OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.05.2014 - I-16 U 133/13
Fundstelle
openJur 2019, 22416
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 1 O 317/10
Tenor

Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wird auf die Berufung des Beklagten das am 06.06.2013 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach (1 O 317/10) abgeändert und wie folgt insgesamt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 12.484,54 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen die Klägerin zu 40% und der Beklagte zu 60%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung des Beklagten abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.

Der Senat sieht gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a ZPO von einer Darstellung des Sachverhalts ab.

II.

A.

Die Berufung des Beklagten hat nur teilweise Erfolg.

1.

Die Berufung ist zulässig. Insbesondere ist sie im Sinne von § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO begründet. Sie setzt sich, unter Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags, konkret mit den im angefochtenen Urteil vertretenen Gesichtspunkten auseinander. Dies gilt etwa für den Vortrag, es sei nicht nachvollziehbar, wie sich die Klageforderung zusammensetze, und die Rückforderung der Provisionen, die für die Vermittlung der Versicherungsverträge an die Kunden ... gezahlt worden seien, sei unberechtigt.

2.

Die Klage ist zulässig. Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs enthalten. Damit wird der Streitgegenstand abgegrenzt und zugleich die Grundlage für eine etwa erforderlich werdende Zwangsvollstreckung geschaffen. Daran gemessen ist ein Klageantrag grundsätzlich hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt, das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt (BGH, Urteil vom 14.12.1998 - II ZR 330/97, NJW 1999, 954 unter I 2 a mwN). Werden in einer Klage mehrere Ansprüche erhoben, sind deshalb grundsätzlich die für jeden Anspruch geforderten Teilbeträge anzugeben; insbesondere ist bei einer Teilleistungsklage, mit der mehrere selbständige Ansprüche geltend gemacht werden, genau anzugeben, wie sich der eingeklagte Betrag auf die einzelnen Ansprüche verteilen soll und in welcher Reihenfolge diese Ansprüche zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden sollen (BGH, Urteile vom 22.05.1984 - VI ZR 228/82, NJW 1984, 2346; BGH, Urteil vom 27.11.1996 - VIII ZR 311/95, NJW-RR 1997, 441; BGH, Urteil vom 17.07.2008 - IX ZR 96/06, NJW 2008, 3142; BGH Urteil vom 09.01.2013 - VIII ZR 94/12 -, juris). Die Notwendigkeit zur Aufgliederung besteht jedoch nur, wenn der Klage mehrere selbständige prozessuale Ansprüche zugrundeliegen. Die Klägerin klagt vorliegend den Saldo aus dem Provisionskonto des Beklagten ein, der nach ihrer Behauptung 20.725,74 € beträgt und in den neben den streitigen Stornorückbelastungen weitere Buchungspositionen eingeflossen sind, z.B. Auszahlungen oder Organisationszuschüsse, aber auch weitere, nicht streitgegenständlichen Stornorückbelastungen. Die für die verschiedenen Leistungen angesetzten Beträge sind in Bezug auf das eingeklagte Rechnungssaldo lediglich unselbständige Rechnungspositionen. Demgegenüber stellt das Rechnungssaldo eine einheitliche Forderung dar, die ohne weitere Aufschlüsselung ihrer Zusammensetzung auf die Rechnungsposten eingeklagt werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 24.01.2008, VII ZR 43/07, juris; BGH, Urteil vom 09.11.2006, VII ZR 151/05, juris; BGH, Urteil vom 22.10.1998, VII ZR 167/97, juris). Da die Klägerin nicht klargestellt hat, dass es sich um eine Teilklage handelt, ist der gesamte Anspruch als geltend gemacht anzusehen (vgl. MüKo/Becker-Eberhard § 253 ZPO Rn. 108).

3.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Rückforderungsanspruch in Höhe von 12.484,54 € zu.

a)

