anlagen K5, K7, K9, K10a verwiesen. Nach von der Beklagten bestrittenen Abtretungen der offenen Forderungen durch die Werkunternehmer gegenüber der Klägerin rechnete diese mit der streitgegenständlichen Forderung gegen das Steuerguthaben der Beklagten auf. Einsprüche wies sie mit Bescheid vom 08.06.2016 (Anlage K3, Bl. 17- 21 d.A.) zurück. Dagegen führt die Beklagte ein Verfahren vor dem Finanzgericht Düsseldorf (12 K .../...).

Das Finanzgericht setzte das Verfahren mit Beschluss vom 27.09.2017 aus und forderte die Klägerin auf, zivilrechtlich das Bestehen der Umsatzsteuerforderungen klären zu lassen.

Die Klägerin behauptet unter Vorlage von Abtretungserklärungen, auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Anlagen K6, K8, K10, K12, K13, K 21, K 22, K25, K26, K27 (Finanzamt Wolfratshausen) alle Werkunternehmer hätten ihre Forderungen an das klagende Finanzamt wirksam abgetreten, sodass die Beklagte der Klägerin aus den Bauleistungsverträgen mit den Zedenten die Umsatzsteuer schulde.

Diese abgetretenen Ansprüche ergäben sich jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der ergänzenden Vertragsauslegung, denn nach den zugrunde liegenden Bauverträgen seien die Parteien davon ausgegangen, dass bei der Erbringung der umsatzsteuerpflichtigen Leistung die Umsatzsteuer im Ergebnis wirtschaftlich von der Beklagten zu tragen sei. Die Beklagte habe davon ausgehen müssen, dass sie Steuerschuldner sei, denn sie selbst sei von der Berechnung des Nettowerklohns ausgegangen, auf den letztlich noch die Umsatzsteuer zu berechnen sei. Eine andere Wertung komme nicht in Betracht, da die Rechtsprechung zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft aus dem Jahre 2013 damals noch nicht berücksichtigt hätte werden können. Zudem hätten die Zedenten andernfalls Bruttorechnungen ausgestellt.

Darüber hinaus ist sie der Ansicht, dem Werkunternehmer müsse nach der Änderung der steuerlichen Voraussetzungen eine zivilrechtliche Nachforderungsmöglichkeit gegenüber dem Vertragspartner offen stehen, wenn zwischen den Parteien zunächst vereinbart war, dass dieser die Umsatzsteuer abführe, er sich aber schließlich einseitig von dieser Absprache löse. Es sei treuwidrig, dass die Beklagte meine, sie sei gegenüber den Werkunternehmern zur Zahlung der Umsatzsteuer nicht verpflichtet, obwohl sie selbst die Umsatzsteuer zurückerhalten habe.Soweit die Beklagte ferner einwende, dass die sog. Festsetzungsverjährung dazu führe, dass die beteiligten Bauunternehmer schon aus diesem Grund nicht zur Zahlung der Umsatzsteuer gegenüber dem Finanzamt verpflichtet wären, sei zumindest bei der Firma U nach Durchführung einer Groß- und Konzernprüfung der Abschlussbescheid erst 2014 erlassen worden. Im Übrigen erfolge das Vorbringen ins Blaue hinein.

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass sie aus abgetretenem Recht eine Forderung in Höhe von 215.131,12 EUR gegen die Beklagte hat.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin sei nicht Inhaberin der zur Aufrechnung gestellten Forderungen geworden. Die Abtretungen seien schon nicht wirksam erfolgt. Insbesondere fehle teilweise die Erkennbarkeit bzw. eine ordnungsgemäße Gesamtaufstellung der abgetretenen Forderungen. Darüber hinaus seien die Unternehmer nicht abtretungsberechtigt, weil die Forderungen schon im Rahmen einer Globalzession gegenüber der jeweiligen Hausbank abgetreten worden seien. Jedenfalls sei eine Abtretung nicht möglich, da die Werkunternehmer keine Nachforderungsansprüche hätten, die sie abtreten könnten. Hinsichtlich der Abtretung des Herrn E bestreitet sie die Identität des Abtretenden.

