Der Konkursverwalter ist jedenfalls dann zur Anfechtung von Konkurseröffnung geleisteter Lohnsteuerzahlungen berechtigt (§ 30 Nr. 1, 2 KO), wenn der Arbeitgeber seine Dienstleistungspflicht zur Einbehaltung und (rechtzeitigen) Abführung des Lohnsteueranteils der Arbeitnehmer verletzt hat und der Haftungsanspruch nach § 42 d EStG gegen den Arbeitgeber besteht. In diesem Fall wird auf die Haftungsforderung nach § 42 d EStG gezahlt, so daß auch keine unzulässige Teilanfechtung des daneben und kumulativ mit dem Haftungsanspruch bestehenden primären Zahlungsanspruch gegen den Arbeitnehmer erfolgt.
Die Berufung des beklagten Landes gegen das am 17.6.1992 verkündete Ur-teil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 4 O 129/92 - wird zurückgewie-sen. Die Kosten der Berufung trägt das beklagte Land. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das beklagte Land darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 284.000,00 DM abwenden, wenn nicht dieser vor der Vollstreckung Si-cherheit in gleicher Höhe leistet. Beide Parteien können eine Sicherheitsleistung auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft der Landeszentralbank, einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbringen.
Die Firma M. GmbH, spätere
Gemeinschuldnerin, stellte am 23.5.1991 beim Amtsgericht Aachen
Antrag auf Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens; mit
Beschluß vom selben Tage wurde der Kläger zum vorläufigen Verwalter
bestellt. Am 18.6.1991 wurde das Vergleichsverfahren über das
Vermögen der Gemeinschuldnerin eröffnet und der Kläger zum
Vergleichsverwalter bestellt. Mit Scheck vom 11.6.1991 - übersandt
durch Schreiben vom 12.6.1991 - zahlte die Gemeinschuldnerin mit
Zustimmung des Klägers die fällige Lohnsteuer zu Gunsten ihrer
Beschäftigten für Mai 1991 in Höhe von 114.860,00 DM und durch
Scheck vom 11.7.1991 die fällige Lohnsteuer für April 1991 in Höhe
von 146.321,44 DM vom Vergleichsverwalter - Anderkonto an das
beklagte Land unter dem Vorbehalt, daß der Vergleich bestätigt und
erfolgreich durchgeführt werde; zugleich behielt er sich jeweils
für den Fall des Anschlußkonkurses Rückforderung und
Konkursanfechtung vor. Die jeweils zugrundeliegenden
Netto-Arbeitslöhne hatte die Gemeinschuldnerin für April 1991
bereits am 26./27.4.1991 und für den Monat Mai am 3.6.1991 an die
Arbeitnehmer ausgezahlt. Nachdem feststand, daß die
Gemeinschuldnerin die Vergleichsquote nicht würde erwirtschaften
können, wurde durch Beschluß vom 2.9.1991 das Vergleichsverfahren
eingestellt und das Anschluß-konkursverfahren eröffnet. Am
11.9.1991 wurde der Kläger zum Konkursverwalter bestellt. Mit
Schreiben vom 10.12.1991 erklärte der Kläger dann die
Konkursanfechtung gemäß § 30 Nr. 1, 2. Alternative KO bezüglich der
oben genannten Lohnsteuerzahlungen und forderte das beklagte Land
zur Rückzahlung des Gesamtbetrages von 261.197,44 DM vergeblich
auf.
Der Kläger hat vorgetragen:
Die Zahlung der Lohnsteuer sei eine
anfechtbare Rechtshandlung; auch die gemäß § 30 Nr. 1, 2. Halbsatz
KO vorausgesetzte Gläubigerbenachteiligung sei gegeben. Im
Konkursverfahren drohe nämlich Masseunzulänglichkeit, wobei noch
nicht einmal feststehe, ob die Ansprüche der Rangklasse I des § 60
Abs. 1 Nr. 1 KO befriedigt werden könnten. Nach der zum 30.4.1992
konsolidierten Óbersicht stünden den weitgehend gesicherten
Einnahmen in Höhe von 20.239.731,00 DM Ausgaben in Höhe von rund
19.880.000,00 DM gegenüber, die vor den Masseschulden des § 59 Abs.
