AG Düsseldorf, Urteil vom 17.10.2016 - 55 C 66/16
Fundstelle
openJur 2019, 16826
  • Rkr:
Tenor

hat das Amtsgericht Düsseldorf im schriftlichen Verfahren mit einer Schriftsatzeinreichungsfrist bis zum 19.09.2016 durch die Richterin U

für Recht erkannt:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte aus dem Versicherungsvertrag mit der Versicherungsnummer S verpflichtet ist, die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung hinsichtlich der Gewährleistungsrechte, insbesondere der Rückabwicklung des Kaufvertrages und Schadensersatzansprüche des Klägers gegenüber der Autohaus I2 GmbH & Co. KG, V-Straße, X sowie Schadensersatzansprüche gegenüber der W2 AG, X1 zu tragen, die auf den Kauf eines W2 Tiguan "Cup", beruhen.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den Kosten i. H.v. 1.605,07 € freizustellen, die durch die Fertigung des Stichentscheids bzgl. des Versicherungsvertrages mit der Versicherungsnummer S hinsichtlich der Kostendeckung wegen Gewährleistungsansprüchen und Rückabwicklungsrechten des Klägers gegenüber der Autohaus I2 GmbH & Co. KG und hinsichtlich Schadensersatzansprüchen gegenüber der W2 AG durch die Dr. T2 & T mbH entstanden sind.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Ansprüche aus einem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsschutzversicherungsvertrag.

Der Kläger unterhält bei der Beklagten unter anderem eine Verkehrsrechtsschutzversicherung unter der Versicherungsnummer S.

Am 10.04.2014 erwarb der Kläger einen W2 Tiguan "Cup" BM Technologie 2,0 TDI mit 103 kw (140 PS), 6-Gang, Pepper Grey Metallic als Neuwagen zu einem Kaufpreis i.H.v. 31.000,00 € bei dem Autohaus I2 GmbH & Co. KG, T3, X. Das Fahrzeug wurde am 09.07.2014 an den Kläger ausgeliefert. Das Fahrzeug ist mit einem Motoraggregat EA 189 ausgestattet und vom sogenannten "VW-Abgasskandal" betroffen. Der Kläger möchte aus diesem Grunde vom Kaufvertrag zurücktreten bzw. die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung erklären. Des Weiteren beabsichtigt der Kläger die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die W2 AG. Dieser Sachverhalt ist grundsätzlich von der Rechtsschutzversicherung umfasst.

Mit Schreiben der nunmehrigen Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 17.12.2015 bat der Kläger die Beklagte um Zusage der Deckung der Interessenwahrnehmung gegenüber der Autoverkäuferin und gegenüber dem W2 Konzern (Hersteller). Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Deckungsanfrage vom 17.12.2015 Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 08.01.2016 lehnte die Beklagte die Deckungsanfrage im Hinblick auf die mangelnde Erforderlichkeit des Vorgehens, die Obliegenheit zur Vermeidung unnötiger Kosten gemäß § 82 VVG sowie mangels hinreichender Erfolgsaussichten gegenüber dem Händler und dem Hersteller ab. Das Ablehnungsschreiben enthielt unter anderem folgenden Hinweis:

"Nur soweit unsere Ablehnung auf fehlenden Erfolgsaussichten beruht, weisen wir unseren Kunden der Ordnung halber darauf hin, dass er nach § 18 Abs. 2 ARB das Recht hat, innerhalb eines Monats die Einleitung eines Schiedsgutachterverfahrens zu verlangen oder den für ihn tätigen oder noch zu beauftragenden Rechtsanwalt veranlassen kann, uns gegenüber eine begründete Stellungnahme darüber abzugeben, dass die Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet."

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das Ablehnungsschreiben vom 08.01.2016 Bezug genommen.