Ferner ist sie der Ansicht, die Klägerin könne die Umsatzsteuer nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung verlangen. Es fehle schon an einer planwidrigen Regelungslücke, weil aufgrund der Nettowerklohnvereinbarung zwischen der Beklagten und den Werkunternehmern Einigkeit bestanden habe, dass die Zahlung der Umsatzsteuer ausschließlich Sache der Beklagten sei. Etwas anderes sei und habe auch nicht geregelt werden sollen. Insbesondere sei die Beklagte nicht bereit, an einzelne Werkunternehmer die Umsatzsteuer zu bezahlen, wenn diese ihrerseits zur Abführung der Umsatzsteuer an das Finanzamt nicht verpflichtet seien.

Die Beklagte ist darüber hinaus der Meinung, der Anspruch sei auch nicht aus einer notwendigen Vertragsanpassung herzuleiten, da die Finanzverwaltung die Werkunternehmer tatsächlich nicht zur Zahlung der Umsatzsteuer zwingen könne, denn diese seien nicht zur Zahlung gegenüber dieser verpflichtet gewesen.

Sie beanstandet darüber hinaus die Verfassungsmäßigkeit des § 27 XIX UStG.

Sie ist der Ansicht, etwaige Ansprüche seien jedenfalls verjährt. Für die korrigierten Rechnungen mit dem ausgewiesenen Nettowerklohn aus den Jahren 2007 und 2008 sei die Festsetzungsverjährung zum Zeitpunkt der Korrekturvornahme hinsichtlich der Umsatzsteuer bereits eingetreten gewesen, nämlich mit Ablauf des Jahres 2012 bzw. des Jahres 2013. Jedenfalls seien etwaige Ansprüche nach den allgemeinen Vorschriften verjährt. Zeitlicher Bezugspunkt für die Beurteilung der Frage nach der Verjährung sei richtigerweise die Entstehung der Netto-Forderung und nicht die Nachforderung, denn diese beruhe letztlich auf dem zugrunde liegenden Vertrag. Maßgeblicher Zeitpunkt sei also der nach dem jeweiligen Bauvertrag vereinbarte Termin zur Leistungsabnahme.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen U. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 05.09.2018 (Bl. 178 - 180 d.A.).

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

1. Zulässigkeit:

Die Klage ist zulässig, da die Klägerin gemäß § 256 I ZPO ein Feststellungsinteresse am Bestehen eines Rechtsverhältnisses hat, welches sich aus dem Beschluss des Finanzgerichts Düsseldorf ergibt.

2. Begründetheit:

Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der Umsatzsteuer in Höhe von 215.131,12 EUR aus abgetretenem Recht gemäß §§ 631 I, 398 BGB. Der Anspruch ergibt sich aus den zwischen den Werkunternehmern und der Beklagten geschlossenen Bauverträgen resultierenden Ansprüchen, die diese der Klägerin wirksam abgetreten haben. Der Nachforderungsanspruch war zwischen den Parteien nicht ausdrücklich vereinbart. ergibt sich aber aus den Grundsätzen über die ergänzende Vertragsauslegung.

a) Abtretungen:

Zwischen der Klägerin und den Zedenten bestehen ausweislich der Anlagen K6, K8, K10, K12, K13, K 21, K 22, K25, K26 wirksame Abtretungsverträge.

Die entsprechenden Vereinbarungen enthalten zunächst die erforderlichen Abtretungserklärungen der Zedenten. Die im Einzelnenn abgetretenen Forderungen sind hinreichend genau bezeichnet, indem auf die entsprechenden Anlagen mit Bezeichnung der Rechnungen Bezug genommen worden ist (vgl. Bl. 55 d.A., Bl. 65 d.A., 98 d.A.) sowie die Rechnungen beigefügt sind.Soweit Bedenken an der Wirksamkeit der Abtretungen bestanden haben im Hinblick darauf, dass bzgl. der Rechnungen der Firma U GmbH die Erklärungen als solche von Herrn U bzw. der U Holding als Abtretendem abgegeben worden sind, ist dies durch die Erläuterung des klagenden Landes im Hinblick auf die Organschaft und die weiteren Urkunden (Anlage K21, Bl.134 d.A., Anlage K25, Bl. 142 d.A.) aufgeklärt worden, so dass diesbezüglich keine weiteren Zweifel an der Wirksamkeit der Abtretung bestehen. Hinzu kommt, dass auch eine Auslegung der Erklärungen angesichts der Tatsache, dass nur die Firma U GmbH Vertragspartnerin der Beklagten war, ergibt, dass eben die aus dieser Vertragsbeziehung entstandenen Ansprüche von dem vertretungsberechtigten Organ der Firma U GmbH abgetreten worden sind.

