LG Düsseldorf, Urteil vom 21.12.2011 - 2 a O 237/11
Fundstelle
openJur 2019, 13301
  • Rkr:
Tenor

I.

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,00 ersatzweise an ihrem Geschäftsführer zu vollziehende Ordnungshaft, oder an ihrem Geschäftsführer zu vollziehende Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union auf Bekleidungsstücken die nachfolgend abgebildeten Zeichen anzubringen oder mit den nachfolgend abgebildeten Zeichen versehene Bekleidungsstücke zu bewerben oder anzubieten oder in den Verkehr zu bringen oder zu diesem Zweck zu besitzen oder mit den nachfolgend abgebildeten Zeichen versehene Bekleidungsstücke einzuführen oder eines oder mehrere der nachfolgend abgebildeten Zeichen in der Werbung für Bekleidungsstücke zu benutzen:

a)

b)

II.

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin - beschränkt auf Verletzungshandlungen, die in der Bundesrepublik Deutschland begangen worden sind - Auskunft zu erteilen über Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für welche die gemäß Ziffer I. gekennzeichneten Waren bestimmt waren sowie über die Mengen der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Waren sowie über die Preise, die für die Waren bezahlt wurden und des Weiteren Auskunft zu erteilen über Art und Umfang der Handlungen gemäß Ziffer I., und zwar durch Vorlage von Verzeichnissen, aus denen sich die mit den Waren gemäß Ziffer I. erzielten Umsätze und die Gestehungskosten einschließlich aller Kostenfaktoren ergeben, jeweils aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren, sowie Art und Umfang der betriebenen Werbung, gegliedert nach Werbeträger, Auflagenzahl, Erscheinungszeit und Verbreitungsgebiet, ergeben.

III.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus in der Bundesrepublik Deutschland begangenen Handlungen gemäß Ziffer I. bereits entstanden ist oder künftig noch entstehen wird.

IV.

Die Beklagte wird verurteilt, die Waren gemäß Ziffer I. in der Bundesrepublik Deutschland zurückzurufen.

V.

Die Beklagte wird verurteilt, die in der Bundesrepublik Deutschland in ihrem Besitz befindlichen Gegenstände, die mit den Zeichen gemäß Ziffer I. gekennzeichnet sind, zu vernichten.

VI.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.479,90 € zuzüglich Zinsen inHöhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 14. April 2011 zu zahlen.

VII.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

VIII.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 74 % und die Beklagte zu 26 %.

IX.

Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in folgender Höhe vorläufigvollstreckbar:

wegen des Ausspruchs zu Ziffer I. 100.000,00 €

wegen des Ausspruchs zu Ziffer II. 4.000,00 €

wegen des Ausspruchs zu Ziffer IV. 1.600,00 €

wegen des Ausspruchs zu Ziffer V. 1.600,00 €.

Im Übrigen ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin ist Herstellerin von Herrenmode, insbesondere von Bekleidungsstücken und Schuhwaren. Die Produkte der Klägerin werden in Deutschland, Europa und weiteren Ländern vertrieben.

Die Klägerin ist Inhaberin der nachfolgend dargestellten Gemeinschaftsbildmarke O. ...#/... (im Folgenden: Klagemarke I), die am 23.07.2007 unter anderem für die Waren der Klasse 18, "Leder und Lederimitation sowie Waren daraus, soweit sie in dieser Klasse enthalten sind", und Waren der Klasse 25, "Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckung", angemeldet und am 18.06.2008 eingetragen wurde.

Die Klägerin ist darüber hinaus Inhaberin der nachfolgend abgebildeten Gemeinschaftsbildmarke O. ...#/... (im Folgenden: Klagemarke II), die am 20.07.2007 angemeldet und am 18.06.2008 eingetragen wurde:

Diese Gemeinschaftsmarke ist ebenso wie die Klagemarke I in den Klassen 18 und 25 für dieselben Waren eingetragen.

Die Beklagte ist ein im Jahr 2009 gegründetes Unternehmen, das unter anderem Lederjacken produziert und vertreibt. Sie ist Inhaberin der am 03.07.2009 angemeldeten deutschen Wort-/Bildmarke O. 302009038586 (im Folgenden: angegriffene Marke), die am 12.08.2009 für Waren der Klasse 18 "Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus (...), soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind" und für Waren der Klasse 25 "Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen" eingetragen wurde.

Die Beklagte verwendet die angegriffene Marke für Bekleidungsstücke.

Mittels der Testkäuferin H in X ließ die Klägerin über die Internetseite www.haburi.com der E in L1 am 11. April 2011 eine von der Beklagten stammende Lederjacke erwerben. Die Jacke ist auf dem Etikett mit einem der angegriffenen Marke entsprechenden Zeichen gekennzeichnet (im Folgenden: angegriffenes Zeichen a)). Alle Metallknöpfe der Lederjacke waren mit den nachfolgend abgebildeten Zeichen versehen (im Folgenden: angegriffenes Zeichen b)):

Auf der Rückseite der Jacke war folgendes Zeichen zu sehen (im Folgenden: angegriffenes Zeichen c)):

Darüber hinaus bewarb die Beklagte auf der Webseite www.tigha.de ein T-Shirt, auf dessen Vorderseite über die gesamte Brust verteilt das nachfolgend abgebildete Zeichen zu sehen war (im Folgenden: angegriffenes Zeichen d)):

Die Klägerin mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 06.04.2011 (Anlage K 13) ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Die Abmahnung wurde damit begründet, dass sämtliche angegriffenen Zeichen die Klagemarken I und II verletzten und deshalb Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz, Auskunft sowie Rückruf und Vernichtung bestünden. Der Gegenstandswert wurde auf 100.000,00 € bestimmt und die Beklagte wurde bereits in der Abmahnung zur Erstattung von Anwaltskosten in Höhe von 1.760,20 € bis zum 13.04.2011 aufgefordert.

