VG Düsseldorf, Beschluss vom 15.09.2016 - 7 L 2411/16
Fundstelle
openJur 2019, 19965
  • Rkr:

Der Verwaltungsrechtsweg ist für die Überprüfung einer Vergabe von Rettungsdienstleistungen, bestehend aus Dienstleistungen der Notfallrettung und des "qualifizierten Krankentransports", an anerkannte Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen eröffnet.

Im Verwaltungsvergaberecht besteht die Verhinderung einer Zuschlagserteilung bzw. des Abschlusses eines öffentlichrechtlichen Vertrages über Leistungen, deren Erbringung beliebig weit in die Zukunft hinausgeschoben werden kann, grundsätzlich kein qualifiziertes Rechtschutzbedürfnis für vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutz, da wegen § 58 Abs. 1 VwVfG keine irreversiblen Zustände geschaffen werden.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antrag der Beigeladenen zu 2. und 3. auf Aussetzung des Verfahrens wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. und 3. sind nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird auf 50.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der am 13. Juli 2016 wörtlich gestellte Antrag,

der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 S. 1 VwGO, Zwischenverfügung oder Hängebeschluss, bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorläufig zu untersagen, auf das Angebot des B. -T. -C. RV-C1. -Land e.V. für Los 1 - Rettungswachenbereich M.--------straße 96a - in dem Auswahlverfahren der Antragsgegnerin zur Vergabe von Rettungsdienstleistungen für den Zeitraum vom 1.8.2016 bis zum 31.7.2021 (Ausschreibungsnummer der Antragsgegnerin: V16/37/128) den Zuschlag zu erteilen oder einen entsprechenden öffentlichrechtlichen Beauftragungsvertrag abzuschließen,

hat keinen Erfolg.

Der Antrag ist unzulässig. Zwar ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet (I.), jedoch fehlt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis (II.).

I. Der Verwaltungsrechtsweg ist gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eröffnet. Insbesondere handelt es sich um eine öffentlichrechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art (1.). Auch liegt eine abdrängende Sonderzuweisung nicht vor (2.).

1. Die vorliegende Streitigkeit ist öffentlichrechtlicher Natur. Ob eine Streitigkeit öffentlichrechtlich oder bürgerlichrechtlich ist, richtet sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der geltend gemachte Anspruch hergeleitet wird.

Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 10. Juli 1989 - GmS-OGB 1/88 -; Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 19. Mai 1994 - 5 C 33.91 -, juris.

Dabei kommt es regelmäßig darauf an, ob die Beteiligten zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und sich der Träger hoheitlicher Gewalt der besonderen Rechtssätze des öffentlichen Rechts bedient.

Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 10. April 1986 - GmS-OGB 1/85 - und vom 29. Oktober 1987 - GmS-OGB 1/86 -; BVerwG, Beschluss vom 30. Mai 2006 - 3 B 78.05 -, juris.

Eine öffentlichrechtliche Streitigkeit kann aber auch auf einem Gleichordnungsverhältnis beruhen. Gleichordnungsverhältnisse sind öffentlichrechtlich, wenn die das Rechtsverhältnis beherrschenden Rechtsnormen nicht für jedermann gelten, sondern Sonderrecht des Staates oder sonstiger Träger öffentlicher Aufgaben sind, das sich zumindest auf einer Seite nur an Hoheitsträger wendet.

BVerwG, Beschluss vom 30. Mai 2006 - 3 B 78.05 -, juris.

Die streitgegenständliche Vergabe von Rettungsdienstleistungen findet ihre Rechtsgrundlage in der öffentlichrechtlichen Vorschrift des § 13 Abs. 1 RettG NRW. Hiernach kann der Träger rettungsdienstlicher Aufgaben die Durchführung des Rettungsdienstes auf anerkannte Hilfsorganisationen und andere Leistungserbringer durch öffentlichrechtlichen Vertrag übertragen. In den Absätzen 2 bis 5 enthält § 13 RettG NRW darüber hinaus Anforderungen an die Vertragsgestaltung. Die Rechtsnatur des Vertrages, dessen Abschluss die Antragstellerin mit ihrem Antrag verhindert wissen will, ist dadurch kraft Gesetzes festgelegt und dem öffentlichen Recht zugewiesen.

Vgl. zu der entsprechenden Vorschrift im Rettungsdienstrecht des Landes Bayern: Bundesgerichtshof, Urteil vom 23. Januar 2012 - X ZB 5/11 -, juris.

Dass die Streitigkeit auch nichtverfassungsrechtlicher Art ist, steht zu Recht außer Streit.

2. Der Verwaltungsrechtsweg ist auch nicht aufgrund einer abdrängenden Sonderzuweisung ausgeschlossen. Insbesondere greift eine solche an die Vergabekammern nach § 155 des vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) nicht ein. Nach dieser Vorschrift unterliegt unbeschadet der Prüfungsmöglichkeiten von Aufsichtsbehörden die Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen der Nachprüfung durch die Vergabekammern.

Zwar handelt es sich bei dem im Streit stehenden Los 1 um einen öffentlichen Auftrag im Sinne des § 155 in Verbindung mit § 103 Abs. 1 GWB. Hiernach sind öffentliche Aufträge entgeltliche Verträge zwischen öffentlichen Auftraggebern oder Sektorenauftraggebern und Unternehmen über die Beschaffung von Leistungen, die die Lieferung von Waren, die Ausführung von Bauleistungen oder die Erbringung von Dienstleistungen zum Gegenstand haben. Die Antragsgegnerin ist als Gebietskörperschaft öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 99 Nr. 1 GWB. Es handelt sich zudem um einen Dienstleistungsauftrag. Gemäß der Negativabgrenzung in § 103 Abs. 4 GWB sind Dienstleistungen solche Leistungen, die nicht Verträge zur Beschaffung von Waren oder Bauleistungen sind. Dies trifft auf Rettungsdienste - wie sie auch hier in Frage stehen (Personalgestellung für den kommunalen Rettungswagen, drei Krankentransportwagen und den Betrieb eines dafür erforderlichen Fahrzeugstandortes im Rettungsdienstbereich VI der Stadt Solingen) - zu.

