VG Gelsenkirchen, Urteil vom 14.02.2017 - 6 K 2813/14
Fundstelle
openJur 2019, 18323
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Erteilung des Bauvorbescheides für die Errichtung eines Lebensmittelmarkts mit Backshop auf dem Grundstück Gemarkung P. , Flur 9, Flurstück 1227 (Q.----straße /T.--------straße ), in C. . Das Grundstück ist noch mit Teilen der Betriebsgebäude einer bis 2008 oder 2009 betriebenen Gärtnerei bebaut. Zu dieser gehörten ein Wohnhaus und ein kleineres eingeschossiges Ladenlokal, das auf der Grundlage einer Baugenehmigung aus dem Jahre 1957 errichtet und auf der Grundlage einer Baugenehmigung aus dem Jahre 1978 erweitert worden war. Daneben wurden Gewächshausanlagen betrieben, die inzwischen teilweise verfallen sind. Der Flächennutzungsplan stellt "Wohnbaufläche" dar.

Das inzwischen dicht bewachsene Grundstück ist überwiegend von Wohnbebauung umgeben. Auf dem südlichen Nachbargrundstück befinden sich das Stadtmuseum und die Musikschule. Ein Teil der östlichen Grundstücksgrenze grenzt an die Landesstraße M. (K.---straße ) an. Auf der östlichen Seite dieser Straße und der hier abzweigenden T.--------straße befinden sich neben einer Reihe von reinen Wohngebäuden auch Gebäude, in deren Erdgeschossen kleinere Ladenlokale, zwei Bankfilialen, gastronomische Nutzungen (Eisdiele und Imbissstube) sowie eine Spielhalle (K.---straße 38) zu finden sind. Südlich des Gebäudes Nr. 30 wird die K.---straße von dem - hier verrohrten - L. sowie einem diesem Wasserlauf folgenden Grünzug mit Fuß- und Radweg gekreuzt. Südlich des Grünzuges findet sich ein Lebensmitteldiscounter nebst Backshop und Getränkemarkt. Das einschlägige Nahversorgungskonzept sieht für den Stadtteil P. einen Nahversorgungsbereich vor, der sich etwa 600 m nordöstlich des streitgegenständlichen Grundstücks befindet.

Weitere Einzelheiten zeigt der nachfolgende Kartenausschnitt:

Am 27. Februar 2014 beantragte die Klägerin die Erteilung eines Bauvorbescheides für die "Errichtung eines Lebensmittelmarktes mit Backshop und 65 Kundenparkplätzen" auf dem oben beschriebenen Grundstück. Die genaue Fragestellung lautete:

1. Ist die Nutzung des dargestellten Grundstücks als Einzelhandelsfläche (Lebensmittelmarkt) bauplanungsrechtlich zulässig?

2. Ist die vorgesehene Größe der Verkaufsfläche von ca. 799 m² mit zusätzlichem Backshop mit einer Verkaufsfläche von ca. 45 m² bauplanungsrechtlich zulässig und genehmigungsfähig?

3. Ist die vorgesehene Größe der Verkaufsfläche von ca. 799 m² inklusive Backshop mit einer Verkaufsfläche von ca. 45 m² bauplanungsrechtlich zulässig und genehmigungsfähig?

4. Ist die geplante Größe des Gebäudes mit ca. 1545 m² Grundfläche nach Maß der baulichen Nutzung bauplanungsrechtlich zulässig und genehmigungsfähig?

Der beigefügte Lageplan sieht den Baukörper des Lebensmittelmarktes etwa an der Stelle der früheren Gewächshäuser vor. Die Stellplätze sollen südlich und südöstlich des Gebäudes geschaffen und von der K.---straße (M. ) aus angefahren werden. Der Anlieferungsbereich soll sich auf der Nordseite des Gebäudes an der Q.----straße befinden. Als Betriebszeit des Lebensmittelmarktes (Öffnungszeit und Anlieferung) ist der Zeitraum "werktags 6 bis 22 Uhr" angegeben. Der Bauvoranfrage war eine Immissionsprognose der TÜV Nord Systems GmbH & Co. KG vom 20. Februar 2014 beigefügt, der zufolge die maßgeblichen Immissionsrichtwerte an der das Baugrundstück umgebenden Bebauung eingehalten werden.

Am 3. April 2014 beschloss der Rat der Beklagten die Aufstellung eines Bebauungsplans OA 122 "K.---straße /N.------platz ", der auch das Baugrundstück erfassen sollte. Ziel des Bebauungsplans sollte laut Beschlusstext sein, das Stadtmuseum und seine weitere Entwicklung planungsrechtlich abzusichern sowie für das nördlich angrenzende Gelände der ehemaligen Gärtnerei "entsprechend den Zielen der Stadtentwicklung Wohnbauflächen festzusetzen". Die Beschlussvorlage erwähnte auch die vorliegende Bauvoranfrage für einen Lebensmittelmarkt. Der Aufstellungsbeschluss wurde im Amtsblatt der Beklagten vom 00.00.0000 bekannt gemacht.

