VG Köln, Urteil vom 23.02.2015 - 23 K 5535/13.A
Fundstelle
openJur 2019, 11252
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • nachfolgend: Az. 4 A 904/15.A
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Der Kläger ist nach eigenen Angaben pakistanischer Staatsangehöriger, am 00. Februar 0000 geboren, ledig und Angehöriger der Glaubensgemeinschaft der Ahmadiyya. Am 28. Oktober 2011 wurde der Kläger von der Polizei in Chemnitz aufgegriffen. Danach stellte er am gleichen Tag einen Antrag, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen. In seiner anwaltlichen schriftlichen Begründung des Asylantrags gab er unter anderem an, er sei eine religiös geprägte Persönlichkeit und er sehe es als seine Verpflichtung an, sich zu seinem Glauben in der Öffentlichkeit zu bekennen, Andersgläubige über den Glauben zu informieren und für den Glauben zu werben. In Pakistan habe er nach Schule und Studium in Peshawar für die Tageszeitungen B. und E. im Bereich Layout und Composing gearbeitet. Bei den Zeitungen habe es nur noch einen weiteren Ahmadiyya - nämlich seinen Vorgesetzten - gegeben. Im März 2011 sei er mit seinem Bruder auf einem Motorrad unterwegs gewesen, als sie von einem Pkw verfolgt worden seien. Erst als sich ein Armeefahrzeug genähert habe, sei es ihm gelungen, in eine kleine Seitenstraße einzubiegen. Mitte April 2011 sei er auf ähnliche Art und Weise verfolgt worden. Im Mai 2011 hätten Unbekannte die Zeitung angerufen und gefordert, dass die Ahmadis entlassen würden; es sei gleichzeitig gedroht worden, dass andernfalls die Zeitungsverlage angegriffen würden. Die Zeitungen hätten ihn aber behalten wollen. Am 11. Juni 2011 seien von Terroristen kurz nacheinander zwei Bomben im Khyber Super Market gezündet worden, in dem sich auch die Redaktion der Zeitung B. befinde. Er sei an diesem Tag in der Redaktion anwesend gewesen und durch den Luftdruck an die Wand geschleudert worden. Bei den Anschlägen seien insgesamt 34 Personen getötet worden; darunter seien zwei Journalisten gewesen. Nach dem Anschlag habe er viele verstümmelte und tote Kollegen und Mitarbeiter im Gebäude und davor gesehen. Bis heute sei er durch dieses Ereignis traumatisiert. Er habe zunächst nicht mehr arbeiten gehen können, weil er immer diese Bilder vor sich gesehen habe. Sein Arbeitgeber habe ihm angeboten, von zuhause aus zu arbeiten. Am 28. August 2011 seien mehrere Journalisten, darunter der Editor der B. von Bewaffneten angegriffen und zusammengeschlagen worden. Seine Familie sei von Ahmadiyya-Gegnern bedroht worden und habe in einen anderen Stadtteil umziehen müssen, wo sie jedoch auch keine Sicherheit hätten finden können. Danach habe er keine Möglichkeit mehr gesehen, gefahrlos in Pakistan zu leben und habe sich zur Ausreise entschlossen.