Vgl. zu einer ähnlichen Fallkonstellation auch: Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 29. April 2010, - C-160/08 -, juris.

Der Leistungsbeschreibung von Los 1 der Vergabeunterlagen der streitgegenständlichen Ausschreibung (Ausschreibungsnummer V16/37/128) ist zudem unter Punkt 11 die Entgeltlichkeit des abzuschließenden Vertrages zu entnehmen.

Jedoch sind hier ausnahmsweise die Vorschriften des vierten Teils des GWB - und damit auch die in § 155 GWB geregelte Zuweisung an die Vergabekammern - nicht anzuwenden, da die Vergabe des streitgegenständlichen Loses der sogenannten Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB unterfällt.

§ 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB wurde durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts (Vergaberechtsmodernisierungsgesetz - VergRModG), welches seinerseits der Umsetzung des Pakets zur Modernisierung des europäischen Vergaberechts (insbesondere der Richtlinie 2014/24/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG) diente, in das Regelwerk des GWB implementiert und ist am 18. April 2016 in Kraft getreten.

Gesetz vom 17. Februar 2016, BGBl. I S. 203.

Nach dieser Vorschrift - mit der nahezu inhaltsgleich die Regelung des Art. 10 lit. h) der Richtlinie 2014/24/EU umgesetzt wurde - ist der vierte Teil des GWB nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr (a), die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden (c) und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary (CPV) 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen (b); gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

a) Bei dem Vertragsgegenstand des hier in Frage stehenden öffentlichen Auftrags handelt es sich um Dienstleistungen, die der Gefahrenabwehr dienen. Eine eigene Definition des Begriffs der Gefahrenabwehr enthält das GWB nicht. Der vereinzelt in der Literatur vertretenen Ansicht, dass der Gefahrenbegriff des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB derart eng auszulegen sei, dass er sich allein auf Zivil- und Katastrophenschutzfälle und "mindestens abstrakt drohende Großschadensereignisse" beschränke,

vgl. Prieß in NZBau 2015, 343, 345,

folgt die Kammer nicht. Eine derartige Auslegung würde dem Verständnis des Begriffs der Gefahrenabwehr in der geltenden Rechtsordnung nicht gerecht und diesen im Rahmen des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB neben den Begriffen Katastrophen- und Zivilschutz seines eigenständigen Anwendungsbereichs berauben.

Jaeger NZBau 2014, 259, 260; Lüder/Sarangi in Recht des Feuerschutzes und des Rettungsdienstes in Nordrhein-Westfalen 4. Auflage, 37. Aktualisierung, Dezember 2015, § 13 RettG Rn. 27; Ruthig: Vergaberechtsfreier Bevölkerungsschutz NZBau 2016, 3, 5; Ley/Wankmüller "Das neue Vergaberecht 2016", 3. Auflage 2016, S. 53.

Nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der nationalen Rechtsordnung ist vielmehr auf das zum Gefahrenabwehrbegriff in der Rechtsordnung - insbesondere im polizeirechtlichen Gefahrenabwehrrecht - angelegte und in der Rechtsprechung fortentwickelte Verständnis zurückzugreifen.

Im polizeilichen Gefahrenabwehrrecht des Landes Nordrhein-Westfalen wird der Begriff der Gefahrenabwehr in § 1 Abs. 1 des Gesetzes über den Aufbau und die Befugnisse der Ordnungsbehörden für das Land Nordrhein-Westfalen (OBG NRW) und in § 1 Abs. 1 des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW) einheitlich als Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung legal definiert. Das gleiche Verständnis ergibt sich aus den polizei- und ordnungsrechtlichen Vorschriften der übrigen Länder der Bundesrepublik,

vgl. nur § 1 Abs. 1 S. 1 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG), § 1 Abs. 1 S. 1 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetz für das Land Rheinland-Pfalz (POG), § 1 Abs. 1 S. 1 des Allgemeinen Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin (ASOG Bln).

Eine konkrete Gefahr liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn bei ungehindertem Ablauf des Geschehens in überschaubarer Zukunft mit einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann.

BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2004 - 6 C 21.03 -; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09. Februar 2012 - 5 A 2375/10 -, juris.

Der Begriff der öffentlichen Sicherheit umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen.

BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2008 - 6 C 21.07 -; OVG NRW, Urteil vom 18. September 2012 - 5 A 1701/11 -, juris.

Dies zugrunde gelegt sind die von Los 1 des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens erfassten Dienstleistungen der Gefahrenabwehr zuzuordnen.

Dies gilt zunächst für die unter Punkt 1.1 der Leistungsbeschreibung des streitgegenständlichen Loses beschriebenen Leistungen der Notfallrettung. Danach stellt der Leistungserbringer (LE) gemäß § 13 Rettungsgesetz NRW der Stadt T1. als Rettungsdienstträger (RD-Träger) in deren Auftrag Rettungsassistentinnen/Rettungsassistenten bzw. Notfallsanitäterinnen/Notfallsanitäter und Rettungssanitäterinnen/Rettungssanitäter zur Verfügung. Diese werden als Fahrzeugbesatzung in der Notfallrettung eingesetzt. Hauptaufgabe ist die Betreuung und Versorgung von Notfallpatienten durch mindestens eine Rettungsassistentin oder einen Rettungsassistenten, unterstützt durch mindestens eine Rettungssanitäterin bzw. einen Rettungssanitäter, auf dem kommunalen Rettungswagen (RTW) SG 06-RTW-01. Bei Bedarf sind auch Einsätze im Krankentransport abzuwickeln.

