LAG Düsseldorf, Beschluss vom 19.11.1996 - 8 TaBV 80/96
Fundstelle
openJur 2012, 75887
  • Rkr:

Dem Betriebsrat steht im Falle einer Betriebsänderung i. S. des § 111 Ziff. 1 BetrVG kein im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzbarer Anspruch auf Unterlassung betriebsbedingter Kündigungen zu, und zwar weder bis zum Abschluß eines Interessenausgleichs bzw. bis zum Abschluß eines Einigungsstellenverfahrens über einen Interessenausgleich noch - nach dem am 01.10.1996 in Kraft getretenen arbeitsrechtlichen Beschäftigungsförderungsgesetz - bis zum Ablauf von drei Monaten nach erstmaliger Beteiligung des Betriebsrats hinsichtlich der beabsichtigten Betriebsänderung.

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrates gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Duisburg vom 23.10.1996 - 5 BVGa 10/96 - wird zurückgewiesen.

Gründe

I.Die vier Antragsgegnerinnen (Arbeitgeber) bilden im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes einen Betrieb, der zum Unternehmensbereich der RWE-Entsorgung gehört, im Mineralölrecycling tätig ist und insgesamt ca. 85 Mitarbeiter beschäftigt.

Am 26.09.1996 beschlossen die Gesellschafter der Firma R. die sofortige Außerbetriebnahme der Altölraffinerie zum 31.10.1996. Deswegen wurde am 02.10.1996 der Mitarbeiter H. entlassen. Mit Schreiben vom 16.10.1996 (Bl. 18 bzw. 20 d.A.) wurde dem Betriebsrat mitgeteilt, daß weitere vier Änderungskündigungen bzw. 49 Beendigungskündigungen ausgesprochen werden sollten.

Zum Abschluß eines Interessenausgleichs sowie eines Sozialplans fanden zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber in der Zeit vom 11.10.1996 bis zum 18.11.1996 insgesamt zehn Verhandlungen statt.

Am 24.10.1996 fand darüber hinaus eine Betriebsratswahl statt, die den gesamten Bereich der Firmengruppe umfaßte.

Mit dem am 21.10.1996 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung hat der Betriebsrat die Unterlassung von betriebsbedingten Kündigungen/Änderungskündigungen bis zum Abschluß eines Einigungsstellenverfahrens über einen Interessenausgleich bzw. bis zum Abschluß eines Interessenausgleichs begehrt, da sein Verhandlungsanspruch über einen Interessenausgleich noch nicht erschöpft sei.

Der Betriebsrat hat behauptet:

Die wirtschaftlichen Grundlagen für die Entscheidung, insbesondere die Vorlage der entsprechenden Unterlagen über die Betriebsergebnisse, die Planung etc. seien nicht überreicht worden. Statt wirtschaftliche, personalwirtschaftliche und Planungsunterlagen vorzulegen, sei ihm - dem Betriebsrat - lediglich mitgeteilt worden, daß bestimmte Ergebnisse vorgesehen seien.

Er hat die Auffassung vertreten:

Er habe einen Anspruch auf Unterlassung der betriebsverfassungswidrigen Durchführung der Maßnahme bis zur Erschöpfung des Verhandlungsanspruches über einen Interessenausgleich nach §§ 111, 112 BetrVG. Insofern gehe es insbesondere um das Verbot, Kündigungen vor Abschluß eines Interessenausgleichs auszusprechen. Der gesetzliche Anspruch laufe leer, wenn der Arbeitgeber ohne weiteres die Be-

triebsänderung durchführen könne, einmal von dem Sanktionsanspruch des § 113 BetrVG abgesehen. Wenn der Unterlassungsanspruch verneint würde, hätte dies zur Folge, daß auch ein gesetzlich verbrieftes Recht, das in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkanntermaßen bis hin zur Einigungsstelle verfolgbar sei, tatsächlich keinen Bestand habe, wenn der Arbeitgeber ohne weiteres sich darüber hinwegsetzen könne. Vorliegend komme hinzu, daß der Arbeitgeber auf der einen Seite Verhandlungen führe, auf der anderen Seite den Gegenstand der Verhandlungen beseitige. Dieses Vorgehen verstoße in grober Weise gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit, wie er in den Vorschriften der §§ 2, 78 BetrVG seinen Niederschlag gefunden habe.