aa) Gemäß § 92 Abs. 2 HGB gelten für das Vertragsverhältnis zwischen Versicherungsvertreter und Versicherer die Vorschriften für das Vertragsverhältnis zwischen dem Handelsvertreter und dem Unternehmer. Danach bestimmen sich die Auswirkungen von Leistungsstörungen auf den Provisionsanspruch des Versicherungsvertreters grundsätzlich nach § 87a Abs. 3 HGB, dessen Grundsatz der Provisionserhaltung Vorrang vor der Regelung des § 87a Abs. 2 HGB hat. Für § 87a Abs. 2 HGB ist bei den unter § 92 HGB fallenden Verträgen kein Raum, da der Provisionsanspruch erst mit der Zahlung der maßgebenden Prämie - unbedingt - entsteht (Ebenroth/Boujong/Joost-Löwisch § 92 HGB Rn 19; Senat, Beschluss vom 21.02.2007 - I-16 W 70/06 -, juris). Dementsprechend sieht auch § 11 Abs. 1 S. 1 des Agenturvertrags vor, dass gezahlte Provisionen und Provisionsvorschüsse zurück zu erstatten sind, sofern und soweit die der Provisionszahlung zugrunde liegenden Versicherungsprämien nicht gezahlt wurden. Nach § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB hat der Versicherungsvertreter nur dann keinen Anspruch auf Provision, wenn und soweit der Unternehmer das vermittelte Geschäft aus von ihm nicht zu vertretenden Umständen nicht ausführt. Nach der gesetzlichen Regelung wird also im Regelfall der Provisionsanspruch des Vertreters gewahrt, auch wenn eine Leistungsstörung beim Versicherer auftritt, wobei es unbeachtlich ist, ob dieser einseitig oder im Einvernehmen mit dem Dritten das Geschäft nicht ausführt. Voraussetzung für den Rückforderungsanspruch ist, dass der Unternehmer die Provisionen, soweit sie verdient wurden, abrechnet (Senat, Urteil vom 26.03.1993, OLGR 1993, S. 197), was vorliegend geschehen ist.

Die Nichtausführung eines Versicherungsvertrags ist vom Unternehmer nur dann nicht zu vertreten, wenn er sich in ausreichender Weise um die Rettung stornogefährdeter Verträge bemüht hat. Dem Versicherer obliegt es, nachdem er aus freien Stücken den ihm angetragenen Vertrag mit dem Kunden abgeschlossen hat, sich im Wege der erforderlichen Nacharbeit um die Rettung des wegen ausbleibender Prämienzahlung auflösungsgefährdeten Vertrags ausreichend zu bemühen, selbst wenn es sich um die ausstehende Erstprämie handelt (Senatsurteil vom 28.11.1997, 16 U 46/96, OLGR 1999, 202, 203; Ebenroth/Boujong/Joost-Löwisch aaO, § 92 Rn 19). Er hat dabei zwar die Wahl, die Nachbearbeitung selbst vorzunehmen oder sie dem Vertreter zu überlassen (Senat a.a.O.). Unterlässt der Versicherer aber in beider Hinsicht ausreichende Nachbearbeitungsmaßnahmen, muss er sich nach dem Rechtsgedanken des § 87a Abs. 3 Satz 1 HGB und des § 162 Abs. 1 BGB sowie wegen der gegenüber dem Versicherungsvertreter bestehenden Treuepflicht so behandeln lassen, als sei eine erfolgreiche Nachbearbeitung erfolgt und als sei der Provisionsanspruch des Vertreters endgültig entstanden.

Zu solchen Bemühungen gehört es, dass der Versicherer, der nicht selbst nachbearbeitet, jedem mit ihm vertraglich verbundenen Handels- oder Untervertreter, dem er die Gesamtprovision oder einen Teil hiervon auszuzahlen hat, Stornogefahrmitteilungen zukommen lässt. Diese Mitteilungen müssen den Vertreter so rechtzeitig von der Nichtzahlung der Prämie und - soweit bekannt - deren Gründen unterrichten, dass dieser sich mit Aussicht auf Erfolg um eine Rettung des Vertrags bemühen kann (Senat a.a.O.). Für die rechtzeitige Absendung der Mitteilung an den Vertreter ist der Unternehmer verantwortlich (BGH, Urteil vom 01.12.2010, VIII ZR 310/09, juris). Erst mit der ordnungsgemäßen und rechtzeitigen Stornogefahrmitteilung erfüllt der Unternehmer seine Verpflichtung nach § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB (Ebenroth/Boujong/Joost-Löwisch aaO, § 92 Rn 21; Senat, Beschluss vom 21.02.2007 - I-16 W 70/06 -, juris).

Übernimmt der Unternehmer hingegen die Nachbearbeitung selbst, muss er alles ihm Zumutbare und objektiv Erforderliche unternehmen, um den Versicherungsnehmer zur Zahlung der Prämie zu veranlassen und dadurch dem Versicherungsvertreter den Provisionsanspruch zu erhalten, bevor er den Versicherungsvertrag vorzeitig auflöst. Der Umfang der Maßnahmen richtet sich zwar nach dem Einzelfall (Ebenroth/Boujong/Joost-Löwisch aaO, § 92 Rn 22). Im Interesse des Vertreters ist er aber in jedem Fall gehalten, die Gründe für die Nichtzahlung zu erforschen und nach einer Lösung gemeinsam mit dem Prämienschuldner zu suchen. Hierfür werden regelmäßig eine persönliche Rücksprache mit dem Schuldner sowie eine nachdrückliche Zahlungsaufforderung erforderlich sein. Einfache Mahnungen an den Kunden genügen demgegenüber nicht (Ebenroth/Boujong/ Joost-Löwisch aaO, § 92 Rn 22; Senat, Beschluss vom 21.02.2007 - I-16 W 70/06 -, juris). Entbehrlich ist eine Nachbearbeitung ausnahmsweise nur dann, wenn endgültig und unabänderlich feststeht, dass der Schuldner nicht zahlen wird (Ebenroth/Boujong/ Joost-Löwisch aaO, § 92 Rn 23; Senat a.a.O.).