1 Nr. 1, 2 KO zu befriedigen seien. Zur Berichtigung der
Masseschulden stehe daher zur Zeit noch ein Betrag von 360.000,00
DM zur Verfügung. Die derzeit bekannten Masseschulden gemäß § 59
Abs. 1 Nr. 1 KO betrü-gen rund 320.000,00 DM; die Masseschulden
nach Nr. 2 dieser Vorschrift beliefen sich auf rund 1.500.000,00
DM. Es sei daher davon auszugehen, daß die Masseschulden gemäß § 59
Abs. 1 Nr. 1 und 2 KO, die rund 1.820.000,00 DM betrügen, nur mit
einer Quote von ca. 20 % ausgeglichen werden könnten. Selbst wenn
es ihm, dem Kläger, gelingen sollte, alle ausstehenden, weit
überwiegend bestrittenen und daher nur im Klagewege zu
realisierenden Forderungen von rund 2.200.000,00 DM hereinzuholen,
stehe fest, daß Konkursforderungen nach § 61 KO nicht befriedigt
werden könnten; um eine solche handele es sich aber bei den
streitbefangenen Lohnsteuerforderungen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn
261.187,44 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 10.1.1992 zu zahlen;
hilfsweise ihm nachzulassen, etwaige
Sicherheitsleistungen auch durch Bankbürgschaft erbringen zu
dürfen.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hat vorgetragen:
Die Abführung der Lohnsteuer sei, da
letztere nur Teil des Bruttolohnanspruchs der Arbeitnehmer sei,
keine dem Land gegenüber anfechtbare Rechtshandlung. Da die
Arbeitnehmer ihre Leistung bereits erbracht gehabt hätten, liege in
der Erfüllung der Bruttolohnforderung zumindest nach den
entsprechend anwendbaren Grundsätzen über das sogenannte
Bargeschäft keine Benachteiligung der Konkursmasse.
Das Landgericht hat durch das
angefochtene Urteil der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es
im wesentlichen darauf abgestellt, daß aufgrund des
Auseinanderfallens von Lohnzahlung und Abführung der Lohnsteuer der
Haftungstatbestand des § 42 d Ziff. 1 EStG vorgelegen habe, so daß
der Kläger mit der Zahlung an das Finanzamt zugleich einen gegen
ihn bzw. die Gemeinschuldnerin bestehenden Anspruch erfüllt habe.
Eine Gläubigerbenachteiligung liege insofern vor, als wegen der
Lohnzahlung vor Eröffnung des Konkursverfahrens die
Steuerforderungen des Finanzamtes lediglich Konkursforderungen
nach § 61 Nr. 2 KO gewesen seien. Gegen die Annahme eines
Bargeschäftes spreche die gesetzliche Definition der Steuern in §
3 Abs. 1 AO. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird
auf das angefochtene Urteil, im übrigen auf den erstinstanzlichen
Sachvortrag der Parteien Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil hat das beklagte
Land form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese ebenfalls
gemäß den Zulässigkeitsanforderungen begründet.
Das beklagte Land trägt unter
Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens
vor:
Schuldner der Lohnsteuer und Partei des
Lohnsteuerverhältnisses sei allein der Arbeitnehmer; nur dessen
Anspruch auf Bruttolohn befriedige der Arbeitgeber durch Abführung
u.a. der Lohnsteuer an das Finanzamt; deshalb könne auch nicht
isoliert an den Haftungsanspruch gemäß § 42 d Abs. 1 Nr. 1 EStG
angeknöpft werden, der lediglich Hilfscharakter habe. Die
Lohnsteuer sei demnach keine selbständige Konkursforderung, sondern
teile im Konkurs des Arbeitgebers das Schicksal des an den
Arbeitnehmer ausgezahlten Nettolohns, weshalb es sich vorlegend
jedenfalls auch um eine unzulässige Teilanfechtung handele.
Das beklagte Land beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen
Urteils die Klage abzuweisen;
im Falle eines
Vollstreckungsschutzausspruchs Sicherheit auch durch
selbstschuldnerische Bürgschaft der Landeszentralbank, einer
Großbank oder öffentlichrechtlichen Sparkasse erbringen zu
dürfen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des beklagten Landes
zurückzuweisen;
hilfsweise, dem Kläger nachzulassen,
die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung auch in Form der
selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder
öffentlichrechtlichen Sparkasse erbringen zu dürfen.
Auch der Kläger wiederholt und vertieft
sein erstinstanzliches Vorbringen unter Verteidigung des
angefochtenen Urteils. Insbesondere meint er, es gehe vorliegend
ausschließlich um die Anwendung konkursrechtlicher Bestimmungen, so
daß allein die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und dem
Finanzamt als Konkursgläubiger maßgeblich seien. Die Lohnsteuer sei
im Falle der Nichterfüllung stets nur eine Konkursforderung gemäß §
61 Abs. 1 Nr. 2 KO, so daß es bezüglich der Frage der
Anfechtbarkeit keinen Unterschied machen könne, ob auch die
Lohnsteuerzahlung vor Konkurseröffnung in der Krise erfolgt sei.
