LG Hamburg, Urteil vom 19.05.2017 - 321 O 172/14
Fundstelle
openJur 2019, 2067
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Vergütung für die Belieferung des Beklagten mit elektrischer Energie auf Grundlage eines Versorgungsvertrages entsprechend § 2 der Verordnung über allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Elektrizität aus dem Niederspannungsnetz (StromGVV). Die Klägerin ist örtlicher Energieversorger.

Mit Rechnung vom 28.08.2013 (Anlage K1) rechnete die Klägerin gegenüber dem Beklagten für die Adresse „W.-S.-Straße ..., Lager, OG“ zur Zählernummer ... einen Stromverbrauch für den Zeitraum 01.08.2012 bis zum 09.07.2013 über 6.259,75 € und Mahngebühren für drei Mahnungen (vom 30.04.2013, 16.04.2013 und 27.08.2013) zu 9,30 €, also insgesamt 6.269,05 €, die Klageforderung, ab. Für die weiteren Einzelheiten auf die Anlage K1 Bezug genommen.

Der Beklagte war Mieter von Lagerräumen unter der Adresse W.- S.-Straße... in H. für die Zeit vom 01.06.2012 bis zum 31.03.2013. Das Mietverhältnis wurde sodann noch bis zum 30.04.2013 verlängert, zwischen den Parteien ist jedoch streitig, in welchem Umfang. Unter der Adresse W.-S.-Straße ... in H. befindet sich ein großes Lagerhaus mit mehreren Stockwerken und mehreren Lagerhallen, von denen der Beklagte einen Teilbereich im ersten Obergeschoss rechts zu ca. 5.155 qm sowie ein sogenanntes Pufferlager im Erdgeschoss zu ca. 700 qm mietete. Insoweit wird ergänzend auf die Grundrisse Anlage B 10, auf welcher der Mietbereich im Obergeschoss rechts blau markiert ist, sowie Bl. 204 d.A. Bezug genommen, auf welcher das Pufferlager im Erdgeschoss gelb markiert und mit einer „1“ beschriftet ist.

Der Beklagte hat sich bei der Klägerin nicht angemeldet. Die Klägerin hat dem Beklagten den Lieferbeginn zum 01.08.2013 jedoch mit Schreiben vom 07.03.2013 (Anlage K5) bestätigt, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob der Beklagte das Schreiben erhalten hat. Auf das Schreiben ist ein Widerspruch des Beklagten nicht erfolgt. Auch hat der Beklagte die in dem Schreiben geforderten Abschlagszahlungen nicht erbracht. Für den weiteren Inhalt des Schreibens wird auf die Anlage K5 Bezug genommen.

Auch eine Kündigung der Strombelieferung ist seitens des Beklagten nicht ausgesprochen worden. Allerdings erfolgte zum 10.07.2013 eine Ummeldung der Belieferung auf den Vermieter des Beklagten. Insoweit wird auf die Anlagen K2 und K3 Bezug genommen.

Die Klägerin der Auffassung, zwischen ihr und dem Beklagten sei konkludent ein Strombelieferungsvertrag durch tatsächliche Stromentnahme zustande gekommen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 StromGVV). Insoweit habe sich eine Realofferte der Klägerin an den Beklagten als Mieter der streitgegenständlichen Räumlichkeiten gerichtet. Dies ergäbe sich auch aus der Bestätigung der Belieferung mit Schreiben vom 07.03.2013 (Anlage K5) unter Berücksichtigung des Urteils des OLG Sachsen-Anhalt vom 06.12.2005, Az. 9 U 61/05.