Mit Schreiben vom 29. April 2014 hörte die Beklagte die Klägerin zu dem beabsichtigten Erlass eines Zurückstellungsbescheides an. Die Klägerin führte daraufhin unter dem 8. Mai 2014 aus, das Vorhaben sei unzweifelhaft genehmigungsfähig, da mit der Gärtnerei ein entsprechender Einzelhandelsbetrieb als Vorbild existiere. Der Aufstellungsbeschluss des Rates könne dem Vorhaben nicht entgegengehalten werden, da es sich um eine reine Verhinderungsplanung handele. Die Frage der gesicherten Erschließung werde hilfsweise für den Fall ausgeklammert, dass sie nicht abschließend beurteilt werden könne.

Mit Bescheid vom 14. Mai 2014 stellte die Beklagte die Bauvoranfrage für die Dauer eines Jahres zurück und ordnete die sofortige Vollziehung an. Zur Begründung führte sie aus, mit der Bauvoranfrage werde die planungsrechtliche Zulässigkeit mehrerer Varianten eines großflächigen Einzelhandelsbetriebs abgefragt. Es sei zu befürchten, dass durch die Verwirklichung des beabsichtigten Vorhabens die Durchführung der künftigen Planung unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werde.

Am 20. Juni 2014 hat die Klägerin Klage erhoben.

Im Januar und Februar 2015 fand die frühzeitige Bürgerbeteiligung zum Bebauungsplan P1. 122 statt. In seiner Sitzung vom 19. März 2015 beschloss der Rat der Beklagten die Satzung über eine Veränderungssperre für einen Teilbereich des Bebauungsplans P2. "K.---straße /N.------platz ". Der Geltungsbereich dieser Satzung beschränkte sich auf das Flurstück. Die Satzung wurde im Amtsblatt der Beklagten vom 00.00.0000 öffentlich bekannt gemacht.

Mit Bescheid vom 8. Juni 2015 lehnte die Beklagte (nach vorheriger Anhörung) die Erteilung des beantragten positiven Bauvorbescheides ab. Zur Begründung berief sie sich auf die Veränderungssperre und erklärte, die Verwirklichung des Vorhabens mache die angestrebte Planung unmöglich oder erschwere sie wesentlich. Die in Rede stehende Nutzung gehe angesichts ihres Umfangs über eine Gebietsversorgung hinaus. Überdies handele es sich um einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb. Der Ablehnungsbescheid ist von der Beklagten am 18. Juni 2015 in das Klageverfahren einbezogen worden.

Im Dezember 2015 und im Januar 2016 fanden die öffentliche Auslegung des Bebauungsplanentwurfs und die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange statt. In seiner Sitzung vom 14. April 2016 beschloss der Rat der Beklagten den Bebauungsplan P2. "K.---straße /N.------platz " als Satzung. Übereinstimmungserklärung und Bekanntmachungsanordnung wurden am 00.00.0000 durch den Bürgermeister der Beklagten unterzeichnet. Der Bebauungsplan wurde im Amtsblatt der Beklagten vom 00.00.0000 öffentlich bekannt gemacht. Er setzt im Bereich des streitgegenständlichen Vorhabens teilweise ein Allgemeines Wohngebiet in offener Bauweise, teilweise eine private Verkehrsfläche (Stichstraße) fest. Festsetzungen zum Einzelhandel enthält der Bebauungsplan nicht. Für die einzelnen Wohngebiete und Baufenster wird jeweils die zulässige Gebäudehöhe bestimmt. Dazu findet sich in den textlichen Festsetzungen die folgende Maßgabe: "Der untere Bezugspunkt der zulässigen Gebäudehöhe ist die Oberkante des angrenzenden Straßenraums".

Mit Bescheid vom 8. August 2016 lehnte die Beklagte den beantragten Bauvorbescheid erneut ab. Zur Begründung führte sie aus: Nach dem nunmehr geltenden Bebauungsplan sei eine Nutzung der in Rede stehenden Fläche für Zwecke des Einzelhandels nur im Rahmen von § 4 Abs. 2 BauNVO zulässig. Eine solche Nutzung als "Gebietsversorger" sei indes nicht zur Genehmigung gestellt worden; die Angaben zur Verkaufsfläche seien in allen Varianten mit 844 m² anzusetzen. Am 19. August 2016 hat die Klägerin den Ablehnungsbescheid in das Klageverfahren einbezogen.

Nachdem sie zunächst den Zurückstellungsbescheid und den auf die Veränderungssperre gestützten ersten Ablehnungsbescheid dahingehend kritisiert hat, dass es an einer positiven Planungskonzeption der Beklagten fehle, führt die Klägerin nunmehr zur Begründung ihrer Klage aus: Der Bebauungsplan Nr. sei unwirksam. Er leide an einem Abwägungsfehler, weil er die bekannten Ansiedlungsinteressen eines Lebensmittelmarktes auf dem streitgegenständlichen Grundstück nicht berücksichtige. Zudem sei die Höhenfestsetzung nicht hinreichend bestimmt, weil der Plan hinsichtlich der Gebäudehöhe auf das Niveau angrenzender Straßen Bezug nehme, es aber mehrere angrenzende Straßen gebe. Somit fehle es völlig an einer Höhenbegrenzung, was zur Gesamtnichtigkeit des Bebauungsplans führe. Schließlich sei der Plan unwirksam, weil in der textlichen Festsetzung Nr. 4 auf die VDI-Richtlinie 2719 Bezug genommen werde, ohne dass dem Plan zu entnehmen sei, wie der Anwender von dieser Richtlinie Kenntnis nehmen könne.

