OLG Hamm, Urteil vom 26.07.2016 - 9 U 150/15
Fundstelle
openJur 2019, 21914
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 2 O 123/14

1.

Auch wenn bloße Zweifel am Bestehen der Nichtschuld einem Herausgabeverlangen nicht entgegenstehen, kann nach den besonderen Umständen des Einzelfalls bei Leistung trotz bestehender Zweifel ein Verzicht auf Bereicherungsansprüche zu sehen sein, wenn der Empfänger aus dem Verhalten des Leistenden nach Treu und Glauben den Schluss ziehen durfte, der Leistende wolle die Leistung gegen sich gelten lassen, unabhängig vom Bestehen der Schuld (BGH v. 09.05.1960 - III ZR 32/59 - juris Rn. 28 - BGHZ 32, 273,280).

2.

Erforderlich ist eine erkennbare Absicht des Leistenden, seine Leistung auch für den Fall der Nichtschuld bewirken zu wollen. Maßgeblich ist dabei, wie das Verhalten des Leistenden im Einzelfall objektiv aufzufassen ist

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das am 18.06.2015 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bochum teilweise abgeändert.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Gerichtskosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 73% und die Beklagte zu 2) zu 27%.

Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) und 73% der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2).

Die Beklagte zu 2) trägt 27% der außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Im Übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Gründe

I.

Der Kläger und die Beklagte zu 2) machen gegenseitig Ansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 20.12.2013 auf einem Parkplatzgelände in C geltend.

Die Beklagte zu 2) zahlte als Krafthaftpflichtversicherer des Beklagten zu 1) im März 2014 auf der Grundlage ihres Abrechnungsschreibens vom 03.03.2014 an den Kläger auf den von diesem mit 20.433,60 € bezifferten Gesamtschaden einen Betrag von 5.460,42 €. Die Abrechnung nahm die Beklagte zu 2) auf Totalschadensbasis vor, wobei sie von einer Haftungsquote von 50 % ausging.

Mit vorliegender Klage hat der Kläger nach Instandsetzung des Fahrzeugs den noch offenen Betrag von 14.973,18 € verlangt.

Das Landgericht hat den Kläger gem. § 141 ZPO persönlich angehört und ein schriftliches verkehrsanalytisches Gutachten über den Hergang des Unfalls durch den Sachverständigen Prof. T eingeholt.

Dieses hat ergeben, dass die Ausgangsgeschwindigkeit des von dem Kläger gesteuerten Mercedes zwischen 30 und 40 km/h betrug, während die Geschwindigkeit des von dem Beklagten zu 1) gefahrenen Toyotas 0 bis 2 km/h betrug. Nach Vorlage des Gutachtens hat die Beklagte zu 2) widerklagend Rückzahlung des von ihr vorprozessual gezahlten Betrages von 5.460,42 € verlangt, da sie die Regulierung in Unkenntnis der von dem Kläger gefahrenen überhöhten Geschwindigkeit vorgenommen habe.

Durch das angefochtene Urteil, auf das gem. § 540 ZPO Bezug genommen wird, soweit sich aus dem Nachstehenden nichts Anderes ergibt, hat das Landgericht die Klage abgewiesen und den Kläger auf die Widerklage hin antragsgemäß verurteilt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlichen Anträge unter Einschluss des Verlangens auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten weiter verfolgt. Das Landgericht habe verkannt, dass er gegenüber dem Beklagten zu 1) vorfahrtsberechtigt gewesen sei. Selbst wenn dem nicht so wäre, habe der Beklagte zu 1) jedenfalls die Kurve stark geschnitten, so dass er ihm in vollem Umfang zum Schadensersatz verpflichtet sei. Die Widerklageforderung sei unbegründet, weil ein Rückforderungsrecht der Beklagten zu 2) nicht bestehe. Denn diese habe die Zahlung ohne jeden Vorbehalt erbracht.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat den Kläger und den Beklagten zu 1) persönlich gem. § 141 ZPO angehört und den Sachverständigen Prof. T um mündliche Ergänzung seines schriftlichen Gutachtens gebeten. Hinsichtlich des wesentlichen Ergebnisses der Anhörung und der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 15.07.2016 verwiesen.

II.

