BVerwG, Urteil vom 14.04.1988 - 3 C 65.85
Fundstelle
openJur 2011, 118026
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 2 A 25/84
Tatbestand

Der Kläger ist niedergelassener Tierarzt in D., Kreis B. Seit dem Jahre 1956 ist ihm die Schlachttier- und Fleischbeschau sowie die Trichinenschau im Beschaubezirk "Bitburg 12" übertragen.

In der Zeit vom 25. September 1982 bis einschließlich Sonnabend, dem 9. Oktober 1982, war dem Kläger in seiner Eigenschaft als Fleischbeschautierarzt Urlaub gewährt. Zu seinem Vertreter war für die Zeit vom 27. September 1982 bis einschließlich Sonntag, den 10. Oktober 1982, der Tierarzt Dr. K. aus H. bestellt worden.

Im Herbst 1982 trat im Raum Bitburg eine Trichinose-Epidemie auf. In dem deswegen durchgeführten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren ergab sich, daß das infektiöse Fleisch, das in einer Metzgerei in D. verarbeitet worden war, aus einer Schlachtung von 30 Schweinen am 9. Oktober 1982 stammte.

Die Staatsanwaltschaft Trier hat ein gegen den Kläger und den Tierarzt Dr. K. eingeleitetes Ermittlungsverfahren eingestellt. Hierzu hat der Leitende Oberstaatsanwalt in Trier am 22. Juni 1983 eine Presseerklärung abgegeben. Darin ist einleitend mitgeteilt worden, die Ermittlungen nach der Trichinose-Epidemie im Raum Bitburg vom Herbst 1982 seien abgeschlossen und hätten zu den im folgenden dargestellten Ergebnissen geführt:

"3. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft haben sowohl der zuständige Fleischbeschau-Tierarzt Dr. W. als auch sein damaliger Urlaubsvertreter, Dr. K. aus H., es zu verantworten, daß hinsichtlich der zuerst geschlachteten 21 Schweine die gesetzlich vorgeschriebene besondere Trichinenschau unterblieben ist. Beide Tierärzte können hierfür jedoch nicht strafrechtlich belangt werden.

Der von der Staatsanwaltschaft beauftragte Sachverständige, Professor Dr. St. von der Universität Frankfurt, hat zu dem Problem der Trichinenuntersuchung ein eingehendes wissenschaftliches Fachgutachten erstattet. Nach den überzeugenden Ausführungen dieses anerkannten Sachverständigen ist nach inzwischen wissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen der Veterinärmedizin nicht auszuschließen, daß der Befall eines Schweins mit Trichinen auch bei einer den gesetzlichen Vorschriften entsprechenden Trichinenschau übersehen werden kann.

Unter diesen Umständen ist nach den im Strafverfahren geltenden Beweisregeln nicht hinreichend sicher zu beweisen, daß die im Herbst 1982 aufgetretene Trichinose-Epidemie bei ordnungsgemäß durchgeführter Trichinenschau hätte verhindert werden können. Damit scheidet die Möglichkeit aus, die genannten Tierärzte wegen fahrlässiger Körperverletzung zu verfolgen. Die Staatsanwaltschaft hat daher am 6. Juni 1983 auch insoweit das Ermittlungsverfahren eingestellt.

4. Im Verlauf der Ermittlungen hat sich der Verdacht ergeben, daß die Beschuldigten Dr. W. und Dr. K. im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Fleischbeschau-Tierarzt in anderer Hinsicht gefehlt haben. Wegen dieser Verfehlungen hat die Staatsanwaltschaft Trier unter dem 6. Juni 1983 bei dem zuständigen Schöffengericht Bitburg Anklage erhoben."