Auch rechtlich sei auf den selbständigen steuerrechtlichen
Haftungsanspruch abzustellen, den die Gemeinschuldnerin mit seiner
Zustimmung als Vergleichsverwalter zumindest auch erfüllt habe.
Wegen des zweitinstanzlichen
Sachvortrags der Parteien im übrigen wird auf den Akteninhalt
Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d
e :
Die zulässige Berufung des beklagten
Landes hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht hat die Klage zu Recht
für begründet erachtet, weil dem Kläger gegen das beklagte Land
ein Rückgewähranspruch wegen der nach Antrag auf Eröffnung des
Vergleichsverfahrens mit seiner Zustimmung durch die
Gemeinschuldnerin geleisteten Lohnsteuerzahlungen für die Monate
April und Mai 1991 in Höhe von insgesamt 261.187,44 DM gemäß § 37
KO in Verbindung mit § 30 Nr. 1, 2. Alt. KO, 107 VglO zusteht.
Dieser Betrag ist durch eine gemäß § 30 Nr. 1, 2. Alt. KO
anfechtbare Rechtshandlung - Begleichung der Lohnsteuerschuld als
Teil des Bruttolohnanspruchs ihrer Arbeitnehmer und zugleich
Erfüllung des entstandenen, auf Geldzahlung gerichteten
Haftungsanspruchs des Finanzamts nach § 42 d EStG - aus den
Vermögen der Gemeinschuldnerin weggegeben worden; die streitigen
Lohnsteuerzahlungen der Gemeinschuldnerin erfolgten nach dem
Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens (23.5.1991) - der für
die Frage der Anfechtbarkeit der Rechtshandlung dem Antrag auf
Eröffnung des Konkursverfahrens gleichsteht (§ 107 VglO) - und
gewährten dem beklagten Land als "Konkursgläubiger" Befriedigung,
wobei diesem als Gläubiger zur Zeit der Vornahme der Handlung wegen
des von seiten des Klägers jeweils gemachten
Rückforderungsvorbehalts der Eröffnungsantrag bekannt war.
Die vorkonkursliche Abführung der
Lohnsteuer durch die spätere Gemeinschuldnerin mit Zustimmung des
Klägers in seiner Eigenschaft als vorläufiger bzw. endgültiger
Vergleichsverwalter stellt entgegen der Ansicht des beklagten
Landes eine im Sinne des § 30 Nr. 1, 2. Alt. KO anfechtbare
Rechtshandlung bezogen auf das Vermögen der späteren
Gemeinschuldnerin dar. Rechtshandlung in diesem Sinne ist nämlich
jedes vorkonkursliche Handeln, das eine rechtliche Wirkung auslöst,
gleich ob diese gewollt ist oder nicht. Die vom
Vergleichsverwalter - Anderkonto bewirkte Zahlung der
Lohnsteuerschulden für die Monate April und Mai 1991 löste
zweifellos die materiellrechtliche Wirkung einer Tilgung der
Steuerschulden der Arbeitnehmer der Gemeinschuldnerin gemäß § 38
Abs. 2 EStG und damit zugleich des entsprechenden Teils ihres
Bruttolohnsanspruchs aus, daneben aber kumulativ auch die
Erfüllung des bereits in Form eines Geldzahlungsanspruchs
entstandenen Haftungsanspruchs der Finanzbehörde gegen die
Gemeinschuldnerin nach § 42 d EStG. Der vom beklagten Land auch in
der Berufungsinstanz aufrechterhaltenen Ansicht, die Begleichung
der Lohnsteuerschuld sei ausschließ-lich als Leistung der
Arbeitnehmer anzusehen, vermag der Senat in Óbereinstimmung mit dem
Landgericht nicht zu folgen. Zwar mag es richtig sein, daß der
Finanzfiskus gegen den Arbeitgeber primär keinen Zahlungsanspruch
hat, vielmehr dieser zunächst nur zu einer Dienstleistung in Form
der Einbehaltung und Abführung des auf den Arbeitslohn entfallenden
