BVerfG, Beschluss vom 19.12.2008 - 2 BvR 627/08
Fundstelle
openJur 2011, 119090
  • Rkr:
Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegenstandslos geworden.

Gründe

Der Beschwerdeführer wendet sich in einem beamtenrechtlichen Konkurrentenstreit gegen die dem Abbruch des Auswahlverfahrens nachfolgenden gerichtlichen Entscheidungen.

A.

Der Beschwerdeführer steht als Bauamtmann im Dienst des Landes Niedersachsen. Er bewarb sich um den Dienstposten des Leiters einer Straßenmeisterei. Gegen die zugunsten eines Mitbewerbers ergangene Auswahlentscheidung erlangte der Beschwerdeführer zweitinstanzlich erfolgreich Eilrechtsschutz.

In der Hauptsache erhob der Beschwerdeführer nach erfolglosem Widerspruchsverfahren Klage mit dem Ziel, die zuständige Landesbehörde zur erneuten Entscheidung über seine Bewerbung zu verpflichten. Die berichterstattende Richterin wies die Beteiligten des Rechtsstreits darauf hin, dass das Unterliegen der Landesbehörde im Eilverfahren einen sachlichen Grund für einen etwaigen Abbruch des Auswahlverfahrens darstelle. Einige Monate später teilte die Landesbehörde dem Beschwerdeführer mit, dass das Ausschreibungsverfahren abgebrochen worden sei, weil im politischen Raum zur Zeit diskutiert werde, ob die Aufgaben der Straßenmeistereien kommunalisiert oder privatisiert werden sollten. Das Verwaltungsgericht wies die Klage daraufhin ab, weil der Anspruch des Beschwerdeführers auf fehlerfreie Bewerberauswahl infolge des ? aus sachlichem Grund und damit rechtmäßig erfolgten ? Abbruchs des Stellenbesetzungsverfahrens untergegangen sei. Ein sachlicher Grund sei sowohl in der politischen Diskussion über die Aufgabenprivatisierung beziehungsweise -kommunalisierung als auch ? unabhängig davon ? im Ausgang des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens zu sehen.

Den hiergegen gerichteten Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 24. Januar 2008 ab. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die geplante Privatisierung beziehungsweise Kommunalisierung als Grund für den Abbruch des Auswahlverfahrens nur vorgeschoben seien.

Mit seiner verspätet eingelegten, um einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ergänzten Verfassungsbeschwerde greift der Beschwerdeführer die ihm nachteiligen Entscheidungen im Hauptsacheverfahren an. Er rügt eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 33 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 und Art. 12 Abs. 1 GG sowie des Grundsatzes der Gewaltenteilung.

B.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie ? ungeachtet der Frage der Verfristung ? jedenfalls unbegründet ist. Die angefochtenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer nicht in seinem grundrechtsgleichen Recht auf gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern aus Art. 33 Abs. 2 GG.

Art. 33 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG verleiht dem Beamten das Recht, eine dienstrechtliche Auswahlentscheidung dahingehend gerichtlich überprüfen zu lassen, ob der Dienstherr ermessens- und beurteilungsfehlerfrei über seine Bewerbung entschieden hat (vgl. BVerfGE 39, 334 <354>; BVerfGK 1, 292 <295 f.>). Die besondere Verfahrensabhängigkeit dieses Bewerbungsverfahrensanspruchs erfordert eine angemessene Gestaltung des Auswahlverfahrens, um die Durchsetzung der in Art. 33 Abs. 2 GG gewährleisteten Rechte sicherstellen zu können (vgl. BVerfGE 73, 280 <296>).

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich die Fachgerichte im Streitfall angeschlossen haben, besteht der Bewerbungsverfahrensanspruch aber nur dann, wenn eine Ernennung vorgenommen wird. Der Dienstherr ist demnach rechtlich nicht gehindert, ein eingeleitetes Bewerbungs- und Auswahlverfahren aus sachlichen Gründen jederzeit zu beenden. Das für den Abbruch des Auswahlverfahrens maßgebliche weite organisations- und verwaltungspolitische Ermessen des Dienstherrn ist ein anderes als das bei der Stellenbesetzung zu beachtende Auswahlermessen (vgl. zum Ganzen BVerwGE 101, 112 <115>; BVerwG, Urteil vom 22. Juli 1999 ? 2 C 14/98 ?, NVwZ-RR 2000, S. 172 <173>).

Gegen diese Rechtsprechung, die verfassungsrechtlich bestätigt worden ist (vgl. BVerfGK 10, 355 <358>; vgl. auch BVerfGK 5, 205 <215> zu dem aus sachlich nachvollziehbaren Gründen zulässigen Abbruch des Auswahlverfahrens bei der Besetzung von Notarstellen), erhebt der Beschwerdeführer keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Seine Argumentation konzentriert sich vielmehr darauf, dass seiner Ansicht nach kein sachlicher Grund für den Abbruch des Auswahlverfahrens vorgelegen habe. Damit greift er die einfachrechtliche Rechtsanwendung und Subsumtion der Fachgerichte an und setzt lediglich seine eigene Wertung an die Stelle derjenigen der Fachgerichte.

Es ist weder dargelegt noch ersichtlich, warum die politische Diskussion über die Privatisierung beziehungsweise Kommunalisierung der Aufgaben der Straßenmeistereien, auf welche die Fachgerichte entscheidend abgestellt haben, keinen sachlichen Grund für den Abbruch des Auswahlverfahrens darstellen sollte. Das Verwaltungsgericht hat es unabhängig vom Ausgang des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens angesichts der politischen Diskussion über die zukünftige Organisation der Straßenmeistereien in nachvollziehbarer Weise für vertretbar erachtet, die endgültige Entscheidung über den Dienstposten des Leiters der Straßenmeisterei aufzuschieben. Das Oberverwaltungsgericht hat plausibel dargelegt, dass der Beschwerdeführer diese Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht schlüssig in Frage gestellt hat. Dass der Abbruch des Auswahlverfahrens allein den Zweck verfolgt hätte, den Beschwerdeführer als Mitbewerber gezielt und willkürlich auszuschalten, ist danach nicht erkennbar. Weder ist ersichtlich, dass der Dienstherr trotz unveränderter politischer Diskussionslage eine Wiederholung des Stellenbesetzungsverfahrens anstrebte, noch dass der Beschwerdeführer im Falle einer etwaigen erneuten Ausschreibung des Dienstpostens aus dem Kreis möglicher Bewerber ausgeschlossen wäre.

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.