Im übrigen spreche auch die Neufassung des § 113 Abs. 3 BetrVG dafür, daß zumindest für die Dauer von zwei Monaten nach Beginn der Beratungen der Verhandlungsanspruch zu gewährleisten sei mit der Folge, daß ein Unterlassungsanspruch zu bejahen sei.

Der Betriebsrat hat beantragt,

den Beteiligten zu 2) bis 5) aufzugeben, es zu unterlassen, betriebsbedingte Kündigungen/Änderungskündigungen bis zum Abschluß eines Einigungsstellenverfahrens über einen Interessenausgleich bzw. bis zum Abschluß eines Interessenausgleichs wegen der Stillegung der Altölraffinerie auszusprechen.

Der Arbeitgeber hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er hat behauptet:

Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß von ihm unterrichtet worden, weshalb der Betriebsrat auch ununterbrochen tage. Der Antrag sei deshalb ohne sachlichen Hintergrund gestellt und diene nur der Zeitverzögerung.

Er hat die Auffassung vertreten:

Der Verhandlungsanspruch des Betriebsrates sei erfüllt. Im übrigen stehe dem Betriebsrat kein Anspruch auf Unterlassung betriebsbedingter Kündigungen bis zum Abschluß der Verhandlungen über einen Interessenausgleich zu.

Mit Beschluß vom 23.10.1996 hat das Arbeitsgericht den Antrag zurückgewiesen und hat dies u. a. wie folgt begründet:

Zwar habe das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung, ein allgemeiner Unterlassungsanspruch sei zu verneinen, inzwischen aufgegeben. Aus dieser Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts lasse sich jedoch nicht der Schluß ziehen, daß nunmehr auch im Rahmen der §§ 111 ff. BetrVG dem Betriebsrat ein Unterlassungsanspruch zustehe. Aus der Ausgestaltung der Vorschriften der §§ 111 ff. BetrVG werde deutlich, daß es sich bei dem Recht des Betriebsrates an der Beteiligung über einen Interessenausgleich lediglich um ein Beratungsrecht handele. Die Untersagung der Kündigungen stelle eine Sanktion dar, die vom Anspruch des Betriebsrates in der Hauptsache (Unterrichtung und Beratung) nicht gedeckt sei. Auch unter Zugrundelegung der Änderung des § 113 Abs. 3 BetrVG, die durch das am 01.10.1996 in Kraft getretene Beschäftigungsförderungsgesetz eingetreten sei, ergebe sich keine andere Bewertung.

Gegen diesen dem Betriebsrat am 29.10.1996 zugegangenen Beschluß hat er am 24.10.1996 Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

Der Betriebsrat behauptet:

Ihm seien weder wirtschaftliche Unterlagen über die Auftragssituation, die Betriebsergebnisse etc. mitgeteilt worden noch seien ihm Planungsunterlagen vorgelegt worden zur Betriebsänderung, insbesondere im Hinblick auf die weiter zu führenden Betriebsteile und die weiterhin zu beschäftigenden Mitarbeiter. Auf die Frage, welche Mengen von Altöl in Zukunft zu bewegen seien, wie entsprechend die logistische Struktur ausschauen möge, sei keinerlei Antwort gegeben worden. Zwar seien die Sammelgebiete genannt worden, nicht jedoch, welche Mengen von Altöl mit welchen Fahrzeugen in welchem Zeitraum zu transportieren seien.

Im übrigen wiederholt der Betriebsrat seine erstinstanzlich vorgetragene Rechtsauffassung.

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluß des Arbeitsgerichts Duisburg vom 23.10.1996, Aktenzeichen: 5 BVGA 10/96 abzuändern und nach dem Antrag erster Instanz zu erkennen.

