LG Düsseldorf, Urteil vom 17.06.2016 - 10 O 358/15
Fundstelle
openJur 2019, 3611
  • Rkr:
Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 59.603,54 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.07.2015 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte den Kläger von allen weiteren wirtschaftlichen Nachteilen, insbesondere von weiteren Verfahrenskosten und Rechtsanwaltskosten freizustellen hat, die mittelbar oder unmittelbar aus der streitgegenständlichen Falschberatung resultieren und die ohne diese nicht eingetreten wären.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% der jeweils beizutreibenden Forderung.

Tatbestand

Der Kläger verlangt von dem Beklagten Schadensersatz wegen fehlerhafter Rechtsberatung.

Der Beklagte ist ein in Düsseldorf niedergelassener Rechtsanwalt, der sich auf die Gebiete Bank- und Kapitalanlagerecht, Sanierung und Insolvenz spezialisiert hat. Zu seiner rechtsvertretenden Vorgehensweise gehörte es, Geschädigte in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu bündeln und im Namen der Gesellschaft den Klageweg zu bestreiten.

Der Kläger war Anleger der x, eines ausländischen nicht börsennotierten Unternehmens, das im Jahre 2005 in Insolvenz geraten war. Am 06.08.2010 unterzeichnete der Kläger den Gesellschaftsvertrag der x In der Präambel des Gesellschaftsvertrages ist als Ziel der GbR die Zusammenfassung und außergerichtliche sowie gerichtliche Realisierung der Schadensersatzforderungen gegen die x), deren Organe und die x definiert. Gemäß § 3 des Poolvertrages wurde der Beklagte zum anwaltlichen Vertreter des Pools bestimmt und erhielt rechtsgeschäftliche Vollmacht zum Abschluss aller zur Realisierung der Schadensersatzforderungen erforderlichen Rechtsgeschäfte und Prozesshandlungen für alle Instanzen. Gemäß § 6 des Poolvertrages bestand die Haftung des Beklagten nicht gegenüber den einzelnen Mitgliedern des Pools, sondern ausschließlich gegenüber dem Pool (Anlage K1). Des Weiteren unterzeichnete der Kläger am 06.08.2010 eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten (Anlage K2).

Im August 2010 erhob der Beklagte als Vertreter der GbR vor dem Landgericht Düsseldorf gegen die x sowie gegen die x Klage auf Schadensersatz. Mit Urteil vom 12.07.2011 (Az. 10 O 383/10) wies das Landgericht Düsseldorf die Klage als unbegründet ab. Mit Schreiben vom 18.07.2011 informierte der Beklagte den Kläger über das Urteil des Landgerichts und erklärte, dass er das Urteil für falsch halte und dass eine Berufung möglich sei. Zudem legte er dem Kläger in dem Schreiben dar, welche Kosten im Falle des Erfolges der Berufung sowie im Falle ihrer Zurückweisung für den Kläger entstünden (Anlage K7). Die gegen die Entscheidung des Landgerichts eingelegte Berufung hat das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Urteil vom 27.11.2012 (Az. I-1 U 26/12; Anlage K10) als unzulässig zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Gründung der Gesellschaft sei wegen eines Verstoßes des Gesellschaftsvertrages gegen das Rechtsberatungsgesetz nach § 134 BGB unwirksam und die Gesellschaft mithin nicht parteifähig. Die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde, die der Kläger nicht mittragen wollte, ist nach einem Hinweis des Bundesgerichtshofs (Anlage K17) zurückgenommen worden.

Die Klageforderung von 59.603,54 EUR setzt sich aus den in erster und zweiter Instanz entstandenen Rechtsverfolgungskosten zusammen. Erstinstanzlich sind davon die Rechtsanwaltsvergütung des Beklagten gemäß Vereinbarung vom 06.08.2010 in Höhe von 20.230,00 EUR, anteilige Gerichtskosten von 4.650,00 EUR und anteilige Kostenerstattung von 9.300,00 EUR jeweils entsprechend der Beteiligung am Gesamtstreitwert sowie Kosten der Vollstreckungsabwehr von 30,00 EUR umfasst. Für Berufungsverfahren sind jeweils entsprechend der Beteiligung am Gesamtstreitwert anteilige Rechtsanwaltsvergütung von 6.397,61 EUR (vgl. Vergütungsrechnung vom 14.12.2011, Anlage K 12), anteilige Gerichtskosten des OLG von 6.147,91 EUR und anteilige Kostenerstattung für das Berufungsverfahren, von 12.848,02 EUR angefallen.