Die Klägerin behauptet, sie sei eine bekannte Herstellerin, deren Produkte einen ausgezeichneten Ruf genießen würden. Sie verwende ihre Gemeinschaftsmarken in großem Umfang und überwiegend in roter Farbe. In der Replik hat die Klägerin klargestellt, dass sie sich in erster Linie auf die Klagemarke I stützt und hilfsweise auf die Klagemarke II. Sie ist der Ansicht, die angegriffenen Zeichen verletzten beide Klagemarken. Deshalb bestehe Wiederholungsgefahr im Hinblick auf die Waren Bekleidungsstücke. Dadurch, dass die Beklagte die angegriffene Marke auch für Schuhwaren und Kopfbedeckungen sowie Lederwaren habe eintragen lassen, sei auch für diese Warenklassen eine Erstbegehungsgefahr gegeben, was den Klageantrag zu 2. begründe.

Die Benutzung der angegriffenen Zeichens erfolge auch markenmäßig. Im Hinblick auf das angegriffene, auf der Rückseite der Lederjacke angebrachte Zeichen c) folge dies schon daraus, dass es bei Jacken üblich sei, dass der Hersteller seine Marke auf der Rückseite anbringe. Dies zeigten die beispielhaft vorgelegten Anlagen K 23 bis K 25, die sich auf Produkte der Marken "Rocawear", "Jack Wolfskin" und "Bench", "G-Star" und "Adidas" bezögen.

Die Ähnlichkeit der Zeichen sowie die Identität bzw. die Ähnlichkeit der durch die Gemeinschaftsmarke erfassten Waren führe zu einer Verwechslungsgefahr für das Publikum. Die Beklagte könne auch nicht geltend machen, die Kennzeichnungskraft der Klagemarken sei dadurch geschwächt, dass andere Anbieter von Bekleidungsstücken ähnliche Schildformen verwendeten. Denn die Beklagte habe zwar einzelne Bilder von mit wappenähnlich gekennzeichneten Bekleidungsstücken vorgelegt (Anlage B 2 bis B 12), allerdings habe sie nicht näher dargelegt, in welchem Umfang diese Gestaltungen auf dem Markt präsent seien. Neben Unterlassung, Auskunft, Schadensersatzfeststellung, Vernichtung und Rückruf verlangt die Klägerin die Einwilligung der Beklagten in die Löschung der angegriffenen Marke und Erstattung von Abmahnkosten, die auf der Grundlage eines Gegenstandswerts von 100.000,00 € berechnet wurden.

Die Klägerin hatte zunächst angekündigt, die nachfolgend wiedergegebenen Anträge mit der Maßgabe zu stellen, dass in den Anträgen zu 4. bis 7. die Einschränkung auf die Verletzungshandlungen in der Bundesrepublik Deutschland fehlte. Mit Schriftsatz vom 26.10.2011 hat sie angekündigt, die Anträge in der eingeschränkten Fassung stellen zu wollen.

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union auf Bekleidungsstücken die nachfolgend abgebildeten Zeichen auf Bekleidungsstücken anzubringen und/oder mit den nachfolgend abgebildeten Zeichen versehene Bekleidungsstücke zu bewerben und/oder anzubieten und/oder in der Verkehr zu bringen und/oder zu diesem Zweck zu besitzen und/oder mit den nachfolgend abgebildeten Zeichen versehene Bekleidungsstücke einzuführen und/oder eines oder mehrere der nachfolgend abgebildeten Zeichen in der Werbung für Bekleidungsstücke zu benutzen:

a)

und/oder

b)

und/oder

c)

und/oder

d)

2. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union auf einzelnen oder mehreren der nachfolgenden Waren

"Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, Häute und Felle, Reise- und Handkoffer, Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke, Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren, Schuhwaren, Kopfbedeckungen"

das nachfolgend abgebildete Zeichen auf diesen Waren anzubringen und/oder mit dem nachfolgend abgebildeten Zeichen versehene Waren zu bewerben und/oder anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen und/oder zu diesem Zweck zu besitzen und/oder diese mit dem nachfolgend abgebildeten Zeichen versehene Waren einzuführen und/oder auszuführen und/oder das nachfolgend abgebildete Zeichen in der Werbung für diese Waren zu benutzen:

3. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eine der Unterlassungsverpflichtung gemäß Ziff. 1 und/oder Ziff. 2 wird der Beklagten ein Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000, ersatzweise an ihrem Geschäftsführer zu vollziehende Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder an ihrem Geschäftsführer zu vollziehende Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.

4. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für welche die gemäß Ziff. 1 und/oder Ziff. 2 gekennzeichneten Waren bestimmt waren sowie - beschränkt auf Verletzungshandlungen, die in der Bundesrepublik Deutschland begangen worden sind - über die Mengen der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Waren sowie über die Preise, die für die Waren bezahlt wurden und des Weiteren Auskunft zu erteilen über Art und Umfang der Handlungen gemäß Ziff. 1 und/oder Ziff. 2., und zwar durch Vorlage von Verzeichnissen, aus denen sich die mit den Waren gemäß Ziff.1 und/oder Ziff. 2 erzielten Umsätze und die Gestehungskosten einschließlich aller Kostenfaktoren ergeben, jeweils aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren, sowie Art und Umfang der betriebenen Werbung, gegliedert nach Werbeträger, Auflagenzahl, Erscheinungszeit und Verbreitungsgebiet, ergeben.

5. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin - beschränkt auf Verletzungshandlungen, die in der Bundesrepublik Deutschland begangen worden sind - allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus Handlungen gemäß Ziff. 1 und/oder Ziff. 2 bereits entstanden ist oder künftig noch entstehen wird.

6. Die Beklagte wird verurteilt, die Waren gemäß Ziff.1 und/oder Ziff. 2 in der Bundesrepublik Deutschland zurückzurufen.

7. Die Beklagte wird verurteilt, die in der Bundesrepublik Deutschland in ihrem Besitz befindlichen Gegenstände gemäß Ziff. 1 und/oder Ziff.2, die mit den Zeichen gemäß Ziff. 1 und oder/ Ziff. 2 gekennzeichnet sind, zu vernichten.

8. Die Beklagte wird verurteilt, in die Löschung der Eintragung der deutschen Marke O. 302009038586 für die für diese Marke eingetragenen Waren der Klasse 18 und der Klasse 25 einzuwilligen.

9. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EURO 1.780,20 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 14. April 2011 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie meint, die Klagemarken verfügten über keine charakteristischen und originelle Gestaltung, da sie zum einen an ein Ritterschild erinnern würden und zum anderen in der Bekleidungsbranche eine Vielzahl von Unternehmen diese Gestaltung zur Kennzeichnung ihrer Erzeugnisse übernommen hätten, wie die Anlagen B 2 bis B 12 belegen würden. Darüber hinaus handle sich bei der Gestaltung um eine Grundform. Es liege keine Markenverletzung vor. Eine Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen sei nicht gegeben. Die Beklagte ist der Auffassung, sowohl bei der Gestaltung der Metallknöpfe, die von ihr nicht mehr in der beanstandeten Form vertrieben werden, als auch bei der Rückseite der Jacke handle sich um eine dekorative Gestaltung, und es fehle daher an einer markenmäßigen Benutzung. Insbesondere sei es nicht üblich, auf der Rückseite einer Jacke einen Herkunftshinweis anzubringen. Zudem sei die Stickerei sowohl von der Grundform her als auch durch die schräg aufgebrachten Nähte den Klagemarken nicht ähnlich. Die Metallknöpfe würden zudem heute nicht mehr mit der angegriffenen geometrischen Form vertrieben. Das mit dem Klageantrag zu 1. d) angegriffene Zeichen sei aus dem Zusammenhang gerissen worden. Es werde nämlich nicht als Marke, sondern als - herzförmiger - Teil des Slogans "I love tigha" verstanden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber nur im Hinblick auf die angegriffenen Zeichen b) und c) begründet.

A.

Die Klage ist zulässig. Das Landgericht Düsseldorf ist für die auf eine Verletzung der Klagemarken gestützten Ansprüche gemäß Art. 97 Abs. 1 GMV i.V.m § 125e Abs. 1 MarkenG und der Verordnung des Landes Nordrhein-Westfalen über die Zuweisung von Gemeinschaftsmarken-, Gemeinschaftsgeschmacksmuster-, Patent- Sortenschutz-, Gebrauchsmusterstreitsachen und Topgraphieschutzsachen vom 30.08.2011 sachlich, örtlich und international zuständig.

Für die auf Löschung der angegriffenen Marke gerichtete Klage ergibt sich die Zuständigkeit aus §§ 51 Abs. 1, 55 Abs. 1 MarkenG.

B.

Die Verletzungsklage ist im Hinblick auf die angegriffenen Zeichen c) und b) begründet.

I.

Der von der Klägerin gegen die Beklagte geltend gemachte Unterlassungsanspruch wegen Benutzung des angegriffenen Zeichens c) auf der Rückseite der Lederjacke ist aus Art. 9 Abs. 1 lit. b) GMV auf der Grundlage der Klagemarke I begründet.

1.