bb) Diese Maßstäbe zugrundegelegt, ergibt sich für die streitgegenständlichen Versicherungsverhältnisse Folgendes:

(1) ... (6,27 €)

Die Klägerin kann die Provision in Höhe von 6,27 € zurückverlangen. Eine Nachbearbeitung dieses Vertrags war angesichts der geringen Provisionshöhe mangels wirtschaftlicher Sinnhaftigkeit nicht erforderlich. Maßstab der Nachbearbeitungspflicht ist der Aufwand, den der Versicherungsvertreter zur Erhaltung seines Provisionsanspruchs betreiben würde, wenn ihm die Nachbearbeitung überlassen würde (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 09.07.2009, 12 U 254/08, juris). Ein wirtschaftlich denkender Handelsvertreter würde auch im Zuge einer laufenden Geschäftsbeziehung, eine Nachbearbeitung wegen einer etwa auftretenden Stornogefahr bei derartigen Kleinverträgen vernünftigerweise nicht vorgenommen haben. Der Aufwand, den es bedeuten würde, in einer solchen Konstellation etwa Stornogefahrmitteilungen zu versenden und Hausbesuche mit dem Kunden zu vereinbaren, steht in keinem Verhältnis zum möglichen Erfolg. Der Handelsvertreter kann in der für eine solche Vorgehensweise benötigten Zeit mit bedeutend höherer Erfolgsaussicht versuchen, Neugeschäfte zu vermitteln, als die Rettung eines in Stornogefahr geratenen Kleingeschäftes zu versuchen. Die Grenze für die Geschäfte, deretwegen die Beklagte insoweit nicht näher vorzutragen brauchte, liegt nach Auffassung des Senats, wenn wie im Streitfall ein Missbrauch weder auf der Hand liegt noch sonst ersichtlich ist, bei 100,00 € (vgl. zum Umfang der Nachbearbeitungspflicht bei Kleinststornos OLG Celle, Urteil vom 28.06.2001, 11 U 221/00, juris (100,00 DM); Hopt in: Baumbach/ders. § 87a HGB Rn. 27 (100,00 €); Krämer VW 2010, 734 (100,00 €) mit Hinweis auf BGH, Urteil vom 21.10.1971, VII ZR 54/70 und BGH, Urteil vom 19.11.1982, I ZR 125/80; Staub/Emde § 92 HGB Rn. 12 (50,00 €); Pauly VersR 2013, S. 558 ff. (50,00 €); kritisch zu einer festen Wertgrenze: OLG Köln, Beschluss vom 24.05.2012, I-19 U 169/11, juris). Eine Benachrichtigungspflicht des Versicherers die unterlassene Nachbearbeitung betreffend besteht nicht (so aber: Staub/Emde a.a.O., Löwisch a.a.O. Rn. 23, die die Benachrichtigungspflicht bei beendetem Vertragsverhältnis unterschiedlich beurteilen). Denn die Anforderungen an die Nachbearbeitungsbemühungen des Versicherers sollen gewährleisten, dass dieser die Stornobekämpfung im gleichen Maße vornimmt, wie sie - fiktiv - der Vertreter unternehmen würde. Ist Maßstab damit das potentielle Verhalten des Versicherungsvertreters, der - wie ausgeführt - die Gefahr von Kleinststornos akzeptieren wird und keinen höheren, in keinem wirtschaftlichen Verhältnis stehenden Aufwand zur Erhaltung der Verträge walten lassen würde, so bedarf es auch keiner Stornogefahrmitteilung.

(2) ... (22,69 €)

Auch die Teilprovision aufgrund der Vermittlung dieses Versicherungsvertrages kann die Klägerin nach Kündigung grundsätzlich zurückverlangen, ohne dass es auf die Frage ausreichender Bestanderhaltungsmaßnahmen durch sie ankäme. Es handelt sich um ein Kleinststornos, bei der eine Pflicht zur Nachbearbeitung nicht besteht. Allerdings hat sie ihm diesen Betrag im September 2010 wieder gutgeschrieben. Der Senat geht deshalb davon aus, dass er nicht mehr Gegenstand der Klageforderung ist.