In den vom Kläger übersandten Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 2010) der Beklagten, wird in § 18 Abs. 2 ausgeführt:

"Mit der Mitteilung über die Rechtsschutzablehnung ist der Versicherungsnehmer darauf hinzuweisen, dass er, soweit er der Auffassung der B nicht zustimmt und seinen Anspruch auf Rechtsschutz aufrechterhält, innerhalb eines Monats entweder die Einleitung eines Schiedsgutachterverfahrens von der B verlangen kann, oder den für ihn tätigen oder noch zu beauftragenden Rechtsanwalt veranlassen kann, der B gegenüber eine begründete Stellungnahme darüber abzugeben, dass die Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen nicht mutwillig erscheint und hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet."

In den vom Kläger übersandten Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 2010) der Beklagten, wird in § 18 Abs. 4 und Abs. 5 ausgeführt:

"(4) Die Entscheidung des Schiedsgutachters bzw. der Stichentscheid des Rechtsanwaltes ist für beide Teile bindend; für den Stichentscheid gilt dies jedoch nur unter der Voraussetzung, dass er nicht offenbar von der wirklichen Sach- oder Rechtslage erheblich abweicht.

(5) Die durch das Schiedsgutachterverfahren bzw. den Stichentscheid entstehenden Kosten trägt die B."

Welche ARB dem Rechtsschutzversicherungsvertrag der Parteien tatsächlich zugrunde liegen ist unklar.

Mit Schreiben vom 08.02.2016 nahmen die nunmehrigen Prozessbevollmächtigten des Klägers zum Ablehnungsschreiben der Beklagten vom 08.01.2016 Stellung. Sie bezeichneten das Schreiben als "Stichentscheid". Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 08.02.2016 Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 22.02.2016 bat die Beklagte die Prozessbevollmächtigten des Klägers um die Übersendung eines Nachweises bzgl. der Beauftragung zur Abgabe eines Stichentscheides.

Der Kläger behauptet unter Vorlage verschiedener Vollmachten, dass seine Prozessbevollmächtigten zur Abgabe des Stichentscheids bevollmächtigt waren. Der Stichentscheid sei zu der Frage über die Kostendeckung sowohl der außergerichtlichen Vertretung, als auch der gerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche erfolgt. Er ist der Ansicht, dass die Beklagte dazu verpflichtet sei, die Kosten für die außergerichtliche Geltendmachung seiner Gewährleistungs- und Schadensersatzrechte gegenüber der W2 AG sowie gegenüber der Vertragshändlerin zu tragen, da insoweit hinreichende Erfolgsaussichten bestünden. Im Übrigen sei gemäß § 128 Satz 3 VVG das Rechtsschutzbedürfnis als anerkannt anzusehen, da der Hinweis der Beklagten im Ablehnungsschreiben vom 08.01.2016 nicht den Anforderungen gemäß § 128 Satz 2 VVG genüge.

Der Kläger hat zunächst beantragt, festzustellen, dass die Beklagte aus dem Versicherungsvertrag mit der Versicherungsnummer S verpflichtet ist, die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung hinsichtlich der Gewährleistungsansprüche des Klägers gegenüber der Autohaus I2 GmbH & Co. KG und hinsichtlich der Schadenersatzansprüche gegenüber der W2 AG zu tragen, die auf dem Kauf eines Fahrzeugs durch den Kläger am 10.04.2014 beruhen sowie die Beklagte zu verurteilen, die Klägerpartei von den Kosten freizustellen, die durch die Fertigung des Stichentscheids bzgl. des Versicherungsvertrages mit der Versicherungsnummer S hinsichtlich der Gewährleistungsansprüche der Klägerpartei gegenüber der Autohaus I2 GmbH & Co. KG und hinsichtlich der Schadenersatzansprüche gegenüber der W2 AG durch die Dr. T2 & T mbH entstanden sind.