Sie behauptet, der Stromzähler mit der Zähler Nummer ... sei der von dem Beklagten angemieteten Fläche zuzuordnen.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 6.269,05 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.09.2013 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass die streitgegenständliche Rechnung i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 2 StromGVV offensichtliche Fehler aufweise. Hierzu behauptet er, die Vormieterin des Beklagten, die Firma R. L.-GmbH, habe die gleichen Flächen angemietet wie streitgegenständlich der Beklagte. Für die gleichen Flächen, welche gegenüber dem Beklagten zur Zählernummer ... abgerechnet wurden, habe die Vormieterin jedoch eine Rechnung der Klägerin zur Zählernummer ... erhalten (Anlage B 5). Außerdem habe der Beklagte die Flächen auch in der Zeit vom 15.07.2013 bis zum 30.06.2014 angemietet und für diese Zeit die Rechnung der Klägerin Anlage K8 erhalten. Darin werde ein Vorjahresverbrauch von 32,88 kWh/Tag angegeben, der aber von dem in der Rechnung Anlage K1 angegebenen Verbrauch (für den Vorjahreszeitraum bis zum 09.07.2013) von 66,33 kWh erheblich abweiche. Aus diesen Gründen zweifelt der Beklagte die Richtigkeit der Verbrauchserfassung an. Zudem behauptet er insoweit, in dem Mietzeitraum nur selten Verbrauchsstellen, insbesondere Licht, in Betrieb genommen zu haben.

Die Klägerin hat Herrn H. G., A. S. Platz ..., ... S. mit Schriftsatz vom 03.02.2015, diesem zugestellt am 10.02.2015, den Streit verkündet. Ein Streitbeitritt ist nicht erfolgt.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen D., R., V., R. und P. C.. Für die Ergebnisse wird auf das Protokoll vom 06.02.2017 und für die weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze und – insbesondere die vorstehend benannten – Anlagen Bezug genommen.

Gründe

I.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

1. Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten kein Anspruch auf Zahlung von 6.259,75 € zu.

Zwischen den Parteien ist bereits ein Strombelieferungsvertrag nicht zustande gekommen, weder ausdrücklich, was unstreitig ist, der Beklagte hat sich nicht bei der Klägerin angemeldet, noch konkludent.

Daher kommt es nicht darauf an und ist auch nicht maßgeblich, ob der Beklagte Einwände gegen die streitgegenständliche Rechnung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 StromGVV geltend machen bzw. sich die Klägerin auf die Beschränkung der möglichen Einwände gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 StromGVV berufen kann.

Ein Anspruch der Klägerin auf Vergütung setzt einen Grundversorgungsvertrag i.S.d. § 2 StromGVV voraus, der jedoch auch konkludent geschlossen werden kann, § 2 Abs. 2 Satz 1 StromGVV. Bei dem Zustandekommen oder Nichtzustandekommen eines solchen Grundversorgungsvertrages handelt es sich nicht um eine Einwendung im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 2 StromGVV, sondern um eine Anspruchsvoraussetzung, die bereits im Vorfeld jener Einwendungen zu prüfen ist.

Gemäß §§ 145 ff. BGB kommt ein Vertrag durch Angebot und Annahme zustande.

Im Urteil vom 02.02.2016, Az. IX ZR 146/15 führte der Bundesgerichtshof – in Zusammenfassung der ständigen Rechtsprechung - diesbezüglich für das konkludente Zustandekommen eines Energieversorgungsvertrages aus:

„Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist in dem Leistungsangebot eines Versorgungsunternehmens grundsätzlich ein Vertragsangebot zum Abschluss eines Versorgungsvertrages in Form einer sogenannten Realofferte zu sehen, die von demjenigen konkludent angenommen wird, der aus dem Leitungsnetz des Versorgungsunternehmens Elektrizität, Gas, Wasser oder Fernwärme entnimmt. Dieser Rechtsgrundsatz zielt darauf ab, einen ersichtlich nicht gewollten vertragslosen Zustand bei den zugrunde liegenden Versorgungsleistungen zu vermeiden (BGH, Urteil vom 10. Dezember 2008 - VIII ZR 293/07, NJW 2009, 913 Rn. 6; vom 2. Juli 2014 - VIII ZR 316/13, BGHZ 202, 17 Rn. 10; vom 22. Juli 2014 - VIII ZR 313/13, BGHZ 202, 158 Rn. 12). Kommen mehrere Adressaten des schlüssig erklärten Vertragsangebots des Versorgungsunternehmens in Betracht, ist durch Auslegung aus Sicht eines verständigen Dritten in der Position des möglichen Erklärungsempfängers zu ermitteln, an wen sich die Realofferte richtet. Weichen der vom Erklärenden beabsichtigte Inhalt der Erklärung und das Verständnis des objektiven Empfängers voneinander ab, hat die - dem Erklärenden zurechenbare - objektive Bedeutung des Verhaltens aus der Sicht des Erklärungsgegners Vorrang vor dem subjektiven Willen des Erklärenden. Mithin kommt es nicht auf die subjektive Sicht des Erklärenden an, sondern darauf, an wen sich nach dem objektiven Empfängerhorizont das in der Bereitstellung von Energie liegende Vertragsangebot richtet (BGH, Urteil vom 2. Juli 2014, aaO Rn. 11; vom 22. Juli 2014, aaO Rn. 13).

