OLG Hamm, Urteil vom 27.10.2016 - 4 U 22/16
Fundstelle
openJur 2018, 7442
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 010 O 63/15
  • nachfolgend: Az. I ZR 264/16

1.

Begehung einer geschäftlichen Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG durch eine Körperschaft des öffentlichen Rechts.

2.

Juristische Personen des öffentlichen Rechts haben bei kritischen Äußerungen das Gebot strenger Sachlichkeit und Neutralität sowohl in inhaltlicher Hinsicht als auch im Hinblick auf die gewählten Formulierungen zu beachten.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 04.12.2015 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert.

Die Beklagten werden verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Bezug auf eine Hörgeräteversorgung im sogenannten "verkürzten Versorgungsweg" wörtlich oder sinngemäß zu behaupten oder behaupten zu lassen:

"Hier wird für schlechte Qualität gutes Geld ausgegeben"

und/oder

"Eine kontinuierliche Nachsorge durch den Arzt sei aber kaum möglich: zu lange Wartezeiten, falscher Umgang mit Reklamation, zu wenig Raum, um auf den Kunden eingehen zu können",

wenn dies geschieht wie in dem Artikel "Drei Monate für mehr Lebensqualität" in der Online-Ausgabe der Badischen Zeitung vom 25.02.2015 (Anlage K3).

Den Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Verhängung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten angedroht, wobei die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf und, soweit sie gegen die Beklagte zu 1) angeordnet wird, an deren Vorstandsmitgliedern zu vollziehen ist.

Die Beklagten werden darüber hinaus als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.531,90 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit dem 19.05.2015 zu zahlen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Soweit sie zur Unterlassung verurteilt worden sind, können die Beklagten die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,00 € abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet. Im Übrigen können die Beklagten die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

A.

Die Klägerin ist als Hörgeräteakustikerin tätig. Sie vertreibt bundesweit in Zusammenarbeit mit HNO-Ärzten Hörhilfen im sogenannten "verkürzten Versorgungsweg". Den "verkürzten Versorgungsweg" und den in Deutschland daneben existierenden "klassischen Versorgungsweg" beschreibt der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 24.07.2014 - I ZR 68/13 - [Hörgeräteversorgung III] , dort Rdnr. 2) wie folgt:

"(...) Bei der Hörgeräteversorgung gibt es seit längerer Zeit zwei unterschiedliche Versorgungswege. Im klassischen Versorgungsweg sucht der Patient nach der Verordnung einer Hörhilfe durch den HNO-Arzt einen Hörgeräteakustiker auf, der die erforderlichen audiometrischen Messungen vornimmt, gegebenenfalls einen Ohrabdruck anfertigt und dem Patienten ein Hörgerätesystem vorschlägt, das er für den Patienten anpasst. Sodann sucht der Patient den HNO-Arzt erneut auf, der überprüft, ob mit dem Hörgerät eine medizinisch ausreichende Versorgung erreicht wird. Ist das der Fall, kann der Hörgeräteakustiker aufgrund eines Testats des HNO-Arztes den Kassenanteil der Hörgeräteversorgung abrechnen. Im (...) "verkürzten Versorgungsweg" erfolgen die audiometrischen Messungen und gegebenenfalls die Abnahme der Ohrabdrücke durch den HNO-Arzt oder dessen Mitarbeiter. Die Ergebnisse nebst ohrenärztlicher Verordnung werden vom HNO-Arzt an einen Hörgeräteakustiker weitergeleitet, der das vom Patienten gewählte Hörgerätesystem anpasst und an den HNO-Arzt verschickt. Der Patient erhält in diesem Fall sein Hörsystem vom HNO-Arzt oder dessen medizinischen Fachangestellten. (...)"

Die Klägerin bietet den Patienten, die ein Hörgerät im "verkürzten Versorgungsweg" erhalten, u.a. eine Unterstützung durch einen Mitarbeiter (Hörgeräteakustiker) bei der Vornahme der konkreten Geräteeinstellungen an, die per Telefon oder über das Internet (dies im Wege eines sogenannten "Live-Chats") erfolgen kann.

Die Beklagte zu 1) ist die Bundesinnung der Hörgeräteakustiker. Sie hat ihren Sitz in Mainz, ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und steht unter der Aufsicht der Handwerkskammer Rheinhessen; ihr Bezirk umfasst das gesamte Bundesgebiet. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ihrer Satzung (Anlage K1 = Blatt 9-35 der Gerichtsakte) hat die Beklagte zu 1) u.a. die Aufgabe, die gemeinsamen gewerblichen Interessen ihrer Mitglieder zu fördern. Mitglieder der Beklagten zu 1) sind zumindest zu einem überwiegenden Anteil örtlich niedergelassene Hörgeräteakustiker, die den "klassischen Versorgungsweg" anbieten. Ob und gegebenenfalls in welcher Anzahl der Beklagten zu 1) als Mitglieder auch solche Hörgeräteakustiker angehören, die den "verkürzten Versorgungsweg" anbieten, ist zwischen den Parteien streitig. Der Beklagte zu 2) ist der Hauptgeschäftsführer der Beklagten zu 1).