Der Kläger beantragt nunmehr,

1.

festzustellen, dass die Beklagte aus dem Versicherungsvertrag mit der Versicherungsnummer S verpflichtet ist, die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung hinsichtlich der Gewährleistungsrechte, insbesondere der Rückabwicklung des Kaufvertrages und Schadensersatzansprüche des Klägers gegenüber der Autohaus I2 GmbH & Co. KG, V-Straße, X sowie Schadensersatzansprüche gegenüber der W2 AG, X1 zu tragen, die auf den Kauf eines W2 Tiguan "Cup", beruhen,

2.

die Beklagte zu verurteilen, die Klägerpartei von den Kosten i.H.v. 1.605,07 € freizustellen, die durch die Fertigung des Stichentscheids bzgl. des Versicherungsvertrages mit der Versicherungsnummer S hinsichtlich der Kostendeckung wegen Gewährleistungsansprüche und Rückabwicklungsrechte der Klägerpartei gegenüber der Autohaus I2 GmbH & Co. KG und hinsichtlich Schadensersatzansprüche gegenüber der W2 AG durch die Dr. T2 & T mbH entstanden sind.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, die Prozessbevollmächtigten des Klägers hätten gegenüber dem Kläger einen Gebührenverzicht erklärt, weshalb sie nicht mehr zur Kostenübernahme außergerichtlicher Anwaltsgebühren verpflichtet sei. Die Beklagte ist der Ansicht, der Feststellungsantrag sei unzulässig, da eine Leistungsklage möglich sei. Die Klageanträge seien nicht hinreichend bestimmt. Das Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 08.02.2016 genüge nicht den Mindestanforderungen an einen Stichentscheid und sei aus diesem Grunde nicht bindend. Das Vorgehen gegen die Autohaus I2 GmbH & Co. KG und gegen die W2 AG biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Kläger verstoße zudem gegen die Kostenminderungsobliegenheit nach § 82 VVG, da dem Verkäufer zunächst die Möglichkeit der Mängelbeseitigung eingeräumt werden müsse.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst den zur Akte gereichten Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

I.

Die Klage ist zulässig.

1.

In der Umstellung der Anträge durch den Kläger liegt keine Klageänderung, sondern lediglich eine Konkretisierung der Anträge. Dies ist ohne weiteres zulässig. Selbst wenn man in der Umstellung aber eine Klageänderung sehen würde, wäre diese jedenfalls gem. § 263 ZPO sachdienlich.

2.

Die Klageanträge sind auch hinreichend bestimmt. Ein Klageantrag ist im Allgemeinen dann hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Antrag konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis absteckt, Inhalt und Umfang der begehrten Entscheidung erkennen lässt, das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeiten auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt (BGH NJW 1999, 954). Da eine Feststellungsklage gestaltende Wirkung entfaltet und nicht vollstreckt wird, muss das Recht oder das Rechtsverhältnis, dessen Bestehen oder Nichtbestehen festgestellt werden soll, so genau beschrieben werden, dass über dessen Identität und damit über den Umfang der Rechtskraft des Urteils keinerlei Ungewissheit herrschen kann (BGH NJW 2001, 445, 447; BGH MDR 2008, 525, 526; BGH NJW-RR 2009, 114, 116 f.). Diesen Anforderungen genügen die Klageanträge zumindest in der zuletzt gestellten Form. Der Antrag zu 1 ist auf die Feststellung konkreter Ansprüche gegen die Beklagte und damit eines Rechtsverhältnisses i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet. Eine genaue Bezifferung der Erstattungspflicht war nicht notwendig. Die Angabe der Vertragsgrundlage sowie die Angabe, dass es sich um Gewährleistungsrechte, insbesondere um Rückabwicklungs- und Schadensersatzansprüche in Bezug auf den Kaufvertrag des benannten Fahrzeugs handelt, ist insbesondere unter dem Aspekt ausreichend, dass zur streitgegenstandsbestimmenden Auslegung des Antrags auch der Sachvortrag des Klägers heranzuziehen ist (vgl. BGH NJW 2001, 445, 447; BGH, NJW 1987, 3003).

3.

