AG Mönchengladbach, Schlussurteil vom 03.09.2015 - 36 C 1299/15
Fundstelle
openJur 2019, 13834
  • Rkr:

Ein Antrag, der auf die Feststellung gerichtet ist, dass ein Gerichtskostenvorschuss ab dem Zeitpunkt der Einzahlung zu verzinsen sei, ist unzulässig.

Tenor

Die Klage wird, soweit nicht bereits durch das Teilanerkenntnisurteil vom 00. August 2015 hierüber entschieden worden ist, abgewiesen. Die Gerichtskosten tragen die Klägerin zu zwei Dritteln und die Beklagte zu einem Drittel. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt die Beklagte. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten trägt die Beklage selbst. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Berufung der Klägerin wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt die Zahlung von Zinsen und vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten im Hinblick auf eine vorprozessual ausgeglichene Forderung.

Darüber hinaus begehrt die Klägerin die Feststellung dass die von ihr eingezahlten Gerichtsgebühren bereits ab dem Tag der Einzahlung zu verzinsen seien.

Die Klägerin hatte ursprünglich beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie noch ausstehende Hauptforderungszinsen in der Höhe von 0,00 EUR zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 00. Dezember 2014 zu zahlen;

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, an sie auf die von ihr eingezahlten Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) fünf Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB Zinsen seit dem Zeitpunkt der Einzahlung der Gerichtskosten bei der Gerichtskasse bis zu dem Tag des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrages bei Gericht mit Maßgabe der ausgeurteilten Kostenquote zu zahlen.

Die Beklagte hat die Klageforderung(en) mit Schriftsatz vom 00. August 2015 (Bl. 29 d.A.) anerkannt.

Das Gericht hat am 00. August 2015 ein den Klageanträgen zu den Ziffern 1 und 2 entsprechendes Teilanerkenntnisurteil erlassen.

Ausweislich der auf dem Klageschriftsatz befindlichen Kostenmarke der Gerichtszahlstelle des Amtsgerichts Stendal hat die Klägerin am 00. Juni 2015 aus eigener Veranlassung einen Gerichtskostenvorschuss in Höhe von 000,00 EUR eingezahlt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien überreichten Schriftsätze nebst Anlagen, sowie auf die tatsächlichen Feststellungen in den nachfolgenden Entscheidungsgründen verwiesen.

Gründe

Die Klage ist hinsichtlich des Klageantrages zu Ziffer 3 unzulässig.

Für den Antrag, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, auf die von der Klägerin eingezahlten Gerichtskosten Zinsen zu zahlen, fehlt es bereits an dem allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis, das Voraussetzung für die Zulässigkeit jedweder Klage ist. Die begehrte Feststellung wäre nicht geeignet, der Klägerin einen rechtlichen Vorteil zu verschaffen. Auf Grund eines Urteils, durch das festgestellt würde, dass die Beklagte verpflichtet sei, an die Klägerin auf die von dieser eingezahlten Gerichtskosten seit dem Zeitpunkt der Einzahlung bis zu dem Tag des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrages bei Gericht Zinsen zu zahlen, könnte die Klägerin nicht die Zwangsvollstreckung wegen der Zinsen betreiben. Falls die Beklagte die Zinsen nicht freiwillig zahlen sollte, müsste die Klägerin die Beklagte ein weiteres Mal verklagen und eine auf Zahlung der Zinsen gerichtete Leistungsklage erheben. Erst ein auf Grund einer solchen Klage erlassenes Urteil, durch das die Beklagte verurteilt würde, an die Klägerin eine Zahlung zu leisten, wäre vollstreckbar. Wenngleich es für jede Feststellungsklage kennzeichnend ist, dass diese nicht unmittelbar vollstreckbar ist, verschaffen zulässige Feststellungsklagen dem Kläger zumindest insofern einen rechtlichen Vorteil als dass sie die Verjährung des Anspruchs hemmen, auf den sich die Feststellung bezieht und den Feststellungsgegner in einem möglichen Folgerechtsstreit daran hindern, die Tatsachen- oder Rechtsfrage, auf die sich die Feststellung bezieht, mit Erfolg zu bestreiten. Durch ein dem Klageantrag zu Ziffer 3 entsprechendes Urteil wäre die Beklagte jedoch nicht gehindert, die Berechtigung einer von der Klägerin gegebenenfalls bezifferten Zinsforderung zu bestreiten. Da in einem dem Antrag entsprechenden Urteil weder der für den Beginn der Verzinsung maßgebliche Tag, noch der für das Ende der Verzinsung maßgebliche Tag dem Datum nach bezeichnet würden, wäre die Beklagte nicht gehindert, die Berechtigung einer konkreten Zinsforderung zu bestreiten. Festgestellt würde allein die abstrakte Verpflichtung der Beklagten, Zinsen auf die eingezahlten Gerichtskosten nach der Quote der Kostengrundentscheidung zu zahlen.