Eine nähere Beschreibung, was die "Notfallrettung" beinhaltet, enthält die Leistungsbeschreibung nicht. Dieser unbestimmte Begriff wird jedoch durch die gesetzliche Definition in § 2 Abs. 2 des Gesetzes über den Rettungsdienst sowie die Notfallrettung und den Krankentransport durch Unternehmer für das Land Nordrhein-Westfalen (RettG NRW) ausgefüllt. Die Begriffsbestimmung über das RettG NRW ist vorliegend aufgrund des Verweises auf § 13 RettG NRW und der damit verbundenen Begriffsverwendung der "Notfallrettung", die Teil des in § 2 Abs. 1 RettG NRW definierten Rettungsdienstes ist, angezeigt. Nach § 2 Abs. 2 RettG NRW hat die Notfallrettung die Aufgabe, bei Notfallpatientinnen und Notfallpatienten lebensrettende Maßnahmen am Notfallort durchzuführen, deren Transportfähigkeit herzustellen und sie unter Aufrechterhaltung der Transportfähigkeit und Vermeidung weiterer Schäden mit Notarzt- oder Rettungswagen oder Luftfahrzeugen in ein für die weitere Versorgung geeignetes Krankenhaus zu befördern. Hierzu zählt auch die Beförderung von erstversorgten Notfallpatientinnen und Notfallpatienten zu Diagnose- und geeigneten Behandlungseinrichtungen. Notfallpatientinnen und Notfallpatienten sind Personen, die sich infolge Verletzung, Krankheit oder sonstiger Umstände entweder in Lebensgefahr befinden oder bei denen schwere gesundheitliche Schäden zu befürchten sind, wenn sie nicht unverzüglich medizinische Hilfe erhalten.

Diese Aufgabe lässt sich ohne weiteres dem Bereich der Gefahrenabwehr zuordnen, denn die Notfallrettung greift ein, wenn sich Gefahren für die geschützten Rechtsgüter Leben und Gesundheit bereits realisiert haben und dient dazu, weitere Schäden zu verhindern.

Dies entspricht auch - wie die Antragstellerin zutreffend aufzeigt - der Ansicht des Landesgesetzgebers. In § 6 Abs. 1 S. 2 RettG NRW heißt es: Beide Aufgabenbereiche [Notfallrettung einschließlich der notärztlichen Versorgung im Rettungsdienst und des Krankentransports] bilden eine medizinischorganisatorische Einheit der Gesundheitsvorsorge und Gefahrenabwehr.

Auch die unter Punkt 1.2 der Leistungsbeschreibung zu Los 1 genannten Leistungen dienen der Gefahrenabwehr. Hiernach stellt der Leistungserbringer gemäß § 13 Rettungsgesetz NRW der Stadt T1. als Rettungsdienstträger in deren Auftrag Rettungssanitäterinnen/Rettungssanitäter und Rettungshelferinnen/Rettungshelfer zur Verfügung. Diese werden als Fahrzeugbesatzung im Krankentransport eingesetzt. Hauptaufgabe ist die Betreuung und Versorgung von Patienten durch mindestens eine Rettungssanitäterin oder einen Rettungssanitäter, unterstützt durch mindestens eine Rettungshelferin bzw. einen Rettungshelfer, auf dem unter Punkt 1.2.1 aufgeführten kommunalen Krankentransportwagen (KTW). Bei Bedarf sind auch Einsätze als First Responder abzuwickeln.

Zur ergänzenden Bestimmung des Begriffs "Krankentransport" ist wiederum auf § 2 RettG NRW abzustellen. In Abs. 3 dieser Vorschrift heißt es: Der Krankentransport hat die Aufgabe, Kranken oder Verletzten oder sonstigen hilfsbedürftigen Personen, die nicht unter Abs. 2 fallen, fachgerechte Hilfe zu leisten und sie unter Betreuung durch qualifiziertes Personal mit Krankenkraftwagen oder mit Luftfahrzeugen zu befördern.

Es handelt sich hierbei um den so genannten "qualifizierten Krankentransport", der von dem so genannten "einfachen Krankentransport", der unter § 49 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) zu fassen ist, abzugrenzen ist.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29. April 2008 - 13 A 2457/05 -, juris.

Auch der "qualifizierte Krankentransport" dient der Gefahrenabwehr. Dies ergibt sich nicht nur aus der oben zitierten gesetzgeberischen Wertung in § 6 Abs. 1 S. 2 RettG NRW, sondern auch bei der Subsumtion unter den Begriff der Gefahrenabwehr. Auch hier soll einer Bedrohung der Rechtsgüter Leben und Gesundheit durch eine fachgerechte Hilfeleistung und Betreuung entgegengewirkt werden. Wie sich aus der Leistungsbeschreibung ergibt, liegt - im Unterschied zum "einfachen Krankentransport" - der Schwerpunkt der Leistung gerade nicht in der reinen Beförderung, sondern in der Betreuung und Versorgung hilfsbedürftiger Personen. Auch wenn der Vergleich zu Abs. 2 zeigt, dass das Ausmaß des (drohenden) Schadens geringer angesetzt ist, handelt es sich dennoch um die Abwehr einer konkreten Gefahr. Bei den Rechtsgütern Leben und Gesundheit handelt es sich um Schutzgüter von höchstem Rang, was dazu führt, dass an die Annahme einer Gefährdung niedrigere Anforderungen zu stellen sind.

BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1970 - 4 C 99.67 -; OVG NRW, Beschluss vom 30. Januar 2009 - 5 A 2239/08 -, juris.