Im Rahmen seiner Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 12. Dezember 2011 erklärte der Kläger, er habe einen Pass und eine ID-Card gehabt, beide Dokumente seien ihm aber vom Schleuser abgenommen worden. Nach Chemnitz sei er gekommen, weil der Rechtsanwalt gesagt habe, er solle dort Asyl beantragen. Er sei gebürtiger Ahmadiyya und seine Eltern seien zusammen Präsidenten der Gemeinde Peshawar-City. Er habe am Wachdienst der örtlichen Moschee teilgenommen und sei dabei im Jahr 2010 auch von den Mullahs geschlagen worden. Wann das genau gewesen sei, wisse er nicht mehr. Sie hätten auch seinen Familienangehörigen gedroht, er habe aber im Zentrum gestanden. Er habe bei einer Zeitung gearbeitet. Abends sei er oft mit seinem Bruder nachhause gefahren, weil dessen Büro ganz in der Nähe der Zeitung gelegen habe. Eines Abends seien sie von Leuten in einem Auto verfolgt worden. Sein Bruder habe gesehen, dass die Leute Pistolen in der Hand hielten. Die Verfolger seien direkt hinter ihnen gewesen. Auf einer Kreuzung, an der eine Militärstreife gewesen sei, hätten sie jedoch etwas Abstand gehalten. Sie hätten dann eine Abkürzung genommen, die nur Fußgänger und Motorräder nutzen konnten. So hätten sie entkommen können. Er habe aber noch bemerkt, wie diese Leute versucht hätten, sie über einen anderen Weg doch noch zu schnappen. Am nächsten Tag habe er das Auto wieder gesehen. Zwei Leute hätten außerdem versucht, sein Motorrad festzuhalten. Er habe mitbekommen, wie einer in der Pashtu-Sprache gesagt habe "hole das Gewehr heraus". Es sei dann auch auf ihn geschossen worden. Wann das ganz genau gewesen sei, wisse er nicht mehr; es sei aber im April gewesen. Bei der Zeitung habe mit ihm ein weiterer Ahmadi gearbeitet. Am 11. Juni 2011 hätten sie gemeinsam dort gearbeitet, als sei ein Geräusch gehört hätten. Direkt danach seien alle Rechner heruntergefahren. Sein Kollege habe sich das ansehen wollen und habe sein - des Klägers - Handy mitgenommen, um hinterher einen Film im Fernsehen zeigen zu können. Wenige Minuten später habe es einen großen Anschlag gegeben. Kollegen, die runter gegangen seien, um sich den ersten Anschlag anzusehen, seien getötet oder verletzt worden. Überall seien Leichen gewesen - das könne er nicht mehr vergessen. Danach sei er eine Zeit lang nicht mehr arbeiten gegangen und habe nicht gewusst, was er machen sollte. Seine Eltern hätten gemeint, dass sein Leben sicherer sei, wenn er das Land verlasse. Auf die Aufforderung, den Namen des Chefredakteurs der Zeitung zu nennen, konnte der Kläger nicht sogleich reagieren. Erst nach einiger Überlegung sagte er, er meine er heiße Nisar. Auf die weitere Aufforderung, seine letzte Arbeit, die er für die Zeitung gemacht habe, aufzuzeichnen, erklärte der Kläger, das könne man in der Zeitung sehen. Er habe Werbungen erstellt, welche das im Einzelnen gewesen seien, könne er nicht sagen.

Mit Bescheid vom 27. August 2013 - zur Post gegeben am 05. September 2013 - lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen, forderte den Kläger zur Ausreise auf und drohte ihm die Abschiebung an.

Am 10. September 2013 hat der Kläger Klage erhoben. Er verweist auf die umfangreiche Rechtsprechung zur Verfolgungssituation für Ahmadis und macht weiter geltend, hier in Deutschland sei er Generalsekretär seiner lokalen Gemeinde und zudem zuständig für Publikationen in der örtlichen Jugendorganisation. Zudem legt er eine Vielzahl von Fotos über seine Teilnahme an verschiedenen Aktionen seiner Religionsgemeinschaft vor.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung der Ziffern 2 bis 4 des Bescheides vom 27. August 2013 zu verpflichten festzustellen, dass die Voraussetzungen des Flüchtlingsstatus sowie des subsidiären Schutzes und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG gegeben sind

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf den angefochtenen Bescheid.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagte in der mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden, weil in der Ladung darauf hingewiesen wurde, dass auch in diesem Fall verhandelt und entschieden werden wird (§ 102 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Klage ist mit dem Haupt- und dem Hilfsantrag nicht begründet. Der streitige Bescheid der Beklagten vom 27. August 2013 ist rechtmäßig; der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zu der Feststellung, dass die Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes gegeben sind § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Nach § 60 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 3 Abs. 4 AsylVfG darf ein Ausländer in Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, in der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Die - vorliegend relevante - Religionsausübung umfasst dabei nach § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG die Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen sowie alle sonstigen religiösen Betätigungen, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind. Verfolgungshandlungen sind insbesondere die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt sowie gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden (§ 3a Abs. 2 Nr. 1 und 2 AsylVfG). Als Akteure, von denen eine Verfolgung ausgeht, kommen der Staat, Parteien und Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen oder auch nichtstaatliche Akteure in Betrachte, sofern der Staat oder die zuvor beschriebenen Parteien und Organisationen - einschließlich internationaler Organisationen - erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten.