(3) ... (61,64 €)

Die Klägerin kann auch die Provision aufgrund der Beendigung dieses Versicherungsverhältnisses zurückfordern, ohne dass es auf die Frage ausreichender Bestanderhaltungsmaßnahmen ankäme. Auch diese Provisionsrückforderung fällt unter die dargestellte Grenze für Kleinststornos, bei der eine Nachbearbeitung wegen wirtschaftlicher Sinnlosigkeit entfällt

(4) ... (220,69 € + 384,19 € + 998,94 € + 1.423,21 €)

Die Klägerin kann ferner die Provisionen für die von der Ehefrau des Beklagten abgeschlossenen Versicherungsverträge in Höhe von insgesamt 3.027,03 € zurückfordern. Auch insoweit hat die Klägerin die Nichtausführung des Vertrags nicht zu vertreten. Bei nicht gezahlten Prämien auf eigene Versicherungsverträge oder auf Verträge von Verwandten ist eine Stornogefahrmitteilung entbehrlich (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 09.07.2009, 12 U 254/08, juris; Löwisch a.a.O. Rn. 21; Krämer VW 2010, 734 ff.). Unter diesen Voraussetzungen ist auch eine eigenständige Nachbearbeitung des Vertrages durch den Versicherer nicht erforderlich; der Versicherungsvertreter verstößt vielmehr gegen den in § 242 BGB normierten Grundsatz von Treu und Glauben, wenn er sich darauf beruft, der Versicherer habe ihn nicht zur Einhaltung des von ihm selbst geschlossenen Vertrags angehalten (Brandenburgisches OLG a.a.O.).

Mit seinem Einwand, die Klägerin habe die Nichtausführung deshalb zu vertreten, weil sie ihm seit Juni 2009 jegliche Zahlung verweigert habe, dringt der Beklagte nicht durch. Zwar bedeutet Vertretenmüssen nicht nur Vorsatz und Fahrlässigkeit und Übernahme eines Beschaffungsrisikos, sondern auch das Einstehenmüssen für zurechenbare Risiken (Hopt in: Baumbach/ders. § 87a HGB Rn. 26). In die Risikosphäre des Unternehmers fallen nicht nur sein Tun und Unterlassen, sondern auch alle sonstigen in seiner Person und seinem Betrieb liegenden Umstände (MüKo/von-Hoyningen-Huene § 87a HGB Rn. 53). Unter den in diesem weiten Sinn auszulegenden Begriff des Vertretenmüssens fällt jedoch nicht die Zahlungsfähigkeit seines Vertragspartners, d.h. des Versicherungsnehmers.

(5) ... (3.578,47 €)

Streitgegenständlich ist hinsichtlich des Kunden ... - nur - der im September 2010 zurückbelastete Betrag in Höhe von 3.578,47 €. Die Aufstellung in der Klageschrift enthält zwar zwei Rückbelastungen, und zwar einmal über 4.752,00 € und einmal über 3.902,98 €. Allerdings findet sich nur der zweite Betrag im Provisionsnachweis für 08/2009, wobei das Stornodatum der 06.08.2008 gewesen sein soll. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin soll diese Belastung wieder gutgeschrieben worden sein und zwar im Dezember 2009 in Höhe von 3.842,15 €. Sie hat den Vertrag dann erneut gekündigt und so dann im September 2010 3.578,47 € dem Beklagten zurückbelastet. Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf Rückzahlung dieses Betrags.

Nach der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 21.02. 2007 - I-16 W 70/06 -, juris), muss der Unternehmer, wenn er die Nachbearbeitung - wie vorliegend - selbst übernimmt, alles ihm Zumutbare und objektiv Erforderliche unternehmen, um den Versicherungsnehmer zur Zahlung der Prämie zu veranlassen und dadurch dem Versicherungsvertreter den Provisionsanspruch zu erhalten, bevor er den Versicherungsvertrag vorzeitig auflöst. Der Umfang der Maßnahmen richtet sich zwar nach dem Einzelfall (s.o.). Im Interesse des Vertreters ist er aber in jedem Fall gehalten, die Gründe für die Nichtzahlung zu erforschen und nach einer Lösung gemeinsam mit dem Prämienschuldner zu suchen. Hierfür werden regelmäßig eine persönliche Rücksprache mit dem Schuldner sowie eine nachdrückliche Zahlungsaufforderung erforderlich sein. Einfache Mahnungen an den Kunden genügen demgegenüber nicht (Ebenroth/Boujong/ Joost-Löwisch aaO, § 92 Rn 22). Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 01.12.2010 (VIII ZR 310/09, juris) gibt dem Senat keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzurücken. Der Bundesgerichtshof hat dort die Frage, ob nach den Gründen für die Nichtzahlung zu forschen und nach einer Lösung gemeinsam mit dem Prämienschuldner zu suchen und ob dafür regelmäßig eine persönliche Rücksprache mit dem Schuldner erforderlich sei, ausdrücklich offengelassen.