Derartige abstrakte Rechtsfragen oder nur gedachte rechtliche Beziehungen sind kein geeigneter Gegenstand einer Feststellungsklage. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte, Rechtsgutachten zu erstatten (Becker-Eberhard, in: Münch. Komm. ZPO, 4. Aufl., § 256 ZPO Rn 22; Zöller/Greger, 30. Aufl., § 256 ZPO Rn 3, 5). Keinen geeigneten Gegenstand für eine Feststellungsklage stellen insbesondere einzelne rechtserhebliche Tatsachen oder einzelne rechtserhebliche Vorfragen und Elemente eines Rechtsverhältnisses oder die Grundlagen für die Berechnung eines Anspruchs dar (BGHZ 22, 43, 47 f. = NJW 1957, 21; NJW 1995, 1097; NJW 2000, 2280, 2281). Bei der Höhe der auf die Gerichtskosten zu zahlenden Zinsen und dem - in dem Antrag nicht dem Datum nach, sondern lediglich abstrakt als "Zeitpunkt der Einzahlung" - bestimmten Beginn der Verzinsung handelt es sich um derartige Grundlagen für die Berechnung eines Anspruchs auf Zahlung von Zinsen, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht als Gegenstand einer Feststellungsklage geeignet sind.

Auch in anderen Verfahrensordnungen als der Zivilprozessordnung sind Anträge, die darauf gerichtet sind, festzustellen, dass ein eingezahlter Gerichtskostenvorschuss zu verzinsen sei, im Erkenntnisverfahren nicht zulässig (so etwa für die FGO: BFH, B. v. 22.09.2011, IV S 7/11 (NV), BeckRS 2011, 97046).

Darüber hinaus fehlt es an dem nach § 256 Abs. 1 ZPO für eine Feststellungsklage erforderlichen rechtlichen Interesse an der Feststellung des Rechtsverhältnisses. Die Beklagte hat zu keinem Zeitpunkt bestritten, dass sie verpflichtet sei, auf die von der Klägerin eingezahlten Gerichtskosten Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem Zeitpunkt der Einzahlung zu zahlen. Vielmehr hat die Beklagte noch vor dem Ablauf der Frist zur Erwiderung auf die Klage erklärt, dass sie die Klageforderung(en) anerkenne.

Im Übrigen ist die Klage hinsichtlich des Klageantrages zu Ziffer 3 unbegründet.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte verpflichtet sei, an die Klägerin auf sämtliche von dieser eingezahlte Gerichtskosten Zinsen nach Maßgabe der Kostenquote zu zahlen.

Gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB wäre die Beklagte allenfalls verpflichtet, der Klägerin Zinsen auf die Gerichtskosten zu zahlen, deren Einzahlung die Klägerin auf Grund des Zahlungsverzugs der Beklagten im Rahmen einer zweckendsprechenden Rechtsverfolgung für erforderlich halten durfte. Bei einem Streitwert von bis 000,00 EUR wären dies gemäß §§ 3 Abs. 1, 6 Abs. 1 Nr. 1, 12 Abs. 1 Nr. 1 GKG in Verbindung mit der Anlage 2 zu § 34 Abs. 1 S. 3 GKG Gerichtskosten in Höhe von 000,00 EUR gewesen. Die Klägerin hat jedoch, ohne ersichtlichen Grund und ohne dass sie seitens des Gerichts hierzu aufgefordert worden wäre, 000,00 EUR eingezahlt. Offenbar sind die Prozessbevollmächtigen der Klägerin von einem zu hohen Streitwert von bis 0000,00 EUR ausgegangen. Auf die versehentlich oder willkürlich zu viel gezahlten Gerichtsgebühren muss die Beklagte der Klägerin keine Zinsen zahlen, denn insoweit handelt es sich nicht um einen durch den Verzug der Beklagten bedingten Schaden der Klägerin.