Empfänger dieser Realofferte ist typischerweise derjenige, der die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt ausübt. Dies muss nicht immer der Eigentümer, sondern kann auch eine andere Person sein, etwa der Mieter oder Pächter eines Grundstücks. Ob dem Energieversorger die Identität des Inhabers der tatsächlichen Verfügungsgewalt bekannt ist, er also etwa weiß, dass das zu versorgende Grundstück sich im Besitz eines Mieters oder Pächters befindet und dieser die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss ausübt, ist unerheblich. Denn bei einer am objektiven Empfängerhorizont unter Beachtung der Verkehrsauffassung und des Gebots von Treu und Glauben ausgerichteten Auslegung der Realofferte eines Energieversorgers geht dessen Wille - ähnlich wie bei unternehmensbezogenen Geschäften - im Zweifel dahin, den - möglicherweise erst noch zu identifizierenden - Inhaber der tatsächlichen Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss zu berechtigen und zu verpflichten.“ (Rn. 13-14 nach Juris)

Und weiter:

„Der Übersendung der Vertragsbestätigung durch die Klägerin an die Beklagte kommt deshalb keine rechtliche Bedeutung zu; insbesondere stellt sie kein an die Beklagte gerichtetes Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Versorgungsvertrages dar. Die Bestätigung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 StromGVV/GasGVV hat lediglich deklaratorische, nicht hingegen eine konstitutive Wirkung. Die Wirksamkeit eines Grundversorgungsvertrages bleibt von einer unterbliebenen oder verzögerten Bestätigung unberührt (vgl. Schneider/Theobald/de Wyl, Recht der Energiewirtschaft, 4. Aufl., § 14 Rn. 43). Daher kommt dem Schweigen der Beklagten auf die Übersendung der Bestätigung kein Erklärungsinhalt im Sinne der §§ 145 ff BGB zu.“ (Rn. 17 nach Juris)

Bereits im Urteil vom 02.07.2014, Az. VIII ZR 316/13, welches auch im Rahmen des vorbenannten Urteils vom 02.02.2016 herangezogen und zitiert wurde, hatte der Bundesgerichtshof diese Grundsätze zusammengefasst und hierbei klargestellt:

„Inhaber dieser Verfügungsgewalt [über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt, vgl. Rn. 12 nach Juris] ist grundsätzlich der Eigentümer. Wie das Berufungsgericht insoweit zu Recht angenommen hat, kommt es dabei jedoch nicht auf die Eigentümerstellung selbst, sondern auf die hierdurch vermittelte Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt an (Senatsbeschluss vom 20. Dezember 2005 - VIII ZR 7/04, aaO mwN).“ (Rn. 13 nach Juris)

1.1 Nach diesen Maßstäben und in diesem Sinne übte der Beklagte nach dem dazu erfolgten Sachvortrag und den Ergebnissen der Beweisaufnahme nicht die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt aus, sondern – dem Grundsatz entsprechend – der Eigentümer des Grundstücks.

a)

Bereits nach dem unstreitigen Sachvortrag hat der Beklagte nur eine Teilfläche eines großen, mehrstöckigen Gebäudes, in welchem sich mehrere Lagerhallen befinden, angemietet.