Auch das notwendige Feststellungsinteresse des Klägers ist gegeben. Insofern verkennt das Gericht nicht, dass das Feststellungsinteresse grundsätzlich fehlt, wenn ein Kläger dasselbe Ziel mit einer Leistungsklage erreichen kann. Eine allgemeine Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage besteht jedoch nicht. Vielmehr bleibt die Feststellungsklage dann zulässig, wenn ihre Durchführung unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit eine sinnvolle und sachgemäße Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte erwarten lässt und zu einer endgültigen Streitbeilegung führt (BGH NJW 2006, 2548; Greger, in Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 256 Rn. 8) Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die beklagte Partei die Erwartung rechtfertigt, sie werde auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hin ihren rechtlichen Verpflichtungen nachkommen, ohne dass es eines weiteren, auf Zahlung gerichteten Vollstreckungstitels bedarf, was bei großen Versicherungsunternehmen - wie der Beklagten - der Fall ist (BGH NJW 2006, 2548; Greger, in Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 256 Rn. 8).

II.

Die Klage ist auch begründet.

1.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erteilung von Deckungsschutz aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag i.V.m. § 125 VVG. Danach ist der Versicherer bei einer Rechtsschutzversicherung verpflichtet, die für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers erforderlichen Leistungen im vereinbarten Umfang zu erbringen.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der streitgegenständliche Sachverhalt in Form der Geltendmachung von Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüchen anlässlich des Erwerbs eines Fahrzeuges grundsätzlich versichert ist.

Das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers gilt gemäß § 128 S. 3 VVG als anerkannt. Denn die Beklagte hat den Kläger nicht in ausreichendem Maße auf seine Rechte gemäß § 128 S. 2 VVG hingewiesen.

Nach § 128 S. 3 VVG gilt das Rechtsschutzbedürfnis des Versicherungsnehmers im Einzelfall als anerkannt, wenn der Versicherungsvertrag kein Verfahren im Sinne des § 128 VVG vorsieht oder der Versicherer den Hinweis auf ein bestehendes Verfahren unterlässt. Liegen die Voraussetzungen des § 128 Satz 3 VVG vor, kann der Versicherer den Rechtsschutz nicht mehr wegen fehlender hinreichender Erfolgsaussicht oder wegen Mutwilligkeit ablehnen (BGH NJW 2006, 2548, 2549; Bauer, in Walter/Harbauer, Rechtsschutzversicherung ARB- Kommentar, 8. Aufl. 2010, § 128 Rn. 7 m.w.N.; Rixecker, in Römer/Langheid, Versicherungsvertragsgesetz, 5. Aufl. 2016, § 128 Rn. 5 m.w.N.). Gleiches muss gelten, wenn zwar ein Hinweis erfolgt, dieser aber fehlerhaft ist (so wohl auch Rixecker, in Römer/Langheid, Versicherungsvertragsgesetz, 5. Aufl. 2016, § 128 Rn. 5). Die Hinweispflicht gilt auch dann, wenn der Rechtsanwalt des Versicherungsnehmers die Möglichkeit eines solchen Verfahrens kennt (BGH NJW 2014, 1813; Rixecker, in Römer/Langheid, Versicherungsvertragsgesetz, 5. Aufl. 2016, § 128 Rn. 5; a.A. Armbrüster in Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 29. Aufl. 2015, § 128 Rn. 5). Der Wortlaut des § 128 Satz 2 VVG sieht eine Einschränkung der Hinweispflicht aus subjektiven Gründen nicht vor; auch § 128 Satz 3 VVG knüpft die Fiktion der Anerkennung an rein objektive Kriterien (BGH NJW 2014, 1813).

Die Beklagte hat dem Kläger im Schreiben vom 08.01.2016 zwar einen Hinweis im Sinne des § 128 S. 2 VVG erteilt, dieser war jedoch aus mehreren Gründen fehlerhaft.