Der hier allein in Betracht kommende Verfolgungsgrund der Religion bezeichnet Überzeugungen, die der Einzelne von der Stellung des Menschen in der Welt, seiner Herkunft, seinem Ziel, seinem Sinn und seiner Identität sowie von seinen Beziehungen zu höheren Mächten und tieferen Seinsschichten hat. Diese Überzeugungen können positiver oder negativer Natur sein; von den offiziellen Lehren religiöser Vereinigungen können sie abweichen.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. April 1972 - 2 BvR 75/71 -; BVerwG, Urteil vom 27. März 1992 - 7 C 21/90 -, juris, Rz. 23; BayVGH, Beschluss vom 29. Oktober 2002 - 8 CE 02.2663 -, juris, Rz. 17 jeweils zu Art. 4 GG; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl., Art. 4, Rz. 11; Hofmann, in: Schmidt/Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, 11. Aufl., Art. 4, Rz. 4.

Zu den Handlungen, die eine schwerwiegende Verletzung der Religion darstellen können, gehören nicht nur gravierende Eingriffe in die Freiheit, seinen Glauben im privaten Kreis zu praktizieren, sondern auch solche in die Freiheit, diesen Glauben öffentlich zu leben.

Vgl. EuGH, Urteil vom 05. September.2012 - verb. Rs. C-71/11 und C-99/11 -, juris, Rz. 49 ff.; BverwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 -; OVG NRW, Urteile vom 07. November 2012 - 13 A 1999/07.A - und vom 14. Dezember 2010 - 19 A 2999/06.A -; OVG Saarland, Urteil vom 26. Juni 2007 - 1 A 222/07 -; BayVGH, Urteil vom 23.10.2007 - 14 B 06.30315 -; OVG Thüringen, Urteil vom 03. April 2008 - A 2 B 36/06 -; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Mai 2008 - A 10 S 72/08 -.

Gleichwohl stellt nicht jeder Eingriff in die so verstandene Religionsfreiheit bereits eine Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a AsylVfG dar. Maßgeblich sind die Art der Repressionen, denen der Betroffene ausgesetzt ist, und deren Folgen. Das Verbot der Teilnahme an religiösen Riten im öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, kann eine hinreichend gravierende Handlung im Sinne des § 3a Abs. 1 AsylVfG darstellen, wenn der Betroffene in seinem Herkunftsland tatsächlich Gefahr läuft, verfolgt oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Bei der Prüfung einer solchen Gefahr sind objektive und subjektive Umstände zu berücksichtigen. Dazu gehört auch der subjektive Umstand, dass für den Betroffenen die Befolgung einer bestimmten religiösen Praxis in der Öffentlichkeit zur Wahrung seiner religiösen Identität persönlich besonders wichtig ist, selbst wenn die Befolgung einer solchen religiösen Praxis keinen zentralen Bestandteil für die betreffende Glaubensgemeinschaft darstellt.

Vgl. EuGH, Urteil vom 05. September 2012 - verb. Rs. C-71/11 und C-99/11 -, juris, Rz. 58 ff.; OVG NRW, Urteil vom 07. November 2012 - 13 A 1999/07.A -, juris, Rz. 31.

Die Flüchtlingsanerkennung setzt schließlich voraus, dass eine Verknüpfung zwischen der Verfolgungshandlung und dem Verfolgungsgrund der Religion besteht § 3a Abs. 3 AsylVfG). Das ist der Fall, wenn die die Religionsausübung einschränkenden Maßnahmen wegen der Religion des Schutzsuchenden erfolgen.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14. Dezember 2010 - 19 A 2999/06.A -, juris, Rz. 49.

Für die Frage der Verfolgungswahrscheinlichkeit im Falle der Rückkehr in den Heimatstaat ist in den Fällen, in denen der um Flüchtlingsschutz Nachsuchende vorverfolgt aus seinem Heimatland ausgereist ist - wie auch bei der Frage des subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG -, der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Erforderlich ist eine Gefährdung, die sich schon so weit verdichtet hat, dass der Betroffene für seine Person ohne Weiteres mit dem jederzeitigen Verfolgungseintritt rechnen muss. Bei einer Vorverfolgung greift insoweit die Beweiserleichterung nach Art. 4 Abs. 4 QualfRL: Wer bereits Verfolgung bzw. einen ernsthaften Schaden erlitten hat, für den streitet die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden.

Vgl. BverwG, Urteile vom 07. September 2010 - 10 C 11.09 -, juris, Rz. 14 f. und vom 27. April 2010 - 10 C 5.09 -, juris, Rz. 23; OVG NRW, Urteile vom 17. August 2010 - 8 A 4063/06.A -, juris, Rz. 35 ff. und vom 07. November 2012 - 13 A 1999/07.A, juris, Rz. 33.