Am 25.02.2015 veröffentlichte die "Badische Zeitung" u.a. in ihrem Internetauftritt "www.badischezeitung.de" unter der Überschrift "Drei Monate für mehr Lebensqualität" einen Artikel (Internetausdruck Anlage K3 = Blatt 37-38 der Gerichtsakte) mit folgendem Wortlaut:

"Drei Monate für mehr Lebensqualität

Hörakustiker: Ein Hörgerät auf die individuellen Bedürfnisse des Nutzers einzustellen, dauert seine Zeit.

Bis ein Hörgerät perfekt sitzt und auf das letzte Detail eingestellt ist, kann es dauern. "Eine gute Hörversorgung braucht zwei bis drei Monate - wenn es gut läuft. Es kann auch schon mal ein halbes Jahr gehen", sagt H. Sie ist in einem von rund 400 Akustikerläden im Südwesten tätig und hat Sorge, dass ihr Berufsstand wegen des sogenannten verkürzten Versorgungswegs überflüssig werden könnte.

Denn mittlerweile können sich Hörgeschädigte auch an ihren Arzt wenden, der ihnen das Gerät einstellt. Viele könnten sich den Weg zum Akustiker also sparen. "Ärzte können aber nicht die komplexe Anpassung der Hörgeräte übernehmen", sagt H. "Ihre Kompetenz liegt ja eigentlich im medizinischen Bereich."

C ist Geschäftsführer der Bundesinnung für Hörgeräteakustiker (Biha) und vertritt bundesweit rund 5.000 Betriebe. Er sieht den Beruf der rund 13.500 Akustiker in Deutschland durch den verkürzten Versorgungsweg in Gefahr. Vor allem die Krankenkasse AOK, die rund ein Drittel aller Versicherten in Deutschland vertritt, sei dabei, dieses Modell immer weiter zu etablieren - ohne dafür Gründe nennen zu können, kritisiert C.

Die AOK hingegen betont, dass der verkürzte Versorgungsweg als eine Alternative zur konventionellen Variante zu verstehen sei. "Der Versicherte kann frei zwischen diesen zwei Versorgungswegen wählen", sagt ein Sprecher. Laut AOK nutzen wenige den verkürzten Versorgungsweg: "Ihr Anteil liegt nur im einstelligen Bereich", betont der Sprecher.

Anpassung des Hörgeräts erfolgt durch Fachleute

Und die Möglichkeit könne einigen Menschen durchaus einen Nutzen bringen: "Stellen Sie sich eine ältere Dame vor. Die kann sich einen zusätzlichen Weg sparen."

Die konventionelle Versorgung sieht vor, dass der Arzt seine Patienten zum Akustiker schickt, der dann Einstellungen am Hörgerät vornimmt. Übernehmen allerdings wie beim verkürzten Weg die Ärzte die Versorgung, würde der lokale Akustiker übergangen, argumentiert die Biha. "Hier wird für schlechte Qualität gutes Geld ausgegeben", kritisiert C. Der Arzt habe ja nie gelernt, ein Hörgerät einzustellen. C spricht zudem von einem ungleichen Wettbewerb: Der Arzt könne die Hörgeräte direkt über einen Großhändler beziehen, ein Spezialist nehme dann die Einstellungen per Telefon oder über das Internet per Live-Chat vor. Das ginge auf Kosten der lokalen Anbieter, die dann nicht mehr gebraucht würden.

Richtet ein Akustikermeister das Gerät aus der Ferne ein, könne er nicht individuell auf Probleme der Menschen mit Hörgerät eingehen, kritisiert die Biha - und das sind deutschlandweit immerhin 2,5 Millionen. Aber gerade die Nachsorge sei wichtig: Die Hörgeräte müssten mehrmals nachjustiert werden, bis sie für den Patienten optimal eingestellt seien.

"Ein Hörverlust kommt schleichend. Man muss erst einmal wieder lernen zu hören", sagt C. Eine kontinuierliche Nachsorge durch den Arzt sei aber kaum möglich: zu lange Wartezeiten, falscher Umgang mit Reklamation, zu wenig Raum, um auf den Kunden eingehen zu können. "Am Ende profitieren Krankenkassen wie die AOK, nicht aber deren schwerhörige Versicherte", sagt C. Das liege an den günstigen Konditionen der Online-Akustiker. Die AOK sieht keine Probleme. "Die Qualitätsanforderungen sind gleichwertig", sagt der Sprecher.

Auch das Sozialministerium in Baden-Württemberg bewertet den verkürzten Versorgungsweg als gute Alternative. Menschen, die sich den Weg zum Akustiker sparen wollen, könnten davon profitieren. Man habe sich 2009 gegen die Abschaffung des verkürzten Versorgungswegs entschieden und werde weiter an dem Modell festhalten, solange keine konkreten Fehlentwicklungen sichtbar seien. Man sehe auch keine existenzielle Bedrohung der Akustiker. Es werde vielmehr der Wettbewerb aufrechterhalten und stabilisiert.