Selbst bei unterstellter Wirksamkeit des Bebauungsplans sei das Vorhaben im Übrigen in dem festgesetzten Allgemeinen Wohngebiet zulässig. Denn es handele sich um einen Laden, welcher der Gebietsversorgung diene. Dies gelte auch für die großflächige Variante, da es für die Abgrenzung der Gebietsversorgereigenschaft nicht entscheidend auf diese Schwelle ankomme. Auch im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB sei das Bauvorhaben aus diesen Gründen genehmigungsfähig.

Die Klägerin hat am 10. Februar 2017 noch ein Gutachten des Büros E. . M1. und Partner zur Frage der Gebietsversorgereigenschaft des geplanten Lebensmittelmarkts sowie zur Frage seiner Zentrenschädlichkeit vorgelegt.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung ihrer Ablehnungsbescheide vom 8. Juni 2015 und vom 8. August 2016, Az., zu verpflichten, den beantragten planungsrechtlichen Vorbescheid für die Errichtung eines Lebensmittelmarkts mit Backshop auf dem Grundstück K.---straße in C. , Gemarkung P. , Flur 9, Flurstück, zu erteilen,

hilfsweise,

die Beklagte unter Aufhebung ihrer Ablehnungsbescheide vom 8. Juni 2015 und vom 8. August 2016, Az., zu verpflichten, ihr auf ihren oben genannten Antrag einen positiven Bauvorbescheid unter Ausklammerung der Fragen des Rücksichtnahmegebotes und der Erschließung zu erteilen,

hilfsweise,

die Beklagte unter Aufhebung ihrer Ablehnungsbescheide vom 8. Juni 2015 und vom 8. August 2016, Az., zu verpflichten, ihr auf ihren oben genannten Antrag einen positiven Bauvorbescheid hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung zu erteilen,

hilfsweise,

die Beklagte unter Aufhebung ihrer Ablehnungsbescheide vom 8. Juni 2015 und vom 8. August 2016, Az., zu verpflichten, ihr auf ihren oben genannten Antrag einen positiven Bauvorbescheid hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung unter Ausklammerung des Rücksichtnahmegebotes zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie führt zur Begründung aus: In allen Varianten handele es sich um einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb, weil der Backshop nach dem vorgelegten Grundriss keinen eigenen Eingang habe und die Geschossfläche auf eine entsprechende Verkaufsfläche schließen lasse. Ein Einzelhandelsbetrieb der in Rede stehenden Art und Größe könne kein Gebietsversorger sein und sei daher im Allgemeinen Wohngebiet unzulässig. Es fehle auch an der gesicherten Erschließung, weil die geplante Zufahrt von der K.---straße ohne eine gesonderte Linksabbiegerspur nicht denkbar sei. Eine solche Abbiegespur könne an dieser Stelle auch nicht angelegt werden. Das Vorhaben gefährde somit die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs. Die Immissionsprognose sei unvollständig, weil Beurteilungspegel und Spitzenpegel für den Sonn- und Feiertagsbetrieb des Backshops nicht ermittelt worden seien.

Die Kammer hat am 8. Februar 2017 durch den Berichterstatter einen Ortstermin durchgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Terminsprotokoll Bezug genommen.

Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 8. Juni 2015 und ihr Zweitbescheid vom 8. August 2016 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO); die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheides.

Die Kammer geht im Anschluss an die Klarstellungen im Ortstermin und in der mündlichen Verhandlung davon aus, dass die Verpflichtungsklage mit ihrem Hauptantrag auf die Erteilung eines vollständigen bauplanungsrechtlichen Vorbescheides für die beiden in den Bauvorlagen beschriebenen Varianten des Lebensmittelmarktes gerichtet ist. Soweit im Verwaltungsverfahren separate Fragen nach der generellen Zulässigkeit eines Lebensmittelmarktes und nach der generellen Zulässigkeit eines Gebäudes mit 1545 qm Geschossfläche gestellt worden sind (Fragen 1 und 4 der Bauvoranfrage), sind diese nicht Gegenstand des Klageverfahrens geworden; zumindest die erste Frage wäre separat wohl auch kaum bescheidungsfähig.

Ein Anspruch auf Erteilung eines positiven Bauvorbescheides besteht gemäß § 71 Abs. 1, 2 in Verbindung mit § 75 Abs. 1 BauO NRW, wenn dem Vorhaben öffentlichrechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen. Der Erteilung eines positiven planungsrechtlichen Bauvorbescheides stehen vorliegend indes öffentlichrechtliche Vorschriften entgegen, das Vorhaben der Klägerin ist planungsrechtlich unzulässig.

I.