Aus den in § 15 AsylVfG geregelten Mitwirkungs- und Darlegungsobliegenheiten des Schutzsuchenden folgt, dass es seine Sache ist, unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung Verfolgung droht. Hierzu gehört, dass der Betroffene zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen. Bei der Bewertung der Stimmigkeit des Sachverhalts müssen u.a. Persönlichkeitsstruktur, Bildungsstand und Herkunft des Schutzsuchenden berücksichtigt werden.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. August 2010 - 8 A 4063/06.A -, juris, Rz. 33 ff.

Kann der Betroffene nicht glaubhaft machen, dass er im Heimatland wegen seiner Religion verfolgt oder unmittelbar mit Verfolgung bedroht worden ist, so ist zu beurteilen, ob die festgestellten Umstände eine solche Bedrohung darstellen, dass er in Anbetracht seiner individuellen Lage begründete Furcht haben kann, tatsächlich Verfolgungshandlungen zu erleiden. Diese Beurteilung beruht ausschließlich auf einer konkreten Bewertung der Ereignisse und Umstände dahingehend, ob aufgrund der konkreten Lebensführung des Betroffenen davon auszugehen ist, dass für sein persönliches Verständnis die öffentlich wahrnehmbare Glaubensbetätigung wesentlich ist und dass er deshalb nach Rückkehr in sein Herkunftsland in einer Art und Weise seinen Glauben leben wird, die ihn der tatsächlichen Gefahr einer Verfolgung aussetzen wird. Hinsichtlich der Religionsfreiheit ist dabei zu beachten, dass einem Schutzsuchenden, der von Geburt an einer bestimmten Religionsgemeinschaft angehört und seinen Glauben in der Vergangenheit praktiziert hat, nicht ohne konkrete Anhaltspunkte unterstellt werden kann, dass er seinen Glauben im Heimatstaat nicht praktizieren wird. Dass er die Verfolgungsgefahr durch Verzicht auf bestimmte religiöse Betätigungen und damit auf den Schutz, den ihm die Richtlinie mit der Anerkennung als Flüchtling garantieren soll, vermeiden könnte, ist grundsätzlich irrelevant.

Vgl. EuGH, Urteil vom 05. September 2012 - verb. Rs. C-71/11 und C-99/11 -, juris, Rz. 70 ff.; OVG NRW, Urteil vom 14. Dezember 2010 - 19 A 2999/06.A -, juris, Rz. 131 und Urteil vom 07. November 2012 - 13 A 1999/07.A -, juris, Rz. 33 ff.

Ausgehend hiervon ist der Kläger zur Überzeugung des Gerichts nicht vorverfolgt aus Pakistan ausgereist. Die Angaben zu den behaupteten Verfolgungen auf dem Heimweg können nicht überzeugen und sind damit nicht glaubhaft. Zwar hat der Kläger bei der Anhörung durch das Bundesamt und bei der Anhörung in der mündlichen Verhandlung im Kern gleichbleibend vorgetragen, dass ihm zweimal auf dem Heimweg von der Arbeit aufgelauert worden sei und dass er nur mit knapper Not entkommen konnte. Die Darstellungen sind jedoch in beiden Anhörung sehr knapp gewesen, insbesondere fehlen sämtliche Details zum Randgeschehen. Insgesamt machte der Kläger gerade in der mündlichen Verhandlung eher den Eindruck, dass er einen von ihm vorformulierten Text wiedergab als dass er von tatsächlich erlebten - und dann auch bedrohlichen - Situationen berichtete. Obendrein erscheint es mehr als unwahrscheinlich, dass der Kläger in einer Stadt wie Peshawar mit mehr als 3 Millionen Einwohnern zufällig mehrfach auf dieselben Personen trifft, die ihn verfolgen wollen. Das konnte so alles nicht überzeugen.

Soweit der Kläger auf den vorgetragenen Bombenanschlag vom 11. Juni abstellt, ist nicht ansatzweise erkennbar, dass sich dieser Anschlag gegen den Kläger - oder auch nur gegen seine Religionsgemeinschaft - richtete. Die Annahmen des Klägers hierzu sind reine Spekulation.