"Die großen Hörgeräteketten sind aber Konkurrenz für kleine Läden", widerspricht H. In Norddeutschland hätten viele kleine Läden schließen müssen. Und auch die Situation im Südwesten sieht die Hörakustikerin kritisch: Die Online-Händler hätten sich etabliert - auf Kosten der kleinen Läden. "Es trifft vor allem die Akustiker auf dem Land, die auf jeden Kunden angewiesen sind."

Autor: X (dpa)"

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die in diesem Artikel wiedergegebenen Aussagen des Beklagten zu 2) von diesem tatsächlich auch so während des Gesprächs mit dem Verfasser des Presseartikels gemacht worden waren. Streitig ist, ob der Beklagte zu 2) darüber hinaus gegenüber dem Verfasser des Presseartikels noch weitere Angaben gemacht hatte, die dann keinen Eingang in den Text des Artikels fanden.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 17.03.2015 (Anlage K4 = Blatt 39-41 der Gerichtsakte) mahnte die Klägerin die Beklagten ab. Die in dem vorstehend wiedergegebenen Zeitungsartikel wiedergegebenen Aussagen des Beklagten zu 2), die dieser in seiner Eigenschaft als Hauptgeschäftsführer der Beklagten zu 1) gemacht habe, seien nach § 4 Nr. 7 a.F., § 4 Nr. 8 a.F., § 4 Nr. 10 a.F., § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG unlauter. Es sei durch nichts belegt, dass bei einer Hörgeräteversorgung von Patienten im "verkürzten Versorgungsweg" die Qualität schlecht sei bzw. gegenüber einer Versorgung im "klassischen Versorgungsweg" überhaupt Qualitätsnachteile bestünden. Auch sei beim "verkürzten Versorgungsweg" - ebenso wie bei der herkömmlichen Hörgeräteversorgung - eine qualitativ hochwertige Nachsorge selbstverständlich möglich. Zusammen mit der Abmahnung forderte die Klägerin die Beklagten zur Erstattung der Abmahnkosten (Rechtsanwaltsvergütung, ermittelt nach einem Gegenstandswert von 50.000,00 €) in Höhe von 1.531,90 € (1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG: 1.511,90 €; Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG: 20,00 €) auf.

Die Beklagten wiesen die von der Klägerin erhobenen Ansprüche mit anwaltlichen Schriftsätzen vom 24.03.2015 (Anlage K5 = Blatt 44-45 der Gerichtsakte) und vom 27.03.2015 (Anlage K7 = Blatt 46 der Gerichtsakte) zurück.

Die Klägerin hat im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Landgericht ihre Argumentation aus der Abmahnung wiederholt und vertieft.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Bezug auf eine Hörgeräteversorgung im sogenannten "verkürzten Versorgungsweg" wörtlich oder sinngemäß zu behaupten oder behaupten zu lassen:

"Hier wird für schlechte Qualität gutes Geld ausgegeben"

und/oder

"Eine kontinuierliche Nachsorge durch den Arzt sei aber kaum möglich: zu lange Wartezeiten, falscher Umgang mit Reklamation, zu wenig Raum, um auf den Kunden eingehen zu können",

insbesondere wenn dies geschieht wie in dem als Anlage K3 beigefügten Artikel "Drei Monate für mehr Lebensqualität" in der Online-Ausgabe der Badischen Zeitung vom 25.02.2015;

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie, die Klägerin, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.531,90 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, es fehle bereits an dem für die Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche erforderlichen Wettbewerbsverhältnis. Sie selbst böten keine Hörgeräteakustikerleistungen an. Es liege auch kein Handeln der Beklagten zu 1) zur Förderung fremden Wettbewerbs vor. Bezeichne ein Verband - wie im vorliegenden Falle - kein konkretes Unternehmen, dass er fördern wolle, könne er nur dann zur Förderung fremden Wettbewerbs handeln, wenn er einheitliche Interessen seiner Mitglieder vertrete. Einheitliche Interessen der Mitglieder der Beklagten zu 1) bestünden schon deshalb nicht, weil der Beklagten zu 1) auch Unternehmen angehörten, die den "verkürzten Versorgungsweg" anböten. Die beanstandeten Äußerungen des Beklagten zu 2) seien mangels eines objektiven Zusammenhanges mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen auch keine geschäftlichen Handlungen.