Lohnsteueranteils verpflichtet ist (vgl. hierzu Keuk, DB 1973,
2029, 2030; Frotscher in Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch 1990, §
115 Rdnr. 4 m.w.N.). In dieser Phase des
Lohnsteuererhebungsverfahrens mag es sein, daß die Abführung der
Lohnsteuer durch den Arbeitgeber sich rechtlich im Verhältnis zum
Finanzfiskus lediglich als Tilgung von dessen materiellem
Zahlungsanspruch gegen den Arbeitnehmer darstellt. Verletzt
indessen der Arbeitgeber seine Dienstleistungspflicht zur
Einbehaltung und Abführung des Lohnsteueranteils seiner
Arbeitnehmer, so ensteht spätestens zu diesem Zeitpunkt gegen ihn
ein rechtlich selbständiger Haftungsanspruch der Finanzbehörde,
der auf Geldzahlung gerichtet ist und kumulativ neben dem primären
Zahlungsanspruch des Finanzamts gegen den Arbeitnehmer besteht (§
42 d EStG); Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind im Umfang der
Haftung des Arbeitgebers Gesamtschuldner gemäß § 42 d Abs. 3 Satz 1
ESTG. So lag es nach den zutreffenden Feststellungen des
Landgerichts hier. Denn die Arbeitslöhne für den Monat April 1991
sind von der Gemeinschuldnerin am 26./27.4., die Arbeitslöhne für
den Monat Mai 1991 am 3. Juni 1991 ausgezahlt worden, ohne daß die
Lohnsteuer gleichzeitig einbehalten (§ 38 Abs. 3 ESTG) und
spätestens am 10 Tag nach Ablauf des betreffenden Kalendermonats
als Lohnsteuer-Anmeldezeitraums abgeführt (§ 41 a Abs. 1, 2 EStG)
worden wäre. Die Lohnsteuer für die Arbeitslöhne des Monats April
1991 ist vielmehr erst mit Óbersendung des Verrechnungsschecks vom
11.7.1991, die Lohnsteuer für den Monat Mai 1991 durch Óbersendung
eines Verrechnungsschecks vom 11.6.1991 mit Schreiben vom
12.6.1991 gezahlt worden. Spätestens mit Ablauf der oben genannten
Abführungsfristen war daher der rechtlich selbständige
Haftungsanspruch der Finanzbehörde nach § 42 d EStG gegenüber der
späteren Gemeinschuldnerin entstanden, der dann jedenfalls auch
durch die erwähnten verspäteten Zahlungen erfüllt wurde. Auf den
Umstand, daß bis zur tatsächlichen Abführung der jeweiligen
Lohnsteuer noch kein Haftungsbescheid des Finanzamts erlassen
worden war, kommt es für die Frage der Entstehung des selbständigen
Haftungsanspruchs in Form des Geldzahlungsanspruchs nicht an.
Die während der Krise - nach Antrag auf
Eröffnung des Vergleichsverfahrens - auch in Erfüllung des
Haftungsanspruchs nach § 42 d EStG geleisteten Lohnsteuerzahlungen
erfolgten ohne Zweifel aus dem im Eigentum der Gemeinschuldnerin
befindlichen Vermögen, wie die Begleichung von dem
Vergleichsverwalter - Anderkonto belegt. Daß die einzubehaltenden
und abzuführenden Lohnsteuerbeträge den Arbeitnehmern gegenüber
Teil ihres Bruttolohnanspruchs sind und daß die Gemeinschuldnerin
diese Verbindlichkeit wie auch den Steueranspruch des Finanzamts
gegenüber den Arbeitnehmern gleichzeitig mit der eigenen
Haftungsschuld gegenüber den Finanzfiskus tilgt, macht die
überwiesenen Vermö-genswerte bei der gemäß § 30 KO gebotenen
konkursrechtlichen Betrachtungsweise nicht zu solchen der
Arbeitnehmer; daran ändert auch nichts, daß die
Lohnsteuerabführungspflicht gegenüber den Arbeitnehmern
treuhänderischen Charakter hat; dies zeigt sich bereits daran, daß
