1. Ein Abwehrrecht gegen eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts steht nur dem unmittelbar Betroffenen zu, nicht aber demjenigen, der durch Fernwirkungen eines Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht eines anderen lediglich mittelbar belastet wird, solange diese Auswirkungen nicht auch als Verletzung des eigenen Persönlichkeitsrechts zu qualifizieren sind.
2. Der Ehrenschutz ist nicht nur auf die "offen" aufgestellten Behauptungen beschränkt, sondern erstreckt sich ebenso auf die Äußerungen, die im Gesamtzusammenhang der "offenen" Einzelaussagen "versteckt" sind, "zwischen den Zeilen" stehen.
Eine solche "verdeckte" Aussage ist anzunehmen, wenn der Autor durch das Zusammenspiel der offenen Äußerungen eine zusätzliche eigene Sachaussage macht oder diese dem Leser als unabweisliche Schlußfolgerung nahelegt.
Auf die Berufung des Beklagten wird das am11. Juni 1997 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 28 O 44/97 - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung abgeändert und wie folgt neu gefaßt:Der Beklagte wird verurteilt, es unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft oder der Ordnungshaft bis zu drei Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß zu behaupten:a)das Erzbistum, der Erzbischof von x oder Prälat y. seien aufgrund des Schreibens von Frau D. vom 18. September 1996 in der Lage gewesen, den Schwangerschaftsabbruch der angeblich von einem Pfarrer ge-schwängerten Minderjährigen zu verhindern,b) dem Erzbistum x., dem Erzbischof von x oder Prälat y. sei es möglich gewesen, den angeblich erpresserischen Pfarrer aus seinem Amt zu entfernen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen. Von den gerichtlichen Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt der Beklagte 3/4 und der Kläger zu 3) 1/4. Die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen der Kläger zu 1), zu 2) und zu 4) trägt der Beklagte. Von den außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen des Beklagten trägt der Kläger zu 3) 1/4. Im übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte ist Journalist. Der Kläger zu 1) ist der Erzbischof
von x, der Kläger zu 2) das Erzbistum x., der Kläger zu 3) der
Generalvikar und der Kläger zu 4), der Hauptabteilungsleiter
Seelsorge-Personal des Generalvikariats.
Die Parteien streiten um Äußerungen des Beklagten am 24.11.1996
in der von XX. ausgestrahlten H. "S.", am 28.11.1996 in einem
Artikel in der Zeitschrift "D." und in der Ausgabe der in Ö.
erscheinenden Zeitschrift "K.".
Nachdem sich Frau D., Gründerin einer "Initiativgruppe für vom
Zölibat betroffene Frauen", telefonisch im September 1996 an den
Kläger zu 4) gewandt hatte, schrieb sie am 18.09.1996 an den Kläger
zu 1) und den Kläger zu 4) einen Brief, in dem es u.a. heißt (Bl. 1
d.AnlH.):
"Ich teile Ihnen mit, daß ein Pfarrer einer großen Gemeinde
Ihres Bistums seit Januar d.J. eine minderjährige Jugendliche
nötigt, mit ihm sexuellen Kontakt aufzunehmen. Hintergrund der
Nötigung ist eine von diesem Pfarrer bemerkte Unterschlagung des
Mädchens einer größeren Summe aus der Sternsinger-Aktion.
Die Jugendliche ist in der ca. 10. W. schwanger und so
angstbesetzt, daß eine Suizidgefährdung vorliegt. Ich habe ihr
zugesichert, keine Schritte ohne Ihr Einverständnis zu unternehmen
und so sind - leider wie so oft - meine Möglichkeiten der wirksamen
Intervention begrenzt.
Heute fand nun auf meine Vermittlung eine Beratung der
Jugendlichen in einer Beratungsstelle von "P." statt. Nach dem
heutigen Stand wird die Schwangerschaft in den nächsten Tagen
abgebrochen.
Meine Gefühle brauche ich wohl nicht näher zu beschreiben.
Es würde wohl schon einen gewaltigen Schritt vorwärts bedeuten,
würden sich die Bistumsleitungen eingestehen, daß auch die extremen
Einzelfälle Ausdruck einer Problematik sind, die längst nicht mehr
nur Sache der Kirche ist, sondern gesellschaftliche Relevanz
angenommen hat.
Sind doch immer mehr Frauen und leider auch Kinder von der
Unfähigkeit Ihrer Priester zum zölibatären Leben in entwürdigender
Weise betroffen.
Dafür tagen Sie die Mitverantwortung."
Zum Zeitpunkt des Eingangs des Schreibens befand sich der Kläger
zu 1) auf Tagungen und Auslandsaufenthalten. Nach Rückkehr des
Klägers zu 1) verfaßte der Kläger zu 4) unter dem 11.10.1996 ein
Antwortschreiben (Bl. 2 d.AnlH.), in dem der Kläger zu 1) seine
Bestürzung zum Ausdruck brachte und die Absenderin bat, den
Sachverhalt, soweit es ihr möglich sei, zu klären und ihm umgehend
den Namen des Pfarrers mitzuteilen, oder die Betroffene zu
ermutigen dies zu tun und gegebenenfalls Anzeige zu erstatten.
Weiter heißt es in dem Schreiben (Bl. 2 d.AnlH.):
"Bei aller Betroffenheit über den Inhalt der Mitteilung, für die
ich Ihnen danke, muß ich allerdings auch im Namen unseres
Erzbischofs den letzten Satz Ihres Schreibens zurückweisen."
Mit Fax vom 20.11.1996 (Bl. 14 d.AnlH.) wandte sich der Beklagte
an das Presseamt des Klägers zu 2) und bat um die Beantwortung
mehrerer Fragen, die den Brief von Frau D., dessen Bearbeitung
durch die Kläger zu 1) und 4), den Aufgabenbereich und die
Kompetenz des Klägers zu 3) und 4) und eine letzte offizielle
Stellungnahme des Klägers zu 1) zur Frage der staatlichen
Schwangerschaftskonfliktberatung betrafen. Mit je einer
Fax-Kurzmitteilung vom 21.11.1996 (Bl. 16 d.GA.), adressiert an den
Beklagten, und vom 22.11.1996 (Bl. 17 d.GA.), adressiert an die
Zeitschrift "D.", teilte das Presseamt des Klägers zu 2) mit, daß
es aus "sicher bekannten Gründen" mit dem Beklagten nicht mehr
zusammenarbeite.
Der Beklagte berichtete über die Angelegenheit in der von XX. am
24.11.1996 ausgestrahlten R. "S.". Er schilderte den Fall der
Jugendlichen und teilte mit, daß Frau D. die Kläger zu 1) und 4)
informiert und Ihnen den Fall geschildert habe. Anschließend
zitierte er aus dem Brief von Frau D. vom 18.09.1996. Im Anschluß
daran führte der Beklagte aus (Mitschrift der Sendung, Bl. 37
d.GA.):
"Wer nun glaubt, das Erzbistum x. hätte die Brisanz dieses
Schreibens verstanden und einen Kontakt zur werdenden Mutter
gesucht, der sieht sich getäuscht. Prälat xx., selbst Adressat des
Briefes und somit zum Handeln aufgefordert, legt das Schreiben auf
Frist. Er läßt sich mit einer Antwort drei W.n Zeit, um dann am 11.
Oktober die Begründung mitzuteilen, Zitat: "Wegen verschiedener
mehrtägiger überdiözesaner Tagungen und Auslandsaufenthalte unseres
Erzbischofs konnte ich Herrn Kardinal Yy. erst heute Ihren Brief
vom 18. September zur Kenntnis geben". Das war leider drei Tage zu
spät. Die Schwangerschaft der jugendlichen Mutter wurde am 8.