Mit seiner wegen dieser Presseerklärung erhobenen Klage hat der Kläger begehrt, den Beklagten zu verpflichten, die mit dem ersten Satz der Nr. 3 der Presseerklärung aufgestellte Behauptung hinsichtlich seiner Person zu widerrufen, weil sie inhaltlich unrichtig sei. Durch die Presseerklärung werde er nicht nur in seiner Ehre verletzt, sondern auch in erheblichem Maße in seiner Tätigkeit als praktizierender Tierarzt finanziell geschädigt.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen, weil es sich bei der Presseerklärung der Staatsanwaltschaft um eine "sonstige Maßnahme" im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG handele, die von den Justizbehörden zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiete der Strafrechtspflege getroffen worden sei und über deren Rechtmäßigkeit deshalb die ordentlichen Gerichte zu entscheiden hätten.

Der Kläger hat Berufung eingelegt und sein Begehren nunmehr mit den Anträgen weiterverfolgt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen,
hilfsweise,
das angefochtene Urteil abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, die in Nr. 3 Satz 1 der Presseerklärung der Staatsanwaltschaft Trier vom 22. Juni 1983 aufgestellte Behauptung zu widerrufen,
hilfsweise,
den Rechtsstreit an das Landgericht Trier zu verweisen,
äußerst hilfsweise,
den Rechtsstreit an das Oberlandesgericht Koblenz zu verweisen.

Der Beklagte hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er hat an seiner Auffassung festgehalten, daß Streitigkeiten über Presseverlautbarungen der Staatsanwaltschaft, die ein anhängiges Ermittlungsverfahren betreffen, Maßnahmen der Staatsanwaltschaft im Strafverfahren seien und deshalb in dem Rechtsweg gemäß § 23 EGGVG ausgetragen werden müßten.

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat durch Urteil vom 4. Juli 1984 das Urteil des Verwaltungsgerichts aufgehoben und den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten für unzulässig erklärt. Auf den Hilfsantrag der Klage hat es den Rechtsstreit gemäß § 41 Abs. 3 VwGO an das Oberlandesgericht Koblenz verwiesen. Zur Begründung ist ausgeführt:

Die Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft über die Einstellung des Ermittlungsverfahrens sei als Maßnahme auf dem Gebiet der Strafrechtspflege im Sinne des § 23 Abs. 1 EGGVG anzusehen. Sie stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit der Ermittlungstätigkeit, zu der diese Justizbehörde auf dem Gebiet der Strafrechtspflege berufen sei (vgl. auch § 4 Abs. 1 des Landespressegesetzes vom 14. Juni 1965, GVBl. S. 107). Unerheblich sei, daß einer solchen Presseverlautbarung keine Regelungsfunktion in der Bedeutung zukomme, die grundsätzlich zum Wesen des Verwaltungsakts gehöre. Eine Beschränkung der Zuständigkeitsregelung des § 23 EGGVG auf Verwaltungsakte im rechtstechnischen Sinne lasse sich weder dem Wortlaut der Vorschrift noch ihrem Sinngehalt entnehmen. Die für einzelne Sachgebiete geltende Generalklausel des § 23 Abs. 1 EGGVG solle die gerichtliche Kontrolle bestimmter Maßnahmen aus der Zuständigkeit der allgemeinen Verwaltungsgerichte herausnehmen und bewirken, daß über die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahmen die Gerichte der sachnäheren Gerichtsbarkeit entscheiden. Der besonderen Rechtswegregelung des § 23 EGGVG liege somit die Annahme zugrunde, die ordentlichen Gerichte seien für die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit von Verwaltungsmaßnahmen auf bestimmten Gebieten - u.a. der Strafrechtspflege - besser gerüstet und stünden ihnen deshalb von der Sache her näher als die Gerichte der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit. Von diesem rechtlichen Ausgangspunkt her erscheine es nicht zweifelhaft, daß eine Pressemitteilung, die durch ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren initiiert worden und von der sie herausgebenden Staatsanwaltschaft zu verantworten ist, zum Bereich der Strafrechtspflege gehöre, und daß über die Rechtmäßigkeit ihres Inhalts deshalb von den sachnäheren Strafgerichten zu entscheiden sei. Entgegen der Ansicht des Klägers könnten auch nicht einzelne Teile dieser Presseerklärung aus ihrem Gesamtzusammenhang herausgelöst und als nicht mehr der Strafrechtspflege in dem genannten Sinne zugehörig angesehen werden. Die Presseerklärung vom 22. Juni 1983 stelle sowohl nach ihrer äußeren Gliederung als auch nach ihrem Inhalt eine Einheit dar und diene insgesamt dem Zweck, der Öffentlichkeit mitzuteilen, daß und warum das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger und die weiteren Beschuldigten eingestellt worden sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Bundesverwaltungsgericht zugelassene Revision des Klägers. Gerügt wird die fehlerhafte Anwendung des § 23 Abs. 1 EGGVG. Durch die Vorschriften der §§ 23 ff. EGGVG sollten nur die spezifisch justizmäßigen Verwaltungsakte der Justizverwaltung einer Nachprüfung durch die Verwaltungsgerichte entzogen werden. Hierzu gehörten die Presseerklärungen der Staatsanwaltschaft nach Abschluß des Ermittlungsverfahrens nicht. Die Presseerklärung diene auch nicht der Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet der Strafrechtspflege. Bei ihr handele es sich um die bloße Abgabe einer behördlichen Wissenserklärung (Mitteilung, Auskunft) über bestimmte Umstände an eine andere Stelle, deren Verwertung dem Ermessen des Empfängers der Erklärung überlassen sei, durch die mithin nichts geregelt werde. Mit seiner Klage begehre der Kläger eine Leistung; er fechte keine Maßnahme nach § 23 Abs. 1 EGGVG an. Ebensowenig verlange er den Erlaß eines Verwaltungsaktes nach § 23 Abs. 2 EGGVG oder die Feststellung der Rechtswidrigkeit nach § 28 Abs. 1 Satz 4 EGGVG. Die streitgegenständliche Leistungsklage habe vielmehr einen Folgenbeseitigungsanspruch zum Inhalt; hierfür sei der Rechtsweg nach §§ 23 ff. EGGVG nicht eröffnet. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gehöre die Presseerklärung der Staatsanwaltschaft auch nicht zum Gebiet der Strafrechtspflege im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG, und zwar weder insgesamt noch bezüglich des streitigen Teiles. § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG sei nach funktionalen Gesichtspunkten auszulegen. Eine Anordnung, Verfügung oder sonstige Maßnahme einer Justizbehörde im Sinne dieser Vorschrift liege deshalb nur vor, wenn die jeweils in Rede stehende Amtshandlung in Wahrnehmung einer Aufgabe vorgenommen werde, die der jeweiligen Behörde als ihre spezifische Aufgabe auf einem der in der genannten Vorschrift aufgeführten Rechtsgebiete zugewiesen sei. Zu diesen spezifischen Aufgaben gehöre die Presseerklärung nicht.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 4. Juli 1984 sowie das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 27. Oktober 1983 aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht Trier, hilfsweise an das Oberverwaltungsgericht Rheinland- Pfalz zurückzuverweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil mit Rechtsausführungen und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich nicht am Verfahren.

Gründe

Die Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile und zur Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht (§ 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO).

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger in dem im Klageantrag bezeichneten Umfang den teilweisen Widerruf der Presseerklärung der Staatsanwaltschaft Trier vom 22. Juni 1983. Im Gegensatz zur Auffassung der vorinstanzlichen Entscheidungen ist für diesen Rechtsstreit der Rechtsweg zu den Gerichten der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit eröffnet; denn es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art, die nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist (§ 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Ob eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorliegt, bestimmt sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (vgl. Beschluß vom 4. Juni 1974 - GmS-OGB 2/73 - in NJW 1974 S. 2087). Stellt der Streitgegenstand eine unmittelbare Rechtsfolge eines dem öffentlichen Recht zuzuordnenden Rechtsverhältnisses dar, so ist die Streitigkeit öffentlich-rechtlicher Art (Urteil vom 5. November 1981 - BVerwG 3 C 47.80 - in Buchholz 422.1 Nr. 1). Das ist hier der Fall. Die Presseerklärung ist von der Staatsanwaltschaft in amtlicher Eigenschaft abgegeben worden. Bei der Erfüllung des Informationsanspruchs der Presse aufgrund gesetzlicher Vorschriften (§ 4 Abs. 1 des Landespressegesetzes vom 14. Juni 1965, GVBl. S. 107) handelt es sich um eine nach öffentlichem Recht zu beurteilende schlicht verwaltende Tätigkeit der Staatsanwaltschaft. Die öffentlich-rechtliche Natur dieses Verwaltungshandelns prägt auch die rechtlichen Beziehungen zwischen der die Presseverlautbarung herausgebenden Behörde und dem hiervon Betroffenen. Das Begehren, die Presseerklärung in dem beanstandeten Teil zu widerrufen, betrifft Fragen der Rechtmäßigkeit dieses dem öffentlichen Recht zuzuordnenden Verwaltungshandelns. Daraus folgt, daß es sich vorliegend um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit handelt.