Die Festsetzungen des von der Beklagten in den Jahren 2014 bis 2016 aufgestellten Bebauungsplans P2. 122 "K.---straße /N.------platz " können dem Vorhaben allerdings nicht (gemäß § 30 Abs. 1 BauGB) entgegen gehalten werden, da dieser Bebauungsplan unwirksam ist. Dies folgt aus der Unbestimmtheit der getroffenen Festsetzungen zur Gebäudehöhe in den einzelnen Wohngebieten bzw. Baufenstern. Die in den textlichen Festsetzungen enthaltene Heranziehung der "Oberkante des angrenzenden Straßenraums" als "unterer Bezugspunkt" ist nicht geeignet, die Höhenfestsetzung in hinreichend bestimmter Weise handhabbar zu machen.

Das Gebot hinreichender Bestimmtheit von Rechtsnormen ergibt sich aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG). Es gilt auch für die zeichnerischen und textlichen Festsetzungen von Bebauungsplänen. Um dem Bestimmtheitsgebot hinsichtlich der Festsetzung der unteren Bezugsebene zu genügen, kann eine Höhenfestsetzung nach § 18 Abs. 1 BauNVO auf Bezugspunkte im Geltungsbereich des Bebauungsplans abstellen, die bestimmt oder bestimmbar sind. Soweit Grundstücke an mehr als eine Straße angrenzen, muss ein Plangeber, der auf die Höhe angrenzender öffentlicher Verkehrsflächen als "unteren Bezugspunkt" einer Höhenfestsetzung verweist, jedoch klarstellen, welche Straße maßgeblich ist; dies ist nur dann entbehrlich, wenn alle in Betracht kommenden Verkehrsflächen höhengleich sind. Selbst die Bezugnahme auf eine bestimmte Straße genügt im Übrigen nicht, wenn diese Straße nicht eben ist, sondern ein Gefälle aufweist.

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 31. August 2012 - 10 D 114/10.NE -, BauR 2013, 53, vom 26. Juni 2013 - 7 D 75.11 -, Juris, und vom 28. August 2014 - 7 D 8/13.NE -, BauR 2015, 941.

Vorliegend ist bei mehreren für die Bebauung in Betrachtung kommenden Flächen schon unklar, auf welche der angrenzenden Straßen abzustellen ist und ob auch die vorgesehene private Stichstraße für die an ihr liegenden Grundstücke die Bezugsebene bilden soll. Zudem haben die vorhandenen Straßen ausweislich der im Bebauungsplan aufgeführten Kanaldeckelhöhen durchweg ein gewisses Gefälle. Die zulässige Höhe zu errichtender Gebäude zu ermitteln, ist aus diesen Gründen nicht zuverlässig möglich.

Die daraus resultierende Unwirksamkeit der Festsetzung zu den Gebäudehöhen führt zur Gesamtnichtigkeit des Bebauungsplans. Da der Bebauungsplan auf die Festsetzung der maximal zulässigen Zahl an Vollgeschossen verzichtet und die festgesetzte Geschossflächenzahl wegen ihrer Abhängigkeit von der Größe des jeweiligen Baugrundstücks die Höhe der Gebäude nur bedingt zu limitieren vermag, wäre die vertikale Ausdehnung der zulässigen Bebauung nämlich praktisch völlig ungesteuert. Insoweit kommt der Festsetzung der Gebäudehöhe also entscheidende Bedeutung für die Herstellung des mit dem Bebauungsplan angestrebten "harmonischen städtischen Erscheinungsbildes mit stimmigen Gebäudehöhen" (Begründung des Bebauungsplans, Ziffer 6.1) zu. Dass der Rat der Beklagten den Bebauungsplan ohne die Höhenfestsetzung beschlossen hätte, ist nicht anzunehmen.

Vgl. in ähnlichem Zusammenhang OVG NRW, Urteil vom 26. Juni 2013 - 7 D 75.11 -, Juris.

Ob der Bebauungsplan daneben auch an einem durchgreifenden Abwägungsmangel und mit Blick auf die Bezugnahme auf die VDI-Richtlinie 2719 an einem Verkündungsmangel leidet, braucht die Kammer nicht zu entscheiden.

II.

In dem der bauplanungsrechtlichen Beurteilung somit zugrunde zu legenden unbeplanten Innenbereich gemäß § 34 BauGB ist das Bauvorhaben bereits nach der Art der baulichen Nutzung unzulässig. Dies gilt sowohl für die mit 799 qm Verkaufsfläche zuzüglich Backshop beschriebene großflächige, als auch für die mit 799 qm inklusive Backshop beschriebene nicht großflächige Variante.

Vgl. zur gebotenen Einbeziehung des Backshops in die Verkaufsflächenbestimmung nur OVG NRW, Urteil vom 29. Mai 2013 - 10 A 1144/11 -, Juris.

Dass die streitgegenständliche Fläche Teil eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils ist, bedarf keiner näheren Begründung. Insbesondere liegen trotz der erheblichen Freiflächen auf dem Grundstück der ehemaligen Gärtnerei die Voraussetzungen für einen sog. "Außenbereich im Innenbereich",

vgl. dazu etwa BVerwG, Beschluss vom 15. September 2005 - 4 BN 37.05 -, BauR 2006, 348,

nicht vor. Die Fläche ist nicht groß genug, um Gegenstand einer eigenständigen städtebaulichen Entwicklung zu sein.