Oktober durch Abbruch in der 12. W. beendet. Den Vorwurf der
Mitverantwortung hat das Erzbistum x. in dem Antwortschreiben
zurückgewiesen. Prälat xx. teilt darin jedoch mit, daß über den
geschilderten Fall er und der Erzbischof sehr beunruhigt seien und
der Kardinal den Brief mit Bestürzung gelesen habe. Beide, Kardinal
Yy., und Prälat xx. als Hauptabteilungsleiter, werden sich fragen
lassen müssen, warum Beunruhigung und Bestürzung erst so spät - zu
spät - eingesetzt haben. Auf Anfrage wurde die Beantwortung
präziser Fragen zu diesem Vorgang vom Erzbistum x. schriftlich
abgelehnt. Der erpresserische Pfarrer übrigens übt sein Amt nach
wie vor in seiner Pfarrei aus."
In einem Artikel vom 28.11.1996 in der Zeitschrift "D." mit der
Óberschrift
"F.
Ein Priester schwängerte eine Minderjährige. Die katholische
Kirche, davon unterrichtet, wartete. Bis nach der Abtreibung."
führte der Beklagte unter anderem aus (Bl. 5 d.AnlH.):
"Das Erzbistum x. hat die Brisanz des Schreibens von Frau D.
nicht begriffen. Niemand suchte Kontakt zu der werdenden Mutter.
Prälat xx., Mitadressat des Briefes und somit zum Handeln
aufgefordert, legte den Vorgang auf "Frist"
...
Vor allem interessierte ihn der Name des Pfarrers. Die Reaktion
des Kardinals läßt sich nur aus der Mitteilung schließen, er habe
den Brief "mit Bestürzung" zur Kenntnis genommen.
Doch auch die kam zu spät: Drei Tage vor der Antwort, am 8.
Oktober, war die Schwangerschaft der jugendlichen Mutter durch
Abbruch in der zwölften W. beendet worden.
Bleibt das Fazit: Hätte man auf das Schreiben von A. D.
unverzüglich reagiert, dann hätte die Kirchenleitung fast drei W.n
Zeit gehabt, sich um die werdende Mutter zu kümmern, ihr finanziell
zu helfen und sie möglicherweise zum Austragen des Kindes zu
bewegen. Doch geschehen ist - nichts."
Der Artikel endet wie folgt:
"Eine Beantwortung all dieser Fragen (und vieler mehr) lehnte
das Presseamt des Erzbistums xx schriftlich ab. Der erpresserische
Pfarrer übt das Amt in seiner Großstadt-Pfarrei noch immer
aus."
Schließlich behandelte der Beklagte den Fall in einem Artikel in
der ö. Zeitschrift "K.", Ausgabe, unter anderem mit folgenden
Passagen (Bl. 4 d.AnlH.):
"Offenbar wurde im Ordinariat die Brisanz des Schreibens nicht
erkannt. Eine Kontaktaufnahme mit der werdenden Mutter fand nicht
statt.
Prälat xx., selbst Adressat des Briefes und somit zum Handeln
aufgefordert, ließ sich mit einer Antwort bis zum 11. Oktober Zeit,
um dann mitzuteilen: ...
Das war leider drei Tage zu spät. Die Schwangerschaft der
jugendlichen Mutter war am 8. Oktober 1996 in der 12.
SchwangerschaftsW. abgebrochen worden.
Es stellt sich zwingend die Frage, ob Generalvikar Bescheid
wußte. Sein Amt ist es, "alter ego" des Bischofs zu sein.
Den Vorwurf der "Mitverantwortung" hat das Erzbistum x. in dem
Brief zurückgewiesen. Immerhin schreibt Prälat xx., daß über den
geschilderten Fall er und "unser Erzbischof sehr beunruhigt" seien,
ja, der Kardinal den Brief gar "mit Bestürzung" gelesen habe.
Beide, Kardinal Yy. und Prälat xx. als "Hauptabteilungsleiter",
müssen sich freilich fragen lassen, warum diese Beunruhigung und
Bestürzung erst so spät eingesetzt haben."
Die Kläger zu 1) bis 4) erwirkten am 12.12.1996 beim Landgericht
Köln den Erlaß einer einstweiligen Verfügung - 28 O 573/96 - auf
Unterlassung der wörtlichen oder sinngemäßen Behauptungen, sie
seien aufgrund des Schreibens von Frau D. in der Lage gewesen, den
Schwangerschaftsabbruch der angeblich von einem erpresserischen
Pfarrer geschwängerten Minderjährigen zu verhindern, und es sei
ihnen möglich gewesen, den angeblich erpresserischen Pfarrer aus
seinem Amt zu entfernen.
Ein von der Staatsanwaltschaft Köln eingeleitetes
Ermittlungsverfahren - 172 UJs 68/96 - wurde nach Vernehmung von
Zeugen, u.a. von Frau D., eingestellt; Täter und Opfer seien nicht
zu ermitteln. Eine Beschwerde der Zeitschrift "D." vom 16.01.1997
hat das Plenum des D. in der Sitzung vom 07.05.1997 für begründet
erachtet (Bl. 181 f. d.GA.) und hierbei u.a. ausgeführt:
"Das Plenum des D. vertritt darüber hinaus die Ansicht, daß die
Verweigerung der Auskunft durch Herrn Dr. B. bzw. das
erzbischöfliche Presseamt presserechtlich nicht zulässig gewesen
ist. Im einzelnen verstieß es gegen die in Art. 5 Abs. 1 GG i. V.
mit § 4 Abs. 1 LPG NW (verfasssungs-) rechtlich ausdrücklich
gewährleistete Informations- und Pressefreiheit, Ihrer Zeitung die
Information auf Ihre Anfrage deshalb zu verweigern, weil das Gesuch
konkret auf den Journalisten M. zurückzuführen war."
Die Beschwerde des Klägers zu 3) vom 04.12.1996 wurde
demgegenüber vom Plenum des D. in der Sitzung vom 06.05.1997 mit
der Begründung zurückgewiesen (Bl. 179 f. d.GA.):
"Nach Ansicht des Ausschusses existieren also - wie dargelegt -
zwei mögliche Sichtweisen des Vorgangs, die zu unterschiedlichen
Bewertungen führen können. Die von der W. veröffentlichte
Darstellung ist demzufolge eine zulässige Einschätzung des
Vorgangs, deren Veröffentlichung nach dem Pressekodex nicht zu
beanstanden ist."
Mit Beschluß vom 27.12.1996 (Bl. 28 d.BA. 28 O 573/96
Landgericht Köln) hat das Landgericht Köln auf Antrag des Beklagten
vom 22.12.1996 den Klägern in dem Einstweiligen Verfügungsverfahren
eine Frist zur Erhebung der Klage in der Hauptsache gesetzt; die
Kläger haben daraufhin die Klageschrift vom 24.01.1997
eingereicht.
Die Kläger haben geltend gemacht, der Beklagte habe die
streitgegenständlichen Behauptungen "verdeckt" aufgestellt. Der
Zuhörer bzw. der Leser gehe aufgrund der Informationen des
Beklagten davon aus, daß ihnen der Pfarrer bekannt sei und sie
trotzdem nichts gegen ihn unternommen hätten. Dies gelte auch für
die Identität der Jugendlichen, da die vom Beklagten kritisierte,
ausgebliebene Hilfeleistung die Identifizierung der Schwangeren
voraussetze.
Sie haben weiterhin unter Berufung auf die Aussage von Frau D.
im Ermittlungsverfahren vorgetragen, auch die Zeugin kenne die
Schwangere weder persönlich noch namentlich. Im übrigen bestreiten
sie die Einzelheiten der vom Beklagten vorgetragenen Schwängerung
einer 16jährigen durch einen katholischen Pfarrer und die
Durchführung einer Abtreibung.