Schließlich dient auch der unter 1.3 der Leistungsbeschreibung geregelte Betrieb des Fahrzeugstandortes der Gefahrenabwehr, da er die Notfallrettung und den Krankentransport erst ermöglicht.

b) Die streitgegenständlichen Dienstleistungen unterfallen auch den in § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB ausdrücklich genannten Nummern des Common Procurement Vocabulary (CPV-Codes) (75250000-3: Dienstleistungen der Feuerwehr und von Rettungsdiensten; 75252000-7: Rettungsdienste; 8514300-3: Einsatz von Krankenwagen).

Der qualifizierte Krankentransport fällt zudem nicht unter die Rückausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB. Die Aufzählung der von der Bereichsausnahme erfassten CPV-Codes schließt mit der Nummer 85143000-3 ("Einsatz von Krankenwagen") und enthält den Zusatz "mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung". Diese Rückausnahme zielt nach ihrem Wortlaut darauf ab, ausschließlich die reine Beförderungsleistung mittels eines Krankenwagens ("einfacher Krankentransport") aus dem Anwendungsbereich der Bereichsausnahme auszunehmen. Es handelt sich dabei um Krankentransporte, bei denen für eine Person für ihren Transport z.B. zum Arzt oder bei einer Überführung in ein heimatnahes Krankenhaus zwar aufgrund ihrer körperlichen Verfassung ein Krankenwagen - also ein speziell ausgerüstetes Fahrzeug - erforderlich ist, jedoch keine Begleitung durch qualifiziertes Personal.

Dass von dem erfassten "Einsatz von Krankenwagen" der Einsatz desselben "zur Patientenbeförderung" ausgenommen wird, setzt implizit voraus, dass es nach dem Verständnis der Bereichsausnahme einen Einsatz von Krankenwagen gibt, der unter die Ausnahmeregelung fällt. Anderenfalls wäre die Verwendung des CPV-Codes, der für den "Einsatz von Krankenwagen" steht, im Rahmen des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB überflüssig. Dass damit nicht die Einsatzgebiete eines Rettungswagens gemeint sein können, folgt bereits daraus, dass für den Begriff des Rettungswagens ein eigenständiger CPV-Code (34114110-3) existiert. Dieser ist zwar in § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB nicht explizit aufgeführt, aber von dem aufgeführten CPV-Code 75252000-7 ("Rettungsdienst") mit umfasst und bedurfte deshalb keiner besonderen Aufzählung.

Dieses Verständnis des Begriffs des Krankenwagens - nämlich dass dieser sowohl zur einfachen als auch zur qualifizierten Krankenbeförderung eingesetzt werden kann - entspricht der deutschen Gesetzeslage. Der Begriff des Krankenwagens ist - anders als etwa der Begriff des Krankenkraftwagens (vgl. § 3 Abs. 1 RettG NRW) - nicht dem Bereich des Rettungsdienstes vorbehalten. Vielmehr besteht abseits des "qualifizierten Krankentransports" die Möglichkeit des Gebrauchs eines Krankenwagens zum "einfachen Krankentransport".

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29. April 2008 - 13 A 2457/05 -, juris, dort ist von "abgerüsteten Krankenwagen" die Rede.

Auch aus der Begründung zum Entwurf des VergRModG,

Bundestag-Drucksache 18/6281, S. 96,

ergibt sich, dass mit der Rückausnahme lediglich der "einfache Krankentransport" aus dem Anwendungsbereich der Bereichsausnahme ausgenommen werden sollte. Dort heißt es "Demgegenüber unterfallen reine Krankentransporte einem vereinfachten Verfahren...". Ein reiner Krankentransport kann im "qualifizierten Krankentransport" gerade nicht gesehen werden. Soweit in der Entwurfsbegründung der Einsatz von Krankenwagen als "bestehend in allgemeinen und fachspezifischen ärztlichen Dienstleistungen" beschrieben wird, kann hieraus nicht geschlossen werden, dass lediglich der Einsatz von Krankenwagen, in denen die Betreuung durch einen Arzt geleistet wird, von der Bereichsausnahme erfasst ist. Vor dem Hintergrund des oben Gesagten ist diese Formulierung so zu verstehen, dass zwischen allgemeinen Dienstleistungen - die auch Sanitäter erbringen können - und fachspezifischen ärztlichen Dienstleistungen differenziert wird. Für ein anderes Verständnis bietet der Gesetzeswortlaut keinerlei Stütze. Zumal dann auch die Notfallrettung mit einem Rettungswagen in vielen Fällen nicht von der Bereichsausnahme erfasst sein dürfte, da zumindest gemäß § 4 Abs. 3 RettG NRW eine ärztliche Besetzung des Rettungswagens nicht zwingend ist.

Ein sich aus dem europäischen Recht ergebendes Verständnis, wonach die hier streitgegenständlichen "qualifizierten Krankentransporte" nicht unter die Bereichsausnahme zu fassen sind, ist nicht ersichtlich. Zum einen stimmt der Wortlaut des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB in den wesentlichen Punkten mit der Regelung des Art. 10 h Richtlinie 2014/24/EU überein. Darüber hinaus deutet auch der Erwägungsgrund 28 der Richtlinie 2014/24/EU - hier wird die Rückausnahme mit "Dienstleistungen, die ausschließlich im Einsatz von Krankenwagen zur Patientenbeförderung bestehen" beschrieben - darauf hin, dass lediglich die reine Krankenbeförderung von der Bereichsausnahme ausgenommen werden sollte.

So im Ergebnis auch Jaeger NZBau 2014, 259, 260; Lüder/Sarangi in Recht des Feuerschutzes und des Rettungsdienstes in Nordrhein-Westfalen 4. Auflage, 37. Aktualisierung, Dezember 2015, § 13 RettG Rn. 27; Ruthig: Vergaberechtsfreier Bevölkerungsschutz NZBau 2016, 3, 5; Ley/Wankmüller "Das neue Vergaberecht 2016", 3. Auflage 2016, S. 53; Lüder "Recht und Praxis der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr", 4. Auflage 2014, S. 143.

c) Auch werden die hier infrage stehenden Dienstleistungen von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht. Nach unbestrittenem Vortrag der Antragstellerin wurde im Rettungsdienstbereich der Antragsgegnerin der Rettungsdienst bisher ausschließlich vom Deutschen Roten Kreuz und der Antragstellerin erbracht.