Bei den von der Klägerin angegriffenen Äußerungen des Beklagten zu 2) handele es sich überdies um zulässige, dem Schutz der Meinungsfreiheit durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG unterfallende Meinungsäußerungen. Für die geäußerten Meinungen bestehe sogar ein ausreichender tatsächlicher Hintergrund. Der Beklagte zu 2) habe in seinen in dem Zeitungsartikel wiedergegebenen Äußerungen sehr dezidiert dargelegt, wie er zu der Meinung gelangt sei, die Qualität im "verkürzten Versorgungsweg" sei schlecht und eine ausreichende Nachsorge sei bei diesem Versorgungsweg kaum möglich. Sie, die Beklagten, seien mit ihrer Kritik am "verkürzten Versorgungsweg" auch nicht allein. Zu den zahlreichen Kritikern dieses Versorgungsweges gehörten u.a. der Deutsche Schwerhörigenbund, eine Vielzahl gesetzlicher Krankenkassen, zahlreiche Gesundheitspolitiker, die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen und die Stiftung Warentest. Die Beklagten haben hierzu eine Stellungnahme des Deutschen Schwerhörigenbundes (Anlage B2/B3 = Blatt 102-105 der Gerichtsakte), einen in der "Financial Times Deutschland" veröffentlichten Zeitungsartikel (Anlage B4 = Blatt 106-109 der Gerichtsakte), ein Schreiben der Barmer Ersatzkasse (Anlage B5 = Blatt 110-111 der Gerichtsakte), ein Schreiben des damaligen Bundestagsabgeordneten L (Anlage B6 = Blatt 130-131 der Gerichtsakte) sowie Auszüge aus dem gemeinsam von der Stiftung Warentest und der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen herausgegebenen Buch "Wieder besser hören" (Anlage B7 = Blatt 132-135 der Gerichtsakte) vorgelegt.

Mit dem angefochtenen, am 04.12.2015 verkündeten Urteil hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts Münster die Klage abgewiesen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und beantragt,

1. den Rechtsstreit unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen;

2. im Falle einer eigenen Sachentscheidung des Berufungsgerichts das angefochtene Urteil abzuändern und

a) die Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Bezug auf eine Hörgeräteversorgung im sogenannten "verkürzten Versorgungsweg" wörtlich oder sinngemäß zu behaupten oder behaupten zu lassen:

"Hier wird für schlechte Qualität gutes Geld ausgegeben"

und/oder

"Eine kontinuierliche Nachsorge durch den Arzt sei aber kaum möglich: zu lange Wartezeiten, falscher Umgang mit Reklamation, zu wenig Raum, um auf den Kunden eingehen zu können",

wenn dies geschieht wie in dem als Anlage K3 beigefügten Artikel "Drei Monate für mehr Lebensqualität" in der Online-Ausgabe der Badischen Zeitung vom 25.02.2015;

b) die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie, die Klägerin, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.531,90 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Ergänzend führen sie insbesondere aus, für den streitgegenständlichen Zeitungsartikel habe ein Journalist der "Badischen Zeitung" von sich aus Kontakt zu dem Beklagten zu 2) aufgenommen. Der Journalist habe das Gespräch gesucht, weil die Beklagte zu 1) als Spitzenorganisation des Hörakustikerhandwerks mit den technischen, medizinischen und rechtlichen Rahmenbedingungen auch bei Fragen zum "verkürzten Versorgungsweg" besonders vertraut sei. Zudem sei die Beklagte zu 1) aufgrund ihrer Satzung auch gehalten, das handwerkliche Pressewesen zu unterstützen. In dem Gespräch mit dem Journalisten habe der Beklagte zu 2) noch weitere Angaben gemacht, die zwar in dem Zeitungsartikel nicht mehr wiedergegeben worden seien, jedoch geeignet seien, die in dem Zeitungsartikel wiedergegebenen Meinungsäußerungen des Beklagten zu 2) zu untermauern. Es könne nicht den Beklagten angelastet werden, dass der Journalist die Äußerungen des Beklagten zu 2) nicht vollständig wiedergegeben habe. Schließlich habe der Beklagte zu 2) auch nicht die Hörgeräteakustiker, die am "verkürzten Versorgungsweg" teilnähmen, kritisiert, sondern die HNO-Ärzte.

Soweit in den Gründen dieses Urteils Fundstellen in der Gerichtsakte angegeben sind, wird wegen der Einzelheiten auf die dort befindlichen Dokumente verwiesen.

B.

Die - zulässige - Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage ist zulässig und begründet.

I. Zulässigkeit der Klage

Die Klage ist zulässig. Eine Prüfung der Frage, ob der von der Klägerin beschrittene Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten zulässig ist, findet in der vorliegenden Sache im Berufungsverfahren nicht mehr statt, nachdem das Landgericht eine Entscheidung in der Hauptsache getroffen hat (§ 17a Abs. 5 GVG).

II. Begründetheit der Klage

Die Klage ist auch in vollem Umfang begründet.

1. Unterlassungsansprüche

a) Unterlassungsansprüche gegen die Beklagte zu 1)

Die geltend gemachten Unterlassungsansprüche finden ihre Grundlage in § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 1 (n.F.) UWG.