Überdies haben sich im Rahmen der Beweisaufnahme folgende weitere Umstände ergeben, die das Gericht nunmehr zu seiner Überzeugung festzustellen vermag:

Der Beklagte hatte weder jederzeitigen Zugang zu dem Zählerraum und damit Verfügungsgewalt über die Messeinrichtung, noch hatte er exklusiven Zugang zu den von ihm angemieteten Flächen.

b)

Zu dieser Überzeugung gelangt das Gericht aus folgenden Gründen:

Nach Aussage des Zeugen R. sei das Gebäude vor einigen Jahren umgebaut und parzelliert worden, sodass einzelne Räumlichkeiten an unterschiedliche Mieter vermietet werden können. Hierzu seien den einzelnen Parzellen gesonderte Stromzähler zugewiesen worden (Bl. 184 d.A.). Die Zeugen R., V. und R. haben hierzu allerdings übereinstimmend angegeben, dass sich sämtliche Stromzähler für die jeweiligen Parzellen in einem gesonderten Raum im Erdgeschoss befinden, welcher abgeschlossen sei. Der Zeuge R. hat den Raum auf der Skizze Bl. 204 mit einem „X“ gekennzeichnet. Insoweit haben der Zeuge R. und der Zeuge R. übereinstimmend angegeben, dass dieser Raum verschlossen sei und nur der Zeuge R. als Hausmeister einen Schlüssel habe (Bl. 185 und 193 d.A.). Der Zeuge V. war sich nicht mehr sicher, meinte aber auch sich zu erinnern, dass der Zeuge R. den Raum aufgeschlossen habe (Bl. 190 d.A.). Die Zeugin P. C. hat wiederum ausgesagt, als Geschäftsführerin der Vormieterin des Beklagten, der Firma R. L. GmbH, selbst nicht gewusst zu haben, wo sich die Stromzähler befunden hatten. Diese seien ihr auch nicht gezeigt worden (Bl. 197 d.A.).

Weiter haben die Zeugen V. und R. angegeben, die Zählerzugehörigkeit des Zählers mit der Nummer ... zu den von dem Beklagten angemieteten Flächen überprüft zu haben. Dabei haben sie übereinstimmend angegeben, zu zweit (so der Zeuge V.) oder noch im Beisein des Hauselektrikers des Grundstückseigentümers (so der Zeuge R.), aber ohne Beteiligung des Beklagten, den Mietbereich des Beklagten begangen und geprüft zu haben, ob dort noch Strom vorhanden sei, insbesondere elektrisches Licht funktioniere, nachdem die Stromversorgung zum Zähler mit der Nummer ... abgeschaltet wurde (Bl. 189 f. und 191 f. d.A.).

Aufgrund dieser Angaben hat das Gericht mit Beschluss vom 20.02.2017 auf folgendes hingewiesen:

„Nach dem dazu erfolgten Sachvortrag und den bisherigen Ergebnissen der Beweisaufnahme dürften keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt von dem Beklagten ausgeübt wurde.

Dafür dürfte auch nicht ausreichend sein, wenn der abgerechnete Stromzähler mit der Zählernummer ... exakt nur diejenige Fläche betrifft, welche der Beklagte angemietet hat, was noch durch einen Sachverständigen zu überprüfen wäre, da die Zeugen angegeben haben, dies nicht explizit überprüft zu haben. Zwar wurde von dem Beklagten nicht vorgetragen, mit seinem Vermieter einen Inklusivmietvertrag geschlossen zu haben. Auch aus dem als Anlage B1 vorgelegten Auszug des Mietvertrages ergibt sich nicht, dass der Vermieter im Verhältnis zu dem Beklagten die Stromkosten zu übernehmen hat. Grundsätzlich schuldet der Vermieter keine Lieferung von Strom, sondern nur einen Stromanschluss (BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 – VIII ZR 391/12 –, Rn. 15, juris).