Auch mit Blick auf seine Religionsausübung ist für den Fall einer Rückkehr nach Pakistan nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten, dass für den Kläger eine religiös motivierte Verfolgung droht. Dabei geht das Gericht davon aus, dass der Kläger Mitglied der Ahmadiyya Muslim Jammat ist, obwohl dies letztlich nicht nachgewiesen ist. Insbesondere weist das Gericht der Bescheinigung der AMJ vom 28. Oktober 2013 keinen maßgeblichen Beweiswert zu. Denn mangels Unterlagen, die die Identität des Klägers belegen, kann auch die die Bescheinigung ausstellende AMJ nicht wissen, ob der Kläger wirklich derjenige ist, für den er sich ausgibt. Darüber hinaus ist die Bescheinigung AMJ - wie später noch ausgeführt werden wird - hinsichtlich der dort angeführten Tätigkeiten des Klägers für seine Gemeinde in Pakistan und in Deutschland unklar.

Zwar ist davon auszugehen, dass Mitglieder der "Ahmadiyya Muslim Jamaat", die ihren Glauben öffentlich wahrnehmbar leben, in Pakistan einer aktuellen Gefahr der Verfolgung wegen ihrer Religionsangehörigkeit ausgesetzt sind.

So auch OVG NRW, Urteil vom 14. Dezember 2010 - 19 A 2999/06.A -, juris, Rz. 56; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Juni 2013 - A 11 S 757/13 -.

Der Kläger hat das Gericht nach seinem persönlichen Eindruck in der mündlichen Verhandlung nicht davon überzeugen können, dass es zu seiner religiösen Identität gehört, seinen Glauben öffentlich bemerkbar zu leben.

Die Religionsgemeinschaft der Ahmadiyya wurde 1889 von Mirza Ghulam Ahmad gegründet und sieht sich als islamisch an. Ihr größter Unterschied zu anderen islamischen Glaubensrichtungen stellt das Verständnis der Finalität des Propheten Mohammed und damit einhergehend die Verehrung ihres Gründers Ahmad als Prophet dar.

Aufgrund ihres Selbstverständnisses werden Ahmadis in Pakistan durch eine speziell gegen sie gerichtete Verfassungs- und Gesetzgebung verfolgt. Der Islam wird in Pakistan durch die Verfassung von 1973 zur Staatsreligion erklärt. Durch eine Verfassungsänderung von 1974 wurden die Ahmadis ausdrücklich zu Nicht-Muslimen erklärt und in der Verfassung als religiöse Minderheit bezeichnet und geführt. Nach der pakistanischen Verfassung ist kein Muslim im Sinne der gesamten pakistanischen Rechtsordnung, wer nicht an die absolute und uneingeschränkte Finalität des Propheten Mohammed glaubt oder andere Propheten als Mohammed anerkennt. Im März 2005 wurde die Angabe der Religionszugehörigkeit in Reisepässen (wieder) eingeführt. Ahmadis müssen entgegen ihrem Selbstverständnis "nonmuslim" angeben,

vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 20. Mai 2008 - A 10 S 3032/07 -, juris, Rz. 91 f und vom 12. Juni 2013 - A 11 S 757/13 -.

Seit 1984 bzw. 1986 gelten drei speziell auf Ahmadis bezogene Vorschriften des pakistanischen Strafgesetzbuches (Pakistan Penal Code), die ihre Lage dort maßgeblich bestimmen:

Sec. 298 A lautet:

"Wer durch Worte, seien sie gesprochen oder geschrieben, durch sichtbare Darstellung oder durch Bezichtigung, beleidigende Unterstellung oder versteckte Andeutung mittelbar oder unmittelbar den heiligen Namen einer Ehefrau (Ummul Mumineen) oder eines Familienmitglieds (Ahlebait) des heiligen Propheten (Friede sei mit ihm) oder eines der gerechten Kalifen (Khulafae-Rashideen) oder Begleiter (Sahaaba) des heiligen Propheten (Friede sei mit ihm) entehrt, wird mit Freiheitsstrafe einer der beiden Arten bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe oder mit beidem bestraft."

Sec. 298 B bestimmt:

"(1) Wer als Angehöriger der Qadiani-Gruppe oder der Lahori-Gruppe (die sich ‚Ahmadis’ oder anders nennen) durch Worte, seien sie gesprochen oder geschrieben, oder durch sichtbare Darstellung

a) eine Person, ausgenommen einen Kalifen oder Begleiter des heiligen Propheten Mohammed (Friede sei mit ihm) als ‚Ameerul Mumineen’, ‚Khalifarul-Mumineen’, ’Sahabi’ oder ‚Razi-Allah-Anho’ bezeichnet oder anredet;

b) eine Person, ausgenommen eine Ehefrau des heiligen Propheten Mohammed (Friede sei mit ihm) als ‚Ummul-Mumineen’ bezeichnet oder anredet;