Die Tatsache, dass auch Wirtschaftsunternehmen wie die Beigeladenen zu 2. und 3. die hier fraglichen Rettungsdienstleistungen erbringen, führt nicht zu einer anderen Bewertung. Der Passus der Vorschrift "von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht" verlangt gerade nicht, dass die fraglichen Dienstleistungen gemeinhin ausschließlich von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden. Nach Erwägungsgrund 28 der Vergaberichtlinie soll die Bereichsausnahme nämlich gerade dem Erhalt des speziellen Charakters dieser Organisationen dienen, was nur schwer möglich wäre, wenn die Dienstleistungserbringer nach den in der Richtlinie (hier: im GWB) vorgesehenen Verfahren ausgewählt werden müssten. Hinter diesem Erwägungsgrund steht erkennbar das Bestreben, gemeinnützige Organisationen und Vereinigungen vor dem Wettbewerb mit Wirtschaftsunternehmen, die ebenfalls gleichartige Dienstleistungen erbringen, zu schützen. Ein solcher Schutz wäre aber denklogisch nicht erforderlich, wenn die zu erbringenden Leistungen erst gar nicht von privatwirtschaftlichen Unternehmen angeboten und ausgeübt würden.

Es besteht zudem kein Zweifel an der Eigenschaft der Gemeinnützigkeit der an dem Vergabeverfahren beteiligten Organisationen. Beide sind - wie § 107 Abs. 1 Nr. 4, 2. Hs. GWB für das Merkmal der Gemeinnützigkeit (insbesondere) vorsieht - durch § 26 Abs. 1 S. 2 des Gesetzes über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe des Bundes (ZSKG) als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt. Die Beigeladene zu 1. und die Antragstellerin finden zudem explizit Erwähnung in der Begründung des Gesetzesentwurfs,

Bundestag-Drucksache 18/6281, S. 96.

In der Literatur geäußerte Bedenken, dass ein im europäischen Recht anders lautendes Verständnis des Begriffs der gemeinnützigen Organisation die hier in Rede stehenden deutschen Hilfsorganisationen mangels Erfüllen der Voraussetzungen nicht erfasse und dass es sich insoweit um eine europarechtswidrige Ausdehnung der Bereichsausnahme handele,

Prieß in NZBau 2015, 343, 346,

teilt die Kammer nicht.

Die für diese Ansicht ins Feld geführte Rechtsprechung des EuGH in den Rechtssachen "Spezzino" und "CASTA",

EuGH, Urteile vom 11. Dezember 2014, - C-113/13 - und vom 28. Januar 2016 - C-50/14 -, juris,

ist nicht auf die Auslegung der Begriffe des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB oder auch des Art. 10 lit h) der Richtlinie 2014/24/EU übertragbar. Zum einen war diese Regelung in beiden vom EuGH entschiedenen Fällen noch nicht anzuwenden. Zum anderen erging diese Rechtsprechung nicht zu der hier für den Rechtsweg relevanten Frage, ob der Anwendungsbereich des formenstrengen Kartellvergaberechts (europäisches Sekundärrecht) ausnahmsweise nicht eröffnet ist, sondern zu der Frage, ob bei Binnenmarktrelevanz die direkte Vergabe von Rettungsdienstleistungen an eine "Freiwilligenorganisation" ohne jegliche Bekanntmachung mit den Art. 49 und 56 AEUV vereinbar ist (europäisches Primärrecht). Die Frage, ob und wenn ja, welche primärrechtlichen Anforderungen an die Vergabe von Dienstleistungen, die unter die Regelung des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB fallen, zu stellen sind, stellt sich für den Ausschluss aus dem Anwendungsbereich des strengen Vergabe-Sekundärrechts bzw. des GWB gerade nicht.

II. Auch wenn an die Voraussetzungen zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes keine überspannten Anforderungen gestellt werden dürfen, fehlt es dem Begehren der Antragstellerin an dem besonderen bzw. qualifizierten Rechtsschutzinteresse. Ein besonderes (qualifiziertes) Rechtsschutzinteresse ist erforderlich, wenn ein Antragsteller nicht nur vorläufigen, sondern auch vorbeugenden Rechtsschutz begehrt. Grundsätzlich bieten die Bestimmungen der VwGO keinen vorbeugenden Rechtsschutz, der dem Ziel dient, die Entscheidungsfreiheit der Verwaltung durch richterliche Anordnungen einzuengen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist für vorbeugenden Rechtsschutz kein Raum, wenn und soweit der Betroffene im konkreten Fall in zumutbarer Weise auf den von der Verwaltungsgerichtsordnung als grundsätzlich angemessenen und ausreichend angesehenen nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann.

BVerwG, Urteile vom 8. September 1972 - IV C 17.71 -, vom 29. Juli 1977 - IV C 51.75 - und vom 26. Juni 1981 - 4 C 5.78 -; Beschluss vom 21. Februar 1973 - IV CB 68.72 -, juris.

Vorläufiger vorbeugender Rechtsschutz kommt demgemäß nur ausnahmsweise in Betracht, wenn es dem Rechtsschutzsuchenden nicht zumutbar ist, den Erlass des Verwaltungsakts bzw. die Rechtsverletzung abzuwarten und sodann die nach der Verwaltungsgerichtsordnung gegebenen Rechtsbehelfe und Rechtsmittel auszuschöpfen. Das ist dann der Fall, wenn schon die kurzfristige Hinnahme der befürchteten Handlungsweise geeignet ist, den Betroffenen in seinen Rechten in besonders schwerwiegender Weise zu beeinträchtigen. Dies ist anzunehmen, um der Schaffung vollendeter, später nicht mehr rückgängig zu machender Tatsachen zuvorzukommen und wenn anders dem Antragsteller eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Grundrechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann.