Die Beklagte benutzt das angegriffene Zeichen c) auf der Rückseite der Lederjacke markenmäßig. Durch die Verwendung des Dreiecks mit den abgerundeten Ecken beeinträchtigt sie die Hauptfunktion der Marke, nämlich die Unterscheidung von Gütern nach ihrer betrieblichen Herkunft. Die kennzeichenmäßige Benutzung einer Bezeichnung setzt voraus, dass der Verkehr aufgrund ihrer Verwendung, so wie sie sich ihm darstellt, zu der Vorstellung gelangen kann, die Bezeichnung diene als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Ware oder zur Unterscheidung unterschiedlicher Vertriebsstätten (BGH GRUR 1994, 635, 636 - Pulloverbeschriftung).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Entscheidend für die Frage, ob der Verkehr ein Zeichen als einen Herkunftshinweis ansieht, sind stets die Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem maßgeblichen Warensektor (BGH GRUR 2010, 838 - DDR-Logo). Ist dargelegt, dass auf dem Warensektor die Gewohnheit besteht, an einer bestimmten Stelle herkunftshinweisende Zeichen anzubringen, so ist die Markenmäßigkeit zu bejahen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.11.2010, Az. 20 U 44/10 zu Ziernähten auf Jeans-Gesäßtaschen). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin dargelegt und durch die Anlagen K 24 bis K 25 belegt, dass bei Jacken regelmäßig an dieser Stelle auf dem Rücken Markenzeichen angebracht werden. Der Einwand der Beklagten, bei den von der Klägerin zitierten Beispielsfällen handele es sich durchweg um bekannte Marken, die der Verkehr unabhängig von seiner Q-Q als Herkunftshinweis erkennen würde, greift nicht durch. Denn abgesehen davon, dass jedenfalls für die in Anlage K 23 genannte Marke "Rocawear" eine Bekanntheit nicht ersichtlich ist, können auch bekannte Marken die Kennzeichnungsgepflogenheiten auf dem maßgeblichen Warensektor beeinflussen. Wenn also mehrere Hersteller bekannter Marken diese im Rückenbereich zwischen den Schulterblättern darstellen, tragen sie dazu bei, dass eine solche Anbringung eines Herkunftshinweises als üblich angesehen wird. Die Mitglieder der Kammer, die als Käufer von Textilien zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören, können diese Üblichkeit nachvollziehen.

2.

Zwischen der Klagemarke I und den von der Beklagten benutzten Zeichen b) besteht eine Verwechslungsgefahr gemäß Art. 9 Abs. 1 b) GMV.

Danach ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder der Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr i.S.v. Art. 9 Abs. 1 b) GMV ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei kommt es im wesentlichen auf drei Faktoren an, nämlich die Kennzeichnungskraft der geschützten Bezeichnung, die Zeichenähnlichkeit sowie die Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit, wobei diese Faktoren dergestalt in Wechselwirkung zueinander stehen, dass ein hochgradiges Vorliegen eines Faktors dazu führen kann, dass Verwechslungsgefahr auch bei einem geringeren Grade der Verwirklichung eines anderen Faktors zu bejahen ist. Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (EuGH GRUR 2007, 700 - Limoncello).

Übertragen auf den hier zu beurteilenden Rechtsstreit führen die Grundsätze dazu, dass eine Verwechslungsgefahr zwischen der Klagemarke I und dem von der Beklagten benutzten angegriffenen Zeichen c) zu bejahen ist.

a.

Die Klagemarke verfügt zwar für die hier in Rede stehenden Waren von Hause aus nur über eine schwache Kennzeichnungskraft. Denn bei dem Dreieck mit den abgerundeten Ecken handelt es sich um eine einfachste Bildgestaltung. Derartigen Bildgestaltungen kann ebenso wie geometrischen Grundformen nur geringe Kennzeichnungskraft zugesprochen werden (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. 2010, § 14 Rn. 594 mit Hinweis auf BGH GRUR 1960, 124, 125 (Pfeil); GRUR 1965, 601, 603 (roter Punkt); GRUR 1968, 581 (rote Kreisfläche mit Inschrift)).

Eine darüber hinausgehende Schwächung der Kennzeichnungskraft durch Verwendung von Drittkennzeichen hat die Beklagte allerdings nicht dargetan. Eine solche Schwächung setzt voraus, dass die Drittkennzeichen im Bereich der gleichen oder eng benachbarten Branchen, Waren oder Dienstleistungen und in einem Umfang tatsächlich in Erscheinung treten, der geeignet erscheint, die erforderliche Gewöhnung des Verkehrs an die Existenz weiterer Kennzeichen im Ähnlichkeitsbereich zu bewirken (BGH GRUR 2002, 626, 628 - IMS m.w.N.). Die Beklagte hat vorliegend zwar mit den Anlagen B 2 bis B 12 Bilder von Bekleidungsstücken vorgelegt, die mit wappenartigen Emblemen gekennzeichnet sind. Obwohl die Klägerin den Vortrag der Beklagten in der Replik als unsubstantiiert gerügt hat, hat die Beklagte aber nicht näher dazu vorgetragen, in welchem Umfang diese Produkte auf dem Markt vertrieben werden, so dass sich der Verkehr an diese weiteren Zeichen gewöhnt hätte. Abgesehen davon unterscheiden sich einige der vorgelegten Zeichen dadurch maßgeblich von dem der Klägerin, dass in ihnen deutlich erkennbar auch Markennamen wiedergegeben werden (z.B. Wellensteyn, Lamborghini, Ducati). Andererseits hat die Klägerin eine Stärkung der Kennzeichnungskraft durch intensive Benutzung auch nicht dargetan, denn sie hat nicht vorgetragen, welche Umsätze mit durch der Klagemarke I gekennzeichneten Produkten erzielt wurden, welcher Werbeaufwand getätigt wurde und welche Marktanteile die mit der Klagemarke I versehenen Produkte haben.

b.

Es liegt Warenidentität vor. Die Klagemarke I ist für Bekleidungsstücke eingetragen, und auch bei der von der Beklagten vertriebenen Lederjacke handelt es sich um ein Bekleidungstück.

c.

Zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen liegt eine starke Ähnlichkeit vor. Die Klagemarke I zeigt ein aus einer schwarzen Linie gezeichnetes Dreieck mit abgerundeten Ecken, das auf einer Ecke steht. Das angegriffene Zeichen c) zeigt ebenfalls eine dreieckige Form mit abgerundeten Ecken, die auf der einen Ecke steht. Der Umstand, dass bei dem angegriffenen Zeichen c) die beiden oberen Ecken abgerundeter sind als die untere, spitzere Ecke, fällt bei dem Vergleich der Klagemarke I mit dem angegriffenen Zeichen c) nicht ins Gewicht, da der genaue Grad der Abrundung ein Detail darstellt, das dem Verbraucher nicht präsent ist, wenn er das angegriffene Zeichen c) sieht. Denn es ist davon auszugehen, dass Verbraucher erfahrungsgemäß die Zeichen nicht nebeneinander sehen und ihnen daher Übereinstimmungen eher in Erinnerung bleiben als geringfügige Unterschiede.

Auch der Umstand, dass bei dem angegriffenen Zeichen c) die äußere Umrandung des Dreiecks nicht durch eine durchgehende schwarze Linie gebildet wird, sondern durch Querstiche, ändert an der starken Zeichenähnlichkeit nichts. Denn auch bei dem angegriffenen Zeichen ist optisch eine Umrandung des abgerundeten Dreiecks vorhanden, die lediglich etwas dicker ist als bei der Klagemarke I. Dass diese dickere Umrandung tatsächlich aus einer Vielzahl von Querstichen gebildet wird, fällt dem Verbraucher erst dann auf, wenn er die Applikation genau von der Nähe betrachtet, was aber bei einer derartigen Rückenapplikation nicht die Regel ist. Würde man die gesamte Rückenapplikation beschreiben, so würde man ohne weiteres die durch die Umrahmung gebildete Form als das Prägende ansehen und nicht Einzelheiten der Stickereitechnik. Dies deshalb, weil das Auge ohne weiteres die einzelnen Querstiche zu einer Linie verbindet.

d.

In einer Gesamtbetrachtung ist daher die Verwechslungsgefahr insbesondere im Hinblick auf die starke Zeichenähnlichkeit und die Warenidentität zu bejahen.

II.

Der Klägerin stehen im Hinblick auf das angegriffene Zeichen c) auch die geltend gemachten Folgeansprüche auf Auskunft, Schadensersatz, Rückruf und Vernichtung zu. Der Auskunftsanspruch ergibt sich aus Art. 14 Abs. 1 GMV i.V.m. § 125 b O. 2, § 19 Abs. 1, 3 MarkenG. Gemäß § 19 Abs. 3 MarkenG hat der Verletzer einer Marke die dort genannten Angaben zu machen. Der Schadensersatzanspruch ergibt sich aus Art. 102 Abs. 2 GMV i.V.m. § 125 b O. 2 und § 14 Abs. 6 MarkenG, da die Beklagte die Klagemarke I in fahrlässigschuldhafter Weise verletzt hat. Der Beklagten hätte es oblegen, sich vor dem Vertrieb der mit dem angegriffenen Zeichen c) versehenen Lederjacken über die Schutzrechtslage zu informieren. Dieser Pflicht ist die Beklagte nicht nachgekommen.

Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern, ist die Beklagte im zuerkannten Umfang zur Rechnungslegung verpflichtet (§§ 242, 259 Abs. 1 BGB).

Der Anspruch auf Rückruf der markenverletzenden Ware ergibt sich aus Art. 102 Abs. 2 GMV i.V.m. § 125 b O. 2 und § 18 Abs. 2 MarkenG. Der Vernichtungsanspruch folgt schließlich aus Art. 102 Abs. 2 GMV, § 125 b O. 2 und § 18 Abs. 1 MarkenG.

III.

Der von der Klägerin gegen die Beklagte geltend gemachte Unterlassungsanspruch wegen Benutzung des angegriffenen Zeichens b) auf den Metallknöpfen der Lederjacke ist aus Art. 9 Abs. 1 lit. b) GMV auf der Grundlage der Klagemarke I begründet.

1.

Die Beklagte benutzt das angegriffene Zeichen b) auf den Metallknöpfen markenmäßig. Die unter I. genannten Voraussetzungen für eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke sind auch im Hinblick auf die Knöpfe gegeben. Die Feststellung zur Verkehrsauffassung kann die Kammer selbst treffen, da ihre Mitglieder als Käufer von Textilien zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören. In der Bekleidungsbranche ist gerade üblich - und dies ist zwischen den Parteien auch unstreitig -, dass auf Knöpfen von Bekleidungsstücken auch die Marken der jeweiligen Hersteller angebracht werden. Deshalb wird der Verkehr an dieser Stelle regelmäßig Herkunftsangaben erwarten. Dies bedeutet nicht, dass sich hier nicht auch dekorative Elemente finden können. Allerdings wird der Verkehr die Schildform vorliegend deshalb nicht als bloßes dekoratives Element verstehen, weil es den überwiegenden Q auf dem Knopf einnimmt und damit plakativ darauf angebracht ist.

2.