Im unbeplanten Innenbereich ist ein Vorhaben gemäß § 34 BauGB zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Dabei ist die "nähere Umgebung" für jedes der genannten Kriterien gesondert abzugrenzen. Maßstabbildend ist jeweils diejenige Umgebung, auf welche die Ausführung des Vorhabens sich auswirken kann und die ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder beeinflusst.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 2014 - 4 B 38.13 -, Juris, mit weiteren Nachweisen.

Vorliegend ist als nähere Umgebung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung die das Baugrundstück umschließende Bebauung westlich der Achse K.---straße /T.--------straße anzusehen. Im Norden endet die maßgebliche Umgebung mit den Gebäuden entlang der Q.----straße , im Westen mit den Gebäuden entlang der Straße B. C1. und im Süden mit den Gebäuden entlang der Achse T1.--wall /M2.-------straße /B1. den T2. .

Nicht mehr zur prägenden Umgebung gehört hingegen die Bebauung südlich des die K.---straße an dem Gebäude Haus-Nr. 30 kreuzenden Grünzuges. Ob allein der in dem Grünzug liegende, heute offenbar weitgehend verrohrte "L. " oder der parallel zu diesem Gewässer verlaufende Fuß- und Radweg geeignet wäre, eine entsprechende Zäsur zu bilden, mag dahinstehen. Die Kammer ist indes der Auffassung, dass der Grünzug insgesamt, der den L. und einen als überörtliche Verbindung genutzten, gut ausgebauten Radweg enthält und eine Breite von teilweise über 30 Metern erreicht, den Bebauungszusammenhang bei natürlicher Betrachtung hinsichtlich aller in § 34 BauGB genannten Merkmale unterbricht. Diese Einschätzung wird durch die Tatsache untermauert, dass die Bebauungsstruktur nördlich und südlich des Grünzuges durchaus unterschiedlich ist. Während sich auf der Nordseite die Bebauung über eine gewisse Strecke an dem Grünzug entlang aufreiht und durch diesen ihre natürliche Grenze findet, ist die Südseite des Grünzuges im hier interessierenden Bereich weitgehend unbebaut. Lediglich unmittelbar an der K.---straße findet sich überhaupt eine an den Grünzug heranreichende Bebauung, die allerdings hauptsächlich durch den mit deutlichem Abstand zur Straße errichteten Lidl-Markt (K.---straße 24) geprägt wird und damit nicht als bruchlose Fortsetzung der straßennahen und ganz überwiegend aus Wohnnutzungen bestehenden Bebauung nördlich des Grünzuges anmutet.

Ebenfalls nicht zur prägenden Umgebung gehört die Bebauung östlich der Achse K.---straße /T.--------straße . Dies ergibt sich hinsichtlich der Bebauung auf der Ostseite der K.---straße allerdings noch nicht zwingend aus einer trennenden Wirkung dieser Straße. Zwar handelt es sich um eine als Verbindung zwischen der Bundesstraße C2. bzw. der Autobahn B2. und dem Stadtteil P. durchaus bedeutende Landesstraße mit nicht unerheblichem Verkehrsaufkommen. Andererseits ist die Straße mit lediglich einer Fahrspur je Fahrtrichtung und überschaubarer Breite nicht gerade massiv ausgebaut. Für eine trennende Wirkung dieser Straße und der im Bereich des Baugrundstücks abzweigenden T.--------straße spricht indes, dass die Bebauungsstruktur westlich und diejenige östlich dieser Achse sich in mehrfacher Hinsicht unterscheiden. B1. der Ostseite sind die genannten Straßen durchgängig mit straßennahen, traufständigen Gebäuden bebaut, während sich auf der Westseite vor allem Freiflächen befinden. Als einigermaßen straßennah und von der T.--------straße erschlossen fallen lediglich die Gebäude T.--------straße 28 und 32 ins Auge. Dem gegenüber ist das Gebäude An den T2. 1 nicht auf die K.---straße als Erschließungsanlage ausgerichtet und das Gebäude des Stadtmuseums ist deutlich zurückgesetzt und wendet der K.---straße seine Schmalseite zu.

Die so abgegrenzte nähere Umgebung entspricht hinsichtlich der Art der baulichen Nutzungen einem Allgemeinen Wohngebiet im Sinne von § 4 BauNVO. Denn in dem Bereich finden sich größtenteils reine Wohnnutzungen und die wenigen sonstigen Nutzungen sind durchweg in einem Allgemeinen Wohngebiet genehmigungsfähig. Letzteres gilt zunächst für das Stadtmuseum und die Musikschule, die als Anlagen für kulturelle Zwecke gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO in einem Allgemeinen Wohngebiet zulässig sind. Nichts anderes gilt für das Café und die kleinen Ladenlokale auf der Westseite des "Marktplatzes"; soweit sie nicht ohnehin leer stehen, enthalten sie Nutzungen, welche nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO genehmigt werden können. Die Praxis für Familientherapie etc. in dem Gebäude B1. den T2. 1 dürfte als freiberufliche Nutzung im Sinne von § 13 BauNVO genehmigungsfähig sein. Auch wenn man schließlich dem Gartenbaubetrieb auf dem Baugrundstück noch (nachwirkend) prägende Bedeutung beimessen wollte, was der Kammer zweifelhaft erscheint, ergibt sich nichts anderes, da ein solcher Betrieb im Allgemeinen Wohngebiet gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 4 BauNVO zugelassen werden kann.