Vgl. BVerfG (2. Kammer des Ersten Senats), Beschluss vom 15. August 2002 - 1 BvR 1790/00 -; BVerwG, Urteil vom 7. Mai 1987 - 3 C 53.85 -; OVG NRW, Beschluss vom 17. März 2004 - 13 B 2691/03 -; Bayrischer VGH, Beschlüsse vom 16. Dezember 1998 - 7 ZE 98.3115 - und vom 28. April 1992 - 21 CE 92.949 -; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24. Mai 1994 - 10 S 451/94 -, juris.

Das kann etwa bei einer sonst drohenden wirtschaftlichen Existenzgefährdung oder bei Schaffung irreversibler Zustände in Betracht kommen.

OVG Lüneburg, Beschluss vom 12. November 2012 - 13 ME 231/12 -; Urteil vom 11. Juni 2010 - 11 ME 583/09 -; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 30. November 2010 - 9 CE 10.2468 -; OVG NRW, Beschluss vom 17. März 2004 - 13 B 2691/03 -, juris.

Beides lässt sich hier für den Fall, dass die Antragstellerin auf nachträglichen Rechtsschutz nach Abschluss eines öffentlichrechtlichen Vertrages mit der Beigeladenen zu 1. verwiesen würde, nicht erkennen. Selbst dann, wenn vorliegend ein Zuschlag noch nicht erteilt bzw. ein öffentlichrechtlicher Vertrag noch nicht wirksam geschlossen sein sollte (hierzu s.u.) - was an dieser Stelle zugunsten der Antragstellerin unterstellt werden kann -, bestünde nicht die Notwendigkeit, der Antragsgegnerin bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens den Vertragsschluss zu untersagen, um der Antragstellerin effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten.

Eine drohende Existenzgefährdung durch die Zuschlagserteilung oder den Abschluss eines Vertrages wird nicht geltend gemacht und ist auch sonst nicht ersichtlich. Auch drohen durch den Abschluss oder die Durchführung öffentlichrechtlicher Verträge keine irreversiblen Zustände.

Vgl. zu ähnlich gelagerten Fällen: OVG Lüneburg, Beschluss vom 12. November 2012 - 13 ME 231/12 -; Braun in VergR 2014, 324, 336; a.A.: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. November 2010 - 1 S 107.10 -, juris.

Eine weithin greifende Vorverlagerung des gerichtlichen Rechtsschutzes "nicht zum Zuge gekommener" Dritter in den Zeitraum zwischen Auswahlentscheidung und Erlass eines Verwaltungsakts oder Abschluss eines öffentlichrechtlichen Vertrages kennt das allgemeine Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsprozessrecht im Gegensatz zum Kartellvergaberecht grundsätzlich nicht. Eine § 168 Abs. 2 Satz 1 GWB entsprechende Regelung, nach der in einem vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren ein wirksam erteilter Zuschlag nicht mehr aufgehoben werden kann, existiert außerhalb des förmlichen Vergaberechts im Hinblick auf den Abschluss öffentlichrechtlicher Verträge nicht.

Eine vergleichbare Situation zu der Beschickung eines Marktes, in welcher sich typischerweise aus dem drohenden Zeitablauf ein qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis ergibt, ist ebenfalls nicht gegeben. Bei dem hier fraglichen Auftrag handelt es sich nicht um eine an einen festen Zeitpunkt oder an eine bereits im Kalender festgesetzte Zeitspanne geknüpfte Leistung, sondern um eine Beauftragung für fünf Jahre ab Beginn der Leistungserbringung. Diese Zeitspanne lässt sich beliebig weit in die Zukunft hinausschieben. Dass der Antragstellerin darüber hinaus dadurch irreversible Nachteile entstehen, dass sie gerade in der Zwischenzeit den Rettungsdienst im Stadtgebiet der Antragsgegnerin nicht durchführen kann, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dies begehrt sie im Übrigen mit ihrem Antrag auch nicht.

Auch liegt keine mit der Beamtenernennung

- vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 04. November 2010 - 2 C 16.09 -, juris -

vergleichbare Situation vor. Das sich für diese Fälle aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 33 Abs. 2 GG ergebende Erfordernis, dem unterlegenen Bewerber nach Mitteilung der Auswahlentscheidung und vor Durchführung der Ernennung die Gelegenheit zu geben, gerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen zu können, resultiert gerade aus dem spezifischen Charakter der Ernennung und dem Grundsatz der Ämterstabilität. Die Bewerbungsverfahrensansprüche der unterlegenen Bewerber gehen nämlich durch die mit Aushändigung einer entsprechenden Urkunde erfolgende Ernennung grundsätzlich unter, weil damit das Auswahlverfahren endgültig abgeschlossen wird und die Ernennung nach dem Grundsatz der Ämterstabilität nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, sodass das Amt unwiderruflich vergeben ist.

BVerwG, Urteil vom 04. November 2010 - 2 C 16/09 -, juris.

Woraus sich ein hiermit vergleichbarer faktischer Ausschluss nachträglichen Rechtsschutzes für den vorliegenden Fall ergeben soll, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Vielmehr entfaltet insoweit § 58 Abs. 1 VwVfG Bedeutung, wonach die Wirksamkeit eines öffentlichrechtlichen Vertrages, der in Rechte Dritter eingreift, von dessen schriftlicher Zustimmung abhängt. Insoweit gilt, dass bei einem subordinationsrechtlichen Vertrag ein solcher Eingriff immer dann vorliegt, wenn der Dritte einen Verwaltungsakt gleichen Inhalts erfolgreich anfechten könnte.