Zwischen der Klagemarke I und den von der Beklagten benutzten Zeichen b) besteht nach den unter I. 2. genannten rechtlichen Voraussetzungen Verwechslungsgefahr gemäß Art. 9 Abs. 1 b) GMV.

Zwar ist aus den unter I. 2. a. genannten Erwägungen von einer schwachen Kennzeichnungskraft der Klagemarke I auszugehen. Auf der anderen Seite liegt Warenidentität vor. Darüber hinaus ist eine hochgradige Zeichenähnlichkeit gegeben. Bei den angegriffenen Metallknöpfen nimmt die Schildform - wenn nicht sogar einen isolierten und von den Worten "tigha" unabhängigen Herkunftshinweis - jedenfalls eine selbstständig kennzeichnende Stellung ein. Da diese innerhalb des angegriffenen Zeichens b) selbständig kennzeichnende Schildform mit der Klagemarke I identisch ist, liegt jedenfalls eine mittelbare Verwechslungsgefahr vor. Unterschiede zwischen der Klagemarke I und der Schildform auf dem angegriffenen Zeichen b) sind mit dem bloßen Auge nicht erkennbar. Die Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr setzt auch nicht etwa voraus, dass die Klagemarke zumindest über normale Kennzeichnungskraft verfügt (BGH GRUR 2008, 905 - Pantohexal).

Auch die Wiederholungsgefahr ist gegeben. Dabei ist der Vortrag der Beklagten, die streitgegenständliche Gestaltung finde sich nicht mehr auf den Metallknöpfen der Lederjacken, irrelevant. Denn die durch diese Markenverletzung begründete Wiederholungsgefahr kann ausschließlich durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung der Beklagten selbst oder die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung unter Androhung von Ordnungsmitteln beseitigt werden. Das bloße Einstellen des Angebots rechtsverletzender Waren, als des Angebots von Lederjacken mit Metallknöpfen, die die mit der Klagemarke I verwechslungsfähig ähnliche Kennzeichnung aufweisen, beseitigt die Wiederholungsgefahr nicht.

IV.

Der Klägerin stehen im Hinblick auf das angegriffene Zeichen c) auch die geltend gemachten Folgeansprüche auf Auskunft, Schadensersatz, Rückruf und Vernichtung zu. Wegen der rechtlichen Begründung wird auf die Ausführungen unter II. Bezug genommen.

C.

Im Hinblick auf die angegriffenen Zeichen a) und d) ist die Verletzungsklage unbegründet.

I.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Unterlassungsanspruch im Hinblick auf das angegriffene Zeichen a) aus Art. 9 Abs. 1 lit. b) GMV.

1.

Ein solcher Anspruch ist aus der Klagemarke I nicht begründet.

Die Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 1 S. 1 GMV liegen nicht vor. Es fehlt an der Verwechslungsgefahr. Die Verwechslungsgefahr im Sinne des Art. 9 Abs. 1 S. 2 lit. b) GMV ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (vgl. EuGH, GRUR 2005, 1042, 1044 - THOMSON LIFE). Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt. (vgl. BGH, GRUR 2008, 903 - SIERRA ANTIGUA m.w.N.)

a.

Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ist nicht gegeben.

Zwar handelt es sich vorliegend um identische Waren (Bekleidungsstücke). Allerdings liegt im Übrigen - wie bereits ausgeführt - eine nur schwache Kennzeichnungskraft der Klagemarke I und auch eine geringe Zeichenähnlichkeit vor. Bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit ist von dem Grundsatz auszugehen, dass es auf den jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen ankommt (vgl. EuGH, GRUR 2005, 1042, Rn. 28f. - THOMSON LIFE; BGH, GRUR 2008, 258 - INTERCONNECT/T-InterConnect). Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (EuGH GRUR 2005, 1042 Rn. 28f. - THOMSON LIFE; GRUR 2007, 700 Rn. 41 - Limoncello; BGH, GRUR 2006, 849 - Malteserkreuz). Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen.

Vorliegend prägt die Gestaltung der Klagemarke I nicht die Gestaltung des angegriffenen Zeichens a). Das angegriffene Zeichen a) verfügt im Hintergrund über eine Fläche in der Gestalt eines Plektrums, auf der der Schriftzug "tigha" sowie ein Löwe mit einer Gitarre wiedergegeben ist. Die Fläche des angegriffenen Zeichens a) ist darüber hinaus mit schwarzer Farbe ausgefüllt. Sowohl der darin integrierte Löwe, der eine Gitarre hält, als auch der Schriftzug "tigha" sind in weißer Farbe dargestellt. Zwischen der Klagemarke und dem angegriffenen Zeichen a) besteht gewisse Ähnlichkeit nur in der äußeren schildförmigen bzw. plektrumformigen Gestaltung. Dieser Gestaltung kommt jedoch keine prägende Wirkung zu, da sie zum einen den Verkehr an ein Ritterschild erinnert und zum anderen Ähnlichkeiten mit dem dem Verkehr bekannten Plektrum aufweist. Vielmehr stehen das Wort "tigha" sowie der Löwe, der eine Gitarre hält, ganz im Vordergrund. Denn erst diese Elemente versehen das angegriffene Zeichen mit einem Namen und einem Bild, die im Vergleich zu der Grundform eine deutliche Originalität aufweisen. Vor allem das Bildelement mit dem Löwen und der Gitarre greifen das Thema "Rockmusik" auf und machen das angegriffene Zeichen a) - zudem vor schwarzem Hintergrund - insgesamt zu einem Symbol für Rockmusik. Es besteht damit nicht die Gefahr, dass der Verbraucher das eine Zeichen mit dem anderen verwechselt.

b.

Auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr ist nicht gegeben. Voraussetzung hierfür wäre zunächst die Annahme, dass das der Klagemarke I entsprechende Zeichen - die abgerundet dreieckige Form - innerhalb des angegriffenen Zeichens a) eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommt (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 Rn. 1127).

Es ist nicht ausgeschlossen, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbständige kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt (EuGH, GRUR 2005, 1042 Rn. 30 - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2002, 171, 174 - Marlboro-Dach). Bei Identität oder Ähnlichkeit dieses selbständig kennzeichnenden Bestandteils mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang kann das Vorliegen von Verwechslungsgefahr zu bejahen sein, weil dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (EuGH, GRUR 2005, 1042, Rn. 31 - THOMSON LIFE; BGH, GRUR 2007, 1066, Rn. 40 - Kinderzeit).

Ob vorliegend der plektrumartigen Grundform innerhalb des angegriffenen Zeichens a) eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommt, was von der Rechtsprechung bisher vorwiegend im Falle einer Kombination eines Zeichens mit einem Unternehmenskennzeichen oder einer bekannten Marke angenommen wurde, kann vorliegend dahinstehen. Denn selbst wenn man eine selbständig kennzeichnende Stellung der Grundform innerhalb des angegriffenen Zeichens a) bejahen würde, würde es jedenfalls an der erforderlichen Zeichenähnlichkeit und der Verwechslungsrelevanz fehlen. Die Klagemarke I ist mit der im angegriffenen Zeichen a) verwendeten plektrumartigen Grundform deshalb nicht ähnlich, weil beim angegriffenen Zeichen a) diese Grundform als eine schwarze Fläche präsentiert wird. Dagegen zeigt das Bild der Klagemarke I eine schwarze Linie, die ein Dreieck mit abgerundeten Ecken beschreibt. Als eine Fläche bzw. ein - weißer - Gegenstand wird dieses Bild gar nicht wahrgenommen, sondern stattdessen als eine symbolhafte geometrische Figur. Dies ist beim angegriffenen Zeichen anders. Es wird aufgrund der schwarzen Farbe unmittelbar als ein fassbarer Gegenstand angesehen, nämlich als ein Plektrum.

Abgesehen davon fehlt es für eine mittelbare Verwechslungsgefahr auch an der erforderlichen Verwechslungsrelevanz. Denn der EuGH hat in seiner Rechtsprechung, in der er das Kriterium der selbständig kennzeichnenden Stellung entwickelt hat, verlangt, dass zusätzlich zur äußerlichformalen Selbstständigkeit des Zeichens die Feststellung von Verwechslungsrelevanz erforderlich sei. Das bedeutet, dass feststehen muss, dass das Publikum zumindest auch den Inhaber der älteren Marke mit der Herkunft der angegriffenen Waren in Verbindung bringen könnte. Hierfür ist die selbständig kennzeichnende Stellung des Zeichenbestandteils zwar notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung. Vielmehr muss im Sinne einer "ergebnisorientierten" Auslegung von Tatbestandsmerkmalen geprüft werden, ob das Publikum aufgrund des durch die Selbständigkeit hervorgerufenen Gesamteindrucks annehmen könnte, dass die Waren zumindest aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 Rn. 1132). Eine solche mittelbare Verwechslungsgefahr kann hier im Ergebnis nicht angenommen werden, da sich das angegriffene Zeichen a) in seiner Gesamtbetrachtung so stark von der Klagemarke I unterscheidet, dass das Publikum es nicht mit der Klagemarke I in Verbindung bringen wird.

2.

Auch aus der Klagemarke II lässt sich der geltend gemachte Anspruch nicht herleiten. Sowohl im Hinblick auf eine unmittelbare Verwechslungsgefahr als auch im Hinblick auf eine mittelbare Verwechslungsgefahr fehlt es an der erforderlichen Zeichenähnlichkeit.

Dabei kann schon im Ausgangspunkt nicht davon ausgegangen werden, dass die Klagemarke II durch die dreieckige Grundform geprägt wird und die sonstigen Wort- und Bildbestandteile zu vernachlässigen sind. Letztere prägen vielmehr den Gesamteindruck der Klagemarke II maßgeblich mit. Vergleicht man aber die danach maßgebliche gesamte Klagemarke II mit dem angegriffenen Zeichen a), so ist eine Zeichenähnlichkeit nicht gegeben. Die Zeichen unterscheiden sich in für den Gesamteindruck ganz maßgeblichen Bestandteilen, denn auch das angegriffene Zeichen a) wird in seiner bildlichen Gestalt und in seiner Bedeutung (als Symbol für Rockmusik) erst durch den die Gitarre haltenden Löwen geprägt.