aa) Zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Handlungen - hier der Äußerungen des Beklagten zu 2) in dem Pressegespräch mit einem Journalisten, die dann Eingang in den hier in Rede stehenden Zeitungsartikel gefunden haben - können zivilrechtliche Rechtsvorschriften und damit auch die Regelungen des UWG herangezogen werden. Die Teilnahme an dem Gespräch mit dem Journalisten stellte kein Handeln auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts dar. Die Beklagten sind nicht in einer Handlungsform des öffentlichen Rechts (z.B. durch den Erlass eines Verwaltungsaktes oder durch den Abschluss eines öffentlichrechtlichen Vertrages) tätig geworden. Auch im Übrigen bestehen keine Anhaltspunkte für eine Einordnung der streitgegenständlichen Äußerungen als öffentlichrechtliche Handlungen. Bei der Teilnahme an dem - nach den Angaben der Beklagten noch nicht einmal von diesen selbst veranlassten - Pressegespräch handelte es sich vielmehr um ein nichtrechtsförmliches, zivilrechtliches Tätigwerden einer juristischen Person des öffentlichen Rechts und eines ihrer Vertreter, dessen Rechtmäßigkeit (zumindest auch) an den Vorschriften des Zivilrechts zu messen ist.

bb) Bei den streitgegenständlichen Äußerungen, die der Beklagte zu 2) offenkundig in seiner Eigenschaft als Hauptgeschäftsführer der Beklagten zu 1) getätigt hat und die daher der Beklagten zu 1) zuzurechnen sind, handelt es sich um geschäftliche Handlungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG, hier in der Tatbestandsvariante des "Verhaltens zugunsten eines fremden Unternehmens".

(1) Die streitgegenständlichen Äußerungen stehen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG in objektivem Zusammenhang mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen.

(a) Die Bejahung eines solchen objektiven Zusammenhanges setzt zunächst voraus, dass die in Rede stehende Handlung objektiv geeignet ist, den Absatz oder Bezug des eigenen oder fremder Unternehmen zu fördern (Köhler/Bornkamm/Köhler, UWG, 34. Aufl. [2016], § 2 Rdnr. 37). Eine Förderung kann dabei sowohl durch erstmaligen Absatz oder Bezug von Waren oder Dienstleistungen als auch durch die Steigerung oder die bloße Erhaltung der Absatz- oder Bezugsmengen erfolgen (Köhler/Bornkamm/Köhler, a.a.O., § 2 Rdnr. 37). Die streitgegenständlichen Äußerungen sind, weil sie sich erkennbar kritisch gegenüber dem "verkürzten Versorgungsweg" geben, jedenfalls objektiv geeignet, die Absatzmengen derjenigen Hörgeräteakustiker zu erhalten, die (ausschließlich oder überwiegend) den "klassischen Versorgungsweg" bei der Hörgeräteabgabe anbieten.

(b) Erforderlich ist ferner ein funktionaler Zusammenhang dergestalt, dass die Handlung bei objektiver Betrachtung darauf gerichtet sein muss, durch Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung der Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer den Absatz oder Bezug von Waren oder Dienstleistungen des eigenen oder eines fremden Unternehmens zu fördern (BGH, Urteil vom 11.12.2014 - I ZR 113/13 - [Bezugsquellen für Bachblüten] m.w.N.). Von einer geschäftlichen Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG kann dabei nur ausgegangen werden, wenn die Handlung bei der gebotenen objektiven Betrachtung vorrangig dem Ziel der Förderung des Absatzes oder Bezugs von Waren oder Dienstleistungen dient (BGH, a.a.O.); auf die tatsächlichen subjektiven Vorstellungen des Handelnden kommt es nicht an (Köhler/Bornkamm/Köhler, a.a.O., § 2 Rdnr. 48). Ein Verhalten, das sich lediglich reflexartig auf die Absatz- oder Bezugsförderung auswirkt, reicht zur Bejahung des notwendigen funktionalen Zusammenhanges nicht aus (BGH, a.a.O. m.w.N.). Bei kritischen Äußerungen oder gar Warnungen vor Leistungsangeboten durch juristische Personen des öffentlichen Rechts ist überdies ein besonders strenger Maßstab bei der Prüfung anzulegen, ob (bei objektiver Betrachtung) das vorrangige Ziel der Maßnahme die Absatz- oder Bezugsförderung von Unternehmen ist (Köhler/Bornkamm/Köhler, § 3a Rdnr. 2.55); von den geschäftlichen Handlungen abzugrenzen sind nämlich Maßnahmen einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die der Erfüllung einer gegebenenfalls bestehenden öffentlichen Aufgabe zur Information, Aufklärung oder Warnung der Bevölkerung dienen und sich lediglich reflexartig auf den Absatz der kritisch beleuchteten Unternehmen auswirken.