Diesen Anforderungen genügen die Bemühungen der Klägerin im Jahr 2010 nicht. Sie hat nach ihrem eigenen Vortrag den Versicherungsnehmer mit Schreiben vom 07.04., 04.05. und 02.07.2010 angeschrieben. Eine persönliche Rücksprache fand nicht statt; das Schreiben vom 04.05.2010 enthält lediglich den Hinweis darauf, dass die Bedingungen für die Nachzahlung des Rückstandes mit der Abteilung "Beitragsinkasso" bzw. mit dem Außendienstmitarbeiter besprochen werden können. Eine andere Beurteilung folgt auch nicht aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25.05.2005 (VIII ZR 237/04). In dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof drei aufeinanderfolgende Mahnschreiben im Rahmen eines automatisierten Mahnverfahrens unter Hinweis auf die Rechtsfolgen, die sich aus der Einstellung der Prämienzahlung ergeben, und teilweise unter Androhung gerichtlicher Maßnahmen sowie einem schriftlichen Gesprächsangebot an Versicherungsnehmer, die in Zahlungsschwierigkeiten geraten waren, und dem Bekunden der Bereitschaft zum Entgegenkommen für ausreichend erachtet. Allerdings beurteilte der Bundesgerichtshof die dargestellten Maßnahmen ausdrücklich deshalb für ausreichend, weil die zurückgeforderten Provisionen jeweils unter 500,00 € lagen. Die im Fall ...zurückgeforderte Provision übersteigt diesen Betrag um das Siebenfache.

Der Hinweis der Klägerin in ihrer Berufungserwiderung auf die erstinstanzliche Beweisaufnahme, wonach maßgeblich für die Zahlungseinstellung von Herrn ... dessen Zahlungsschwierigkeiten, nicht aber die sog. "Nachrecherche" und der dabei vermittelte Eindruck vom Beklagten gewesen sein soll, verfängt nicht. Diese "Nachrecherche" fand nämlich im Vorfeld der Auflösung des Agenturvertrags zwischen der Klägerin und dem Beklagten statt, d.h. vor dem 08. bzw. 10.07.2009. Zu diesem Zeitpunkt stand allerdings - nur - die erste Kündigung des Vertrags mit Herrn ... im Raum. Die Rückforderung der damals gezahlten Provision ist aber gar nicht Gegenstand der Klage; auf die erstinstanzliche Beweisaufnahme zu dieser Frage kommt es daher nicht an. Im Übrigen entlasten Zahlungsschwierigkeiten des Versicherungsnehmers den Versicherer nicht von Bestanderhaltungsmaßnahmen, sondern geben ihm vielmehr Anlass zum Tätigwerden. Eine eigene Nachbearbeitung des ersten Vertrags trägt die Klägerin nicht vor.

(6) ... (11.160,00 € + 1.861,52 €)

Die Klägerin hat unter Berücksichtigung der dargestellten Maßstäbe gegen den Beklagten auch keinen Anspruch auf Provisionsrückzahlung wegen der Rentenversicherungsverträge des Herrn ..., die die Klägerin im August 2009 aufhob. Eine Nachbearbeitung dieser Verträge durch die Klägerin ist nicht erfolgt. Sie hat dem Beklagten auch keine Stornogefahrmitteilung übersandt. Zum Zeitpunkt der Aufhebung der Verträge war der Beklagte auch bereits vom Dienst freigestellt. Angesichts des Kündigungsschreibens der Klägerin vom 09.07.2009 kann davon ausgegangen werden, dass der Beklagte zu diesem Zeitpunkt über Arbeitsmaterial nicht mehr verfügte. Es bestand für ihn daher keine Möglichkeit mehr, über das Agenturvertriebsunterstützungssystem von der Vertragsaufhebung Kenntnis zu nehmen. Vielmehr ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Vertragsaufhebung erst durch die Klägerin, nämlich der Besuch ihrer Mitarbeiter bei Herrn ... im Juli 2009, initiiert worden ist. Die Klägerin hat also nicht nur keine Bestanderhaltungsmaßnahmen im Provisionsinteresse des Beklagten vorgenommen, sie hat sogar dieses Interesse konterkariert, indem sie dem Versicherungsnehmer eine Aufhebung der durch den Beklagten vermittelten Verträge angetragen hat.