Der Arbeitgeber beantragt,

die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Duisburg vom 23.10.1996 (5 BVGa 10/96), zugestellt am 29.10.1996, zurückzuweisen.

Er behauptet:

Wie sich aus der Korrespondenz ergebe, habe der Betriebsrat erst "zum Jagen getragen" werden müssen. Auch die nun vom Betriebsrat noch reklamierten Auskünfte

seien erteilt worden.

Auch der Arbeitgeber wiederholt seine Rechtsauffassung und macht sich im übrigen die nach seiner Auffassung zutreffenden Entscheidungsgründe des Beschlusses des Arbeitsgerichts zu eigen.

In der mündlichen Anhörung der Beteiligten vor der erkennenden Kammer wurde festgestellt, daß ein Teil der verlangten Auskünfte inzwischen erteilt, ein weiterer Teil zugesagt worden ist.

Schließlich ist zwischen den Beteiligten vor dem Arbeitsgericht unter dem Aktenzeichen 2 BV 74/96 ein weiteres Verfahren anhängig, mit dem der Betriebsrat begehrt, dem Arbeitgeber aufzugeben, ihm im Zusammenhang mit der Stillegung der Raffinerie bestimmte Unterlagen vorzulegen.

Wegen der sonstigen Einzelheiten wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der Akte Bezug genommen.

II.Die Beschwerde ist zulässig.

Sie ist nämlich an sich statthaft (§ 87 Abs. 1 ArbGG) sowie in gesetzlicher Form und Frist eingelegt und begründet worden (§ 87 Abs. 2 i. V. m. §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 89 Abs. 1, Abs. 2 ArbGG).

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

Es mag dahinstehen, ob es sich hier um eine Sicherungsverfügung im Sinne des

§ 935 ZPO, um eine Regelungsverfügung im Sinne des § 940 ZPO oder um eine sogenannte Leistungs- bzw. Befriedigungsverfügung auf der Rechtsgrundlage des

§ 840 ZPO handelt, für die ein Verfügungsgrund nach wie vor besteht, da auch zum Zeitpunkt der mündlichen Anhörung der Beteiligten in II. Instanz noch nicht alle betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen worden waren, deren Ausspruch aber unmittelbar bevorstand.

In Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht ist nämlich hinsichtlich des Verfügungsanspruchs festzustellen, daß dem Betriebsrat ein Anspruch auf Unterlassung betriebsbedingter Kündigungen bzw. Änderungskündigungen bis zum Abschluß eines Einigungsstellenverfahrens über einen Interessenausgleich bzw. bis zum Abschluß eines Interessenausgleichs nicht zusteht.

Im vorliegenden Fall ist - unstreitig - eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 Ziff. 1 BetrVG gegeben, hinsichtlich derer dem Betriebsrat ein Recht auf rechtzeitige und umfassende Unterrichtung sowie Beratung zusteht.

Die Kammer hat nicht zu beurteilen, ob der Betriebsrat hier, wie der Arbeitgeber meint, (u. a. auch) deshalb weitere Informationen verlangt, um so den Termin zum Ausspruch von betriebsbedingten Kündigungen - zu Gunsten der Arbeitnehmer - hinauszuschieben. Die Gefahr, daß der Betriebsrat hieran sein Verhalten ausrichtet, ist natürlich nicht zu leugnen.

Inwieweit der Betriebsrat nach § 111 Satz 1 BetrVG Anspruch darauf hat, noch bestimmte weitere Informationen über die geplante Betriebsänderung zu erhalten, ist in dem zwischen den Beteiligten in erster Instanz noch anhängigen Verfahren zu entscheiden.

Schließlich ist im vorliegenden Verfahren auch nicht zu entscheiden, ob es aus rechts- bzw. sozialpolitischen Gründen wünschenswert wäre, den gesetzlichen Anspruch des Betriebsrates auf rechtzeitige und umfassende Unterrichtung sowie Beratung im Falle einer Betriebsänderung bis zu dessen Erfüllung mit einem Anspruch auf Untersagung betriebsbedingter Kündigungen zu stärken bzw. zu sichern, was der Gesetzgeber deshalb in Betracht zu ziehen hatte, weil mit dem Ausspruch der Kündigungen die wesentlichen Nachteile für die Belegschaft oder für erhebliche Teile der Belegschaft eingetreten sind, über die an sich zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber verhandelt werden soll.