Vorliegend hat der Beklagte jedoch nur eine Teilfläche eines großen, mehrstöckigen Gebäudes, in welchem sich mehrere Lagerhallen befinden, angemietet. Im Rahmen der Beweisaufnahme hat sich ergeben, dass sich sämtliche Stromzähler für jeweilige Teilflächen des Gebäudes in einem gesonderten abgeschlossenen Raum befinden, zu dem lediglich der Vermieter bzw. dessen Hausmeister einen Schlüssel hat, nicht jedoch der Beklagte. Auch wurde nicht vorgetragen, dass der Beklagte den Raum kennt bzw. weiß, wo sich die Stromzähler befinden oder dass ihm der Stromzähler mit Zählernummer sowie der Zählerstand gezeigt oder jedenfalls mitgeteilt wurden. Nach den Aussagen der Zeugen C. und R. dürfte dies auch zweifelhaft sein. Die Zeugin C. hat angegeben, keine Kenntnis darüber gehabt zu haben, als sie Geschäftsführerin der Vormieterin des Beklagten war. Auch der Zeuge R. hat lediglich angegeben, dass mit neuen Mietern normalerweise eine Begehung des Zählerraumes durchgeführt und den neuen Mietern der maßgebliche Stromzähler mit Zählernummer und Zählerstand gezeigt bzw. genannt wird, ob dies gegenüber dem Beklagten erfolgt ist, wusste er nicht mehr. Darüber hinaus wurde auch nicht vorgetragen, dass die von dem Beklagten angemietete Teilfläche ausschließlich von diesem begangen werden kann. Nach der bisherigen Beweisaufnahme scheint dies auch zweifelhaft zu sein. Vielmehr dürfte die von dem Beklagten gemietete Teilfläche auch für weitere Nutzer und jedenfalls den Vermieter bzw. dessen Hausmeister frei zugänglich sein. Schließlich erfolgte die Prüfung der Zählerzugehörigkeit in Abwesenheit des Beklagten. Folglich ist es möglich, dass auch andere Personen auf dieser Teilfläche einen Stromverbrauch erzeugen und damit aus dem Leitungsnetz des Versorgungsunternehmens Elektrizität entnehmen.“

Nach diesem Hinweis hat die Klägerin weder weiter zu den örtlichen Gegebenheiten und der Verfügungsgewalt des Beklagten vorgetragen, noch die vorbenannten Tatsachen, welche sich im Rahmen der Beweisaufnahme ergeben haben, in Zweifel gezogen oder gar bestritten. Vielmehr hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 06.04.2017, dort Seite 4, eingeräumt, dass der Zählerraum für den Beklagten nicht jederzeit frei zugänglich sei.

c)

Die Klägerin hat allerdings darauf hingewiesen, dass der Beklagte als Mieter einen Anspruch auf Zugang zu dem Zählerraum gegen den Vermieter habe (so AG Köln, Urteil vom 15.02.2013, Az. 201 C 464/12, WuM 2013, 351).

Doch auch dies rechtfertigt es in der Gesamtschau der vorbenannten Umstände nicht, eine Verfügungsgewalt des Beklagten über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt anzunehmen, aufgrund dessen von dem Grundsatz, die Verfügungsgewalt habe der Eigentümer inne, abzuweichen wäre.

Vielmehr ist unter Berücksichtigung dieser Umstände weiterhin – dem Grundsatz entsprechend – anzunehmen, dass der Eigentümer des Gesamtobjekts die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt ausübt und zwar auch für die von dem Beklagten angemietete Teilfläche.