Soweit seitens der Beklagten die Identität des Abtretenden E bestritten worden ist, ist letztlich nicht erkennbar, woher die Beklagte die diesbezüglichen Zweifel nimmt. Auch wenn der Zeuge E nicht erreichbar war, hat die Kammer nach der allgemeinen Lebenserfahrung keine Zweifel daran, dass das klagende Land mit der befugten Person die entsprechende Vereinbarung getroffen hat, zumal eine Fälschung der Unterschrift ausgeschlossen sein dürfte. Ferner sind auch diesbezüglich Rechnungen vorgelegt worden, die aus der Sphäre des Abtretenden stammen, so dass auch dies für die Identität spricht. Zweifel an der Gültigkeit der Unterschrift bestehen darüber hinaus nicht. Voraussetzung für die Gültigkeit sind charakteristische Merkmale, die es erschweren, die Unterschrift zu kopieren (BGH, Beschluss vom 09. Juli 2015 - V ZB 203/14 -, juris, Rn. 7). Davon ist mit Blick auf die Unterschrift in Anlage K 11 im streitgegenständlichen Verfahren auszugehen.

Ferner führt das Vorbringen der Beklagten zu einer Unwirksamkeit der Abtretungen wegen einer vorrangigen sog. Globalabtretung der Forderungen nicht zur Unwirksamkeit der Abtretungen.

Aufgrund der Geltung des Prioritätsprinzips können einmal wirksam abgetretene Ansprüche kein zweites Mal abgetreten werden. Da das Vorliegen einer Globalzession einen Mangel der Abtretung darstellen würde, ist die Beklagte hierfür darlegungs- und beweisbelastet (Westermann in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 398 BGB, Rn. 41). Angesichts der Tatsache, dass sämtliche Zedenten in ihren Abtretungserklärungen angegeben haben, dass sie "versichern, dass die Forderung zu Recht besteht und dass sie weder verpfändet noch anderweitig abgetreten ist", hätte seitens der Beklagten im Einzelnen dargestellt werden müssen, woraus sich demgegenüber die vorrangige Abtretung im Wege der Globalzession ergibt. Mit Ausnahme der Abtretung der Firma U, bei der ein Auszug aus der Bilanz mit Hinweis auf eine Globalzession vorgelegt worden ist, fehlt es bei den anderen Zedenten bereits an einem derartigen konkreten Vortrag. Auf das Vorbringen der Beklagten hin waren deshalb die als Zeugen benannten Firmeninhaber nicht zu hören.

Nach den Angaben des Zeugen U zu der Globalzession ist auch insoweit nicht hinreichend sicher erwiesen, dass dieser Abtretung die Globalzession entgegenstand. Der Zeuge U konnte zwar dazu Angaben machen, dass eine Globalzession vorlag und noch immer vereinbart ist mit der Volksbank. Ob die streitgegenständlichen Forderungen hiervon erfasst sind, konnte er jedoch nicht angeben, sondern bezog sich auf Vorgaben seines Buchhalters bzw. seines Steuerberaters, die seine Angaben in der Abtretungserklärung vorbereitet hätte. Mit dieser Aussage ließ sich daher nicht hinreichend sicher feststellen, dass wegen der vorrangigen Globalzession die Abtretung ins Leere gelaufen ist.

Soweit die Abtretungen bzgl. der Firma L zunächst an das Finanzamt Wolfratshausen, damit also nicht an das klagende Land erfolgt sind, ist durch die weitere Erklärung vom 01.07.2015 (Anlage K 27, Bl. 149 d.A.) die Abtretung durch das Land Bayern an das klagende Land nachgewiesen.