Der Hinweis enthält eine Monatsfrist. Dies ist aus Sicht des Gerichts unzulässig und der Hinweis aus diesem Grunde fehlerhaft. § 128 VVG sieht keine zeitliche Beschränkung vor (zu Bedenken gegen die Monatsfrist vgl. auch Rixecker, in Römer/Langheid, Versicherungsvertragsgesetz, 5. Aufl. 2016, § 128 Rn. 6). Eine etwaige Ausgestaltungsfreiheit des Versicherers hat jedenfalls da seine Grenzen, wo ein Nachteil des Versicherungsnehmers entsteht. Dies ergibt sich unmittelbar aus § 129 VVG. Gem. § 129 VVG kann von der Regelung des § 128 VVG nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden. Bereits aus der Kürze der Frist ergibt sich aber ein nicht unerheblicher Nachteil des Versicherungsnehmers, da dieser zeitlich in seiner Entscheidung bzgl. des weiteren Vorgehens deutlich eingeschränkt wird. Ob sich die Beklagte letztlich auf die Einhaltung der Monatsfrist beruft ist für die Beurteilung der Wirksamkeit des Hinweises unerheblich. Insofern ist auch zu beachten, dass es für den Versicherungsnehmer nicht vorherzusehen ist, ob sich der Versicherer auf die Frist berufen wird oder nicht.

Der Hinweis der Beklagten ist darüber hinaus fehlerhaft, weil er sich ausdrücklich nur auf die Ablehnung aufgrund fehlender Erfolgsaussichten bezieht. Der Hinweis wegen Ablehnung der Leistungspflicht aufgrund von Mutwilligkeit fehlt vollständig. Dies führt zumindest zu der Gefahr, dass der Versicherungsnehmer davon ausgeht, dass die Durchführung des Schiedsgutachterverfahrens oder die Abgabe einer begründeten Stellungnahme durch einen Rechtsanwalt für sein Begehren nicht erfolgversprechend sein wird, da unabhängig von dem Ausgang dieses Verfahrens seinem Rechtsschutzbegehren nach wie vor die - nach Mitteilung der Beklagten in diesem Verfahren nicht zu berücksichtigende - Mutwilligkeit entgegenstünde.

Der Hinweis bzgl. der Mutwilligkeit war hier auch nicht entbehrlich, da die Beklagte die Ablehnung einer Deckungszusage nicht nur auf die fehlenden Erfolgsaussichten, sondern auch auf mangelnde Erforderlichkeit stützte. Die Beklagte wies in ihrem Schreiben zudem auf die Obliegenheit zur Vermeidung unnötiger Kosten hin. Fragen der Kostenintensität und Zweckmäßigkeit der Rechtsverfolgung stellen aber gerade Teilaspekte der Mutwilligkeitsprüfung dar (so auch LG Düsseldorf, Urteil vom 18. Juni 2009 - 11 O 509/08 -, juris). Die Einordnung dieser Ablehnungsgründe unter "Mutwilligkeit" ist auch zweckmäßig bzw. interessengerecht, da die Beklagte sich sonst den Rechtsfolgen des § 128 S. 3 VVG entziehen könnte, indem sie eine Ablehnung, die eigentlich auf "Mutwilligkeit" abzielt, als Obliegenheitsverletzung deklariert (so auch LG Düsseldorf, Urteil vom 18. Juni 2009 - 11 O 509/08 -, juris).

Die Beklagte kann sich aus diesem Grunde auch nicht auf einen Verstoß gegen die Kostenminderungsobliegenheit nach § 82 VVG berufen. Wie ausgeführt ist die Frage der Kostenintensivität und Zweckmäßigkeit einer Rechtsverfolgung eine Frage der Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung. Insoweit gilt vorliegend das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers aber - wie ausgeführt - gemäß § 128 S. 3 VVG als anerkannt.

Angesichts dessen kommt es nicht mehr darauf an, ob das Vorgehen des Klägers tatsächlich hinreichende Aussichten auf Erfolg hat, mutwillig ist oder/und die Kostenminderungsobliegenheit verletzt.