Die Kläger haben beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, es unter
Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM und für den
Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft
oder der Ordnungshaft bis zu drei Monaten für jeden Fall der
Zuwiderhandlung zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß zu
behaupten:
a)
das Erzbistum, der Erzbischof von x
bzw. sein Vertreter, Generalvikar Prälat Dr. oder Prälat y. seien
aufgrund des Schreibens von Frau D. vom 18.09.1996 in der Lage
gewesen, den Schwangerschaftsabbruch der angeblich von einem
Pfarrer geschwängerten Minderjährigen zu verhindern,
b)
dem Erzbistum x., dem Erzbischof von x
bzw. seinem Vertreter, Generalvikar Prälat Dr. oder Prälat y. sei
es möglich gewesen, den angeblich erpresserischen Pfarrer aus
seinem Amt zu entfernen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Aktivlegitimation des Klägers zu 2) gerügt und hat
insoweit die Auffassung vertreten, durch die journalistischen
Beiträge sei nicht in die Persönlichkeitsrechte des Erzbistums xx
eingegriffen worden.
Weiterhin hat er geltend gemacht, er habe die
streitgegenständlichen Behauptungen weder wörtlich noch sinngemäß -
auch nicht in verdeckter Form - aufgestellt. Er habe gemeint, die
Kläger hätten nicht alles versucht, um das ungeborene Leben zu
schützen. Ein Kontakt habe schließlich über Frau D. oder "P."
gesucht werden können, ohne daß die Anonymität des Mädchens hätte
aufgegeben werden müssen. Die Beiträge seien nicht so zu verstehen,
daß die Kläger den Schwangerschaftsabbruch hätten verhindern
können. Dasselbe gelte bezüglich des Pfarrers; es sei nicht
mitgeteilt worden, die Kläger hätten den Pfarrer aus dem Amt
entfernen können. Er habe nur aufzeigen wollen, daß Priester
bekannt seien, die den Zölibat sehr eigenwillig interpretieren bzw.
nicht leben. Darüber, daß die Kirche den Pfarrer decke, habe er
keine Erkenntnisse. Neutrale Leser bzw. Hörer verstünden die
Passage nicht in dem von den Klägern verstandenen Sinn.
Zudem hat sich der Beklagte auf die Wahrnehmung berechtigter
Interessen berufen, weil er seinen journalistischen
Sorgfaltspflichten nachgekommen sei. Nach seinen, von Frau D.
schriftlich bestätigten Informationen sei ihr die junge Frau
persönlich bekannt gewesen. Die Rechtsabteilung der Zeitschrift
"D." habe den Beitrag und seine Recherche überprüft und befunden,
der Beitrag verstoße in der veröffentlichten Form nicht gegen
geltendes Recht. Hierauf habe er sich verlassen dürfen.
Das Landgericht hat durch Urteil vom 11.06.1997 (Bl. 90 ff.
d.GA.) der Klage in vollem Umfange stattgegeben. Zur Begründung hat
es ausgeführt, der Kläger zu 2) sei aktiv legitimiert, da auch er
in den journalistischen Beiträgen des Beklagten angesprochen und in
die Kritik mit einbezogen worden sei. Die von den Klägern
beanstandeten Äußerungen stellten sich als üble Nachreden im Sinne
von § 186 StGB dar. In beiden Fällen würden verdeckt Tatsachen
behauptet, die geeignet seien, die Kläger in der öffentlichen
Meinung herabzuwürdigen. Der Beklagte könne sich nicht auf die
Wahrnehmung berechtigter Interessen berufen. Er sei den
pressemäßigen Sorgfaltspflichten nicht im ausreichenden Maße
nachgekommen.
Gegen das ihm am 11.07.1997 (Bl. 130 d.GA.) zugestellte Urteil
hat der Beklagte mit einem am 04.08.1997 (Bl. 135 f. d.GA.) bei
Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die er nach
Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit einem am 06.10.1997
bei Gericht eingegangenen Schriftsatz (Bl. 164 ff. d.GA.) begründet
hat.
Der Beklagte wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches
Vorbringen. Er rügt weiterhin die Aktivlegitimation der Kläger zu
2) und 3). Ergänzend führt er insoweit aus, der Kläger zu 3) sei
durch die streitbefangenen Äußerungen nicht betroffen. Weder in der
Rundfunksendung noch in den Zeitungsartikeln werde ihm etwas zum
Vorwurf gemacht. Zudem hätten die streitgegenständlichen
Behauptungen keinen Bezug zu dem Kläger zu 3).
Eine Beurteilung des Gesamtzusammenhangs ergebe, daß es sich bei
der ersten beanstandeten Äußerung nicht um Tatsachenbehauptungen,
sondern um Werturteile handele. Es verbleibe die Kernaussage, daß
sich nach seiner Beurteilung die katholische Kirche, hier die
Leitung des Erzbistums xx und ein Pfarrer, durch ihr tatsächliches
Handeln im Widerspruch zu den von ihr propagierten Grundsätzen
setze. Dies habe er anhand eines Beispiels zum Ausdruck bringen
wollen. Insoweit liege ausschließlich eine Bewertung vor.
Auch könne nicht von "verdeckten" Tatsachenbehauptungen
ausgegangen werden. Die Äußerungen drängten nicht die unabweisliche
Schlußfolgerung auf, die Kläger seien aufgrund des Schreibens von
Frau D. in der Lage gewesen, den Schwangerschaftsabbruch zu
verhindern. Vielmehr sollten sich die Leser eine eigene Meinung
über die zeitliche und sachliche Angemessenheit der Reaktion der
Kirche bilden.
Aus der gewählten Formulierung "und sie möglicherweise zum
Austragen des Kindes zu bewegen" lasse sich nicht entnehmen, daß
die Kläger hierzu tatsächlich in der Lage gewesen seien. Aus den
Beiträgen ergebe sich auch nicht zwingend, daß die Kläger in der
Lage gewesen seien, das schwangere Mädchen unmittelbar zu
unterstützen und den Schwangerschaftsabbruch zu verhindern.
Insbesondere lasse sich den Äußerungen nicht entnehmen, den Klägern
seien die Namen der Betroffenen bekannt oder zumindest für sie
identifizierbar gewesen.
Die Kläger hätten an Frau D. herantreten können, um gemeinsam
mit ihr einen Weg der Hilfeleistung, z.B. über die "P."
Beratungsstelle, zu erarbeiten. Demgegenüber hätten diese sich
ausschließlich nach dem Namen des Priesters erkundigt, jedoch keine
Erkundigungen über die Person der Schwangeren eingeholt. Insoweit
habe er auch keine bestimmte Möglichkeit des Einschreitens
aufzeigen, sondern nur das nach seiner Meinung zu beobachtende
Auseinanderfallen von Anspruch und Wirklichkeit der Haltung der
Kirche in der Abtreibungsproblematik anhand eines konkreten Falls
verdeutlichen wollen.
Auch bei der zweiten angegriffenen Äußerung habe es sich um ein
Werturteil gehandelt. Es sei nicht um den zugrundeliegenden
Einzelfall gegangen. Aus dem Umstand, daß der Priester nach wie vor
im Amt ist, werde deutlich, wie sehr Moral und tatsächliches
Verhalten auseinanderfallen.
Diese Äußerung enthalte auch nicht die verdeckte Behauptung, die
Kläger seien in der Lage gewesen, den betreffenden Pfarrer aus
seinem Amt zu entfernen. Eine entsprechende zwangsläufige
Schlußfolgerung könnten die Leser bzw. die Hörer aus den
journalistischen Beiträgen nicht entnehmen. Vielmehr sei hierin ein
Vorwurf gegenüber dem betreffenden Pfarrer zu sehen, daß er sein
kirchliches Amt trotz seines Fehlverhalten nicht freiwillig
niedergelegt habe.
Weiterhin ist der Beklagte der Auffassung, er könne sich auf die
Wahrnehmung berechtigter Interessen berufen, da er den
pressemäßigen Sorgfaltspflichten in ausreichendem Maße nachgekommen
sei. Die Weigerung des Presseamtes des Klägers zu 2), Auskunft zu
erteilen, sei presserechtlich unzulässig gewesen. Durch eine
umfassende Stellungnahme hätten die Kläger Einfluß auf die
Berichterstattung nehmen können.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Köln vom
11.06.1997 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung des Beklagten
zurückzuweisen.