Der Kläger ist der Ansicht, dass der Beklagte die Rechte des Klägers nicht im Verbund mit anderen Geschädigten als Gesellschaft bürgerlichen Rechts habe wahrnehmen dürfen. Der Beklagte habe sowohl im August 2010 bei Klageerhebung vor dem Landgericht Düsseldorf als auch bei Berufungseinlegung im Sommer 2011 erkennen müssen, dass eine solche Rechtsverfolgung nicht der für den Mandanten sicherste und gefahrloseste Weg und jedenfalls im Verhältnis zu einer getrennten Vorgehensweise risikoreicher gewesen sei. Bereits mit Urteil vom 08.11.1993 (Az. II ZR 249/92) habe der Bundesgerichtshof einer Aktionärsvereinigung die Prozessführungsbefugnis wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz abgesprochen. In der Folgezeit seien zudem mehrere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs sowie der Instanzgerichte, die der Parteifähigkeit der Kläger-GbR entgegenstünden, ergangen. Der Bundesgerichtshof habe mit zwei Entscheidungen vom 12.04.2011 (Az. II ZR 197/09) und 19.07.2011 (Az. II ZR 86/10) die Unzulässigkeit einer solche Prozessführung festgestellt.

Der Kläger behauptet weiter, dass er bei einer entsprechenden Aufklärung durch den Beklagten von der angebotenen Rechtsverfolgung sowohl im August 2010 als auch im Sommer 2011 abgesehen hätte. Der Beklagte habe ihn nicht darauf hingewiesen, dass gegenüber der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen über eine Anlegerpool-GbR rechtliche Bedenken bestünden. Er habe ihn nicht über eine mögliche Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrages der Anlegerpool-GbR sowie über die Möglichkeit der fehlenden Parteifähigkeit der Anlegerpool-GbR in einem Schadensersatzprozess aufgeklärt. Auch habe er ihm nicht erklärt, dass er als Gesellschafter der Anlegerpool-GbR dem Risiko der gesamtschuldnerischen Haftung ausgesetzt sei. Auf mögliche weitere Kosten, die durch Erhebung einer Klage erstünden, sei der Kläger ebenfalls nicht hingewiesen worden. Zudem habe der Beklagte auch bei der Aufklärung über das Berufungsverfahren nicht über dessen Risiken, insbesondere eine etwaige Unzulässigkeit einer xGbR-Prozessführung informiert.

Der Kläger hatte ursprünglich angekündigt, mit Klageantrag zu 3. weitergehend zu beantragen, den Beklagten zu verurteilen, die Rechtsschutzversicherung des Klägers von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten freizustellen.

Nach Rücknahme des Klageantrags zu 3. beantragt der Kläger nunmehr,

1.

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 59.603,54 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2.

festzustellen, dass der Beklagte ihn  von allen weiteren wirtschaftlichen Nachteilen, insbesondere von weiteren Verfahrenskosten und Rechtsanwaltskosten freizustellen hat, die mittelbar oder unmittelbar aus der streitgegenständlichen Falschberatung resultieren und die ohne diese nicht eingetreten wären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass der Kläger für den geltend gemachten Anspruch nicht aktivlegitimiert sei. Ein Mandatsverhältnis bestehe nur zwischen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und dem Beklagten.