Unter Beachtung dieser Maßstäbe ist das Bestehen eines funktionalen Zusammenhangs in dem vorbeschriebenen Sinne zu bejahen. Hervorzuheben ist insofern zunächst das Selbstverständnis der Beklagten zu 1), namentlich die ihr nach der von ihren Mitgliedern beschlossenen Satzung zukommende Aufgabenstellung. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ihrer Satzung hat die Beklagte zu 1) die gemeinsamen gewerblichen Interessen ihrer Mitglieder zu fördern. Diese Satzungsbestimmung entspricht der grundlegenden Aufgabenbestimmung für Handwerksinnungen in § 54 Abs. 1 Satz 1 der Handwerksordnung (HwO). Unstreitig sind die Mitglieder der Beklagten zu 1) zumindest zu einem überwiegenden Anteil örtlich niedergelassene Hörgeräteakustiker, die den "klassischen Versorgungsweg" anbieten; die Beklagten haben zwar unter namentlicher Bezeichnung konkreter Unternehmen behauptet, zu ihren Mitgliedern gehörten auch Unternehmen, die den "verkürzten Versorgungsweg" anböten; dass derartige Mitglieder indes mehr als einen (äußerst) geringen Teil der Mitgliedschaft der Beklagten zu 1) ausmachen, lässt sich dem Vorbringen der Beklagten nicht einmal im Ansatz entnehmen. Damit sprechen bereits die Aufgabenstellung und die Mitgliederstruktur der Beklagten zu 1) bei objektiver Betrachtungsweise dafür, dass das vorrangige Ziel der hier in Rede stehenden Äußerungen die Förderung des Absatzes derjenigen Hörgeräteakustiker war, die (ausschließlich oder überwiegend) den "klassischen Versorgungsweg" bei der Hörgeräteabgabe anbieten. Hinzu kommt die Würdigung der in dem streitgegenständlichen Zeitungsartikel wiedergegebenen Äußerungen des Beklagten zu 2). So hat dieser ausweislich des Textes des Artikels argumentiert, beim "verkürzten Versorgungsweg" werde der "lokale Akustiker übergangen". Allein schon diese Aussage zeigt bei objektiver Betrachtung, dass es dem Beklagten zu 2) um mehr als um die bloße Information der Bevölkerung über die Vor- und Nachteile der beiden in Deutschland existierenden Wege für die Hörgeräteversorgung ging, und zwar darum, durch die Kritik am "verkürzten Versorgungsweg" den Absatz der den "klassischen Versorgungsweg" beschreitenden Hörgeräteakustiker zumindest zu erhalten. Schließlich ist bereits an dieser Stelle auf die pointierte Formulierung namentlich der beiden von der Klägerin mit ihrem Klageantrag beanstandeten Äußerungen hinzuweisen: für eine bloße Information der Bevölkerung - und sei es auch für einen gegebenenfalls inhaltlich berechtigten Hinweis auf Nachteile des "verkürzten Versorgungsweges" - ist eine solch pointierte Ausdrucksweise nicht erforderlich. Auf die von den Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörterte Frage, ob es sich bei der Textpassage in dem Zeitungsartikel, der Beklagte zu 2) sehe "den Beruf der rund 13.500 Akustiker in Deutschland durch den verkürzten Versorgungsweg in Gefahr", um die Wiedergabe einer Äußerung des Beklagten zu 2) oder um eine Interpretation durch den Verfasser des Artikels handelt, kommt es vor dem vorstehend dargestellten Hintergrund nicht mehr an.

(2) Dass hier ein "Verhalten zugunsten eines fremden Unternehmens" im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG - hier ein Verhalten zugunsten derjenigen Hörgeräteakustiker, die (ausschließlich oder überwiegend) den "klassischen Versorgungsweg" bei der Hörgeräteabgabe anbieten - vorliegt, lässt sich nicht mit der Argumentation der Beklagten verneinen, ein Verband könne nur dann "zugunsten fremder Unternehmen" handeln, wenn er entweder die zu fördernden Unternehmen konkret (namentlich) benenne oder einheitliche Interessen seiner Mitglieder vertrete. Derartige Rechtssätze existieren nämlich nicht.

cc) Die Klägerin ist als Mitbewerberin nach § 8 Abs. 3 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG aktivlegitimiert. Liegt - wie im vorliegenden Fall - ein Handeln des in Anspruch Genommenen zugunsten fremder Unternehmen vor, muss das nach den vorgenannten Vorschriften für die Entstehung eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruches erforderliche Wettbewerbsverhältnis zwischen dem Anspruchsteller und dem- oder denjenigen Unternehmen bestehen, zu deren Gunsten gehandelt worden ist (Köhler/Bornkamm/Köhler/Feddersen, a.a.O., § 8 Rdnr. 3.27 m.w.N.). Dies ist hier der Fall. Die Klägerin steht im Wettbewerb mit denjenigen Hörgeräteakustikern, die (ausschließlich oder überwiegend) den "klassischen Versorgungsweg" bei der Hörgeräteabgabe anbieten. Dass die Klägerin hierbei einen anderen Versorgungsweg beschreitet als ihre Mitbewerber, ist für die Bejahung des Wettbewerbsverhältnisses ohne Belang.

dd) Die beiden von der Klägerin mit ihrem Klageantrag beanstandeten Äußerungen stellen unlautere Herabsetzungen im Sinne des § 4 Nr. 1 UWG dar.

(1) Dies gilt zunächst für die Äußerung "Hier wird für schlechte Qualität gutes Geld ausgegeben".

(a) Ungeachtet eines möglichen tatsächlichen Hintergrundes für diese Äußerung oder eines etwaigen Tatsachenkerns ist die Äußerung durch die bewertende (abwertende) Aussage "schlechte Qualität" sowie die schlagwortartigplakative Gegenüberstellung "schlechte Qualität gutes Geld" von einer Meinungskundgabe geprägt, so dass der tatbestandliche Anwendungsbereich des § 4 Nr. 1 UWG grundsätzlich eröffnet ist.