c) eine Person, ausgenommen ein Mitglied der Familie (Ahlebait) des heiligen Propheten Mohammed (Friede sei mit ihm) als ,Ahlebait’ bezeichnet oder anredet;

d) sein Gotteshaus als ‚Masjid’ bezeichnet, es so nennt oder benennt, wird mit Freiheitsstrafe einer der beiden Arten bis zu drei Jahren und mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer als Angehöriger der Qadiani-Gruppe oder der Lahori-Gruppe (die sich ‚Ahmadis’ oder anders nennen) durch Worte, seien sie gesprochen oder geschrieben, oder durch sichtbare Darstellung die Art oder Form des von seiner Glaubensgemeinschaft befolgten Gebetsrufs als ‚Azan’ bezeichnet oder den Azan so rezitiert wie die Muslime es tun, wird mit Freiheitsstrafe der beiden Arten und mit Geldstrafe bestraft."

Sec. 298 C lautet schließlich:

"Wer als Angehöriger der Qadiani-Gruppe oder der Lahori-Gruppe (die sich ‚Ahmadis’ oder anders nennen) durch Worte, seien sie gesprochen oder geschrieben, oder durch sichtbare Darstellung mittelbar oder unmittelbar den Anspruch erhebt, Muslim zu sein, oder seinen Glauben als Islam bezeichnet oder ihn so nennt oder seinen Glauben predigt oder propagiert oder andere auffordert, seinen Glauben anzunehmen, oder (wer) in irgendeiner anderen Weise die religiösen Gefühle der Muslime verletzt, wird mit Freiheitsstrafe einer der beiden Arten bis zu drei Jahren und Geldstrafe bestraft."

Darüber hinaus bestimmt Sec. 295 C:

"Wer in Worten, schriftlich oder mündlich oder durch sichtbare Übung, oder durch Beschuldigungen, Andeutungen oder Beleidigungen jeder Art, unmittelbar oder mittelbar den geheiligten Namen des heiligen Propheten Mohammed (Friede sei mit ihm) verunglimpft, wird mit dem Tode oder lebenslanger Freiheitsstrafe und Geldstrafe bestraft."

Vgl. die nichtamtliche Übersetzung ins Deutsche durch den Sprachendienst des Bundesministeriums der Justiz, abgedruckt in BverfGE 76, 143 (146 f., Fn. 1); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27. September 2010 - A 10 S 689/08 -, juris, Rz. 58 - 68

Diese gegen das Selbstverständnis der Ahmadis in seinem Kern gerichtete Rechtslage und Rechtsanwendungspraxis in Pakistan ist nicht nur aus sich heraus eine schwerwiegende Verletzung der Religionsfreiheit der Ahmadis, sondern auch deshalb eine dem pakistanischen Staat zuzurechnende schwerwiegende Menschenrechtsverletzung im Sinne des Art. 9 Abs. 1 QualfRL, weil die Rechtslage und die Rechtsanwendungspraxis Übergriffe und Diskriminierungen auch nichtstaatlicher Akteure auf Ahmadis begünstigen.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14. Dezember 2010 - 19 A 2999/06.A -, juris, Rz. 89.

Bezüglich der Übergriffe und Pogrome, denen Ahmadis in Pakistan ausgesetzt waren und sind, wird auf die ausführliche Darstellung im Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 14.12.2010,

OVG NRW, a.a.O., juris, Rz. 90 - 119,

verwiesen. Die beschriebene Lage hat sich für Ahmadis auch zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht entscheidungserheblich verändert. Der pakistanische Staat nimmt die Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure tatenlos hin. Ahmadis scheinen dort in gewisser Weise im mittelalterlichen Sinne "vogelfrei" zu sein.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14. Dezember 2010 - 19 A 2999/06.A -, juris, Rz. 89, 114; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Juni 2014 - a.a.O.