Die Berufung des Klägers hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Dem Kläger steht gegen die Beklagten der auf die §§ 7 Abs. 1, 17 StVG, § 823 Abs. 1 BGB, § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG gestützte Schadensersatzanspruch nicht zu, so dass das erstinstanzliche Urteil insoweit Bestand hat. Hingegen hat die Berufung insoweit Erfolg, als sie sich gegen die Zuerkennung der Widerklage richtet. Auf die Berufung des Klägers war das angefochtene Urteil daher teilweise abzuändern und die Widerklage abzuweisen.

Zur Klage:

1.

Die Voraussetzungen für die Haftung des Beklagten zu 1) gemäß § 7 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1 BGB und für die Haftung der Beklagten zu 2) gemäß § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG sind dem Grunde nach unproblematisch gegeben und vom Landgericht zutreffend bejaht worden. Die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie deren Umfang hängen nach § 17 Abs. 1 und 2 StVG von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Die danach gebotene Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge ist aufgrund aller festgestellten, d. h. unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, wenn sie sich auf den Unfall ausgewirkt haben; in erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; das beiderseitige Verschulden ist nur ein Faktor der Abwägung (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH v. 07.02.2012 - VI ZR 133/11 - juris - NJW 2012, 1953).

Die hiernach vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge gem. § 17 Abs. 1 und 2 StVG ergibt, dass dem Kläger gegen die Beklagten aus dem Verkehrsunfallereignis vom 20.12.2013 keine Schadensersatzansprüche zustehen.

2.

Den Beklagten zu 1) belastet zunächst die von seinem Kraftfahrzeug ausgehende Betriebsgefahr. Die Gefährdungshaftung erfasst auch solche beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs (oder Anhängers) verursachten Schäden nach § 7 Abs. 1 StVG, die auch der "Idealfahrer”, der den Unfall trotz über den gewöhnlichen Durchschnitt erheblich hinausgehender Aufmerksamkeit, Geschicklichkeit und Umsicht sowie trotz geistesgegenwärtigen und sachgemäßen Handelns im Augenblick der Gefahr im Rahmen des Menschenmöglichen nicht vermeiden konnte (Laws/Lohmeyer/Vinke in: Freymann/Wellner, jurisPK-StrVerkR, § 7 StVG, Rn. 139).

Der Beklagte zu 1 ) hatte nach den Ausführungen des Prof. T die theoretische Möglichkeit, einer Kollision mit dem Fahrzeug des Klägers zu entgehen, indem er orientiert am rechten Rand seiner Fahrgasse zunächst bis zu den im Winkel von 90 Grad angeordneten gegenüberliegenden Parkbuchten geradeaus fuhr, und dann unter Überfahren der kompletten Breite dieser Parkbuchten mit maximalem Lenkeinschlag nach links gelenkt hätte.

2.1

Einen darin liegenden schuldhaften und unfallursächlichen Verstoß des Beklagten zu 1) gegen § 8 StVO verneint der Senat bereits aus rechtlichen Gründen.

Die Regeln der Straßenverkehrsordnung (StVO) sind auf einem - wie hier - öffentlich zugänglichen Parkplatz grundsätzlich anwendbar (Senat U.v. 29.08.2014 - 9 U 26/14 - juris Rn. 16 - MDR 2014, 1313 m.w.N.). Da Parkplätze dem ruhenden Verkehr dienen, trifft der dort Ein- und Ausparkende in der Regel nicht auf fließenden Verkehr, sondern auf Benutzer der Parkplatzfahrbahn. In diesen Fällen sind die gegenseitigen Rücksichtspflichten deshalb erhöht und einander angenähert. Einen Vertrauensgrundsatz zugunsten des "fließenden" Verkehrs gegenüber dem wartepflichtigen Ein- oder Ausfahrenden gibt es nicht (König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. § 8 StVO Rn. 31 a). Das führt dazu, dass bei Unfällen auf Parkplatzgeländen in der Regel für ein alleiniges Verschulden eines Verkehrsteilnehmers, insbesondere auch ein vollständiges Zurücktreten der Betriebsgefahr, kein Raum sein wird. Vielmehr wird hier - anders als im fließenden Verkehr - regelmäßig ein im Rahmen der Haftungsabwägung zu berücksichtigendes Mitverschulden, jedenfalls aber die Betriebsgefahr zu berücksichtigen sein (Scheidler, DAR 2012, 313).