Auch im Rahmen der Prüfung der mittelbaren Verwechslungsgefahr können nur prägende Bestandteile der Klagemarke II mit selbständig kennzeichnenden Bestandteilen des angegriffenen Zeichens a) verglichen werden. Da die abgerundet dreieckige Grundform die Klagemarke II nicht prägt, wäre auch insoweit die gesamte Klagemarke II mit dem schwarzen Plektrum des angegriffenen Zeichens a) zu vergleichen, wenn man letzterem selbständig kennzeichnende Stellung zubilligen würde. Bei diesem Vergleich ist die Ähnlichkeit aber aufgrund der zusätzlichen Wort- und Bildelemente bei der Klagemarke II noch weniger gegeben als bei einem Vergleich mit der Klagemarke I.

II.

Da eine Verwechslunsgefahr mangels Zeichenähnlichkeit nicht gegeben ist, ist auch der Klageantrag zu 2. unbegründet, mit dem die Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr eine Verwendung des angegriffenen Zeichens a) für Lederwaren verbieten lassen will.

III.

Auch in Bezug auf das angegriffene Zeichen d) ist der Unterlassungsanspruch aus Art. 9 GMV weder aus der Klagemarke I noch aus der Klagemarke II begründet. Dabei kann dahinstehen, ob das angegriffene Zeichen d) markenmäßig benutzt wird, oder ob es durch die Einbettung in den Satz "I love tigha", die über die gesamte Brustbreite des T-Shirts gedruckt ist, nur als Teil eines Slogans wahrgenommen wird. Denn jedenfalls fehlt es an der Verwechselungsgefahr. Insoweit kann auf die Ausführungen zum Zeichen a) verwiesen werden. Auch hier droht aus den vorgenannten Gründen weder die Gefahr, dass das Publikum das eine Zeichen für das andere hält, noch die Gefahr, dass das Publikum das Vorliegen von Unternehmensverbindungen vermutet.

D.

Für die Abmahnung kann die Klägerin Erstattung von Anwaltskosten in Höhe von 1.479,90 € aus Art. 102 Abs. 2 GMV i.V.m §§ 677, 683, 670 BGB verlangen. Denn die in der Abmahnung geltend gemachten Ansprüche waren nur zu einem Anteil von 62 % des Gegenstandswertes begründet. Bei einem Gegenstandswert von 62.000,00 € wären aber nur Anwaltskosten in Höhe von 1.479,90 € angefallen.

Der geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich aufgrund der in der Abmahnung enthaltenen Fristsetzung bis zum 13.04.2011 aus § 286 Abs. 1, Abs. 2 O. 1 BGB, § 288 Abs. 1 BGB.

E.

Der auf Löschung der angegriffenen Marke der Beklagten gerichtete Klageantrag zu 8. ist ebenfalls unbegründet.

Gemäß § 51 Abs. 1 MarkenG wird eine Marke wegen Nichtigkeit gelöscht, wenn ihr ein Recht im Sinne der §§ 9 bis 13 mit älterem Zeitrang entgegen steht. Gemäß § 9 Abs. 1 O. 2 MarkenG kann die Eintragung einer Marke gelöscht werden, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden.

Vorliegend haben die Klagemarken I und II zwar einen älteren Zeitrang als die angegriffene Marke. Allerdings besteht - wie bereits unter C. I. ausgeführt - weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Gefahr von Verwechslungen zwischen den Klagemarken und der angegriffenen Marke.

F.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Dabei war vorab zu berücksichtigen, dass die Klägerin die aufgrund der Teilklagerücknahme entstandenen Mehrkosten zu tragen hat. Im Übrigen waren die Kosten nach dem Grad des Obsiegens und Unterliegens anhand des verbliebenen Streitwerts zu bestimmen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1, 2 ZPO.

G.

Der Streitwert wird bis zum 25.10.2011 auf 410.000,00 € festgesetzt.

Dabei entfallen auf

die Unterlassungsansprüche des Antrags zu I. insgesamt 200.000,00 € (jeweils 50.000,00 € pro angegriffenem Zeichen);

den Unterlassungsanspruch des Antrags zu II. 50.000,00 €;

die Auskunftsansprüche zusammen 50.000,00 € (die vier Verletzungshandlungen im Antrag zu 1. und die eine Verletzungshandlung im Antrag zu 2. jeweils 10.000,00 €);

die Schadensersatzfeststellung insgesamt 50.000,00 € (die vier Verletzungshandlungen im Antrag zu 1. und die eine Verletzungshandlung im Antrag zu 2. jeweils 10.000,00 €);

den Vernichtungsantrag 20.000,00 € (die vier Verletzungshandlungen im Antrag zu 1. und die eine Verletzungshandlung im Antrag zu 2. jeweils 4.000,00 €);

den Rückrufantrag 20.000,00 € (die vier Verletzungshandlungen im Antrag zu 1. und die eine Verletzungshandlung im Antrag zu 2. jeweils 4.000,00 €);

den Löschungsantrag 20.000,00 €.

In der Zeit ab dem 26.10.2011 (Eingang der Replik, in der die Folgeansprüche auf die Bundesrepublik Deutschland beschränkt wurden) wird der Streitwert auf 298.000,00 € festgesetzt.

Dabei reduzierte sich der Wert für die Auskunftsansprüche und die Schadensersatzansprüche auf jeweils 10.000,00 € (jeweils 2.000,00 € pro Verletzungsform) und der Rückruf- und der Vernichtungsanspruch jeweils auf 4.000,00 € (jeweils 800,00 € pro Verletzungsform).

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