(b) Dass die Klägerin in dem streitgegenständlichen Zeitungsartikel nicht namentlich erwähnt wird, ist ohne Belang. § 4 Nr. 1 UWG erfasst nicht nur Fälle, in denen der kritisierte Mitbewerber (namentlich) erkennbar gemacht wird, sondern greift auch und gerade in dem - hier vorliegenden - Fall der kollektiven Herabsetzung oder Verunglimpfung ein (Köhler/Bornkamm/Köhler, a.a.O., § 4 Rdnr. 1.11 m.w.N.).

(c) Die Beklagte zu 1) war zu der Äußerung des hier in Rede stehenden negativen Werturteils jedenfalls mit der hier streitgegenständlichen Formulierung nicht befugt.

(aa) Der Bürger bringt Äußerungen der öffentlichen Hand, d.h. öffentlichrechtlich verfasster Stellen, seien es Auskünfte, Empfehlungen oder Kritik, ein besonderes Vertrauen entgegen (Köhler/Bornkamm/Köhler, a.a.O., § 3a Rdnr. 2.49). Dies gilt auch - und vielleicht sogar in besonderem Maße - für eine Handwerksinnung wie die Beklagte zu 1). Insbesondere bei dem - nicht unwesentlichen - Teil der inländischen Bevölkerung, der handwerkliche Berufe ausübt oder sonst Kenntnisse über oder Interesse an der Organisation des deutschen Handwerks hat, hat der Begriff der "Innung" insbesondere aufgrund der wichtigen Aufgaben der Handwerksinnungen bei der Ausbildung und Förderung des handwerklichen Nachwuchses (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 3 bis 6 HwO) eine besonders positive Konnotation und besteht ein besonderes Vertrauen in die Fachkompetenz der Innungsverantwortlichen.

Diesem besonderen Vertrauen der Öffentlichkeit entspricht die Verpflichtung juristischer Personen des öffentlichen Rechts, namentlich bei kritischen Äußerungen das Gebot strenger Sachlichkeit und Neutralität sowohl in inhaltlicher Hinsicht als auch im Hinblick auf die gewählten Formulierungen zu beachten (vgl. BGH, Urteil vom 23.05.1985 - I ZR 18/83 - [Landesinnungsmeister] ; OLG München, NJW-RR 1995, 1004; Köhler/Bornkamm/Köhler, a.a.O., § 3a Rdnr. 2.55; vgl. auch: Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 14. Aufl. [2016], Art. 5 Rdnr. 14).

(bb) Dem Sachlichkeitsgebot genügt die hier zu beurteilende schlagwortartig, plakativ und letztlich polemisch herabsetzende Formulierung "Hier wird für schlechte Qualität gutes Geld ausgegeben" gerade nicht. Es kann dabei dahinstehen, ob und inwieweit tatsächlich Anlass zu - gegebenenfalls auch graduell deutlicher Kritik - am "verkürzten Versorgungsweg" besteht. Die Unzulässigkeit der hier in Rede stehenden Äußerung ergibt sich ungeachtet ihrer möglichen inhaltlichen Berechtigung allein schon aus der hier gewählten und einer Körperschaft des öffentlichen Rechts eben gerade nicht erlaubten überspitztpolemischen Formulierung. Aus diesem Grunde kommt es auch nicht darauf an, ob der Beklagte zu 2) bei dem Pressegespräch gegebenenfalls noch weitere Informationen, die Anlass zur Kritik am "verkürzten Versorgungsweg" geben mögen, gegeben hat, die dann aber keinen Eingang in den Zeitungsartikel gefunden haben.

(cc) Auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) kann sich die Beklagte zu 1) nicht berufen. Sie ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht Trägerin dieses Grundrechts (vgl. Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 5 Rdnr. 14). Ein Ausnahmefall, in dem auch eine Körperschaft des Öffentlichen Rechts ausnahmsweise Grundrechtsträgerin sein kann (Universitäten und Religionsgemeinschaften), liegt ersichtlich nicht vor.

(dd) Der Senat hat nicht zu entscheiden, ob die hier in Rede stehende Äußerung, falls sie von einer Privatperson, einem privaten Mitbewerber oder von einem privatrechtlich organisierten Verband getätigt worden wäre, zu beanstanden gewesen wäre. Er merkt indes an, dass insoweit - allein schon wegen des dann anwendbaren Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG - deutlich weniger strenge Maßstäbe als bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts anzulegen sind.

(2) Die Ausführungen unter (1) gelten entsprechend für die beanstandete Äußerung "Eine kontinuierliche Nachsorge durch den Arzt sei aber kaum möglich: zu lange Wartezeiten, falscher Umgang mit Reklamation, zu wenig Raum, um auf den Kunden eingehen zu können".