Mit ihrem Einwand, die Vertragsaufhebung sei deshalb erforderlich gewesen, weil der Beklagte den Versicherungsnehmer falsch beraten habe, dringt die Klägerin nicht durch. Zwar ist der Versicherer nach § 6 Abs. 4 VVG während der Dauer des Vertragsverhältnisses zur laufenden Beratung verpflichtet, soweit für den Versicherer ein Anlass für eine Nachfrage und Beratung des Versicherungsnehmers erkennbar ist (Rixecker in: Römer/Langheid § 6 VVG Rn. 29). Dadurch soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Versicherer sich nicht von sich aus darum kümmern muss, ob der bisherige Versicherungsschutz weiterhin die Bedürfnisse des Versicherungsnehmers deckt, wenn nicht der Versicherungsnehmer eine Vertragsveränderung wünscht. "Erkennbar" im Absatz 4 bedeutet also, dass auch ohne eine auf den Versicherungsschutz des Versicherungsnehmers gerichtete Initiative der Beratungsbedarf erkennbar sein muss. Der Versicherer muss also allein aufgrund der Informationen, die er besitzt, einen Beratungsbedarf erkennen (Prölls in: ders./Martin § 61 VVG Rn. 46). Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob die Verträge, die der Beklagte Herrn ... vermittelte, tatsächlich dessen Bedarf und Verhältnissen nicht entsprachen, was zwischen den Parteien streitig ist. Der Anlass für die Beratung während des laufenden Versicherungsverhältnisses muss sich nämlich im Versicherungsverhältnis ergeben. Erfährt der Versicherer in anderem Zusammenhang von Gründen, den Versicherungsnehmer zu unterrichten, oder erfährt sein Vertreter privat oder bei Anbahnung oder Verwaltung anderer Verträge von Umständen, die auch in der konkreten Vertragsbeziehung eine Reaktion des Versicherungsnehmers sinnvoll erscheinen lassen könnten, begründet das keine Beratungspflicht (Rixecker a.a.O.). Ausweislich des Rechercheberichts vom 08.07.2009 fand das Gespräch mit Herrn ... auf Veranlassung des Filialdirektors statt: Nach dem Vortrag der Klägerin standen die vom Beklagten eingereichten Anträge "unter besonderer Beobachtung" und wurden deshalb zum Teil nachrecherchiert. Demgegenüber ergab sich aus dem Versicherungsverhältnis selbst bis dahin kein Anlass für die Klägerin, Herrn ... zu beraten. Auf die erstinstanzliche Beweisaufnahme zur Nachrecherche der Klägerin kommt es daher nicht an.

(7) ... (389,60 €)

Die Klägerin kann vom Beklagten die Rückzahlung der anteiligen Provision in Höhe von 389,60 € wegen des zum 01.10.2009 beendeten Versicherungsverhältnisses verlangen. Eine Nachbearbeitung der Kündigung durch die Klägerin war ausnahmsweise nicht erforderlich. Einer Nachbearbeitung bedarf es dann nicht, wenn solche Versuche von vornherein aussichtslos erscheinen (BAG, Urteil vom 25.10.1967 - 3 AZR 453/66 -, BAGE 20, 123). Dies ist dann der Fall, wenn der Versicherungsnehmer in der Kündigung die Bitte äußert, von Vertreterbesuchen Abstand zu nehmen (Krämer VW 2010, S. 734 ff.). Im Telefax vom 25.09.2009 wurde die Klägerin gebeten, von Vertreterbesuchen, Telefonaten und sonstigen Rückfragen bei den Eheleuten ... Abstand zu nehmen, so dass sie die Kündigung nicht nachbearbeiten musste.

(8) ... (9.000,00 € + 259,20 €)

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Rückzahlung der Provision in Höhe von 9.000,00 € für die Vermittlung der im Juli/August 2009 aufgehobenen Lebensversicherungsvertrags. Zwar ist dieser Vertrag - vergleichbar wie im Fall ... - auf Initiative der Klägerin im Juli 2009 aufgehoben worden, ohne dass sich zu diesem Zeitpunkt für sie erkennbar ein Anlass zur Beratung ergeben hätte. Auch sind Bemühungen der Klägerin, den Vertrag im Provisionsinteresse des Beklagten zu anderen Bedingungen aufrecht zu erhalten, weder vorgetragen noch ersichtlich. Vor diesem Hintergrund hat sie ihrer erhöhten Loyalitätspflicht dem Beklagten gegenüber nicht entsprochen und weder auf dessen Provisionsinteressen Rücksicht genommen noch sie gefördert. Allerdings ergibt sich aus dem von der Klägerin zur Akte gereichten Email-Verkehr, dass der Beklagte die Stornogefahr kannte. Herr ... hatte sich, nachdem er die Abbuchung von 5.000,00 € zum Jahreswechsel 2008/2009 bereits moniert und widerrufen hatte, im Juni/Juli 2009 erneut an den Beklagten wegen entsprechender Abbuchungen gewandt. Mit Email vom 04.06.2009 und erneut mit Email vom 15.06.2009 hatte er die halbjährliche Abbuchung in Höhe von 5.000,00 € als nicht vereinbarungsgemäß und für ihn nicht tragbar mit Nachdruck beanstandet. Die Abbuchung hatte er erneut mit Email vom 04.07.2009 hinterfragt. Der Beklagte kannte also die Stornogefahr, so dass die Klägerin weder zu einer Stornogefahrmitteilung noch zu einer eigenen Nachbearbeitung verpflichtet war. Auf die erstinstanzliche Beweisaufnahme kommt es damit nicht an.