Des Weiteren ist er der Auffassung, dass er zum Zeitpunkt der Einleitung des Rechtsstreits im August 2010 auf die Parteifähigkeit der Geschädigten-GbR habe vertrauen dürfen. Er habe schließlich in der Sache 2a O 362/03 mit der gleichen Prozessführung vor dem Landgericht Düsseldorf obsiegt. Auch seine Empfehlung im Sommer 2011, Berufung einzulegen, sei gerechtfertigt gewesen, da zu diesem Zeitpunkt keine ständige Rechtsprechung bestanden habe, die der Parteifähigkeit einer Geschädigten-Pool-GbR entgegengestanden hätte. Die vom Kläger angeführten Entscheidungen seien für den vorliegenden Fall nicht einschlägig. Vielmehr seien verschiedene Gerichte seiner in der Sache 2a O 362/03 vorgetragenen Argumentation gefolgt.

Der Beklagte behauptet, dem Kläger das Prozessvorhaben sowie die Risiken der Beteiligung an dem Geschädigten-Pool erläutert zu haben. Er habe dem Kläger unter Hinweis auf ein durch ihn betreutes Vorverfahren erklärt, dass es sich bei der Beteiligung an der Pool-GbR um einen rechtsfortbildenden Ansatz gehandelt habe. Er habe gegenüber dem Kläger auch ausdrücklich klargestellt, dass es weder im Hinblick auf die Parteifähigkeit des Geschädigten-Pools noch für die haftungsbegründenden Warnpflichten der Hausbank eine gesicherte höchstrichterliche Rechtsprechung gebe. Zudem habe er mit dem Kläger die Konsequenzen einer gesamtschuldnerischen Haftung der Gesellschafter, insbesondere die zu erwartende Kostenerstattungspflicht im Verlustfalle, erörtert.

Er ist der Ansicht, er habe den Kläger nicht auf die Möglichkeit hinweisen müssen, allein den Klageweg zu beschreiten. Dabei handele es sich um eine Selbstverständlichkeit, zumal sich der Kläger gerade wegen des von ihm initiierten Pool-Modells an ihn gewandt habe.

Die Klage ist dem Beklagten 21.07.2015 zugestellt worden.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitig zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung im tenorierten Umfang wegen dessen Verletzung seiner Beratungspflichten aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Anwaltsvertrag. Im Hinblick auf die noch nicht bezifferbaren Schäden aus dieser Rechtsberatung kann er Feststellung verlangen, dass diese ebenfalls vom Beklagten zu ersetzen sind.

I.

Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 611, 675 BGB zu.

1.

Zwischen den Parteien ist ein Rechtsanwaltsvertrag gemäß §§ 611, 675 BGB zustande gekommen.

Der Anspruch des Klägers gegen den Beklagten ist nicht nach §§ 3, 6 des Poolvertrages ausgeschlossen. Denn der Beklagte stand entgegen dieser Regelung nicht nur mit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts in einer Rechtsbeziehung, sondern auch mit dem Kläger. Die Parteien haben unter dem 06.08.2010 eine Vergütungsvereinbarung (Anlage K2) getroffen, in der der Kläger ausdrücklich als Mandant benannt ist. Dementsprechend hat der Beklagte mit der an den Kläger adressierten Vergütungsabrechnung vom 20.09.2010 nicht etwa gegenüber der Gesellschaft, sondern unmittelbar gegenüber dem Kläger abgerechnet (vgl. Anlage K3). Auch aus der Handhabung des Mandats durch den Beklagten im Übrigen folgt, dass er trotz der Gründung der Pool-GbR deren einzelne Gesellschafter  individuell vertreten hat; dies erhellt insbesondere, dass er ihnen vor Einlegung der Rechtsmittel Berufung und Revision jeweils eine Beteiligung am Rechtsmittel freistellte.

2.