Folge dieser schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung durch unmittelbaren Eingriff in die Religionsfreiheit ist, dass die Verfolgungsgefahr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit jeden bekennenden Ahmadi in Pakistan trifft und es - anders als bei Eingriffen in das Leben und die körperliche Freiheit - nicht darauf ankommt, ob die einzelnen auf den Körper gerichteten Verfolgungsmaßnahmen wegen der Religion eine solche Verfolgungsdichte erreichen, die die Annahme einer für den einzelnen Schutzsuchenden eine Beweiserleichterung darstellende Gruppenverfolgung rechtfertigt. Denn die menschenrechtswidrige systematische Einschränkung durch die angeführten rechtlichen Bestimmungen hat für die Religionsfreiheit der Ahmadis in der Lage, in der sie in Pakistan in einem Klima der allgemeinen Ausgrenzung und religiösen, moralischen und gesellschaftlichen Verachtung leben müssen, den Charakter eines - bereits umgesetzten - Verfolgungsprogramms, bei dessen Vorliegen es nicht der Feststellung der Verfolgungsdichte einzelner Verfolgungsschläge im Sinne des Konzepts der Gruppenverfolgung bedarf.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14. Dezember 2010 - 19 A 2999/06.A -, juris, Rz. 122.

Hinsichtlich der Vorfälle, die dieser obergerichtlichen Einschätzung - der sich die Kammer ausdrücklich anschließt - zugrunde liegen, wird zudem auf die Entscheidung des GB Upper Tribunal - MN and others (Ahmadis - country conditions - risk) Pakistan CG [2012] UKUT 00389(IAC) - vom 20. Juni 2012 verwiesen.

Die objektive Einschränkung der Religionsausübung durch den pakistanischen Staat und auch durch nichtstaatliche Akteure weist jedoch nur dann die erforderliche subjektive Schwere auf, wenn die Befolgung der verbotenen religiösen Praxis für den Einzelnen zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig und daher unverzichtbar ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 -.

Der Schutzbereich der Religion erfasst sowohl die von der Glaubenslehre vorgeschriebenen Verhaltensweisen als auch diejenigen, die der einzelne Gläubige für sich selbst als unverzichtbar empfindet. Daher kommt es auf die Bedeutung der religiösen Praxis für die Wahrung der religiösen Identität des einzelnen Ausländers auch dann an, wenn die Befolgung einer solchen religiösen Praxis nicht von zentraler Bedeutung für die betreffende Glaubensgemeinschaft ist

So schon BVerwG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - BverwG 10 C 19.09 .

Dem Umstand, dass die konkrete Form der Glaubensbetätigung (z.B. Missionierung) nach dem Selbstverständnis der Glaubensgemeinschaft, der der Schutzsuchende angehört, zu einem tragenden Glaubensprinzip gehört, kann dabei eine indizielle Wirkung zukommen. Maßgeblich und entscheidend ist letztlich aber, wie der einzelne Gläubige seinen Glauben lebt und ob die verfolgungsträchtige Glaubensbetätigung für ihn persönlich nach seinem Glaubensverständnis unverzichtbar ist.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich die Kammer anschließt, muss die konkrete Glaubenspraxis für den Einzelnen ein zentrales Element seiner religiösen Identität und in diesem Sinne für ihn unverzichtbar sein. Es reicht nicht aus, dass der Asylbewerber eine enge Verbundenheit mit seinem Glauben hat, wenn er diesen - jedenfalls im Aufnahmestaat - nicht in einer Weise lebt, die ihn im Herkunftsstaat der Gefahr der Verfolgung aussetzen würde. Maßgeblich für die Schwere der Verletzung der religiösen Identität ist die Intensität des Drucks auf die Willensentscheidung des Betroffenen, seinen Glauben in einer für ihn als verpflichtend empfundenen Weise auszuüben oder hierauf wegen der drohenden Sanktionen zu verzichten. Die Tatsache, dass er die unterdrückte religiöse Betätigung seines Glaubens für sich selbst als verpflichtend empfindet, um seine religiöse Identität zu wahren, muss der Asylsuchende dabei zur vollen Überzeugung des Gerichts nachweisen

Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 -.