(a) Diese Äußerung weist jedenfalls in Gestalt der Aneinanderreihung der abwertenden Formulierungen "kaum möglich", "zu lange", "falscher Umgang" und "zu wenig" einen - neben dem Tatsachenkern der Aussage - eigenständigen Meinungskundgabegehalt auf, der den Anwendungsbereich des § 4 Nr. 1 UWG eröffnet.

(b) Dass die in Rede stehende Aussage vordergründig die am "verkürzten Versorgungsweg" teilnehmenden Ärzte kritisiert, steht einer Beanstandung durch die Klägerin nicht entgegen. Der "verkürzte Versorgungsweg" ist von einer eng verzahnten und gerade im Bereich der konkreten Anpassung und Einstellung der verordneten Hörhilfe und im Bereich der Nachsorge kaum in ihre einzelnen Bestandteile aufteilbaren Zusammenarbeit zwischen dem Arzt und dem das Hörgerät liefernden Hörgeräteakustiker geprägt, so dass Kritik am Arzt zugleich unmittelbar auch den am "verkürzten Versorgungsweg" teilnehmenden Hörgeräteakustiker trifft.

(c) Auch die hier in Rede stehende Aussage verstößt - ungeachtet einer eventuellen inhaltlichen Berechtigung der geäußerten Kritik - aufgrund ihrer Formulierung gegen das die Beklagte zu 1) als Körperschaft des öffentlichen Rechts treffende Sachlichkeitsgebot. Die schlagwortartige Aneinanderreihung von vier - teils im Superlativ formulierten - negativen Äußerungen verleiht der Aussage wiederum einen überspitztpolemischen und pauschal abwertenden Formulierungsgehalt, der dem Sachlichkeitsgebot widerspricht.

(3) Ob eine Spürbarkeitsprüfung im Falle des § 4 Nr. 1 UWG aufgrund der Neufassung des § 3 Abs. 1 UWG durch die UWG-Novelle 2015 entfallen kann oder ob die Spürbarkeit der Herabsetzung als ungeschriebenes oder tatbestandsimmanentes Tatbestandsmerkmal zu prüfen ist (vgl. hierzu Köhler/Bornkamm/Köhler, a.a.O., § 4 Rdnr. 1.3), kann dahinstehen. Die hier streitgegenständlichen Äußerungen stellen spürbare Beeinträchtigungen der Interessen der Klägerin dar. Sie sind geeignet, Patienten von einer Inanspruchnahme des "verkürzten Versorgungsweges" nachhaltig abzuhalten.

ee) Umstände, die geeignet sind, die aufgrund der begangenen Wettbewerbsverstöße zu vermutende Wiederholungsgefahr auszuräumen, sind nicht ersichtlich.

b) Unterlassungsansprüche gegen den Beklagten zu 2)

Die geltend gemachten Unterlassungsansprüche finden ihre Grundlage ebenfalls in § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 1 (n.F.) UWG.

Der Beklagte zu 2) haftet wegen der streitgegenständlichen Wettbewerbsverstöße neben der Beklagten zu 1) auf Unterlassung, weil er durch die von ihm gemachten Aussagen in seiner Person die Anspruchsvoraussetzungen der Unterlassungsansprüche verwirklicht hat. Der entsprechende Haftungsgrundsatz findet auch auf Vertreter von juristischen Personen des öffentlichen Rechts Anwendung (vgl. BGH, Urteil vom 23.05.1985 - I ZR 18/83 - [Landesinnungsmeister] ).

In der vorliegenden Fallkonstellation, in der der Beklagte zu 2) für die Beklagte zu 1) gehandelt hat, kann er sich ebensowenig wie die Beklagte zu 1) auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG berufen (vgl. BVerwGE 104, 323; Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 5 Rdnr. 14). Zur Klarstellung der Reichweite des in diesem Urteil ausgesprochenen Unterlassungsgebotes, namentlich zur Wahrung der dem Beklagten zu 2) außerhalb seiner Tätigkeit für die öffentliche Hand zustehenden grundrechtlichen Positionen, weist der Senat indes bereits an dieser Stelle darauf hin, dass, soweit es den Beklagten zu 2) betrifft, als kerngleich mit den hier streitgegenständlichen Wettbewerbsverstößen nur solche Verstöße angesehen werden können, die der Beklagte zu 2) in einer vergleichbaren dienstlichen Stellung - d.h. als Handelnder für eine juristische Person des öffentlichen Rechts - begeht.

2. Zahlungsanspruch

Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten findet seine Grundlage in § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG. Der der Abmahnung zugrundegelegte Gegenstandswert ist insbesondere vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Senats zur Wertbestimmung bei einem gleichzeitig sowohl gegen eine juristische Person als auch gegen deren Vertreter erhobenen Unterlassungsanspruch (vgl. Senat, Beschluss vom 01.12.2015 - 4 W 97/14 - ) nicht zu beanstanden.

Der Zinsanspruch beruht auf §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Klageschrift ist den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 18.05.2015 zugestellt worden (vgl. Blatt 58 der Gerichtsakte). Die von der Klägerin begehrten Rechtshängigkeitszinsen sind ihr daher ab dem 19.05.2015 zuzusprechen.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 543 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 ZPO.