Der Beklagte hat seine Pflichten aus diesem Vertrag verletzt. In den Grenzen des Mandats hat der Rechtsanwalt dem Mandanten diejenigen Schritte anzuraten, die zu dem erstrebten Ziele zu führen geeignet sind, und Nachteile für den Auftraggeber zu verhindern, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind. Dazu hat er dem Auftraggeber den sichersten und gefahrlosesten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant zu einer sachgerechten Entscheidung in der Lage ist (BGH WM 1993, 1376, 1377; NJW 1996, 2648, 2649; WM 2007, 419; WM 2009, 571; WM 2011, 993; WM 2012, 1351). Die mit der Erhebung einer Klage verbundenen Risiken muss der Rechtsanwalt nicht nur benennen, sondern auch deren ungefähres Ausmaß abschätzen (BGHZ 89, 178, 182; BGH WM 2012, 1351; vgl. auch BGH WM 1992, 742, 743). Der Anwalt hat von der Durchführung eines erfolglosen Rechtsmittels ebenso abzuraten, wie von der Führung eines von vorneherein aussichtslosen Rechtsstreits (BGH NJW 2014, 317). Der Rechtsanwalt ist dabei zu einer umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung des Auftraggebers verpflichtet (BGH NJW 1988, 588; 1991, 2079; NJW-RR 2008, 1235).

Der Gläubiger trägt die volle Beweislast für das Vorliegen einer verhaltensbezogenen Aufklärungs-  bzw. Hinweispflichtverletzung (Grüneberg in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 280 BGB Rn. 36). Der zur Aufklärung oder Beratung Verpflichtete muss aber zunächst darlegen, in welcher Weise er seiner Pflicht nachgekommen ist (BGH NJW 1986, 2570; 1995, 2842; 1996, 2571).

a)

Danach hat der Beklagte seine Pflichten gegenüber dem Kläger bereits im August 2010 im Vorfeld der Erhebung der Klage gegen die x und die x verletzt. Der Tatbestand der Pflichtverletzung ergibt sich bereits aus dem Vorbringen des Beklagten zum Inhalt der Beratung im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast.

Der Beklagte hat dargelegt, dem Kläger in einem Telefongespräch am 06.08.2010 das Prozessvorhaben sowie die Risiken der Beteiligung an dem Geschädigten-Pool erläutert zu haben. Er habe dem Kläger unter Hinweis auf ein durch ihn betreutes Vorverfahren erklärt, dass es sich bei der Beteiligung an der x-GbR um einen rechtsfortbildenden Ansatz gehandelt habe. Er habe gegenüber dem Kläger aber auch ausdrücklich klargestellt, dass es weder im Hinblick auf die Parteifähigkeit des Geschädigten-Pools noch für die haftungsbegründenden Warnpflichten der Hausbank eine gesicherte höchstrichterliche Rechtsprechung gebe. Zudem habe er mit dem Kläger die Konsequenzen einer gesamtschuldnerischen Haftung der Gesellschafter, insbesondere die zu erwartende Kostenerstattungspflicht im Verlustfalle, erörtert.

Damit ist er weder hinsichtlich der Wahl des sichersten Weges für die Rechtsverfolgung noch in Bezug auf die Risiken der von ihm vorgeschlagenen Vorgehensweise den Anforderungen an eine pflichtgemäße Aufklärung gerecht geworden; letzteres gilt sowohl hinsichtlich der grundsätzlich mit dieser Vorgehensweise verbundenen Risiken, als auch im Hinblick auf die Kostenhaftung.

Denn der Beklagte hat bereits nicht behauptet, den Kläger im Hinblick auf die gerichtliche Vorgehensweise bei der Wahl der Klagepartei darüber aufgeklärt zu haben, dass eine Einzelklage des Klägers gegen die damaligen Beklagten der sicherere Weg zur Rechtsverfolgung wäre, da sie den Risikoaspekt, dass aus der Beurteilung des Gesellschaftsvertrages der Anlegerpool-GbR aufgrund eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz bzw. das Rechtsdienstleistungsgesetz in sachlichrechtlicher Hinsicht als nichtig in prozessualer Hinsicht  die Möglichkeit der fehlenden Parteifähigkeit der Anlegerpool-GbR in einem Schadensersatzprozess folgt, vermeidet. Entgegen der Auffassung des Beklagten steht der Annahme einer Pflichtverletzung in diesem Zusammenhang nicht entgegen, dass der Beklagte gerade nur den Weg der Rechtsverfolgung durch Erhebung einer Pool-Klage anbieten wollte. Gleichwohl war er dazu verpflichtet, dem Kläger die Sicherheit im Vergleich der alternativen Handlungsmöglichkeiten darzulegen.