OVG Lüneburg, Beschluss vom 12. November 2012 - 13 ME 231/12; OVG NRW, Urteil vom 22. September 1982 - 4 A 989/81 -, VG Köln, Urteil vom 17. November 2010 - 21 K 5862/09 -; VG Karlsruhe, Beschluss vom 27. Oktober 2005 - 1 K 1394/05 -, juris; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl., § 58 Rdnr. 6; Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, § 58 Rdnr. 5;

Diese Überlegung gilt insbesondere dann, wenn - wie vorliegend aus dem Schreiben der Antragsgegnerin an die Beigeladene zu 1. vom 2. Juli 2016 ersichtlich - eine Beauftragung einheitlich mittels Zuschlagserteilung und dem hiermit unmittelbar verbundenen Abschluss eines öffentlichrechtlichen Vertrages erfolgen soll und nicht mehr die frühere Verwaltungspraxis verfolgt wird, in einem zweistufigen Verfahren vor dem Vertragsschluss zunächst einen Beauftragungsbescheid zu erlassen.

Vgl. zu einem ähnlichen Fall: OVG Lüneburg, Beschluss vom 12. November 2012 - 13 ME 231/12 -, juris.

Eine Mitteilungs- und Wartepflicht - wie etwa im Kartellvergaberecht gemäß § 134 GWB oder im Verfahren der Beamtenernennung, die sich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 33 Abs. 2 GG ergibt - und ein damit verbundenes Bedürfnis nach vorbeugendem vorläufigem Rechtsschutz vermag die Kammer für Fälle wie den vorliegenden nicht zu erkennen. Beides korrespondiert mit der Schaffung unwiderruflicher Zustände, die hier gerade nicht in Rede stehen.

Auch ansonsten - außerhalb der Frage einer Existenzgefährdung oder irreversibler Zustände - drohen der Antragstellerin keine unzumutbaren Nachteile, wenn der Abschluss eines Vertrages mit der Beigeladenen zu 1. nicht einstweilen verhindert würde, die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin sich aber in einem Hauptsacheverfahren als rechtsfehlerhaft herausstellen sollte. Die Antragstellerin hat im Antragsschriftsatz selbst vorgeschlagen, zur Sicherstellung des Rettungsdienstes ab dem 1. August 2016 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung des angerufenen Gerichts eine Interimsbeauftragung vorzunehmen. Für die Antragstellerin macht es indessen keinen wesentlichen Unterschied, ob sich ihr denkbarer Marktzutritt durch den Abschluss öffentlichrechtlicher Verträge oder durch eine Interimsvergabe verzögert. Einen Anspruch auf Vertragsverlängerung hatte die Antragstellerin gerade nicht, da ihr Vertrag mit der Antragsgegnerin zum 1. August 2016 ausgelaufen ist.

Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:

Ob vorliegend mit dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 2. Juli 2016 an die Beigeladene zu 1. in Anbetracht des Schriftformerfordernisses des § 13 Abs. 3 S. 1 RettG NRW in Verbindung mit § 62 S. 2 VwVfG in Verbindung mit § 126 Abs. 2 S. 1 BGB ein formwirksamer Vertrag geschlossen wurde, konnte offenbleiben. Für den Fall, dass ein Vertragsschluss entgegen der dem formulierten Antrag zugrunde liegenden Auffassung bereits erfolgt sein sollte, sieht die Kammer davon ab, auf eine Umstellung des Antrags hinzuwirken, da auch einem Antrag, der darauf gerichtet wäre, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, über die Vergabe des Loses 1 (Auftragsnummer V16/37/128) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, aller Voraussicht nach der Erfolg in der Sache versagt bleiben würde. Hierzu gilt das oben gesagte entsprechend. Eine Antragsstattgabe hätte nämlich die Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung zur Folge. Dies ist grundsätzlich unzulässig.

BVerfG, Beschluss vom 17.11.1972 - 2 BvR 820/72 -; OVG NRW, Beschluss vom 28. Februar 1995 - 25 B 3185/94 -, juris

Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG gilt das grundsätzliche Verbot einer Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung allenfalls dann nicht, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d. h. wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für die Antragstellerin unzumutbar wären, insbesondere weil die Entscheidung in der Hauptsache höchstwahrscheinlich zu spät kommen würde und dadurch unzumutbare Nachteile für die Antragstellerin entstünden.

OVG NRW, Beschluss vom 30. April 2014 - 12 B 345/14 -, juris.

Dieser ausnahmsweise gebotenen Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes unter Vorwegnahme der Hauptsache bedarf es vorliegend nicht, weil - wie oben aufgezeigt - weder "vollendete Tatsachen" drohen, noch die Antragstellerin irreparable, nicht zumutbaren Nachteile erleidet, wenn sie auf den Rechtsschutz in der Hauptsache verwiesen wird.

Wie bereits dargelegt, liegen diese Voraussetzungen hier nicht vor, da sogar ein bereits erfolgter Vertragsschluss gegebenenfalls im Hauptsacheverfahren rückgängig gemacht werden kann, ohne dass die Antragstellerin hierdurch unzumutbare Nachteile zu erwarten hätte. Die Verletzung ihrer Beteiligungsrechte kann die Antragstellerin auch noch im Hauptsacheverfahren ohne Rechtsverlust geltend machen. Darüber hinausgehende Rechtsverletzungen hat die Antragstellerin weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht.

Der verfahrensbezogene Aussetzungsantrag der Beigeladenen zu 2. und 3. war abzulehnen, da bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des § 94 VwGO nicht vorliegen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht u.a. dann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen rechtshängigen Rechtsstreits bildet, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits auszusetzen sei. Die Beigeladenen zu 2. und 3. begehren die Aussetzung des hiesigen Verfahrens, da sie der Ansicht sind, damit der Gefahr einer mit der ausstehenden Entscheidung des OLG Düsseldorf (Az.: VII Verg 34/16) divergierenden Entscheidung zur Zuständigkeit entgegen zu wirken. Es fehlt jedoch an der erforderlichen Vorgreiflichkeit. Die Vorgreiflichkeit setzt voraus, dass es für die Entscheidung im hiesigen Verfahren auf die Beurteilung einer Vorfrage ankommen muss, die Gegenstand eines anderen Rechtsstreits vor einem anderen Gericht ist.