Sie treten den Behauptungen und Rechtsansichten des Beklagten
entgegen und verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung
und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages.
Sie sind der Auffassung, die Kläger zu 2) und 3) seien
aktivlegitimiert. Auch der Kläger zu 3) werde durch die Vorwürfe
des Beklagten durch seine namentliche Erwähnung in den beiden
streitbefangenen Zeitungsartikeln persönlich betroffen.
Bei einer Betrachtung des Gesamtzusammenhangs handele es sich
bei den streitgegenständlichen Äußerungen um "verdeckte", unwahre
Tatsachenbehauptungen. Es werde ein bestimmter Sachverhalt mit
Details geschildert, der bei dem Leser bzw. Hörer die Vorstellung
vermittele, das Geschehen habe sich so wie beschrieben abgespielt
und könne jederzeit mit den Mitteln des Beweises auf den
Wahrheitsgehalt überprüft werden.
Dabei habe der Beklagte seine Einzelaussagen so formuliert und
aufgebaut, daß sich die Kernaussage, die Kläger seien untätig
geblieben, obwohl sie zum Handeln in der Lage gewesen seien, den
Lesern bzw. Hörern als unabweisliche Schlußfolgerung aufgezwungen
werde.
Daß die Amtsentfernung des erpresserischen Pfarrers für die
Kläger möglich gewesen sei, werde in dem Schlußsatz der
journalistischen Beiträge vom 24. und 28.11.1996 außer Frage
gestellt. Dabei werde verschwiegen, daß die Kläger den Pfarrer
nicht hätten identifizieren können.
Zudem habe der Beklagte wegen der Schwere des Vorwurfes
besonders sorgfältig recherchieren müssen. Die Entscheidung des
Plenums des D. über die Beschwerde der Zeitschrift "D." sei
fehlerhaft und beinhalte kein Präjudiz für das vorliegende
Verfahren.
Wegen aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien
wird auf den vorgetragenen Inhalt der in dem Rechtstreit
gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Die von den Parteien zu
den Akten gereichten Unterlagen und die beigezogenen Akten 28 O
573/96 - Landgericht Köln - und 172 UJs 68/96 - Staatsanwaltschaft
Köln - waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
E N T S C H E I D U N G S G R Ó N D E :
Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache nur
teilweise Erfolg.
I.
Das Landgericht hat den Beklagten zu Recht verurteilt, es zu
unterlassen, die in dem Antrag zu a) und b) enthaltenen Äußerungen
im Hinblick auf die Kläger zu 1), zu 2) und 4) aufzustellen. Die
mit der Berufung des Beklagten vorgetragenen Gesichtspunkte geben
zu keiner anderen Beurteilung Anlaß. Soweit sich der Beklagte gegen
die Unterlassungsverpflichtung hinsichtlich des Klägers zu 3)
wendet, hat die Berufung Erfolg. Insoweit ist die Klage
abzuweisen.
1.
a)
Der Kläger zu 2) (= das Erzbistum x.) kann vorliegend
zivilrechtlichen Ehrenschutz gegenüber den Angriffen des Beklagten
in Anspruch nehmen.
Der Unterlassungsanspruch steht demjenigen zu, dessen rechtlich
geschützte Sphäre durch eine Äußerung bereits verletzt wurde bzw.
der eine Verletzung zu befürchten hat (vgl. Wenzel, Das Recht der
Wort- und Bildberichterstattung, 4. Auflage 1994, Rdnr. 12.36;
Löffler, Presserecht, 4. Auflage 1997, § 6 LPG, Rdnr. 275 m.w.N.).
Individuell betroffen und anspruchsberechtigt können nicht nur
natürliche und juristische Personen des Privatrechts sein, sondern
auch Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts (Wenzel,
a.a.O., Rdnr. 12.43; Löffler, a.a.O., Rdnr. 275; BGH, AfP 1983, 270
ff. (271) für die Bundesanstalt für Arbeit). Auch das Erzbistum x.
kann sich als eigenständige juristische Person in der Rechtsform
der Körperschaft des öffentlichen Rechts (vgl. z.B.: BGH, NJW 1994,
245 ff. (246)) auf den zivilrechtlichen Persönlichkeitsschutz
berufen.
Der Kläger zu 2) ist auch durch die Äußerungen des Beklagten
individuell betroffen. Sowohl in den streitgegenständlichen
Zeitungsartikeln als auch in der H. befaßt sich der Beklagte mit
dem Erzbistum x.. Insoweit werden nicht nur die Kläger zu 1) und
4), sondern wird auch der Kläger zu 2) unmittelbar in die Kritik
mit einbezogen. So heißt es in dem in der Zeitschrift "D."
veröffentlichten Artikel:
"Das Erzbistum x. hat die Brisanz des Schreibens von Frau D.
nicht begriffen.
...
Den Vorwurf der Mitverantwortung an der Lage der geschwängerten
Sternsingerin wies das Erzbistum x. in seinem Antwortschreiben
zurück."
Dieser Vorwurf wird in dem Artikel in der Zeitschrift "K."
wiederholt, wenn es dort heißt:
"Den Vorwurf der "Mitverantwortung" hat das Erzbistum x. in dem
Brief zurückgewiesen."
In der am 24.11.1996 von XX. ausgestrahlten H. spricht der
Beklagte den Kläger zu 2) ebenfalls ausdrücklich an, indem er
wiederum ausführt, das Erzbistum x. habe die Brisanz des Schreibens
von Frau D. vom 18.09.1996 nicht verstanden, den Vorwurf der
Mitverantwortung zurückgewiesen und die Beantwortung präziser
Fragen abgelehnt.
b)
Demgegenüber ist unter Berücksichtigung der vorstehenden
Ausführungen der Kläger zu 3) (Generalvikar Prälat Dr. ) nicht
aktivlegitimiert.
Dieser kann seine Betroffenheit nicht bereits darauf stützen,
daß er als jeweiliger Vertreter durch die Kritik an dem Erzbistum
x. und dem Erzbischof von x ebenfalls mittelbar als Amtsträger und
Mitarbeiter betroffen ist. Gegen rechtsverletzende Eingriffe in das
Persönlichkeitsrecht steht nur dem unmittelbar Verletzten ein
Abwehrrecht zu, nicht aber demjenigen, der von den Fernwirkungen
eines Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht eines anderen lediglich
mittelbar belastet wird, solange diese Auswirkungen nicht auch als
Verletzung des eigenen Persönlichkeitsrechts zu qualifizieren sind
(vgl. z.B.: BGH, NJW 1980, 1790 f. (1791)).
Die Voraussetzungen einer unmittelbaren Betroffenheit sind nicht
gegeben. Allein der Abdruck eines Lichtbildes des Klägers zu 3) in
der Zeitschrift "D." begründet noch keine Betroffenheit, zumal
dieser sich hiergegen auch nicht wendet. In keinem der
journalistischen Beiträge wird dem Kläger zu 3) konkret etwas zum
Vorwurf gemacht; die streitbefangenen Äußerungen haben ebenfalls
keinen unmittelbaren Bezug zu dem Kläger zu 3) bzw. seinem
dienstlichen Aufgabenbereich.
Während der Kläger zu 3) in der H. nicht namentlich bzw. in
seiner Amtsstellung als Vertreter der Kläger zu 1) und 2) erwähnt
wird, heißt es in dem Artikel in der Zeitschrift "K."
lediglich:
"Es stellt sich zwingend die Frage, ob Generalvikar Feldhof
Bescheid wußte. Sein Amt ist es, "alter ego" des Bischofs zu
sein."
Bereits hiermit bringt der Beklagte zum Ausdruck, daß eben nicht
sicher ist, ob der Kläger zu 3) Kenntnis von dem Schreiben der Frau
D. vom 18.09.1996 hatte und somit in der Lage gewesen wäre, den
Schwangerschaftsabbruch zu verhindern oder etwa den Pfarrer aus dem
Amt zu entfernen.