Demgegenüber hat die Klägerin gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Rückzahlung der Provision in Höhe von 259,90 € wegen der im März 2010 gekündigte Unfallversicherung. Eine Nachbearbeitung durch sie trägt die Klägerin nicht vor. Ihr Schreiben vom 15.03.2010 genügt den oben dargestellten Anforderungen des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 25.05.2005, VIII ZR 237/04) an die Nachbearbeitung im Fall geringfügiger Provisionen nicht. Es handelt sich lediglich um ein einziges Schreiben, in dem der Kunde gebeten wird, seine Entscheidung zu überdenken.

(9) ... (169,14 € + 128,89 €)

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Rückzahlung der Provisionen, die sie ihm für die Vermittlung der beiden Unfallversicherungsverträge zahlte und im September 2010 zurückbelastete. Die Klägerin hat die Nichtausführung zu vertreten. Die von ihr vorgenommene Nachbearbeitung des Vertrags durch einen Hausbesuch am 26.10.2009, bei dem der Kunde nicht angetroffen wurde, und anschließenden Anrufen, bei denen der Kunde nicht erreicht wurde, genügen als Bestanderhaltungsmaßnahme insbesondere unter dem Aspekt des zeitlichen Ablaufs nicht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, muss ein Versicherer, der den Weg wählt, den Versicherungsvertreter von der Vertragsgefährdung in Kenntnis zu setzen, diesen unverzüglich auf die Gefahr der Stornierung hinweisen (BGH Urteil vom 28.06.2012, VII ZR 130/11, juris). Der Versicherer muss sich daher so bald, wie es ihm den Umständen nach möglich und zumutbar ist, gegenüber dem Versicherungsvertreter erklären. Die Aussichten auf "Rettung" des Vertrags sinken nach der Lebenserfahrung, je mehr Zeit verstreicht. Dem Versicherer ist es deshalb gestattet, sich in angemessener Zeit eine gewisse Klarheit zu verschaffen, ob Anhaltspunkte für eine Vertragsgefährdung vorliegen, und die Entscheidung zu treffen, ob er eigene Nachbearbeitungsmaßnahmen ergreift oder sich darauf beschränkt, dem Versicherungsvertreter die sich abzeichnende Stornogefahr mitzuteilen. Mit der Mitteilung an den Vertreter darf der Versicherer in der Regel nicht mehr als zwei Wochen abwarten.

Entscheidet sich der Versicherer - wie vorliegend - dafür, selbst Bestanderhaltungsmaßnahmen zu treffen, gilt in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich nichts anderes. Denn die Aussichten auf "Rettung" des Vertrags sinken auch bei einer Nachbearbeitung durch das Versicherungsunternehmen, je mehr Zeit verstreicht. Die Klägerin erhielt das Schreiben von Herrn ... vom 10.09.2009, mit dem er um Ruhestellung der Verträge bat, am 11.09.2009. Bis zum Hausbesuch ihres Mitarbeiters am 26.10.2009 vergingen mehr als sechs Wochen, obwohl die Vertragsgefährdung durch das Schreiben bereits auf der Hand lag und weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass sie eine Nachbearbeitung durch den Beklagten in Betracht zog.

b)

Die Klägerin hat ihren Anspruch auch der Höhe nach ausreichend substantiiert dargelegt. Sie hat unter Vorlage der Provisionsabrechnungen die Kontenentwicklung seit Mai 2009 bis zum geltend gemachten Endstand dargelegt.

4.

Erstinstanzlich hatte der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung erklärt, und zwar mit einem Schadensersatzanspruch in Höhe von 16.700,00 €, weil die Klägerin die Stornierungen der Versicherungsverträge zu verantworten habe, sowie mit einem Schadensersatzanspruch in Höhe von monatlich 3.600,00, insgesamt 104.400,00 €, aufgrund der von der Klägerin veranlassten AVAD-Auskunft. Auf diese Aufrechnung, die das Landgericht zutreffend als nicht gerechtfertigt ansah, ist der Beklagte in der Berufungsinstanz nicht mehr zurückgekommen Der Senat geht daher davon aus, dass diese nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens ist.