Entgegen der Ansicht der Beklagten bestehen für das seitens des Klägers beabsichtigte Vorgehen gegen die Verkäuferin des streitgegenständlichen Fahrzeugs und/oder die W2 AG darüber hinaus jedoch auch hinreichende Erfolgsaussichten. Dies ist in Anlehnung an die Voraussetzungen der Leistungspflicht gemäß § 114 Satz 1 ZPO der Fall, wenn die Möglichkeit besteht, dass die anspruchsbegründenden Tatsachen bewiesen werden und die Rechtsauffassung des Versicherungsnehmers vertretbar erscheint. Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht dabei bereits dann, wenn Rechtsfragen, von denen der Erfolg abhängt, ungeklärt oder ihre Beantwortung umstritten ist, weil der vertraglich versprochene Rechtsschutz die dann immer offene gerichtliche Wertung nicht vorwegnehmen darf (Rixecker, in Römer/Langheid, Versicherungsvertragsgesetz, 5. Aufl. 2016, § 128 Rn. 2). Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass die rechtlichen Auswirkungen des VW-Abgas-Skandals höchstrichterlich weder im Hinblick auf den Vertragshändler noch in Bezug auf die W2 AG entschieden wurden. Da das Fahrzeug des Klägers unstreitig von dem VW-Abgasskandal betroffen ist, ist es nicht offensichtlich ausgeschlossen und daher ohne weiteres jedenfalls vertretbar, dass dem Kläger sämtliche Gewährleistungsrechte, insbesondere auch ein Rücktrittsrecht gegen die Vertragshändlerin oder aber Schadensersatzansprüche gegen die Vertragshändlerin oder die W2 AG zustehen. Soweit sich die Beklagte diesbezüglich auf einzelne gegenteilige Gerichtsentscheidungen beruft, verkennt sie, dass die Frage, ob die Rechtsverfolgung letztendlich zum Erfolg führt, im Klageverfahren auf Erteilung von Deckungsschutz nicht abschließend zu klären ist, sondern, sofern die Rechtsansicht jedenfalls vertretbar ist, dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss. Anderenfalls würden die Rechte des Versicherungsnehmers aus dem Versicherungsvertrag unzulässig verkürzt.

2.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte auch ein Anspruch auf Freistellung der durch den Stichentscheid entstandenen Kosten aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag zu.

Sofern die vorgelegten ARB 2010 zwischen den Parteien Anwendung finden, ergibt sich die Kostentragungspflicht bereits aus § 18 Abs. 5 ARB 2010. Aber auch wenn dem Vertrag andere Bedingungen zugrunde liegen würden, wären die Kosten von der Beklagten zu tragen. Dies würde sich dann zumindest daraus ergeben, dass die Beklagte das Verfahren mit ihrem Hinweis im Schreiben vom 08.01.2016 selbst in die Wege geleitet bzw. eröffnet hat. Kosten für einen Stichentscheid sind - soweit ersichtlich - auch stets vom Versicherer zu tragen, wenn dieses Verfahren in Rechtsschutzversicherungsbedingungen geregelt ist. Insofern dürfte bereits ein allgemeiner Grundsatz gelten. Dass die Durchführung eines Stichentscheids vorliegend möglich war, ergibt sich jedenfalls aus dem Schreiben der Beklagten vom 08.01.2016, in dem - sofern der Vertrag nicht bereits eine entsprechende Regelung enthält - ein diesbezügliches Angebot zu sehen wäre, welches der Kläger mit Schreiben vom 08.02.2016 angenommen hätte. Wenn in den dem Vertragsverhältnis der Parteien zugrunde liegenden ARB keine Regelung vorhanden wäre, würde eine ergänzende Vertragsauslegung eine Kostentragungspflicht der Beklagten ergeben. Die Parteien gehen auch übereinstimmend davon aus, dass die Kosten für einen Stichentscheid nach dem Vertrag grundsätzlich von der Beklagten zu tragen sind. Die Beklagte beruft sich lediglich darauf, dass das Schreiben vom 08.02.2016 nicht den Mindestanforderungen an einen Stichentscheid genüge, dieser deshalb nicht bindend sei und sie aus diesem Grunde auch nicht die Kosten dafür zu tragen habe.