Den weiteren Ausführungen in dem streitbefangenen Artikel, das
Antwortschreiben von Prälat Basten sei 3 Tage zu spät gekommen, da
die Schwangerschaft der jugendlichen Mutter bereits am 08.10.1996
in der 12. SchwangerschaftsW. abgebrochen worden sei, kann eine
persönliche Betroffenheit des Klägers zu 3) nicht entnommen werden.
Insoweit stellt der Verfasser des Artikels ausschließlich auf das
Handeln des Klägers zu 4) ab, der namentlich als Adressat des
Briefes angesprochen wird.
Ebensowenig wird in dem in der Zeitschrift "D." am 28.11.1996
abgedruckten Beitrag behauptet, der Kläger zu 3) habe über den Fall
der Minderjährigen Bescheid gewußt. Der Beklagte läßt wiederum
offen, ob der Kläger zu 3), "dessen Amt es ist, den Erzbischof bei
dessen Abwesenheit in allen Dingen bevollmächtigt zu vertreten,
nicht schon vor dem Abtreibungstermin über den Fall informiert
worden war".
Auch ergibt sich aus den jeweiligen Beiträgen für den Leser bzw.
Zuhörer nicht etwa der Eindruck, der Kläger zu 3) sei als
Amtsträger in seiner Funktion als Stellvertreter des Klägers zu 1)
und 2) seinen Aufgaben nicht nachgekommen. An keiner Stelle
behauptet der Beklagte konkret eine Amtspflichtverletzung des
Klägers zu 3). Eine entsprechende Interpretation läßt sich auch
nicht mit der vom Beklagten gewählten Formulierung begründen "Es
stellt sich zwingend die Frage, ob Generalvikar Bescheid wußte.
Sein Amt ist es, "alter ego" des Bischofs zu sein".
In der bloßen Frage nach der Kenntnis des Klägers zu 3) mit dem
Hinweis auf sein Amt ist auch nicht verdeckt die Behauptung
enthalten, der Kläger zu 3) habe während der Abwesenheit des
Klägers zu 1) tatsächlich eingreifen können.
2.
Den Klägern zu 1), zu 2) und zu 4) steht in entsprechender
Anwendung der §§ 1004, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB, 186 StGB ein
Unterlassungsanspruch wegen Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts
zu.
Der Beklagte hat in den streitbefangenen journalistischen
Beiträgen unrichtige, ehrenrührige Tatsachenbehauptungen
aufgestellt, indem er behauptet hat, die Kläger zu 1), zu 2) und zu
4) "seien aufgrund des Schreibens von Frau D. vom 18.09.1996 in der
Lage gewesen, den Schwangerschaftsabbruch der angeblich von einem
Pfarrer geschwängerten Minderjährigen zu verhindern" und es sei den
Klägern zu 1), zu 2) und 4) "möglich gewesen, den angeblich
erpresserischen Pfarrer aus seinem Amt zu entfernen."
Die den Gegenstand des Unterlassungsanspruch bildenden
Äußerungen werden zwar von dem Beklagten nicht wörtlich in den
beiden Artikeln und dem am 24.11.1996 gesendeten Rundfunkbeitrag
mitgeteilt. Bei einer Würdigung des Aussagehalts der
streitbefangenen Beiträge im Gesamtzusammenhang (vgl. zu diesem
Erfordernis allgemein z.B.: BGH, VersR 1986, 992 f. (993); BGH,
VersR 1993, 193 ff. (194) m.w.N.; BGH, AfP 1994, 299 ff. (300))
gelangt der als Maßstab heranzuziehende Durchschnittsleser bzw.
-hörer (vgl. zu dem Erfordernis z.B.: Löffler, a.a.O., § 6 LPG
Rdnr. 90 m.w. umfangreichen Nachweisen) jedoch zu dem Ergebnis, daß
der Beklagte die streitgegenständlichen Behauptungen sinngemäß
aufgestellt hat. Insoweit können die Kläger zu 1), zu 2) und zu 4)
auch die Unterlassung der "verdeckten" Behauptungen gelten
machen.
a)
Der Ehrenschutz ist nicht nur auf eine Würdigung der "offen"
aufgestellten Behauptungen des Beklagten beschränkt, sondern
erstreckt sich ebenso auf die Äußerungen, die im Gesamtzusammenhang
der "offenen" Einzelaussagen "versteckt", "zwischen den Zeilen"
stehen. Gerade gegenüber solchen "versteckten" Aussagen kann die
betroffene Persönlichkeit besonders schutzwürdig sein, weil sie
hierdurch stärker belastet sein kann als durch "offene"
Beschuldigungen. Vorwürfe, die der Betroffene selbst erst mittels
Sinninterpretation eruieren muß, geben ihm eine weniger feste
Grundlage an die Hand, von der aus er sich wehren kann. Zudem kann
ein Betroffener auch dadurch zusätzlich belastet werden, daß die
Ermittlung des Aussagegehalts den erkennbar angeregten
Schlußfolgerungen des Adressaten anheim gegeben und somit die
Mißverständnisbreite erhöht ist (vgl. BGHZ 78, 9 ff. (14 f.); BGH,
AfP 1994, 295 ff. (296 f.); BGH, AfP 1994, 299 ff. (301)).
Dem Beklagten ist zuzustimmen, daß bei der Annahme solcher
"verdeckter" Aussagen eine besondere Zurückhaltung geboten ist, um
die Spannungslage zwischen dem gleichrangigen Ehrenschutz und der
Kritikfreiheit (vgl. hierzu: BVerfG, NJW 1977, 799 f. (800); BGHZ
78, 9 ff. (14); BGH, NJW 1978, 1797 ff. (1798)) nicht einseitig
unter Verletzung von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG zu Lasten der
letzteren zu verschieben. Die Auslegung muß sich an den Text und
die durch ihn festgelegte Gedankenführung halten und hierbei die
sich unmittelbar aus ihm ergebenden Maßstäbe zur Grundlage nehmen
(BGHZ 78, 9 ff. (15); BGH, VersR 1986, 992 f. (993); BGH, VersR
1987, 1016 ff. (1018)).
Dabei ist zu unterscheiden zwischen der Mitteilung einzelner
Fakten, aus denen der Leser eigene Schlüsse in Richtung auf einen
Sachverhalt selbst ziehen kann und soll, und der eigentlichen
"verdeckten" Aussage des Autors, mit der dieser durch das
Zusammenspiel der offenen Äußerungen eine zusätzliche eigene
Sachaussage macht bzw. sie dem Leser als unabweisliche
Schlußfolgerung nahelegt. Nur im letzteren Fall kann die
"verdeckte" Aussage einer "offenen" Behauptung des Äußernden
gleichgestellt werden.
Grundsätzlich kann sich der Betroffene in aller Regel nicht
dagegen wehren, daß der Leser aus den ihm "offen" mitgeteilten
Fakten eigene Schlüsse auf einen Sachverhalt zieht, für den die
"offenen" Aussagen Anhaltspunkte bieten, der von dem Äußernden so
aber weder "offen" noch "verdeckt" in seinen Einzelaussagen
behauptet worden ist. Insoweit kann der Autor verlangen, an seinem
Beitrag gemessen zu werden (BGHZ 78, 9 ff. (15 f.); BGH, AfP 1994,
295 ff. (297); AfP 1994, 299 ff. (301)).
b)
Gemessen an diesen Grundsätzen drängt der Beklagte mit der
Mitteilung der "offenen" Fakten dem jeweiligen Empfänger der
Äußerungen die angegriffenen "verdeckten" Schlußfolgerungen als
Sachaussage auf. Anders können die Aussagen des Beklagten in den
streitgegenständlichen Beiträgen nicht verstanden werden.
aa)
So werden in dem in der Zeitschrift "D." vom 28.11.1996
veröffentlichten Beitrag dem Leser nicht nur im Rahmen einer
schlichten Dokumentation Fakten mitgeteilt, die einen Denkanstoß
vermitteln sollen, ohne ihm bereits eine fertige Schlußfolgerung
(und zwar eine solche des Beklagten) nahezulegen. Vielmehr wird die
nach Auffassung des Autors von den Klägern zu 1), zu 2) und zu 4)
vorgenommene Behandlung des Vorfalls als "Fristenlösung" in weitere
Aussagen eingebettet, die über den Anstoß zum Weiterdenken
hinausgehen und dem Leser den Sachverhalt unterbreitet, die
angesprochenen Kläger hätten die Möglichkeit gehabt, den
Schwangerschaftsabbruch der von einem Pfarrer geschwängerten
Minderjährigen zu verhindern.