Etwas anderes kann gelten, wenn die angelegten Fahrspuren zwischen den Parkplätzen eindeutig Straßencharakter haben und sich bereits aus ihrer baulichen Anlage ergibt, dass sie nicht dem Suchen von Parkplätzen dienen, sondern der Zu- und Abfahrt der Fahrzeuge. Handelt es sich bei einer bzw. mehreren der Zufahrtswege um eine gegenüber den Durchfahrtsgassen zwischen den Parkplätzen nochmals baulich größer und breiter ausgestalteten Zufahrtsstraße, so kann § 8 StVO, ob unmittelbar oder analog zur Anwendung kommen (KG v. 12.10.2009 - 12 U 233/08 -, juris, vgl. hierzu auch OLG Sachsen-Anhalt v. 28. Juli 2006 - 10 U 28/06 - juris - VerkMitt 2007, Nr. 43, OLG Düsseldorf v. 23.10.2010 - 1 U 156/09 - juris).

Hiervon ausgehend kam dem Kläger kein Vorfahrtsrecht gegenüber dem Beklagten zu 1) zu. Auch die von dem Kläger benutzte Fahrgasse diente dem Parkplatzsuchverkehr. Dies wird nicht zuletzt dadurch deutlich, dass auch auf dieser Fahrgasse Parkboxen angeordnet sind. Darauf, ob diese in der konkreten Situation belegt waren, und hierdurch die Breite der Fahrgasse eingeschränkt war, kommt es nicht an.

2.2

Dem Beklagten zu 1) kann auch kein unfallursächlicher Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO angelastet werden, weil dieser aus einer dem linken Rand seines Fahrweges angenäherten Position nach links abgebogen ist, wobei es noch im Abbiegevorgang zur Kollision mit dem sich von links mittig auf der dortigen Fahrspur herannahenden Fahrzeug des Klägers kam. Prof. T hat anhand einer Zeit - Weg - Berechnung überzeugend dargelegt, dass auch in dem Fall, in dem der Kläger von dem rechten Rand seines Fahrweges nach links abgebogen wäre, der Kläger mit dem Fahrzeug des Beklagten zu 1) kollidiert wäre, wenn auch nur mit einer Geschwindigkeit von 15 km/h.

2.3

Ebensowenig kann dem Beklagten zu 1) vorgeworfen werden, er sei zu schnell unterwegs oder unaufmerksam gewesen. Der Beklagte zu 1) ist vor der Kollision mit so reduzierter Geschwindigkeit gefahren, dass es nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Beklagte zu 1) im Kollisionszeitpunkt bereits stand. Daraus folgt weiter, dass er sofort auf das von links auftauchende Fahrzeug des Klägers reagiert hat.

3.

Auch den Kläger belastet die von seinem Kraftfahrzeug ausgehende Betriebsgefahr. In die Abwägung ist weiter ein schuldhafter und unfallursächlich gewordener Verstoß des Klägers gegen § 3 StVO bzw. § 1 Abs. 2 StVO einzustellen. Nach den schlüssigen Ausführungen des Prof. T näherte sich der Kläger in jedem Fall der Kollisionsstelle mit einer für die örtlichen Parkplatzverhältnisse und seine nach rechts hin durch Grünbewuchs gravierend eingeschränkten Sichtmöglichkeiten deutlich übersetzten Ausgangsgeschwindigkeit von mehr als 30 km/h, wobei er hinzukommend auch noch verspätet reagiert hat. Hätte der Kläger die Fahrgasse mit der für die konkreten örtlichen Verhältnisse angemessenen Geschwindigkeit von etwa 10 km/h befahren und rechtzeitig reagiert, wäre der Unfall vermieden worden.

4.

Die Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz nach § 17 Abs. 1 und 2 StVG ist gleichwohl gem. § 17 Abs. 3 StVG ausgeschlossen, weil der Unfall aus Sicht des Beklagten zu 1) durch ein unabwendbares Ereignis verursacht worden ist, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Fahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt nach der vorgenannten Vorschrift ein Ereignis nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Fahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat.