Diese Ansicht der Beklagten ist jedoch zumindest hinsichtlich der Kostentragungspflicht unzutreffend. Die Frage, ob der Stichentscheid bindend ist, ist unabhängig von der Frage zu beurteilen, wer die Kosten für den Stichentscheid zu tragen hat. Das Schreiben vom 08.02.2016 stellt einen Stichentscheid dar, da es eine begründete Stellungnahme darüber enthält, dass die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Klägers hinreichende Erfolgsaussichten bietet. Die Kosten für den Stichentscheid sind von der Beklagten zu tragen. Weder aus § 18 Abs. 5 ARB 2010 noch aus anderen Regelungen lässt sich eine Einschränkung dahingehend erkennen, dass dies nicht gelten soll, wenn der Stichentscheid offenbar von der wirklichen Sach- oder Rechtslage erheblich abweicht und deshalb nicht bindend ist.

Es steht auch zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die nunmehrigen Prozessbevollmächtigten vom Kläger zur Erstellung des Stichentscheids bevollmächtigt waren. Dies ergibt sich zumindest aus der vorgelegten Vollmacht. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass dem Stichentscheid keine Vollmacht beilag und sie diesen deshalb zurückgewiesen habe. Der Stichentscheid stellt kein einseitiges Rechtsgeschäft i.S.d. § 174 BGB dar, sodass die nunmehrige Vorlage der Vollmacht ausreichend ist.

Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Prozessbevollmächtigten des Klägers einen Gebührenverzicht erklärt hätten. Hinreichende Anhaltspunkte dafür ergeben sich insofern nicht. Insbesondere kann weder von dem Internetauftritt der Prozessbevollmächtigten noch von einem (leeren) Fragebogen auf das konkrete Vertragsverhältnis zwischen dem Kläger und seinen Prozessbevollmächtigten geschlossen werden.

Der Freistellungsanspruch steht dem Kläger auch in der geltend gemachten Höhe zu.

Es kann dahinstehen, ob den Prozessbevollmächtigten des Klägers - wogegen auch seitens des Gerichts erhebliche Bedenken bestehen - für die Fertigung des Stichentscheids ein Anspruch in der geltend gemachten Höhe zusteht. Die Beklagte ist verpflichtet, den Beklagten von dem Gebührenanspruch seiner Anwälte freizustellen. Dies ergibt sich aus der Verpflichtung der Beklagten zur Tragung der Kosten die durch den Stichentscheid entstehen. Dies umfasst auch die Verpflichtung des Versicherers, den Versicherungsnehmer von unbegründeten Ansprüchen freizustellen. Insofern ist zu beachten, dass der Versicherer den Freistellungsanspruch hinsichtlich der von ihm zu tragenden gesetzlichen Vergütung eines Rechtsanwalts auch dadurch erfüllen kann, dass er dem Versicherungsnehmer Kostenschutz für einen etwaigen Gebührenprozess zwischen dem Versicherungsnehmer und seinem Prozessbevollmächtigten zusagt (BGH NJW 2016, 61). Die Frage, ob und in welcher Höhe die vom Versicherer zu tragende gesetzliche Vergütung des Rechtsanwalts entstanden ist und ob dem Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts F entgegenstehen, richtet sich nicht nach dem Rechtsverhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer, sondern ausschließlich nach dem Mandatsverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Versicherungsnehmer. Über die Höhe der gesetzlichen Vergütung eines für den Versicherungsnehmer tätigen Rechtsanwalts kann deshalb verbindlich nur im Verhältnis zwischen Anwalt und Versicherungsnehmer entschieden werden (vgl. dazu auch BGH NJW 2016, 61). Ist der Versicherer nicht bereit, die Gebührenforderung zu bezahlten, ist er verpflichtet, dem Versicherungsnehmer Kostenschutz für einen etwaigen Gebührenprozess zu gewähren.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

IV.

Der Streitwert wird auf 3.964,89 € festgesetzt (2 x 1.179,91 € für den Antrag zu 1 und 1.605,07 € für den Antrag zu 2).

Rechtsbehelfsbelehrung:

A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Düsseldorf zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Düsseldorf statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.