Bereits der vom Beklagten gewählte Aufbau des Artikels belegt,
daß dem Leser der Eindruck vermittelt werden soll, für die Kläger
zu 1, zu 2) und 4) seien die Jugendliche und der Pfarrer bekannt
oder identifizierbar, so daß sie helfend hätten tätig werden
können.
Diese Behauptung wird bereits schlagwortartig in der Óberschrift
aufgestellt, in der es heißt:
"Ein Priester schwängerte eine Minderjährige. Die katholische
Kirche, davon unterrichtet, wartete. Bis nach der Abtreibung".
Für den angesprochenen Leserkreis ergibt sich bereits hieraus -
insbesondere aufgrund der uneingeschränkten Formulierung "davon
unterrichtet" - eine umfassende Kenntnis und
Handlungsmöglichkeit.
Eine Substantiierung dieser Aussage erfolgt im weiteren Artikel
durch eine Reihe von Einzelaussagen, die in dem geschilderten
Gesamtzusammenhang zu der angegriffenen "verdeckten" Behauptung
führen.
Zunächst wird der äußere Ablauf des Geschehens einschließlich
des Beratungsgespräches bei "P." und das Ergebnis der Beratung
geschildert. Danach wird dem Leser mitgeteilt, Frau D. habe noch am
selben Tage die Kläger zu 1) und zu 4) in einem Brief über den Fall
informiert. Hierbei zitiert der Beklagte wörtlich aus dem
Schreiben: "Heute fand nun eine Beratung der Jugendlichen in einer
Beratungsstelle von P. statt. Nach dem heutigen Stand wird die
Schwangerschaft in den nächsten Tagen abgebrochen."
Anschließend wird die Haltung des Klägers zu 1) zu der Frage des
zölibatären Lebens kritisch geschildert. Wenn nach dieser
Darstellung mitgeteilt wird, das Erzbistum x. habe die Brisanz des
Schreibens von Frau D. nicht begriffen, niemand habe Kontakt zu der
werdenden Mutter gesucht, so entnimmt der unbefangene Adressat
hieraus zwingend, eine Kontaktaufnahme wäre möglich gewesen.
Ansonsten bedurfte es keines Hinweises auf die "Brisanz" des
Schreibens und die fehlende Kontaktaufnahme.
Noch deutlicher wird dies für den Durchschnittsleser aus den
nachfolgenden Ausführungen zu dem Erfordernis des unverzüglichen
Handelns. Die gewählte Formulierung "hätte man auf das Schreiben
von Frau D. unverzüglich reagiert, dann hätte die Kirchenleitung
fast drei Wwochen Zeit gehabt, sich um die werdende Mutter zu
kümmern" kann nicht anders verstanden werden, als daß während
dieses Zeitraumes für die Kläger zu 1), zu 2) und zu 4) ohne
Schwierigkeiten die Möglichkeit einer Kontaktaufnahme zu der
Schwangeren bestand und sie auf deren Entscheidung durch geeignete
Hilfsangebote hätten Einfluß nehmen können.
Dies wird durch den Hinweis auf die Art der Hilfe - finanzielle
Unterstützung -, der sich hieran anschließenden Aussage "und sie
möglicherweise zum Austragen des Kindes zu bewegen" und dem
abschließenden Resümee "Doch geschehen ist - nichts" verstärkt.
Entgegen der Auffassung des Beklagten steht der Wortlaut der
Passage "möglicherweise zum Austragen des Kindes zu bewegen" nicht
im Widerspruch zu der begehrten Unterlassung. Hierdurch werden von
dem Beklagten nicht etwa die von ihm behaupteten
Handlungsmöglichkeiten relativiert. Vielmehr bezieht sich die
Formulierung ausschließlich auf die Ungewißheit, ob die werdende
Mutter ein Hilfsangebot der Kläger zu 1), zu 2) und zu 4) A.hmen
und von ihrer Entscheidung zum Abbruch der Schwangerschaft abrücken
werde.
Ähnliche sprachliche Wendungen finden sich in dem in der
Zeitschrift "K.", Ausgabe, abgedruckten Artikel. Auch hier
schildert der Beklagte den äußeren Geschehensablauf und zitiert aus
dem Schreiben von Frau D.. Hierbei werden mit den Äußerungen
"Offenbar wurde im Ordinariat die Brisanz des Schreibens nicht
erkannt. Eine Kontaktaufnahme mit der werdenden Mutter fand nicht
statt.
Prälat xx., selbst Adressat des Briefes und somit zum Handeln
aufgefordert, ließ sich mit einer Antwort bis zum 11. Oktober
Zeit.
...
Das war leider drei Tage zu spät. Die Schwangerschaft der
jugendlichen Mutter war am 8. Oktober 1996 in der 12.
Schwangerschaftswoche abgebrochen worden."
wiederum von dem Beklagten dem Leser nicht nur Anstöße zum
Weiterdenken gegeben, sondern zwingend die angegriffene "verdeckte"
Schlußfolgerung als eigene Behauptung unterbreitet.
Schließlich sind ebenfalls in dem am 24.11.1996 in XX.
gesendeten H. entsprechende Formulierungen gefallen.
bb)
Ebenfalls ergibt sich die mit dem Unterlassungsantrag zu b)
angegriffene Aussage als "verdeckte" Behauptung aus den
streitbefangenen Beiträgen des Beklagten.
So heißt es in dem Artikel in der Zeitschrift "D." vom
28.11.1996:
"Der erpresserische Pfarrer übt das Amt in seiner
Großstadtpfarrei noch immer aus"
und in der streitbefangenen H. vom 24.11.1996:
"Der erpresserische Pfarrer übrigens übt sein Amt nach wie vor
in seiner Pfarrei aus."
Dadurch suggeriert der Beklagte, es sei den von ihm ausdrücklich
angesprochenen Klägern zu 1) und 4) der Name des "erpresserischen"
Pfarrers bekannt und deshalb möglich gewesen, diesen aus seinem Amt
zu entfernen. Dagegen ist entgegen der Ansicht des Beklagten seinen
Ausführungen nicht ein gegenüber dem Pfarrer erhobener Vorwurf zu
entnehmen, daß dieser sein Amt trotz seines Fehlverhaltens nicht
freiwillig niedergelegt habe. Jedenfalls zielen die Beiträge
jeweils gegen das Erzbistum x. und die Kläger zu 1) und 4).