Zu entscheiden ist, ob der Gesetzgeber im Rahmen des Betriebsverfassungsgesetzes 1972 den Betriebsrat zur Sicherung eines Unterrichtungs- und Beratungsrechts mit einem Anspruch auf Unterlassung betriebsbedingter Kündigungen ausgestattet hat.

Hinsichtlich des kontroversen Meinungsstandes in Rechtsprechung und Literatur sei auf die Darstellung bei GK-Fabricius, Gemeinschaftskommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, 4. Aufl., § 111 Rz. 356 ff. verwiesen.

Nach Auffassung der Kammer läßt sich ein solcher Anspruch weder aus den §§ 111 ff. BetrVG noch aus § 2 Abs. 1 BetrVG herleiten.

Heinze (Die betriebsverfassungsrechtlichen Ansprüche des Betriebsrates gegenüber dem Betriebsrat, Der Betrieb, Beilage 9/83, S. 20 f. m. w. N.) hat nachgewiesen, daß § 111 BetrVG mangels der notwendigen Tatbestands- und Rechtsfolgenelemente nicht als materiellrechtliche Anspruchsgrundlage qualifiziert werden kann. Weder ist ein Zurechnungsprinzip ausgewiesen noch eine Rechtsfolge hinreichend normiert. Zudem, so hat Heinze ausgeführt, bestätigt die systematischteleologische Interpretation der Vorschrift ausweislich des § 113 Abs. 3 BetrVG einerseits, des nicht erzwingbaren Interessenausgleichs des § 112 BetrVG andererseits, daß der Gesetzgeber auch gerade den Verstoß gegen die Berechtigungslage des Betriebsrates in § 111 BetrVG durch den Arbeitgeber nicht schon in § 111 BetrVG selbst sanktioniert hat und sanktionieren wollte, weil es ansonsten weder der Regelung in § 113 Abs. 3 BetrVG bedurft hätte noch die Regelung des Interessenausgleichs in § 112 BetrVG damit in Einklang zu bringen wäre.

Der Betriebsrat hat kein eigenes Recht auf Einhaltung des Interessenausgleichs. Weicht der Arbeitgeber von einem vereinbarten Interessenausgleich ab, so kann dies zwar Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer gemäß § 113 BetrVG zur Folge haben. Indessen kann der Betriebsrat seinerseits gegenüber dem Arbeitgeber aus eigenem Recht die Einhaltung des Interessenausgleichs nicht erzwingen, weil es sich ihm gegenüber lediglich um eine Naturalobligation handelt.

Hat aber der Betriebsrat kein eigenes Recht auf Einhaltung des Interessenausgleichs, so steht ihm auch kein Verfügungsanspruch zur Sicherung eines solchen - nicht bestehenden - Rechtes zu (so BAG - Beschluß vom 28.08.1991 - 7 ABR 72/90 - AP Nr. 2 zu § 85 ArbGG 1979).

Nach der Gesetzeslage steht dem Betriebsrat nur ein Verhandlungsanspruch über den Interessenausgleich zu, während der Sozialplan - im Gegensatz hierzu - über den Spruch der Einigungsstelle gem. § 112 Abs. 4 BetrVG erzwingbar und durchsetzbar ist. Eine einstweilige Verfügung, die die Unterlassung von Kündigungen bis zur Einigung über den Interessenausgleich verfügen würde, ginge also über den eben dargestellten bloßen Verhandlungsanspruch hinaus. Deshalb verbietet die insoweit eindeutige gesetzliche Regelung in den §§ 111 ff. BetrVG auch einen Rückgriff auf § 2 Abs. 1 BetrVG (a. M.: LAG Hamburg - Beschluß vom 08.06.1983 - 6 TaBV 9/83 - Der Betrieb 1983, 2369 ff.), worauf von Boewer (Einstweiliger Rechtsschutz in der Betriebsverfassung, Personalwirtschaft 1984, 330 ff., 336) zutreffend hingewiesen worden ist.