Auch wenn man die Bebauung auf der Ostseite der Achse K.---straße /T.--------straße - entgegen der Auffassung der Kammer - hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung als Teil der prägenden Umgebung betrachtete, ergäbe sich im Übrigen wohl keine abweichende Einstufung. Denn auch in diesem Bereich überwiegen die Wohnnutzungen deutlich und Nutzungen, die sich als unvereinbar mit dem Charakter eines Allgemeinen Wohngebietes erweisen, sind kaum vorhanden. Eine Ausnahme stellt die in dem Gebäude K.---straße 38 betriebene Spielhalle dar, die als Vergnügungsstätte in einem Allgemeinen Wohngebiet nicht genehmigt werden könnte. Angesichts des überschaubaren Umfangs dieses Betriebes und der äußeren Gestaltung, die eher diejenige eines Wohngebäudes ist, misst die Kammer der Spielhalle indes keine prägende Wirkung für die zu beurteilende Umgebung zu; es handelt sich um einen "Ausreißer".

In dem somit anzunehmenden Allgemeinen Wohngebiet wäre das streitgegenständliche Bauvorhaben gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung genehmigungsfähig, wenn es sich bei dem geplanten Lebensmittelmarkt um einen der Versorgung des Gebietes dienenden Laden handelte. Dies ist indes schon bei der nicht großflächigen Variante des Vorhabens nicht der Fall.

Ein "Laden" im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO ist eine Stätte gewerblicher Betätigung mit Kunden- und Publikumsverkehr, insbesondere zum Verkauf von Waren oder zur Erbringung von Dienstleistungen. Inwieweit dem Begriff des Ladens bei Verkaufsstätten - in Abgrenzung zu dem unter anderem in § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO verwendeten Begriff des "Einzelhandelsbetriebes" - eine Begrenzung der Verkaufsfläche immanent ist, wird in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beantwortet. Weitgehende Einigkeit besteht allerdings darüber, dass die äußerste Grenze der Verkaufsfläche eines Ladens regelmäßig dort zu ziehen ist, wo die Schwelle zur Großflächigkeit erreicht wird, also bei (derzeit) 800 qm Verkaufsfläche.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987 - 4 C 19.85 -, NVwZ 1987, 1076 (1078); OVG NRW, Beschluss vom 28. November 2000 - 10 B 1428/00 -, BauR 2001, 906 ff.; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand: August 2016, § 4 Rdnr. 52; Vietmeier, in: Bönker/Bischopink, BauNVO, Kommentar, 2014, § 4 Rdnr. 9; noch deutlich enger dem gegenüber Füßer/Müller, Discounter in den Wohngebieten?, DVBl. 2005, 1415 ff. (Grenze etwa bei 400 qm).

Auch wenn man unterstellt, dass es sich vorliegend jedenfalls bei der nicht großflächigen Variante des Lebensmittelmarktes um einen Laden im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO handelt, erweist das Vorhaben sich indes als nicht genehmigungsfähig. Denn es fehlt jedenfalls an der zusätzlich vorausgesetzten Gebietsversorgereigenschaft. Ob ein Laden der Versorgung des Gebietes dient, ist anhand objektiver Kriterien unter Berücksichtigung des Betriebskonzeptes typisierend zu ermitteln. Dabei können die Größe und die sonstige Beschaffenheit des Betriebes, Erfordernisse einer wirtschaftlich tragfähigen Ausnutzung, die örtlichen Gegebenheiten, insbesondere die demographischen und sozialen Verhältnisse im Gebiet, sowie die typischen Verhaltensweisen der Bevölkerung von Bedeutung sein.

Vgl. nur OVG NRW, Beschlüsse vom 28. November 2000 - 10 B 1428/00 -, BauR 2001, 906, vom 4. August 2003 - 7 B 1040/03 - und vom 6. Juli 2012 - 10 B 725/12 -, beide Juris.

Bei einem an der Schwelle zur Großflächigkeit liegenden Lebensmittel-Discounter, von dem vorliegend nach den Angaben im Ortstermin und in der mündlichen Verhandlung, im Übrigen aber auch aufgrund einer "worstcase-Betrachtung" auszugehen ist, wird mit Blick auf den zur Erzielung der gebotenen Flächenproduktivität notwendigen Einzugsbereich teilweise von vornherein von einer übergebietlichen Versorgungsfunktion ausgegangen.

So etwa Fickert/Fieseler, BauNVO, Kommentar, 12. Aufl. 2014, § 4 Rdnr. 5.2; Vietmeier, in: Bönker/Bischopink, BauNVO, Kommentar, 2014, § 4 Rdnr. 16; Kuschnerus, Der standortgerechte Einzelhandel, 2007, Rdnr. 66; Jeromin, Die bauplanungsrechtliche Beurteilung von Einzelhandelsbetrieben, BauR 2006, 619 (628).

Jedenfalls ist die Frage der Gebietsversorgung bei einem solchen Betrieb besonders kritisch zu prüfen.