Insoweit ist die Äußerung des Beklagten ebenfalls im
Zusammenhang mit dem vom ihm in den journalistischen Beiträgen
aufgebauten Gesamtbild des Verhaltens der angesprochenen Kläger -
Untätigkeit, obwohl eine tatsächliche Möglichkeit zum Handeln
bestand - zu sehen. Wie vorstehend im einzelnen aufgezeigt, wird
vom Beklagten zunächst der tatsächliche Geschehensablauf eingehend
geschildert und mitgeteilt, daß die angesprochenen Kläger
informiert worden seien. Mangels anderer Angaben mußten die Leser
bzw. Zuhörer davon ausgehen, daß die Informationen zumindest
ausreichten, den Pfarrer zu identifizieren. Dieser Eindruck wird
auch dadurch verstärkt, daß der Beklagte weitere Details
hinsichtlich des Wirkungskreises des Pfarrers mitteilt, in dem er
von "Großstadtpfarrei" bzw. "Pfarrei" spricht. Damit drängt sich
für den Leser/Hörer die unabweisliche Schlußfolgerung auf, daß den
Klägern die Möglichkeit zur Amtsentfernung des Pfarrers eröffnet
war. Im Rahmen der H. wird diese Aussage auch noch durch die
benutzte Formulierung "übrigens" verstärkt.
c)
Entgegen der von dem Beklagten mit der Berufung vertretenen
Ansicht sind die inkriminierten "verdeckten" Äußerungen als
Tatsachenbehauptungen aufzufassen.
aa)
Im Gegensatz zu einem Werturteil bezieht sich eine
Tatsachenbehauptung auf etwas Geschehenes oder einen gegenwärtigen
Zustand und steht deshalb grundsätzlich dem Beweis offen, d.h. ihre
Wahrheit oder Unwahrheit ist grundsätzlich mit den in der
Prozeßordnung vorgesehenen Beweismitteln überprüfbar. Werturteile
sind dagegen geprägt durch die Elemente der Stellungnahme, des
Dafürhaltens oder Meinens und sind eben deshalb einem Beweis nicht
zugänglich (st. Rspr. z.B.: BVerfG, NJW 1983, 1415 ff. (1415 f.);
BVerfG, NJW 1992, 1439 ff. (1440); Senatsurteile in AfP 1983, 470
und AfP 1984, 56).
Ob eine Äußerung Werturteil oder Tatsachenbehauptung ist,
richtet sich nicht allein nach dem Wortlaut und der äußeren Form,
in die die Veröffentlichung gekleidet ist, sondern vor allem auch
nach ihrem Inhalt, so wie sie in ihrem Gesamtzusammenhang von den
angesprochenen Verkehrskreisen, hier die Leser und Hörer der vom
Beklagten verfaßten Beiträge, verstanden wird (so z.B. zuletzt:
BGH, AfP 1997, 634 ff. (635)).
bb)
Auch unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs, in welchem
die "verdeckten" Äußerungen des Beklagten stehen, handelt es sich
hierbei nicht um Werturteile des Beklagten, die ein Zusammenspiel
von Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen darstellen und in
entscheidender Weise durch das Element der Stellungnahme geprägt
werden.
Zwar ist dem Beklagten zuzubilligen, daß die jeweilige
Einleitungspassage des Artikels in der Zeitschrift "D." und der von
XX. vom 24.11.1996 ausgestrahlten Rundfunksendung die
Meinungsäußerung enthält, daß nach der Beurteilung des Beklagten
die katholische Kirche sich durch ihr tatsächliches Handeln in
Widerspruch zu den von ihr propagierten Grundsätzen stellt. Indes
ist nicht der gesamte Inhalt der streitbefangenen Beiträge als
Wertung des Beklagten einzuordnen.
Der Beklagte zeigt nicht nur die seiner Meinung nach bestehende
Inkonsequenz des Verhaltens der Amtskirche auf. Vielmehr steht im
Mittelpunkt der beiden Artikel und der Rundfunksendung der Fall,
der sich nach der Darstellung des Beklagten in Köln ereignet haben
soll. Dieser durchzieht wie ein roter Faden die Beiträge des
Beklagten. Bereits in den Óberschriften der beiden
Zeitschriftenartikel wird er erwähnt, wenn es in der Zeitschrift
"K." heißt "S." bzw. in der Zeitschrift "D.": "F.. Ein Priester
schwängerte eine Minderjährige. Die katholische Kirche, davon
unterrichtet, wartete. Bis nach der Abtreibung".
Den Fall der geschwängerten Minderjährigen schildert der
Beklagte anschließend als tatsächliches Geschehen mit zahlreichen
Details. So wird neben dem fast kalendermäßig bestimmten Beginn des
Vorfalls (Jahresbeginn, um den Dreikönigstag Anfang Januar), auch
mitgeteilt, wo sich der Fall ereignet hat (Bischofsstadt). Danach
wird ausführlich - wiederum mit zahlreichen Einzelheiten
geschildert, wie es zu der Schwangerschaft kam (Sternsinger,
Unterschlagung, Erpressung), welche Reaktion diese bei dem
betroffenen Mädchen auslöste (tiefe Krise, Selbstmordabsichten) und
wo sie Hilfe holte (P.). Danach werden Fakten über die
Unterrichtung der Kläger zu 1), zu 2) und zu 4), deren Reaktion und
Angaben über den Pfarrer (Großstadtpfarrei/Pfarrei) genannt.
Diese Details vermitteln die Vorstellung, das Geschehen habe
sich so - wie beschrieben - ereignet und die Darstellung könne
jederzeit auf seinen Wahrheitsgehalt überprüft werden. Dieser
Eindruck wird durch die tatsächlich erfolgten Namensnennungen (Frau
D., Kardinal Yy. und Prälat xx.) noch verstärkt.
Zusätzlich arbeitet der Beklagte mit verschiedenen Stilmitteln,
nämlich neben dem Aufzeigen von Detailangaben auch mit der
Wiedergabe von wörtlichen Zitaten aus den Schreiben von Frau D. und
demjenigen des Klägers zu 4). Diese Stilform, die gerade
Tatsachenbeiträgen zu eigen ist, führt bei der Bewertung der
Äußerungen im Gesamtzusammenhang zu der Bejahung des Vorliegens von
Tatsachenbehauptungen. Die Beiträge sind dadurch gekennzeichnet,
daß der Autor versucht, den zeitlichen und sachlichen Ablauf
bereits durch Beweismittel zu belegen.
Werden die streitgegenständlichen "verdeckten" Äußerungen unter
diesem Blickwinkel betrachtet, so ergibt sich, daß es sich insoweit
nicht um eine Bewertung handelt, sondern um eine
Tatsachenbehauptung, die der Leser bzw. Hörer als solche
erkennt.
d)
Diese von dem Leser bzw. Hörer im dargelegten Sinne verstandenen
"verdeckten" Behauptungen des Beklagten sind unwahr. Dabei kann es
dahingestellt bleiben, ob man den Äußerungen des Beklagten
entnehmen kann, die Kläger zu 1), zu 2) und zu 4) hätten sich
unmittelbar an die schwangere Jugendliche wenden können, oder ob
aus ihnen nur folgt, daß ein Kontakt über Frau D. möglich gewesen
wäre.
Tatsächlich hatten die angesprochenen Kläger aufgrund der von
Frau D. erhaltenen bzw. zu erlangenden Informationen nicht die
Möglichkeit, den Schwangerschaftsabbruch zu verhindern und den
Pfarrer aus seinem Amt zu entfernen. Insoweit räumt auch der
Beklagte ein, daß die angesprochenen Kläger weder den Namen der
Minderjährigen noch des Pfarrers kannten. Sie waren auch nicht in
der Lage, diese in Erfahrung zu bringen. Frau D. hat bei ihrer
polizeilichen Vernehmung in dem staatsanwaltschaftlichen
Ermittlungsverfahren - 172 UJs 68/96 Staatsanwaltschaft Köln - am
03.01.1997 bekundet, sie habe die Namen des Mädchens und des
Priesters nicht gekannt, dies dem Kläger zu 4) auch schon in dem
vor Abfassen des Schreibens vom 18.09.1996 fernmündlich geführten
Gespräch erklärt und sie sei nicht in der Lage gewesen, Kontakt zu
dem Mädchen aufzunehmen. Sie konnte auch nicht zu einer weiteren
Identifizierung beitragen.
Dagegen spricht auch nicht der Inhalt der von dem Beklagten
eingereichten Kopie einer eidesstattlichen Versicherung von Frau D.
vom 26.11.1996 (Bl. 83 d.GA.). Die Zeugin legte darin insoweit nur
dar, daß sie die Minderjährige "persönlich" kenne. Sie erklärte
indes nicht, daß sie die Minderjährige namentlich gekannt und zu
ihr jederzeit Kontakt habe aufnehmen können.