Mithin ist insgesamt eine wirksame Abtretung der geltend gemachten Forderung gegeben.

b) Bestehen der abgetretenen Forderung:

Die abgetretenen Forderungen der jeweiligen Bauunternehmer gegen die Beklagte bestehen aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung der jeweiligen Bauverträge:

Die Voraussetzungen der ergänzenden Vertragsauslegung sind mit dem Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke gegeben, weil die Parteien irrtümlich eine Umsatzsteuerpflicht der Beklagten angenommen haben. Eine Regelungslücke mit planwidriger Unvollständigkeit liegt immer dann vor, wenn dem Vertrag eine Bestimmung fehlt, die notwendig ist, um den im Vertrag niedergelegten Zweck zu verwirklichen. Voraussetzung ist also, dass die Parteien einen Punkt übersehen oder bewusst offen gelassen haben, weil sie ihn bei Abschluss des Vertrages fälschlicherweise für nicht regelungsbedürftig erachteten. Sie dürfen also nicht bewusst auf die Regelung verzichtet oder diese bewusst abschließend gemeint haben (Palandt, BGB, 77. Aufl., 2018, § 157 BGB, Rn. 3 m.w.N.). Sämtliche Verträge zwischen der Beklagten und den Zedenten enthielten eine sog. Nettopreisabrede. Die Umsatzsteuer führte die Beklagte aufgrund dieser Vereinbarung zunächst an das zuständige Finanzamt ab. Es steht auch unstreitig fest, dass die Parteien die Verträge auf Grundlage des § 13 b UStG schlossen. Dabei waren sich die Parteien bei Vertragsschluss einig, dass die Zahlung der Umsatzsteuer Sache der Beklagten sein sollte. Dieses Vorgehen entsprach auch einer langjährigen Verwaltungspraxis. Erst durch das Urteil des Bundesfinanzhof vom 22.08.2013 änderte sich diese Vorgehensweise derart, dass der Bauträger nicht länger als Steuerschuldner gemäß § 13 b UStG betrachtet wurde und die zunächst gezahlte Umsatzsteuer von der Finanzverwaltung erstattet verlangen konnte. Als Korrekturvorschrift erließ der Gesetzgeber im Anschluss an die neue Rechtsprechung die Regelung des § 27 XIX UStG, der es der Finanzverwaltung erlaubt, die Steuer nach der Erstattungsforderung durch den Bauträger nunmehr gegenüber den Werkunternehmern festzusetzen. Daraus ergibt sich, dass die Parteien Irrigerweise Umstände annahmen, die sie bei Absehbarkeit der Änderung der finanzgerichtlichen Rechtsprechung so nicht den Verträgen zugrunde gelegt hätten, denn danach hätte die Beklagte entgegen dem Parteiwillen die Umsatzsteuer nicht zu tragen gehabt (vgl. auch OLG Köln, NJW 2017, 677) . Die Parteien regelten daher nur scheinbar die Frage der Steuerschuldnerschaft.

Diese ausfüllungsbedürftige Lücke ist durch Abstellen auf den hypothetischen Parteiwillen zu schließen. Entscheidend ist, welche Regelung die Parteien im Hinblick auf den verfolgten Zweck bei sachgerechter Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte redlicherweise getroffen hätten. Maßstab ist der lückenhafte Vertrag. Seine Bewertungsmaßstäbe und sein Sinn und Zweck stellen den Regelungsplan der Vertragsparteien dar, der folgerichtig weiterzuentwickeln ist. Die Ergänzung muss sich als selbstverständliche Folge aus dem Zusammenhang des Vereinbarten ergeben, so dass ohne sie das Ergebnis in offenem Widerspruch mit dem übrigen Inhalt des Vertrages stehen würde Grundlage der Vereinbarung war die Vorstellung, dass die Beklagte die Umsatzsteuer summenmäßig tragen soll. Andernfalls hätten die Parteien keine Nettowerklohnabrede getroffen. Wenn die Beklagte dann aber anders als angenommen keine Steuerschuldnerin im Sinne des § 13 b UStG ist, schuldet sie den Zedenten den der Steuer entsprechenden Betrag als Restvergütungsanspruch unabhängig davon, ob das Finanzamt gegenüber diesen die Umsatzsteuer festgesetzt hat. Da es bei der Abrede nur darauf ankommen sollte, dass die Beklagte Steuerschuldnerin ist, ist es gleichgültig, ob sie diese Pflicht gegenüber dem Finanzamt oder gegenüber den Zedenten begleicht. Hätten die Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nämlich gewusst, dass die Beklagte nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes nicht Steuerschuldnerin sein würde, hätten die Zedenten der Beklagten von vornherein Bruttorechnungen erstellt, da sie selbst später von dem Finanzamt bezüglich der Umsatzsteuer in Anspruch genommen worden wären.