So OVG NRW, Beschluss vom 6. Juli 2012 - 10 B 725/12 -, Juris.

Vorliegend spricht schon die Lage des geplanten Lebensmitteldiscounters an einer stark frequentierten Landesstraße dagegen, dass eine "Versorgung des Gebietes" im Vordergrund steht. Auch die Zahl der vorgesehenen Stellplätze auf dem Betriebsgrundstück liegt zumindest oberhalb des nach der (früheren) Verwaltungsvorschrift zur Bauordnung NRW erforderlichen Maßes, wenngleich die Stellplatzanlage mit 65 Einstellplätzen nach heutigen Maßstäben wohl nicht mehr als besonders groß betrachtet werden kann. Die mit der Geschossfläche von mehr als 1500 qm einhergehende, ganz erhebliche Lager- und Erweiterungsreserve lässt sich ebenfalls gegen ein auf die Versorgung des Gebietes konzentriertes Betriebskonzept anführen.

Entschieden gegen eine Gebietsversorgereigenschaft des Lebensmittelmarktes spricht ferner, dass der Anteil, den der Betrieb aus dem insoweit maßgeblichen Gebiet zu erzielen verspricht, am Gesamtumsatz nicht übermäßig groß ist. Allgemeine Wohngebiete dienen gemäß § 4 Abs. 1 BauNVO vorwiegend dem Wohnen. Insbesondere sind sie nach dem Konzept der Baunutzungsverordnung grundsätzlich nicht dafür vorgesehen, Versorgungsfunktionen zugunsten anderer Gebiete zu erfüllen und die damit verbundene Belastung durch Kunden-, Anlieferungs- und Mitarbeiterverkehr sowie sonstige Auswirkungen entsprechender Betriebe aufzunehmen. Um diese Funktionsbestimmung zu wahren, zugleich aber eine wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung zu ermöglichen, lässt § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO den Betrieb von das Gebiet versorgenden Läden zu. Zwar kann bei lebensnaher Betrachtung nicht verlangt werden, dass der betreffende Laden ausschließlich der Versorgung des Gebietes dient; ein gewisser Anteil an Kunden, die nicht in dem betreffenden Gebiet wohnen, ist stets zu erwarten. Angesichts des aufgezeigten Regelungszwecks muss die Einschränkung des Genehmigungstatbestandes aber dahingehend verstanden werden, dass der Laden seinen Umsatz zum überwiegenden Teil aus dem Gebiet selbst generiert. Den in Rechtsprechung und Literatur teilweise genannten Umsatzanteil von mindestens 60%, der sich aus dem Gebiet selbst speisen sollte,

vgl. etwa OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 21. Dezember 2011 - OVG 10 S 29.10 -, Juris; Stock, in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand: August 2016, § 4 Rdnr. 41; Vietmeier, in: Bönker/Bischopink, BauNVO, Kommentar, 2014, § 4 Rdnr. 11,

hält die Kammer daher für eine durchaus plausible Schwelle. Vorliegend dürfte der Anteil des Umsatzes, der durch Kunden aus dem maßgeblichen Gebiet erwächst, indes weitaus geringer sein. Dies ergibt sich aus der von der Klägerin vorgelegten Stellungnahme des Büros E. . M1. und Partner vom 10. Februar 2017. Nach dessen Prognose soll der Lebensmittelmarkt 60% seines Umsatzes aus der in dem Gutachten definierten "Zone 1" seines Einzugsbereichs erwirtschaften. Die "Zone 1" geht indes über das im Rahmen von § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO maßgebliche Gebiet weit hinaus; dieses Gebiet ist vielmehr deutlich kleiner zu fassen.

Das in diesem Zusammenhang abzugrenzende "Gebiet" muss sich nicht mit dem konkret festgesetzten Baugebiet bzw. der im Rahmen von § 34 BauGB maßgeblichen näheren Umgebung decken. Bildet das ausgewiesene oder faktisch vorhandene Wohngebiet mit angrenzenden Gebieten, die rechtlich oder tatsächlich ebenfalls als Wohngebiete zu qualifizieren sind, einen einheitlich strukturierten zusammenhängenden Bereich, kann der räumliche Bezugsrahmen für die nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO gebotene Beurteilung entsprechend erweitert werden. Außer Betracht zu bleiben haben allerdings außer Gebieten, die durch eine andere Nutzungsart geprägt sind, Gebiete, die von dem zu beurteilenden Vorhaben so weit entfernt sind, dass der vom Verordnungsgeber vorausgesetzte Funktionszusammenhang nicht mehr als gewahrt angesehen werden kann. Insbesondere gehören Bereiche, deren Bewohner unter Berücksichtigung der Entfernung, der topographischen Verhältnisse und der sonstigen örtlichen Gegebenheiten realistischerweise auf die Benutzung eines Kraftfahrzeugs angewiesen sind, wenn sie den in Rede stehenden Betrieb aufsuchen wollen, nicht mehr zu dem maßgeblichen Gebiet, dessen Versorgung auch an einem Standort im Allgemeinen Wohngebiet ermöglicht werden soll.

Vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 3. September 1998 - 4 B 85.98 -, BauR 1999, 29 ff.; OVG NRW, Beschlüsse vom 16. März 2005 - 10 B 1350/04 -, BauR 2005, 1288 ff., und vom 6. Juli 2012 - 10 B 725/12 -, Juris.

Gemessen an diesem Maßstab kann die in dem Gutachten vom 10. Februar 2017 gebildete "Zone 1" (vgl. S. 13 und 33 des Gutachtens) nicht als maßgebliches "Gebiet" im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO angesehen werden; sie geht vielmehr über dieses Gebiet klar hinaus. Besonders deutlich ist dies bei der Abgrenzung der Zone 1 im Westen. Die Bebauung an und westlich der B3.----straße ist von dem (faktischen) Wohngebiet, zu dem das Baugrundstück gehört, nicht nur durch eine deutliche Zäsur aus offenbar landwirtschaftlich genutzten Flächen getrennt, sondern sie weist überdies eine erhebliche Entfernung zu dem Baugrundstück auf. Schon bei Betrachtung der "Luftlinie" beträgt die Entfernung des geplanten Lebensmittelmarktes zu der Bebauung in dem in Rede stehenden westlichen Gebiet zwischen rund 800 m (Bebauung an der B3.----straße ) und rund 1200 m (Bebauung an der C3.------straße ). Greift man einen möglichst direkten Weg auf den in Betracht kommenden Straßen ab, ergeben sich Entfernungen von rund 1500 m bis rund 2000 m. Kunden aus einer solchen Entfernung werden einen Lebensmittelmarkt regelmäßig mit dem Kraftfahrzeug anfahren. Ähnliches gilt für die Abgrenzung der Zone 1 im Norden. Hier sind Flächen im Bereich der Straße B. S. einbezogen, die von dem Baugrundstück und seiner Umgebung durch eine deutliche, aus Park und Sportanlagen gebildete Zäsur abgetrennt sind und deren Wohnhäuser zu dem Baugrundstück eine Entfernung von bis zu rund 850 m (Luftlinie) bzw. rund 1150 m (Wegstrecke) aufweisen. Ob auch das durch den oben beschriebenen Grünzug abgetrennte Gebiet südlich der Gebäude K.---straße 30 / B1. den T2. 1, das durch einen eigenen Discounter versorgt ist, aus dem maßgeblichen "Gebiet" herauszunehmen ist, mag dahinstehen. Fest steht aus Sicht der Kammer jedenfalls, dass das für die Frage der "Gebietsversorgung" maßgebliche Gebiet deutlich hinter der in dem Gutachten abgegrenzten Zone 1 zurückbleibt. Damit bleibt indes auch der aus dem versorgten Gebiet erwachsende Umsatzanteil deutlich hinter den für die Zone 1 insgesamt prognostizierten 60% zurück. Es ist vielmehr unter Zugrundelegung des Gutachtens davon auszugehen, dass weniger als die Hälfte des Umsatzes des Marktes aus dem Gebiet generiert wird.

Ist schon die kleinere der beiden Varianten des Lebensmittelmarktes nicht gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO als "Gebietsversorger" genehmigungsfähig, so gilt dies erst recht für die großflächige Variante. Ob dieser - wofür vieles spricht - auch § 11 Abs. 3 BauNVO entgegensteht, braucht die Kammer nicht zu entscheiden.

Ebenfalls nicht der Entscheidung bedarf die Frage, ob der geplante Lebensmittelmarkt nach dem Maß der baulichen Nutzung gemäß § 34 Abs. 1 BauGB genehmigungsfähig ist. Auch dies hält die Kammer für zweifelhaft, weil es für einen Baukörper dieser Größe an einem Vorbild in der näheren Umgebung selbst dann fehlen dürfte, wenn man der weitgehend verfallenen Gewächshausanlage auf dem Baugrundstück noch nachprägende Wirkung zusprechen wollte. Das Gebäude des Lebensmittelmarktes auf dem Grundstück K.---straße 24 gehört aus den oben genannten Gründen nicht zur maßgeblichen näheren Umgebung.

Ferner muss auch nicht entschieden werden, ob das Bauvorhaben mit dem Gebot der Rücksichtnahme vereinbar und ob die Erschließung gesichert ist. B1. gewisse Bedenken gegen die vorgelegte Immissionsprognose und ihre Ergänzung vom 1. Februar 2017 hat die Kammer in der Verfügung vom 27. Januar 2017 sowie im Ortstermin und in der mündlichen Verhandlung aufmerksam gemacht.

Offen bleiben kann schließlich, ob dem Vorhaben § 34 Abs. 3 BauGB entgegensteht, weil von ihm schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche ausgehen würden.

III.

Auch mit den in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsanträgen ist die Klage unbegründet. Die Hilfsanträge engen die Bauvoranfrage mehr oder weniger stark ein, lassen aber die Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung stets bestehen, wenn auch teilweise unter Ausklammerung des Rücksichtnahmegebotes. Da beide Varianten des Bauvorhabens indes - unabhängig von der Frage der Rücksichtnahme - nach der Art der baulichen Nutzung unzulässig sind, wie oben aufgezeigt, kann die Klage auch mit den Hilfsanträgen keinen (Teil-) Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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