Gemessen hieran, konnte der Kläger das Gericht nicht davon überzeugen, dass er aufgrund seiner religiösen Identität zwingend seinen Glauben in Pakistan öffentlich leben muss. Dabei geht das Gericht zugunsten des Klägers davon aus, dass er tatsächlich Ahmadi ist. Nach der Niederschrift über die Anhörung durch das Bundesamt und insbesondere nach der eingehenden Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung ist für das Gericht nicht deutlich geworden, dass die eingeschränkte Möglichkeit der öffentlichen Ausübung der Religion für den Kläger einen erheblichen inneren Konflikt bewirkt hat, weil es nach seiner religiösen Grundeinstellung geboten gewesen wäre, den Glauben öffentlich zu leben. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Kläger von sich aus nicht ausgeführt hat, dass es ihm ein dringendes und drängendes Anliegen gewesen wäre, den Glauben für Jedermann offen erkennbar zu leben. Zwar hat er auf Nachfrage erklärt, hier in Deutschland könne er seine Religion offen leben, jedem sagen, dass er ein Ahmadiyya sei. Auch ist deutlich geworden, dass es dem Kläger offenkundig gefällt, seinen Glauben in Deutschland gänzlich ungestört ausüben zu können. Dass es unverzichtbarer Teil seiner religiösen Identität ist, seinen Glauben überall - auch in Pakistan - öffentlich zu leben, konnte der Kläger mit diesen auf Nachfrage nachgeschobenen Bemerkungen jedoch nicht überzeugend darlegen. Insbesondere hat er nicht dargelegt, dass es ihm in Pakistan ein Anliegen gewesen wäre oder er sogar den Versuch unternommen hätte, den Glauben weitergehend öffentlich auszuüben. Dabei ist zudem anzumerken, dass der Kläger jedenfalls öffentlich die Moschee besucht hat und ihm dies offenkundig auch nicht zum Nachteil gereicht ist. Zwar hat er zunächst erklärt, er habe zum Frühgebet in die Moschee gehen können, weil es da noch dunkel gewesen sei. Allerdings hat er im weiteren Verlauf der Anhörung auch angegeben, täglich um 13 und 16 Uhr zum Gebet in die Moschee gegangen zu sein; also zu Zeiten, zu denen es gerade nicht dunkel war. Ein innerer Konflikt zwischen der Angst vor Nachstellungen und dem - eigenen - Zwang zur umfangreicheren öffentlich bemerkbaren Ausübung seiner Religion wurde in den Erklärungen des Klägers und auch in der Art und Weise seiner Ausführungen nicht spürbar. Insbesondere wird aus dem Umstand, dass der Kläger hier in Deutschland in seiner Gemeinschaft an den Aktionen des örtlichen Jamaats und an den überregionalen Aktionen seiner Glaubensgemeinschaft teilnimmt sowie regelmäßig Geld spendet, die - innere - religiöse Identität nicht deutlich.

Die vom Kläger erwirkte und vorgelegte Bescheinigung der AMJ vom 28. Oktober 2013 ist - ungeachtet der Frage der ungeklärten Identität des Klägers - für die hier interessierenden Fragen ohne Aussagekraft. Denn diese Bescheinigung befasst sich alleine mit den äußeren Kennzeichen der Religionsausübung des Klägers (Beten, Moschee-Besuche, Teilnahme an Aktionen, Zahlung der Mitgliedsbeiträge, Generalsekretär der lokalen Gemeinde und Zuständigkeit für Publikationen in seiner örtlichen Jugendorganisation). Für die vorliegend relevante Frage der religiösen Identität des Klägers lässt sich der Bescheinigung - naturgemäß - nichts entnehmen.

Im Übrigen decken sich die Angaben des Klägers zu seinen religiösen Aktivitäten nicht mit dem Inhalt der Bescheinigung. Insbesondere ist der vom Kläger behauptete jahrelange Wachdienst nicht in die Bescheinigung eingeflossen. Wenn der Kläger diesen Wachdienst geleistet hat und die Bescheinigung tatsächlich auf einem Bericht der Heimatgemeinde beruhen soll, ist nicht nachvollziehbar, weshalb diese intensive Tätigkeit nicht aufgeführt ist. Ferner konnte der Kläger erst nach mehrmaligen Nachfragen ansatzweise erläutern, was es mit der Zuständigkeit für Publikationen, die in der Bescheinigung genannt ist, auf sich hat. Dies war für den Kläger selbst offenkundig nicht von Bedeutung, sonst hätte er diese Tätigkeit von sich aus erwähnt. Damit kommt der Bescheinigung insgesamt kein Aussagewert zu.

Vor dem Hintergrund der nicht drohenden Verfolgung im Falle der Rückkehr kann offen bleiben, ob eine Anerkennung als Flüchtling i.S.v § 3 AsylVfG und § 60 Abs. 1 AufenthG durch internen Schutz (§ 3e AsylVfG), auf den der Kläger verwiesen werden könnte, ausgeschlossen wäre. Dies wäre jedenfalls mit Blick auf die Stadt Rabwah zu erwägen.

Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen des subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG gegeben sind oder die mit dem Hilfsantrag verfolgten Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen, sind nicht erkennbar.

Die auf § 34 Abs. 1, § 38 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 59 Abs. 1 - 3 AufenthG gestützte Abschiebungsandrohung ist daher rechtmäßig.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 83 b AsylVfG.

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