im Konkurs bei Nichtabführung der Lohnsteuer ein
Aussonderungsrecht im Sinne von § 43 KO wie sonst bei Treugut
insoweit weder zu Gunsten des Steuerfiskus noch der betroffenen
Arbeitnehmer in Betracht kommt (vgl. Frotscher, Steuern im Konkurs,
Seite 104 f.). Die Rechtshandlungen der Gemeinschuldnerin mit
Zustimmung des Klägers in Form der Lohnsteuerzahlungen führten
auch - jedenfalls soweit die Tilgung der Haftungsforderung des
beklagten Landes nach § 42 d ESTG betroffen ist - zu einer
Gläubigerbenachteiligung, weil durch die Vermögensverschiebung
die Konkursmasse verkürzt und die Befriedigung der Ansprüche in
ihrer Gesamtheit geschmälert worden ist (vgl. BGH Z 86, 349, 354
f.; BGH ZIP 1992, 1008, 1010 m.w.N.). Ohne die Begleichung der
Lohnsteuerforderung des beklagten Landes hätte sich nämlich die
Befriedigung vorrangiger "Konkursgläubiger" im Sinne von § 30 KO
günstiger gestaltet, unabhängig davon, daß hier ein Fall
sogenannter kongruenter Deckung vorlag, weil das Finanzamt als
Gläubiger einen Anspruch auf Befriedigung seiner Forderung auf
Lohnsteuerzahlung nach § 42 d EStG hatte (vgl. BGH Z 58, 108; 59,
234). Allerdings ist die Frage der Rangklasse des Anspruchs des
Steuerfiskus auf Begleichung der Lohnsteuerforderung im Konkurs des
Arbeitgebers in der vorliegenden Fallgestaltung der Entstehung und
Begleichung der Nettolohnforderung wie auch - wenn auch verspätet -
der Lohnsteuerforderung während der Krise, jedoch vor
Konkurseröffnung - soweit ersichtlich - höchstrichterlich noch
nicht entschieden. Nach Auffassung des Senats kann die umstrittene
Frage dahinstehen, ob es sich bei dem öffentlichrechtlichen
Anspruch des Finanzamts gemäß § 42 d EStG um einen vom Lohn
unabhängigen Haftungsanspruch mit der rangmäßigen Zuordnung einer
bevorrechtigten Konkursforderung nach § 61 Abs. 1 Nr. 2 KO handelt
oder ob man annimmt, daß die Lohnsteueransprüche mit ihrem
konkursmäßigen Rang den Lohn- und Gehaltsansprüchen rangmäßig
"anhängen", deshalb deren Schicksal im Konkurs teilen und für die
letzten sechs Monate vor Konkurseröffnung Masseschulden im Sinne
von § 59 Abs. 1 Nr. 3 a KO darstellen würden. (vgl. zum
Meinungsstand Kuhn/Uhlenbruck, Konkursordnung, 10. Aufl., § 58
Rdnr. 9 a m.w.N.; BFH DB 1975, 2307). Daß im ersteren Falle eine
Benachteiligung vorrangiger Masseforderungen vorliegen würde,
ergibt sich aufgrund der - vom beklagten Land auch in der
Berufungsinstanz nicht substantiiert bestrittenen und daher als
unstreitig anzusehenden konkret drohenden Masseunzulänglichkeit
entsprechend der vom Kläger vorgetragenen konsolidierten
Óbersicht vom 30.4.1992 über Einnahmen und Ausgaben im
Konkursverfahren (Bl. 47 ff. d.A.) von selbst. Aber auch wenn man
hier von einer systemwidrigen Privilegierung der Haftungsforderung
des Steuerfiskus nach § 42 d ESTG wegen der Verbundenheit mit den
Lohnforderungen der Arbeitnehmer und damit eine Einstufung als
Masseforderung im Sinne von § 59 Abs. 1 Nr. 3 a KO annähme, würde
die Konkursmasse angesichts der besagten Masseunzulänglichkeit
zur Befriedigung vorrangiger Gläubiger nicht ausreichen, weil zu
befürchten steht, daß die drohende Masseunzulänglichkeit bereits
die insoweit vorrangigen Ansprüche der Rangklasse I des § 60 Abs.