An dieser Rechtslage hat sich auch durch den Beschluß des Bundesarbeitsgerichts vom 03.05.1994 - 1 ABR 24/93 - EzA § 23 BetrVG 1972 Nr. 36 - nichts geändert.

Hiernach steht dem Betriebsrat bei Verletzung von Mitbestimmungsrechten aus § 87 BetrVG unabhängig von den Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 BetrVG ein Anspruch auf Unterlassung mitbestimmungswidriger Maßnahmen gegen den Arbeitgeber zu. Ein Fall der erzwingbaren Mitbestimmung nach § 87 BetrVG liegt hier jedoch nicht vor. Beachtet man weiterhin, daß das Bundesarbeitsgericht in dem zitierten Beschluß ausdrücklich darauf hingewiesen hat, daß es immer auf die konkrete gesetzliche Ausgestaltung des Mitbestimmungsrechts ankommt, so verbietet hier die oben dargelegte gesetzliche Ausgestaltung des Unterrichtungs- und Beratungsrechtes des Betriebsrats im Falle von Betriebsänderungen eine Gleichsetzung mit dem erzwingbaren Mitbestimmungsrecht des § 87 BetrVG (vgl. Hümmerich/Spirolke, Allgemeiner Unterlassungsanspruch des Betriebsrates bei Betriebsänderung, Betriebsberater 1996, 1986 ff.).

Schließlich führt auch das am 01.10.1996 in Kraft getretene arbeitsrechtliche Beschäftigungsförderungsgesetz nicht zu einer anderen Beurteilung .

Nach der Neuregelung des § 113 Abs. 3 BetrVG kann der Unternehmer drei Monate nach einer Beteiligung des Betriebsrates die geplante Betriebsänderung durchführen, ohne daß ihn die Sanktion des Nachteilsausgleichs trifft, auch wenn die Verhandlungen über einen Interessenausgleich, der Vermittlungsversuch des Präsidenten des Landesarbeitsamtes bzw. das Verfahren über den Interessenausgleich vor der Einigungsstelle innerhalb dieser drei Monate noch nicht abgeschlossen sind. Die Neuregelung verstärkt deshalb, wie Löwisch (Das arbeitsrechtliche Beschäftigungsförderungsgesetz, NZA 1996, 1009 ff., 1016) zutreffend ausführt, den in § 113 Abs. 1, Abs. 3 BetrVG zum Ausdruck kommenden Gedanken der Entscheidungsfreiheit des Unternehmers zur Durchführung von Betriebsänderungen. Indem der Gesetzgeber den Sanktionsanspruch des § 113 BetrVG zusätzlich zeitlich begrenzt, erleichtert er die Durchführung einer Betriebsänderung. Deshalb ist auch der Schlußfolgerung von Löwisch zuzustimmen, daß selbst die Arbeitsgerichte, die - im Gegensatz zur erkennenden Kammer - einen Unterlassungsanspruch vertreten, dies nun aufgrund der neuen Gesetzeslage nicht mehr nach Ablauf der gesetzlichen Frist von max. drei Monaten tun können. Die oben beschriebene, aus rechts- bzw. sozialpolitischen Gründen u. U. wünschenswerte Stärkung der Rechte des Betriebsrates ist hierin eben nicht zu sehen. Das Gegenteil ist der Fall, weswegen die gesetzliche Neuregelung - entgegen der Auffassung des Betriebsrats - auch nicht dahin verstanden werden kann, daß zumindest innerhalb dieser drei Monate nunmehr ein Unterlassungsanspruch normiert worden ist.

Nach allem war die Beschwerde des Betriebsrates gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts zurückzuweisen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluß ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (§ 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG i. V. m. § 85 Abs. 2 ArbGG).

Dr. PaulyAnackerOverhage