Gestützt auf die Ausführungen des Prof. T gelangt der Senat zu der Auffassung, dass der Unfall für einen sogenannten Idealfahrer, d.h. einen Fahrer, der trotz über den gewöhnlichen Durchschnitt erheblich hinausgehender Aufmerksamkeit, Geschicklichkeit und Umsicht sowie trotz geistesgegenwärtigen und sachgemäßen Handelns im Augenblick der Gefahr im Rahmen des Menschenmöglichen den Unfall nicht vermeiden konnte, und damit hier auch für den Beklagten zu 1) unvermeidbar war. Prof. T hat eindrucksvoll aufgezeigt, welchen einzig in Betracht kommenden Fahrweg der Beklagte zu 1) hätte nehmen müssen, um eine Kollision mit dem Fahrzeug des Klägers zu vermeiden. Das Einfahren in die querende Fahrgasse bis zum Beginn der vor Kopf liegenden Parkbuchten, um dann unter Ausnutzung des kleinstmöglichen Wendekreises nach links einzuschlagen, ist eine solch unnatürlich anmutende Fahrweise, dass nach Einschätzung des Senats kein sogenannter Idealfahrer sich in dieser Weise verhalten hätte.

Da nach den vorstehenden Ausführungen der Unfall für den Beklagten zu 1) unvermeidbar iSd § 17 Abs. 3 StVG gewesen ist, haftet er dem Kläger nicht für die diesem durch den Zusammenstoß entstandenen Schäden.

5.

Hiervon ausgehend kann der Kläger auch nicht den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangen.

Zur Widerklage:

Auch wenn der Kläger nach dem Vorhergesagten von den Beklagten keinen Schadensersatz beanspruchen kann, so ist er andererseits nicht verpflichtet, der Beklagten zu 2) auf deren Widerklage hin den aufgrund der von dieser vorprozessual erbrachten Zahlung erhaltenen Betrag iHv 5.460,42 € nach § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Fall BGB herauszugeben.

1.

Gem. § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Fall BGB ist derjenige, der durch die Leistung eines anderen auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt hat, diesem zur Herausgabe verpflichtet. Die Voraussetzungen eines Herausgabeverlangens nach § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Fall BGB liegen vor. Denn die Beklagte zu 2) hat zur Regulierung der an sie herangetragenen Schadensersatzansprüche des Klägers vorprozessual einen Betrag von 5.460,42 € gezahlt. Tatsächlich war die Beklagte zu 2) dem Kläger aber, wie durch die rechtskräftige Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit festgestellt, nicht zur Leistung verpflichtet, weil dem Kläger ein Schadensersatzanspruch aus dem Verkehrsunfall nicht zusteht.

2.

Das Herausgabeverlangen der Beklagten zu 2) scheitert aber an § 814 BGB, wonach das zum Zweck der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden kann, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Diese Norm beruht auf dem Gedanken der Unzulässigkeit widersprüchlichen Verhaltens. Sie will den Leistenden benachteiligen, während der Empfänger darauf vertrauen darf, dass er eine Leistung, die bewusst zur Erfüllung einer nicht bestehenden Verbindlichkeit erbracht worden ist, behalten darf.

3.

Die zurückzufordernde Leistung muss in Kenntnis der Nichtschuld erbracht worden sein. Erforderlich ist die positive Kenntnis des Leistenden zum Zeitpunkt seiner Leistung, dass er zu dieser Leistung nicht verpflichtet ist. Dabei sind präzise Rechtskenntnisse auf Seiten des Leistenden nicht zu fordern. Es muss eine der Rechtslage entsprechende Parallelwertung in der Laiensphäre genügen.

Dass der Leistende Tatsachen kennt, aus denen sich das Fehlen einer rechtlichen Verpflichtung ergibt, reicht nicht aus. Er muss vielmehr gerade wissen, dass er nach der Rechtslage nichts schuldet. Somit schließen Rechts- und Tatbestandsirrtümer des Leistenden eine Anwendung des § 814 BGB zwingend aus.

Auch grob fahrlässige Unkenntnis des Nichtbestehens einer Verpflichtung genügt nicht zum Ausschluss des Rückforderungsanspruches (vgl. Martinek in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 814 BGB Rn. 10 ff).

4.