1 Nr. 1 KO erfaßt, indem sogar Masseschulden gemäß § 59 Abs. 1 Nr.
1 und 2 KO mutmaß-lich nur mit einer Quote von ca. 20 %
ausgeglichen werden könnten. Daß auch Rechtshandlungen, die einem
Massegläubiger gemäß § 59 Abs. 1 Nr. 3 KO Sicherung oder
Befriedigung gewähren, unter den Voraussetzungen des § 30 Nr. 1,
2. Alt. KO anfechtbar sind, entspricht mittlerweile gefestigter
höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BGH ZIP 1981, 132; ZIP
1992, 1008, 1010, jeweils m.w.N.). Daß möglicherweise nach dem
eigenen Sachvortrag des Klägers bestrittene, nur im Klagewege
eventuell zu realisierende Forderungen von ca. 2.200.000,00 DM
existieren, hat bei der Frage der Prüfung einer ausreichenden
Aktivmasse jedenfalls im Anfechtungsprozeß außer Betracht zu
bleiben, da dies zu einer unzumutbaren Erschwerung der Anfechtung
und Verzögerung des Verteilungsverfahrens führen würde (vgl. BGH
ZIP 1992, 1008, 1010 m.w.N.). Eine Gläubigerbenachteiligung
scheidet schließlich auch nicht aus dem Gesichtspunkt eines
Bargeschäftes aus. Ein solches liegt jedenfalls in Bezug auf den
hier im Verhältnis zwischen den Parteien einschlä-gigen
Haftungsanspruch nach § 42 d EStG nicht vor. Für die Begleichung
dieses Anspruchs durch Zahlung der Lohnsteuer hat die Konkursmassee
keinen Gegenwert erhalten; denn Steuerleistungen sind bereits nach
der gesetzlichen Definition des § 3 Abs. 1 AO "Geldleistungen, die
nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistund darstellen".
Mit Recht hat daher bereits das Landgericht die Auffassung des
beklagten Landes nicht geteilt, wegen der Nähe des
Arbeitsverhältnisses zum Typus des Bargeschäftes müsse eine
Gleichbehandlung im Hinblick auf die Konkursanfechtung
erfolgen.
Die gegenüber dem beklagten Land
erklärte Konkursanfechtung ist auch nicht aus dem Gesichtspunkt
einer Teilanfechtung unwirksam. Hiergegen spricht bereits, daß die
Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung der Lohnsteuer an das
Finanzamt sich aus einem besonderen öffentlichrechtlichen
Dienstleistungsverhältnis ergibt, wonach der Arbeitgeber eigene
steuerliche Pflichten erfüllt, die durchaus selbständig neben der
eigentlichen Steuerschuld des Arbeitnehmers stehen. Der Senat
verkennt dabei nicht, daß die Anfechtung der Steuerzahlung
gegenüber dem beklagten Land mit der Folge der Rückgewährpflicht
nach § 37 KO faktisch zugleich die Erfüllung der Steuerschuld
seitens der Arbeitnehmer beseitigt und diese möglicherweise der
Haftung gegenüber dem Finanzamt nachträglich aussetzt. Eine
derartige Auswirkung der einem Gesamtschuldner gegenüber erklärten
Anfechtung bezüglich des weiteren Gesamtschuldners ist jedoch
keine Besonderheit. Sie läßt die zusätzliche förmliche
Anfechtungserklärung gegenüber den einzelnen Arbeitnehmern als
entbehrlich erscheinen, die für sich genommen aus den gleichen
Erwägungen der drohenden Massearmut zur gleichmäßigen Befriedigung
vorrangiger Gläubiger erfolgen könnte; dies folgt schon aus der
grundsätzlichen Zulässigkeit einer Anfechtung von Rechtshandlungen
den sogenannten unechten Massegläubigern gemäß § 59 Abs. 1 Nr. 3
KO gegenüber.
Der Konkursanfechtung steht schließlich
auch nicht entgegen, daß der streitige Rückgewährsanspruch durch
die mit Zustimmung des Klägers als vorläufigem bzw. endgültigem
Vergleichsverwalter erfolgten Zahlung der Gemeinschuldnerin zur
Entstehung gelangt ist. Es entspricht gefestigter
höchstrichterlicher Rechtsprechung, daß der Konkursverwalter
Rechtshandlungen, die er als Sequester vorgenommen hat,
grundsätzlich anfechten kann unabhängig davon, ob sie erforderlich
waren, um den Betrieb des Gemeinschuldners vorläufig fortzuführen
(vgl. zuletzt BGH ZIP 1992, 1005 bzw. 1008, jeweils m.w.N.).
Entsprechendes muß auch für den Vergleichsverwalter gelten, der
später im Anschluß-konkurs zum Konkursverwalter bestellt wird. Da
hier der Kläger das beklagte Land bei Zahlung der Lohnsteuer auf
die mögliche Rückzahlungspflicht für den Fall des Scheiterns des
Vergleichs und die Eröffnung des Anschlußkonkursverfahrens
hingewiesen hat, verstößt die jetzige Anfechtung seiner damaligen
Rechtshandlung auch nicht gegen Treu und Glauben.
Die Berechtigung der Zinsforderung
Die prozessualen Nebenentscheidungen
folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Streitwert für das Berufungsverfahren,
zugleich Wert der Beschwer für das beklagte Land:
261.187,44 DM