Auch in Bezug auf die Erläuterung der Risiken der Pool-Klage als solcher hat der Kläger danach die ihm obliegenden Pflichten verletzt. Durch die verklausulierte Angabe, einen rechtsfortbildenden Ansatz zu verfolgen,  und den Hinweis auf einen bereits erfolgreich nach diesem Modell geführten Rechtsstreit, wurde der Kläger nicht in einer ihn zu einer abwägenden Entscheidung in die Lage versetzenden Weise  über die Möglichkeit in Kenntnis gesetzt, dass eine Klage bereits aus diesem Grund der Abweisung als unzulässig unterliegen könnte. Gleiches gilt für die vom Beklagten vorgetragene Angabe, ein Klageerfolg könne nicht garantiert werden. Dass eine solche Garantie kaum jemals gegeben werden kann, ersetzt jedenfalls nicht die Aufklärung über die mit diesem Modell verbundenen vorstehend erwähnten Risiken.

Bei der von ihm dargelegten Aufklärung über das Risiko der gesamtschuldnerischen Haftung als Gesellschafter der Anlegerpool-GbR, dem der Kläger ausgesetzt war, hat der Beklagte ebenfalls die ihm obliegenden Pflichten verletzt. Denn unabhängig davon, ob diese den an sie zu stellenden Anforderungen genügte, hat er jedenfalls durch den Hinweis auf die Notwendigkeit der rechtzeitigen Einzahlung von Kostenvorschüssen und deren Hinterlegung auf dem Anderkonto das Risiko bagatellisiert, da dies den nachdrücklichen Eindruck vermittelte, auf diese Weise werde ein etwaig bestehendes Risiko ausgeschlossen oder sei jedenfalls fernliegend.

b)

Durch die an den Kläger gerichtete Empfehlung des Beklagten (vgl. Schreiben vom 18.07.2011, Anlage K7) im Sommer 2011, gegen das Urteil des LG Düsseldorf vom 21.07.2011 (Az. 10 O 383/10) Berufung einzulegen, hat er ebenfalls seine aus dem Rechtsanwaltsvertrag resultierende Pflicht, für den Kläger den sichersten und gefahrlosesten Weg zu wählen, verletzt. Spätestens aufgrund der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 12.04.2011 (Az. II ZR 197/09) sowie vom 19.07.2011 (Az. II ZR 86/10) war für den Beklagten absehbar, dass zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die Durchführung dieses Rechtsmittels hoch risikoreich, wenn nicht sogar aussichtslos war. Er musste wissen, dass der Gesellschaftsvertrag der Geschädigten-GbR höchstwahrscheinlich nach § 134 BGB wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 S. 1 des (bis 30.06.2008 geltenden) Rechtsberatungsgesetzes bzw. § 3 des (am 1.07.2008 in Kraft getretenen) Rechtsdienstleistungsgesetzes für nichtig erklärt und der Geschädigten-GbR aus diesem Grunde die Parteifähigkeit aberkannt werden würde. Bei dieser Sachlage durfte er sich nicht darauf beschränken, das landgerichtliche Urteil als Skandal zu bezeichnen und zu einem Rechtsmittel raten, wobei er dies mit der deutlich herausgestellten Aufforderung verband, bis zu der von ihm gesetzten Frist verbindlich mitzuteilen, ob man im Pool zur Durchführung des Berufungsverfahrens verbleiben und „weiter kämpfen“ wolle. Eine Aufklärung des Klägers durch den Beklagten über die neueste Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sowie eine umfassende und eingehende Belehrung über die daraus folgenden eingeschränkten Erfolgsaussichten der Berufung sind vor Einlegung des Rechtsmittels weder schriftlich (vgl. Anlage K7) noch mündlich erfolgt. Vielmehr hielt der Beklagte eine solche Aufklärung mangels Anwendbarkeit der Entscheidungen, die seiner rechtlichen Sicht entgegenstanden, bereits nicht für erforderlich.