5.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB,

B.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Rückzahlung der Abschlussprovisionen für die mit Herrn ... (3.894,53 € + 3.940,80 €) geschlossenen Verträge. Die Klägerin hat eigene Bestanderhaltungsmaßnahmen nicht vorgetragen, sondern sich auf den Vortrag beschränkt, der Beklagte habe dem Versicherungsnehmer den Vertrag "aufgeschwatzt". Sofern sie in der Berufungsbegründung meint, dieser Vortrag sei dahingehend zu verstehen, dass der Beklagte Herrn ... dazu gebracht habe, Versicherungsverträge einzugehen, deren Prämien er nicht bedienen konnte, ist dieses Verständnis nicht zwingend. Ebenso naheliegend ist ein Verständnis, dass es sich um Versicherungen handelte, die der Kunde nicht brauchte, aber bezahlen konnte. Jedenfalls war die Klägerin, die fehlende Möglichkeit des Versicherungsnehmers unterstellt, die Prämien von Anfang an zu zahlen, weder in 2008 noch in 2009 ausnahmsweise davon befreit, im Provisionsinteresse des Beklagten Nachbearbeitungsmaßnahmen durchzuführen - was sie nicht tat - oder Stornogefahrmitteilungen an ihn zu senden. Soweit sie darauf verweist, dass der Beklagte die Möglichkeit gehabt habe, über das AVUS-Online-System die Stornogefahr zu erkennen, verfängt dies nicht. Entscheidet sich der Versicherer im Rahmen seines Wahlrechts, wie er seiner Obliegenheit zur Nachbesserung notleidender Verträge nachkommen will, dazu, dem Versicherungsvertreter durch eine Stornogefahrmitteilung Gelegenheit zu geben, den notleidend gewordenen Vertrag selbst nachzubearbeiten, so kommt er seiner Pflicht zur Stornoabwehr nach, wenn er die Gefahrmitteilung so rechtzeitig absendet, dass bei normalen Verlauf mit deren rechtzeitigen Eingang beim Versicherungsvertreter gerechnet werden kann (BGH, Versäumnisurteil vom 01. Dezember 2010 - VIII ZR 310/09 -, juris). Demgegenüber genügt es nicht, wenn der Versicherer dem Versicherungsvertreter die Möglichkeit gibt, sich über den Status der von ihm vermittelten Verträge zu informieren und im Zuge dessen die Stornogefahr zu erkennen. Der Versicherer kann sich nicht seiner Pflicht zur Nachbearbeitung dadurch entledigen, dass er dem Versicherungsvertreter - wie hier - die Möglichkeit gibt, sich über den Bestand der von ihm betreuten Versicherungsverträge zu informieren. Im Übrigen verpflichtet § 7 Abs. 3 des Agenturvertrages, auf den die Klägerin hinweist, nur zur Nutzung des AVUS-Systems und nicht zur regelmäßigen Überprüfung laufender Verträge. Soweit der Beklagte gemäß § 8 Abs. 2 des Agenturvertrags zur Durchführung von Bestanderhaltungsmaßnahmen verpflichtet war, entlastet dies die Klägerin nicht von ihrer Pflicht, ihn auf deren Notwendigkeit nach den dargestellten Grundsätzen aufmerksam zu machen.

Sofern die Klägerin sich den Vortrag des Beklagten zur Beitragsfreistellung des Vertrags zu Eigen macht, ist schon nicht erkennbar, ob sich dieser Vortrag auf den Vertrag aus 2008 oder 2009 bezieht. Jedenfalls ist es auch nach dem Vortrag des Beklagten nicht zu einer Beitragsfreistellung gekommen, die im Übrigen die Klägerin auch nicht von Bestandserhaltungsmaßnahmen entlastet hätte. Soweit der Beklagte im Juni 2009 noch um eine Verlegung des Versicherungsbeginns gebeten haben soll, hat die Klägerin dem nicht entsprochen. Eine erfolgreiche Nachbearbeitung zum Erhalt der Provision des Beklagten hätte die Klägerin dadurch jedenfalls verhindert.

C.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.

Der Wert des Berufungsverfahrens beträgt 20.725,74 € (Berufung der Klägerin: 7.835,33 €; Berufung des Beklagten 12.890,41 €).

Ein Grund zur Zulassung der Revision besteht nicht. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

D... Dr. W... Dr. S...

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