Abgesehen davon, dass die Klage hinsichtlich des Klageantrages zu Ziffer 3 bereits als unzulässig abzuweisen war, da unzulässige Klageanträge nicht wirksam anerkannt werden können, stünde das seitens der Beklagten erklärte Anerkenntnis auch unter Berücksichtigung der Regelung des § 307 S. 1 ZPO einer Abweisung des Klageantrages zu Ziffer 3 als unbegründet nicht entgegen. Ein Anerkenntnis ist wie jede Willenserklärung auszulegen. Es ist davon auszugehen, dass sich das Anerkenntnis nicht auf die Verpflichtung bezog, auf die ohne Veranlassung zu viel gezahlten Gerichtskosten Zinsen zu zahlen. Ein Grund, weshalb die Beklagte eine solche Verpflichtung hätte anerkennen sollen, ist nicht ersichtlich. Welchen Gerichtskostenvorschuss die Klägerin eingezahlt hat und welchen sie hätte einzahlen müssen, haben die Beklagte und deren Prozessbevollmächtigte nicht geprüft.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Wenngleich die Zuvielforderung der Klägerin verhältnismäßig geringfügig war, hat sie höhere Kosten veranlasst, denn infolge der streitigen Entscheidung über den Klageantrag zu Ziffer 3 sind drei Gerichtsgebühren angefallen. Da die Beklagte durch ihr umfassendes Anerkenntnis den ihr möglichen Beitrag für eine Ermäßigung der Gerichtskosten auf eine Gebühr gemäß Nr. 1211 Ziffer 2 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG geleistet hat, waren die Mehrkosten, die durch die streitige Entscheidung über den unzulässigen Klageantrag zu Ziffer 3 entstanden sind, der Klägerin aufzuerlegen. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits sind von der Beklagten zu tragen, weil sie hinsichtlich des wertmäßig weit überwiegenden Teils der Klageforderungen unterlegen ist und sich unstreitig zu dem Zeitpunkt der Erhebung der Klage mit der Zahlung der anerkannten Beträge im Verzug befand.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 1 ZPO.

Der Streitwert wird auf bis 000,00 EUR festgesetzt.

Die Berufung war gemäß § 511 Abs. 4 ZPO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Die Frage, ob Anträge, die auf Feststellung der Verzinslichkeit eingezahlter Gerichtskosten ab dem Zeitpunkt der Einzahlung gerichtet sind, zulässig sind, ist in der Rechtsprechung umstritten und noch nicht höchstrichterlich entschieden (vgl. einerseits OLG Frankfurt, U. v. 31.12.2008, 2 U 244/07, bei juris; LG Düsseldorf, U. v. 11.01.2006, 12 O 165/05, bei juris; AG Köln, U. v. 30.11.2011, 269 C 128/11, BeckRS 2011, 28784; AG Bad Segeberg, NJW-RR 2013, 864; AG Darmstadt, U. v. 20.12.2012, 311 C 209/12, BeckRS 2013, 00920; AG Trier, U. v. 17.11.2009, 6 C 122/09, BeckRS 2010, 13321; AG Uelzen, U. v. 12.03.2015, 13 C 5028/15, BeckRS 2015, 06372; Enders, JurBüro 2015, 225; andererseits AG Coburg, U. v. 14.12.2011, 14 C 1454/11, bei juris; AG Dieburg, U. v. 05.01.2012, 20 C 1531/11 (22), BeckRS 2012, 05102).

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jede Partei und deren Streithelfer zulässig, die oder der durch dieses Urteil rechtlich beschwert ist, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder wenn das Amtsgericht die Berufung in dem Urteil zugelassen hat. Die Berufungsschrift muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem Landgericht Mönchengladbach, Hohenzollernstraße 157, 41061 Mönchengladbach, eingegangen sein. Die Frist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Vor dem Landgericht müssen sich die Parteien von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt vertreten lassen. Insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein.

Die Kostengrundentscheidung kann gegebenenfalls isoliert mit der sofortigen Beschwerde angegriffen werden, wenn der Wert der Hauptsache 600,00 EUR und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigen. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Amtsgericht Mönchengladbach, Hohenzollernstraße 157, 41061 Mönchengladbach oder dem Landgericht Mönchengladbach schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts einzulegen. Die sofortige Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass sofortige Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen und soll begründet werden. Die sofortige Beschwerde muss spätestens innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Amtsgericht Mönchengladbach oder dem Landgericht Mönchengladbach eingegangen sein. Dies gilt auch dann, wenn die sofortige Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines anderen Amtsgerichts abgegeben wurde. Die Frist beginnt mit der Zustellung des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.

Die Entscheidung über die Festsetzung des Wertes für die Gerichtsgebühren kann von jedem, der hierdurch in seinen Rechten beeinträchtigt wird, selbstständig mit der Beschwerde angefochten werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder wenn das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde muss innerhalb von sechs Monaten nach der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder deren anderweitiger Erledigung bei dem Amtsgericht Mönchengladbach, Hohenzollernstraße 157, 41061 Mönchengladbach, eingegangen sein. Ist der Streitwert später als einen Monat vor dem Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, muss die Beschwerde innerhalb eines Monats nach der Zustellung oder der formlosen Mitteilung der Entscheidung über die Festsetzung des Wertes für die Gerichtsgebühren bei dem Amtsgericht Mönchengladbach eingegangen sein. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt die Entscheidung mit dem dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. Die Beschwerde kann schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle/Rechtsantragsstelle eingelegt werden. Die Beschwerde kann auch vor der Geschäftsstelle eines jeden anderen Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden. Maßgeblich für die Wahrung der Frist ist allerdings der Eingang der Beschwerde bei dem Amtsgericht Mönchengladbach.

Die Gerichtssprache ist deutsch.