Der Beklagten zu 2) war bereits im Zeitpunkt der Leistungserbringung aufgrund der Angaben des eigenen Versicherungsnehmers und der Einsichtnahme in die Bußgeldakten bekannt, dass der Kläger den Parkplatz mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit befahren haben soll, während ihr Versicherungsnehmer zum linken Rand der Fahrgasse hin orientiert nach links abbiegen wollte. Bei dieser Sachlage kam durchaus in Betracht, dass der Versicherungsnehmer der Beklagten zu 2) neben dem Kläger schuldhaft zum Zustandekommen des Verkehrsunfalls beigetragen hatte, aber auch, dass die Beklagten nur aus der Betriebsgefahr oder wegen Zurücktreten der Betriebsgefahr gar nicht haften würden. Danach lässt sich nicht die erforderliche Feststellung treffen, dass die Beklagte zu 2) aufgrund der ihr bekannten Tatsachengrundlage im Zeitpunkt der Leistungserbringung positiv gewusst hat, dass sie nach der Rechtslage nichts schuldet.

5.

Auch wenn bloße Zweifel am Bestehen der Nichtschuld einem Herausgabeverlangen nicht entgegenstehen, kann nach den besonderen Umständen des Einzelfalls bei Leistung trotz bestehender Zweifel ein Verzicht auf Bereicherungsansprüche zu sehen sein, wenn der Empfänger aus dem Verhalten des Leistenden nach Treu und Glauben den Schluss ziehen durfte, der Leistende wolle die Leistung gegen sich gelten lassen, unabhängig vom Bestehen der Schuld (BGH v. 09.05.1960 - III ZR 32/59 - juris Rn. 28 - BGHZ 32, 273,280). Erforderlich ist eine erkennbare Absicht des Leistenden, seine Leistung auch für den Fall der Nichtschuld bewirken zu wollen. Maßgeblich ist dabei, wie das Verhalten des Leistenden im Einzelfall objektiv aufzufassen ist (Palandt - Sprau, BGB, 74 Aufl., § 814 Rn. 13, Martinek in: Herberger/Martinek/Rüßmann a.a.O. § 814 BGB). Bestehen Zweifel, ob das Verhalten des Leistenden als Rückforderungsverzicht auszulegen ist, gehen diese zu Lasten des Empfängers (RG v. 24.04.1937 - V 24/37 - RGZ 154, 388 397). Wenn auch vor allem im kaufmännischen Geschäftsverkehr eine solche vorbehaltlose Leistung trotz beiderseitiger Zweifel der Parteien über die Schuld nach Treu und Glauben als Verzicht auf eine Rückforderung zu deuten sein wird, so ist nach Auffassung des Senats der vorliegende Fall ebenfalls nach diesen Grundsätzen zu behandeln.

6.

Obwohl die Beklagte zu 2) aufgrund der damaligen Tatsachenbehauptungen ihres Versicherungsnehmers und des durch Schadensgutachten belegten gravierenden Schadensbildes an dem Mercedes einen schuldhaften Verursachungsbeitrag des Klägers in Betracht gezogen hat, hat sie mit der Begründung, auch ihr Versicherungsnehmer sei unaufmerksam gewesen, eine hälftige Schadensverteilung vorgenommen. Dabei hat sie darauf verzichtet, ihre auf dieser Grundlage erbrachte Leistung als vorläufig zu bezeichnen oder unter den Vorbehalt zu stellen, dass die Regulierung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolge. Im Gegenteil, sie hat dem Kläger gegen entsprechenden Nachweis die Erstattung angefallener Mehrwertsteueranteile zugesagt. Hiervon ausgehend hat die Beklagte zu 2) ihre Regulierungsleistung aus der Sicht eines verständigen Dritten bei dem objektiv bis dahin nicht weiter aufgeklärten Unfallgeschehen - möglicherweise zur Vermeidung der kostenintensiven unfallanalytischen Aufklärung und im Sinne einer zügigen Erledigung eines Massengeschäfts - unbedingt erbringen wollen, so dass Rückforderungsansprüche ausgeschlossen sind und nicht geltend gemacht werden können, nachdem das Ergebnis des gerichtlich eingeholten unfallanalytischen Gutachtens des Prof. T die Position der Beklagten gestärkt hat.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den § 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht, § 543 ZPO.