Die inkriminierten Äußerungen sind in erheblichem Maß geeignet,
die Kläger zu 1), zu 2) und 4) in ihrer Ehre und der öffentlichen
Meinung herabzuwürdigen. Ihnen wird der Vorwurf der Inkonsequenz
bei der Anwendung der eigenen Grundsätze gemacht und die
Inkaufnahme einer Abtreibung durch die Billigung eines Fristablaufs
vorgeworfen. Dieser Vorwurf trifft die angesprochenen Kläger in
besonderer Weise, da der Schutz des werdenden Lebens und das
Zölibat tragende Grundsätze der katholischen Kirche sind.
e)
Die Verbreitung der unwahren Tatsachenbehauptungen war
rechtswidrig. Der Beklagte kann sich nicht auf die Wahrnehmung
berechtigter Interessen berufen (§ 193 StGB analog).
Dabei ist dem Beklagten zuzubilligen, daß ein berechtigtes
Anliegen besteht, die Frage des Zölibats und die Haltung der
katholischen Kirche hierzu in der Öffentlichkeit anzusprechen und
auch Verstöße aufzuzeigen. Das vermag einen Journalisten jedoch
nicht von der Pflicht zur sorgfältigen Prüfung des Wahrheitsgehalts
seines Berichts zu entbinden, zumal das angesprochene Thema in
hohem Maße "brisant" ist.
Zwar dürfen die pressemäßigen Sorgfaltsanforderungen nicht
überspannt, insbesondere nicht so bemessen werden, daß die Funktion
der Meinungsfreiheit in Gefahr gerät. Dies ist insbesondere zu
beachten, wo über Angelegenheiten berichtet werden soll, die für
die Allgemeinheit von erheblicher Bedeutung sind (vgl. z.B.: BGH,
NJW 1996, 1131 ff. (1133)). Demgemäß ist stets unter Würdigung
aller Umstände des Falles eine sorgfältige Güterabwägung
vorzunehmen, bei der sowohl dem Grundrecht des Äußernden aus Art. 5
Abs. 1 GG als auch der verfassungsrechtlich geschützten Position
des von der Äußerung Betroffenen aus Art. 1, 2 Abs. 1 GG das
gebotene Gewicht beizumessen ist.
Angesichts der erheblichen streitgegenständlichen Vorwürfe und
den sich daraus möglicherweise für die Kläger ergebenden
schwerwiegenden Eingriffen in die persönliche Ehre waren an eine
ordnungsgemäße und sorgfältige Recherche des Beklagten hohe
Anforderungen zu stellen. Dies gilt auch deshalb, weil der Beklagte
seine Behauptungen teilweise in einer Rundfunksendung aufstellte
und insoweit wegen des weitreichenden Einflusses dieses Mediums die
Zuverlässigkeit der Erkenntnisquellen besonders sorgfältig zu
prüfen ist (vgl. allgemein: Wenzel, a.a.O., Rdnr. 6.73)
Vorliegend rechtfertigen die von dem Beklagten recherchierten
Fakten indes nicht die Verbreitung der über die Kläger in den
Berichten bzw. der H. enthaltenen unwahren "verdeckten" Aussagen.
Diese beruhen auf einer nicht hinreichend sorgfältigen Recherche
des Beklagten. Er hat den Wahrheitsgehalt der von ihm aufgestellten
Behauptungen vor der Veröffentlichung nicht mit der notwendigen
Sorgfalt überprüft und ist seinen Pflichten zur sorgfältigen
Recherche nicht im gebotenen Umfang nachgekommen.
Der Beklagte hätte mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln
der Recherche den Sachverhalt weiter aufklären müssen und können.
So stand dem Beklagten die Zeugin D. als unmittelbares Beweismittel
zu Verfügung. Daß der Beklagte seine Erkenntnisse ausschließlich
auf die Angaben von D. stützt, wird nicht aufgezeigt. Dagegen
spricht bereits, daß sich - wie das Landgericht zutreffend ausführt
(§ 543 ZPO) - aus dem Schreiben der Frau D. und auch ihrer
eidesstattlichen Versicherung vom 26.11.1996 weder Indizien noch
Anhaltspunkte ergeben, die eine ausreichende Tatsachengrundlage für
die Verbreitung der die Kläger schwer belastenden Aussagen zu
bieten vermochte. So werden in den streitbefangenen Beiträgen,
wesentliche der Zeugin D. bekannte - so ihre Angaben gegenüber den
Ermittlungsbehörden - Fakten nicht mitgeteilt.
Bei einer sorgfältigen Recherche hätte der Beklagte über seine
Informantin Frau D. - entsprechend ihrer Aussage vor der Polizei -
insbesondere erfahren, daß weder der Name des Mädchens bzw. auch
des Priesters bekannt war noch Möglichkeiten bestanden, die
Personalien weiter aufzuklären. Diesen Umstand hätte der Beklagte
in seinen Artikeln bzw. in der H. aufdecken müssen.
Auch die Weigerung des Presseamtes des Klägers zu 2), das
Schreiben des Beklagten vom 20.11.1996 (Bl. 14 f. d.GA.) zu
beantworten, rechtfertigt nicht etwa die Annahme geringerer
Sorgfaltsanforderungen bei der Recherche. Dabei kann es
dahingestellt bleiben, ob der Kläger zu 2) gemäß § 4 LPG NW
verpflichtet war, in inneren kirchlichen Angelegenheiten eine
Auskunft zu erteilen (verneinend: Löffler, a.a.O., § 4 Rdnr. 64
m.w.N.).
Der Beklagte durfte von der Auskunftsverweigerung nicht bereits
auf die Richtigkeit der von ihm erhobenen Vorwürfe schließen. Die
Anfrage des Beklagten vom 20.11.1996 betraf ausschließlich die
Frage der Behandlung des Schreibens von Frau D. durch die
Adressaten. Demgegenüber wurde nicht danach gefragt, ob für die
Kläger die Möglichkeit der Hilfeleistung bestand und ob
hinsichtlich des Pfarrers Maßnahmen ergriffen worden sind oder noch
werden.
Erst recht durfte er wegen der Weigerung in Bezug auf die Kläger
zu 1), zu 2) und 4) keine Behauptungen aufstellen, die sich weder
aus den Angaben von Frau D. noch aus den sonstigen Unterlagen
ergaben.
f)
Der rechtswidrige Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der
Kläger zu 1), zu 2) und zu 4) begründet auch die Gefahr einer
Wiederholung. Die besonderen Anforderungen, die an die
Wiederholungsgefahr bei "verdeckten" Behauptungen zu stellen sind,
sind vorliegend erfüllt (vgl. allgemein: Wenzel, a.a.O., Rdnr.
12.11.). Die Kläger begehren nicht die Unterlassung des Abdrucks
des "offenen" Textes, sondern der verdeckten Aussage. Insoweit
besteht durchaus die Gefahr, daß der Beklagte diese Behauptung, sei
es in "verdeckter" - u.U. auch anderer - Form oder auch "offen"
erneut aufstellt. Insoweit haben die Kläger ein schutzwürdiges
Interesse an einem Verbot der "verdeckten" Behauptungen.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 100
ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbar beruht auf §§
708 ff ZPO, 713 ZPO analog.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 60.000,00 DM
(je Kläger 15.000,00 DM = 4 x 15.000,00 DM; vgl. auch Beschluß
des Senates vom 27.10.1997, Bl. 188 d.GA.)
Für die Festsetzung einer Beschwer gemäß § 546 Abs. 2 ZPO
bestand keine Veranlassung, da es sich um eine
nichtvermögensrechtliche Streitigkeit handelt (vgl. allgemein:
Zöller-Gummer, ZPO, 20. Aufl. 1997, § 546 Rdnr. 5).