Insoweit liegt es in der Verantwortung des Eigentümers, die Zuordnung der Stromzähler sicherzustellen und den Stromverbrauch gegenüber den Mietern abzurechnen, soweit im Mietverhältnis nicht geregelt ist, dass der Vermieter die Stromkosten übernimmt. Gegenüber dem Grundversorger bleibt er hingegen vollumfänglich für den gesamten Stromverbrauch auf seinem Grundstück in der Verantwortung, zumal sich im Rahmen der Beweisaufnahme auch ergeben hat, dass die Vermietung nicht stets nach denjenigen Teilflächen erfolgt, für die jeweils gesonderte Stromzähler vorhanden sind. So hat die Zeugin P. C. glaubhaft angegeben, dass etwa die Mietfläche der Firma R. L. GmbH nach und nach gewachsen ist, und zwar innerhalb von Teilbereichen, die nicht mit gesonderten Stromzählern ausgestattet sind (Bl. 199 d.A.). Daran konnte sie sich noch anschaulich, detailreich und von Emotionen getragen erinnern, weil diese Teilflächen mit einem Bauzaun abgetrennt worden seien und ausgerechnet diejenigen Bereiche, welche die Firma R. L. GmbH angemietet hatte, noch mit Waren vollgestellt waren, als die Firma R. L. GmbH dort einziehen wollte; dies sei ein „ziemliches Drama“ gewesen (Bl. 199 d.A.).

Gerade in diesen Fällen wechselnder Nutzer von Teilflächen, die nicht mit gesonderten Stromzählern ausgestattet sind, ist es offenkundig, dass weder der Grundversorger einen Versorgungsvertrag mit den wechselnden Mietern auch hinsichtlich der wechselnden Teilflächen schließen will, noch die Mieter eine etwaige solche Realofferte annehmen wollten, zumal eine Abrechnung des Stromverbrauchs zwischen dem Grundversorger und dem jeweiligen Mieter mangels ausreichender Stromzähler dann nicht möglich ist. Dieser Möglichkeit zur gesonderten Abrechnung kommt jedoch für die Auslegung, an wen sich die Realofferte des Versorgungsunternehmens richtet, nicht unerhebliche Bedeutung zu (vgl. OLG Celle, Urteil vom 12.04.2012, Az. 13 U 105/11, NZM 2012, 848, insb. Rn. 13 f. nach Juris). Jedenfalls ist für die Mieter nicht – nach dem objektiven Empfängerhorizont – erkennbar, dass der Stromversorger mit Ihnen einen Versorgungsvertrag schließen will. Auf den tatsächlichen Willen kommt es nicht an (BGH, Urteil vom 02.02.2016, Az. IX ZR 146/15, Rn. 13 nach Juris; Urteil vom 02.07.2014, Az. VIII ZR 316/13, Rn. 11 nach Juris).

d)

Damit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt auch wesentlich von den in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dazu zugrunde gelegten Sachverhalten (vgl. hierzu instruktiv: LG Saarbrücken, Berufungsurteil vom 20.05.2016, Az. 10 S 13/16, insb. Rn. 39 ff. nach Juris).

Grundlage des Urteils des BGH vom 02.07.2014, Az. VIII ZR 316/13 war etwa die vollständige Ver- bzw. Anmietung einer Gaststätte. Im Fall des BGH aus dem Urteil vom 22.01.2014, Az. VIII ZR 391/12 wurde der Zwangsverwalter eines gesamten Grundstücks für die Versorgung eben dieses in Anspruch genommen. Mit Urteil vom 25.02.2016, Az. IX ZR 146/15 hat der BGH gar offen gelassen, ob sich die Realofferte des Versorgungsunternehmens an den Mieter oder Vermieter eines vollständig fremdvermieteten Grundstücks richtet (Rn. 16 nach Juris). In solchen Fällen, in denen ein Grundstück vollständig vermietet ist, überzeugt es anzunehmen, die Stromentnahme im Sinne der Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt erfolge durch den Mieter oder Pächter, da nur er und nicht mehr der Eigentümer Verfügungsgewalt über das Gesamtgrundstück hat.