c) Verjährung:

Der Anspruch ist nach den allgemeinen Verjährungsregeln auch durchsetzbar.

Soweit die Beklagte auf die sog. Festsetzungsverjährung abstellt und geltend macht, dass die nachträglichen Forderungen seitens des Finanzamtes gegenüber den Bauunternehmern nicht mehr hätten geltend gemacht werden dürfen, dringt sie hiermit nicht durch. Grundsätzlich sind derartige steuerrechtlichen Erwägungen nämlich unbeachtlich (vgl. dazu OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.02.2018 in 5 U 39/17), da die streitgegenständlichen Forderungen nämlich nicht auf der steuerrechtlichen Festsetzung beruhen, sondern Folge der Auslegung des Bauvertrages sind. Verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf ein mögliches Rückwirkungsverbot bestehen nicht, weil auch die Interessen der jeweiligen Beteiligten durch die Vorschriften gewahrt sind. Wirtschaftlich sind die Vertragsparteien nämlich davon ausgegangen, dass jedenfalls die Umsatzsteuer anfällt und gezahlt werden muss. Dabei sind die beteiligten Bauunternehmer dadurch geschützt, dass das Finanzamt sie nach der Abtretung nicht mehr auf Zahlung in Anspruch nimmt. Bzgl. der Beklagten ist zu berücksichtigen, dass sie erst durch ihr Rückforderungsbegehren den Anlass für die Neufestsetzung der Steuer gegeben hat (vgl. dazu OLG Düsseldorf a.a.O.).

Der Anspruch der Klägerin ist ausgehend von einer nach § 195 BGB regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren nach den allgemeinen Vorschriften nicht verjährt (vgl. dazu auch BGH Urteil vom 17.05.2018 in VII ZR 157/17). Die Verjährungsfrist des Anspruchs hängt nicht nur von dessen Entstehungszeitpunkt ab, sondern von der Kenntnis des Gläubigers hinsichtlich der den Anspruch begründenden Umstände, § 199 I Nr. 1, 2 BGB. Maßgeblicher Zeitpunkt dafür ist die Kenntnis des klagenden Landes davon, dass nicht die Beklagte, sondern die Zedenten Schuldner der Umsatzsteuer für die Werklohnforderungen gegenüber der Finanzverwaltung sind. Unerheblich ist, wann der Anspruch auf Zahlung des Nettolohns entstanden ist. Denn erst dadurch, dass die Beklagte die Erstattung der Umsatzsteuer verlangte, sah sich die Finanzverwaltung zur Inanspruchnahme der Zedenten veranlasst, wodurch erst der Nachforderungsanspruch entstanden ist (OLG Köln, Urteil vom 04. August 2016 - I-7 U 177/15 -, juris, Rn. 21). Abzustellen ist deshalb nicht auf den Zeitpunkt der Stellung der Schlussrechnungen durch die Werkunternehmer, sondern auf den Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Werkunternehmer durch die Finanzverwaltung hinsichtlich der Zahlung der Umsatzsteuer. Diese Inanspruchnahme erfolgte durch die Abrechungsbescheide aus dem Jahr 2015. Die Klageerhebung im Jahr erfolgte mithin rechtzeitig, um die Verjährung zu unterbrechen.

Mithin hatte die beantragte Feststellung zu erfolgen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs.1 ZPO.Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Der Streitwert wird auf 215.131,12€ festgesetzt. Wegen der unmittelbaren Auswirkung auf das finanzgerichtliche Verfahren erschien ein Abschlag wegen des Feststellungsantrages anstatt des Leistungsantrages nicht als erforderlich.