Kopp/Schenke, VwGO, 22. Auflage, 2016, § 94 Rn. 4.

Das andere Gerichtsverfahren muss mindestens solche Erkenntnisse erwarten lassen, welche für die Entscheidung im auszusetzenden Verfahren wesentlich, wenn nicht unter Umständen sogar bindend sind.

OVG NRW, Beschluss vom 27. Mai 2014 - 1 E 175/14 -, juris.

Beides ist hier nicht der Fall. Es macht für das Ergebnis dieses Verfahrens keinen Unterschied, ob sich das OLG E1 für zuständig erklärt und gegebenenfalls Anordnungen verfügt, die sich auf den Streitgegenstand dieses Verfahrens auswirken. Auch wenn die Kammer vorliegend zu dem Ergebnis gelangt wäre, dass der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet ist, wäre der Antrag als unzulässig abzulehnen gewesen. Eine Verweisung an die Vergabekammern nach § 173 S. 1 VwGO in Verbindung mit § 17a Abs. 2 GVG käme für diesen Fall nämlich nicht in Betracht.

OVG Lüneburg, Urteil vom 11. Juni 2010 - 11 ME 583/09 -; VG Köln, Beschluss vom 29. August 2008 - 7 L 1205/08 -, juris.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. aufzuerlegen, da diese einen Antrag auf Antragsabweisung gestellt und sich damit gemäß § 154 Abs. 3 VwGO dem Kostenrisiko ausgesetzt hat.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG. Danach ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Dem entspricht es, den Streitwert in Höhe von 50.000 Euro festzusetzen.

Nach den Ausschreibungsbedingungen beträgt der Auftragswert für beide im Vergabeverfahren V16/37/128 zu vergebenden Lose 8.000.000 Euro.

Vor dem Hintergrund, dass auf das Los 1 150,5 Wochenstunden für den Einsatz im Krankenwagen und 168 Wochenstunden für den Einsatz im Rettungswagen (insgesamt 318,5 Wochenstunden) und auf das Los 2 111,5 Wochenstunden für den Einsatz im Krankenwagen und 188 Wochenstunden für den Einsatz im Rettungswagen entfallen (insgesamt 299,5 Wochenstunden), erscheint es sachgerecht, den jeweiligen Losen die Hälfte des Gesamtauftragswertes zuzuschreiben. Zwar entfallen auf das Los 2 insgesamt 19 Wochenstunden weniger, jedoch sind im Vergleich zu Los 1 20 Wochenstunden mehr im Rettungswagen zu leisten. Die Mitarbeiterstunden für den Rettungswagen waren nach Auskunft der Antragsgegnerin mit E-Mail vom 1. August 2016 an die Vergabekammer Rheinland im Jahr 2011 um 7,04 Euro/Std. teurer als jene für den Krankenwagen.

Dieser Wert ist jedoch nicht ohne weiteres als das maßgebliche Interesse der Antragstellerin anzusetzen. Wenn der Antragsteller eine bestimmte wirtschaftliche Tätigkeit aufnehmen oder weiterführen will, wird in der verwaltungsgerichtlichen Streitwertpraxis regelmäßig nicht der erzielbare Umsatz, sondern der erzielbare Gewinn zugrunde gelegt.

OVG NRW, Beschluss vom 02. Januar 2009 - 13 E 1669/08 -, juris.

Dies entspricht auch den Empfehlungen im Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Abgedruckt u. a. Kopp/ Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Anh. § 164 Rdnr. 14.

Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen hat sich der Streitwert im Falle der Vergabe von Leistungen nach § 13 RettG NRW am Jahresgewinn zu orientieren.

OVG NRW, Beschluss vom 02. Januar 2009 - 13 E 1669/08 -, juris.

Für gemeinnützigen Organisation, die - wie auch die Antragstellerin ausweislich ihrer Satzung -,

im Internet abrufbar unter https://www.malteser.de/fileadmin/Files_sites/malteser_de/Ueber_die_Malteser/Malteser_ev/1400724_MHDeV-Satzung_2014.pdf,

"ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke" verfolgen, ist davon auszugehen, dass sich der erwartete Gewinn in Grenzen hält.

OVG NRW, Beschluss vom 02. Januar 2009 - 13 E 1669/08 -, juris.

Eine weitere Reduzierung des Betrages ist geboten, weil der gemäß § 52 Abs. 1 GKG maßgebliche Antrag des Antragstellers nicht etwa auf die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Erteilung des Zuschlags gerichtet war, sondern lediglich auf eine einstweilige Anordnung, mit welcher der Zuschlag bzw. der Abschluss eines öffentlichrechtlichen Vertrags zu Gunsten bzw. mit der Beigeladenen zu 1. vorläufig unterbunden werden sollte. In der Sache geht es der Antragstellerin hier (nur) um die Sicherstellung der Wahrung ihrer Beteiligungsrechte.

Hinzu kommt schließlich, dass der Streitwert im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wegen des vorläufigen Charakters des Verfahrens regelmäßig auf die Hälfte des für das (etwaige) Hauptsacheverfahren anzusetzenden Betrages reduziert wird, wie auch im Streitwertkatalog (Ziffer 1.5) angeregt. Von dieser Regel abzuweichen besteht vorliegend keine Veranlassung. Insbesondere wäre mit dem Eilbeschluss im Erfolgsfalle nicht etwa die Hauptsache vorweggenommen worden.