Ebenso mag es sich bei einzelnen in sich abgeschlossenen Mieteinheiten darstellen, wenn diese lediglich dem Mieter zugänglich sind und für diese gesonderte Stromzähler zur Verfügung stehen, mit denen nur die gemieteten Teilflächen erfasst werden, wie regelmäßig bei Mietwohnungen in einem Mehrfamilienhaus (a.A. jedoch: LG Saarbrücken, Berufungsurteil vom 20.05.2016, Az. 10 S 13/16, insb. Rn. 39-45 nach Juris unter Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung). Auch hier entnehmen ausschließlich die Mieter den Strom und haben nur sie Verfügungsgewalt über die Mietbereiche. Anders allerdings dürfte sich die Realofferte des Versorgungsunternehmens für allgemein zugänglichen Bereiche eines Mehrfamilienhauses (Treppenhaus, Waschkeller u.ä.) an den Eigentümer richten, sodass es üblich ist, dortige Verbräuche – in Verantwortung des Eigentümers und Vermieters – über die Betriebskosten abzurechnen. Beides bedarf vorliegend jedoch keiner Entscheidung.

Ferner kann die Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt von dem Eigentümer oder Nutzer eines Grundstücks ausgeübt werden, über welches noch ein anderes Grundstück oder Teilgrundstück mit Energie versorgt wird, wenn sich der Übergabepunkt auf dem ersten Grundstück befindet und das zweite (Teil-)Grundstück nicht über eine eigene Messeinrichtung verfügt (vgl. BGH, Urteil vom 15.02.2006, Az. VIII ZR 138/05, insb. Rn. 20 nach Juris; OLG Celle, Urteil vom 12.04.2012, Az. 13 U 105/11, NZM 2012, 848, insb. Rn. 13 f. nach Juris). Auch so liegt der Fall vorliegend jedoch nicht.

Dass auf den von dem Beklagten angemieteten Flächen wahrscheinlich überwiegend der Beklagte durch Inbetriebnahme von Verbrauchsstellen Strom entnimmt und nicht der Eigentümer, auch wenn der Beklagte dies mit durchaus nicht fernliegenden Gründen bezweifelt, ist für die Ermittlung des Adressaten der Realofferte hingegen von untergeordneter Bedeutung. Schließlich wird nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung der Rechtssatz,

die Realofferte richte sich an denjenigen, der aus dem Leitungsnetz des Versorgungsunternehmens Elektrizität, Gas, Wasser oder Fernwärme entnimmt,

insoweit konkretisiert, als dass dies

typischerweise derjenige sei, der die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt ausübt.

Dies ist auch zutreffend. Schließlich entnimmt auch ein Hotelgast durch Betätigung des Lichtschalters seines Hotelzimmers Strom aus dem Versorgungsnetz. Ebenso entnimmt der private Gast eines Eigentümers oder Mieters Strom aus dem Versorgungsnetz, wenn er das Badezimmer seines Gastgebers aufsucht und dort den Lichtschalter betätigt. Gleichwohl soll hierdurch in diesen Fällen – nach dem objektiven Empfängerhorizont betrachtet auch aus Sicht des Energieversorgers – mit den jeweiligen Gästen offensichtlich kein Versorgungsvertrag zustande kommen.

Maßgeblich ist vielmehr, wer die Verfügungsgewalt über die entsprechenden Räumlichkeiten hat und den vorbenannten Personen die Stromentnahme durch Betätigung des Lichtschalters ermöglicht.

Etwas anderes kann auch nicht der von der Klägerin zitierten Entscheidung des Amtsgerichts Köln vom 15.02.2013 (Az. 201 C 464/12, WuM 2013, 351), wonach der Mieter einen Anspruch auf Zugang zu dem Zählerraum gegen den Vermieter habe, entnommen werden, zumal das Amtsgericht Köln diese Auffassung damit begründet hat, dass der dortige Mieter mit dem Versorger einen eigenen Stromversorgungsvertrag geschlossen hatte. Mithin wäre die Schlussfolgerung der Klägerin, aus dem Anspruch gegen den Vermieter folge ein konkludenter Vertragsschluss, ein Zirkelschluss. Wie der Vertragsschluss mit dem Versorger dort erfolgt ist, denkbar wäre insbesondere eine ausdrückliche Anmeldung beim Versorger (wie nicht unüblich) oder zumindest die Zahlung von Abschlägen, lässt sich der Entscheidung des Amtsgerichts Köln nicht entnehmen.

e)

Entsprechend der vorbenannten Maßstäbe hatte der Beklagte unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhalts keine Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt.