Dass er dennoch für den Kläger Berufung einlegte, ist auch nicht durch eine Einwilligung des Klägers in die gewählte Rechtsverfolgung gerechtfertigt. Eine wirksame Einwilligung hätte eine ordnungsgemäße Aufklärung des Beklagten über die damit verbundenen Risiken erfordert, an der es nach dem Vorgesagten fehlt.

3.

Die Aufklärungspflichtverletzungen waren auch kausal für den eingetretenen Schaden. Im Hinblick auf die Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den eingetretenen Schaden gilt die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Der zur Aufklärung Verpflichtete trägt die Beweislast dafür, dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Verhalten entstanden wäre. Ob die Vermutung widerlegt ist, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls (Grüneberg in: Palandt, BGB, 75. Auflage 2016, § 280 Rn. 39).

Der Beklagte hat die Vermutung, dass der Kläger in Kenntnis der bestehenden Zulässigkeitsrisiken der GbR-Pool-Konstruktion und der damit verbundenen Erfolgsrisiken von Klage und Berufung nicht in die durch den Beklagten gewählte Rechtsverfolgung eingewilligt hätte, nicht widerlegt. Die Vermutung wird  nicht bereits dadurch widerlegt, dass das Landgericht Düsseldorf im erstinstanzlichen Urteil vom 12.07.2011 keine Zweifel an der Zulässigkeit der Klage geäußert hat. Mit den Entscheidungen des Bundesgerichtshof vom 12.04.2011 (Az. II ZR 197/09) sowie vom 19.07.2011 (Az. II ZR 86/10) stand der Rechtsauffassung des Landgerichts eine höchstrichterliche Rechtsprechung entgegen. Es ist nicht anzunehmen, dass ein Mandant sich bewusst der Rechtsauffassung der ersten Instanz anschließt, wenn er weiß, dass jüngst der Bundesgerichtshof dieser Rechtsauffassung widersprochen wurde.

4.

Die Pflichtverletzung des Beklagten vor Erhebung der Klage hat beim Kläger einen darauf beruhenden Schaden in Höhe von 34.210,00 EUR verursacht, der sich aus der Rechtsanwaltsvergütung des Beklagten gemäß Vereinbarung vom 06.08.2010 in Höhe von 20.230,00 EUR, anteiligen Gerichtskosten von 4.650,00 EUR und anteilige Kostenerstattung von 9.300,00 EUR jeweils entsprechend der Beteiligung am Gesamtstreitwert sowie Kosten der Vollstreckungsabwehr von 30,00 EUR zusammensetzt.

Durch den Pflichtverstoß des Beklagten vor dem Berufungsverfahren ist dem Kläger ein kausaler Schaden in Höhe von 25.393,54 EUR entstanden. Dieser setzt sich entsprechend der Beteiligung des Klägers am Gesamtstreitwert zusammen aus der anteiligen Rechtsanwaltsvergütung für das Berufungsverfahren in Höhe von 6.397,61 EUR, dem Anteil an den Gerichtskosten  in Höhe von 6.147,91 EUR sowie der anteiligen Kostenerstattung für das Berufungsverfahren in Höhe von 12.848,02 EUR.

5.

Die Nebenforderungen sind aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB gerechtfertigt.

II.

Weil sich noch nicht absehen lässt, ob und in welcher Höhe der Kläger mit zusätzlichen Kosten, die aus dem Berufungsverfahren in Verbindung mit seiner gesamtschuldnerischen Haftung im Rahmen der Pool-GbR resultieren, belastet wird, ist dem Feststellungsantrag insoweit stattzugeben, als der Beklagte den Kläger von sämtlichen Kosten freizustellen hat, die mittelbar oder unmittelbar aus der streitgegenständlichen Rechtsberatung im Hinblick auf die Berufung vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf  (Az. I-1 U 26/12) angefallen sind oder noch anfallen werden.

III.

Die Kostenentscheidung ergeht, mit Blick auf die teilweise Klagerücknahme,  analog § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

IV:

Der Streitwert wird auf 64.603,54 EUR festgesetzt.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Landgericht Düsseldorf statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Landgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.