Er hatte weder jederzeitigen Zugang zu dem Zählerraum und damit Verfügungsgewalt über die Messeinrichtung. Selbst wenn ihm auf den Zugang ein Anspruch gegen den Eigentümer aus dem Mietverhältnis zustand, würde der Zugang von der Erfüllung dieses Anspruchs abhängen. Hierüber übte der Eigentümer, oder für ihn der Hausmeister, die Verfügungsgewalt aus.

Noch hatte er exklusiven Zugang zu den von ihm angemieteten Flächen. Vielmehr konnten diese auch von anderen Personen betreten werden. Mithin war es möglich, dass auch andere Personen im Bereich der von dem Beklagten angemieteten Flächen Stromverbrauchsstellen in Betrieb nahmen, zum Beispiel Licht anschalteten. Auch wenn ein dahingehender Bedarf für Dritte gering gewesen sein mag, wäre es nicht fernliegend, das etwa durch Dritte, welche die Räume nur durchqueren wollten, vergessen wurde, das Licht wieder auszuschalten. Entsprechend kann von einer Verfügungsgewalt des Beklagten über diese Umstände nicht die Rede sein.

f)

Zumindest aber hat die für den Vertragsschluss darlegungsbelastete Klägerin – auch auf den gerichtlichen Hinweisbeschluss vom 20.02.2017 hin – keinen den vorbenannten Entscheidungen des Bundesgerichtshofes zur Verfügungsgewalt von Mietern bzw. Pächtern (Miete einer gesamten Gaststätte u.ä.) vergleichbaren Sachverhalt vorgetragen.

1.2 Schließlich sind auch die Bestätigung des Lieferbeginns mit Schreiben vom 07.03.2013 (Anlage K5) und das Schweigen des Beklagten hierauf unerheblich, da der Versorgungsvertrag schon zuvor konkludent nach dem objektiven Empfängerhorizont mit demjenigen zustande kam, der die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt ausübt und die Bestätigung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 StromGVV lediglich deklaratorische, nicht hingegen eine konstitutive Wirkung hat (BGH, Urteil vom 25.02.2016, Az. IX ZR 146/15, Rn. 13 ff., insb. 17 nach Juris). Daher kommt es auch nicht darauf an, ob der Beklagte das Schreiben überhaupt erhalten hat.

Jedenfalls ergibt sich insoweit auch kein konkludenter Vertragsschluss entsprechend der Erwägungen aus dem Urteil des OLG Sachsen-Anhalt vom 06.12.2005, Az. 9 U 61/05. Zum einen wurde das Schreiben Anlage K 5 erst am 07.03.2013 verfasst und lässt daher keinen Schluss darauf zu, dass die Klägerin bereits bei Beginn des Belieferungszeitraums am 01.08.2012 einen Vertrag mit dem Beklagten schließen wollte. Überdies konnte der Beklagte daraus nicht schon am 01.08.2012 – nach dem objektiven Empfängerhorizont – erkennen, dass die Klägerin mit ihm einen Vertrag schließen wollte. Insbesondere aber hat der Beklagte – anders als im Fall des OLG Sachsen-Anhalt – die in dem Schreiben vom 07.03.2013 geforderten Abschlagszahlungen nicht gezahlt und daher den Vertragsschluss nicht erkennbar akzeptiert.

1.3 Nach alledem fehlt es bereits am Vertragsschluss zwischen der Klägerin und dem Beklagten. Zu die Einwendungen nach § 17 Abs. 1 Satz 2 StromGVV bedarf es daher keiner Entscheidung.

2. Mangels Hauptforderung stehen der Klägerin auch die geltend gemachten Mahnkosten in Höhe von 9,30 € sowie Zinsen nicht zu.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.