2. Die Streitigkeit ist nicht durch Bundesgesetz - hier § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG - einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen. Der gegenteiligen Auffassung der Vorinstanzen folgt der erkennende Senat nicht.

a) Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG entscheiden über die Rechtmäßigkeit der Anordnungen, Verfügungen oder sonstigen Maßnahmen, die von den Justizbehörden zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf den Gebieten u.a. der Strafrechtspflege getroffen werden, auf Antrag die ordentlichen Gerichte. Betrifft der Antrag eine Angelegenheit der Strafrechtspflege oder des Vollzugs, entscheidet hierüber ein Strafsenat des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk die Justiz- oder Vollzugsbehörde ihren Sitz hat (§ 25 Abs. 1 Satz 1 EGGVG). Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG sind hier nicht erfüllt.

Nicht zweifelhaft ist allerdings, daß die Staatsanwaltschaft als Justizbehörde im Sinne der vorgenannten Vorschrift tätig wird, wenn sie gegenüber der Presse in amtlicher Eigenschaft über Ergebnisse ihrer Tätigkeit berichtet. Dies bedarf keiner näheren Begründung, zumal hierüber auch zwischen den Beteiligten kein Meinungsstreit besteht.

Richtig ist ferner, daß die Eröffnung des Rechtsweges nach § 23 EGGVG keine Anordnung, Verfügung oder sonstige Maßnahme einer Justizbehörde voraussetzt, die den gesetzestechnischen Begriff des Verwaltungsakts (§ 35 VwVfG) erfüllt. Vielmehr werden von dieser Rechtswegregelung auch schlicht hoheitliche Maßnahmen von Justizbehörden auf den im Gesetz genannten Gebieten erfaßt (vgl. u.a. VGH Mannheim in NJW 1969, 1319 und 1973, 214; VGH Kassel in VerwRspr. Bd. 28 S. 1009; OLG Karlsruhe, Die Justiz 1980, 450; OVG Hamburg in NJW 1970, 1699; OVG Münster in NJW 1977, 1790; KG in NJW 1987, 197; Kissel, Komm. z. Gerichtsverfassungsgesetz, 1981, § 23 EGGVG Rdnr. 29; Kleinknecht/Meyer, Komm. z. StPO, 38. Aufl., § 23 EGGVG Rdnr. 6; Baumbach/ Lauterbach, Komm. z. ZPO, 46. Aufl. 1988, § 23 EGGVG Rdnr. 1; Kopp, Komm. z. VwGO, 7. Aufl., § 179 Rdnr. 2; a.A. noch OLG Karlsruhe in NJW 1965, 1545; OLG Hamm in NJW 1972, 2145; Strubel-Sprenger, Die gerichtliche Nachprüfbarkeit staatsanwaltschaftlicher Verfügungen, NJW 1972, 1738 f.; Löwe- Rosenberg, Komm. z. StPO, 23. Aufl., § 23 EGGVG Rdnr. 29). Zutreffend wird dies mit dem Sinn und Zweck sowie der Entstehungsgeschichte der durch § 179 VwGO eingefügten §§ 23 bis 30 EGGVG begründet. Danach soll die gerichtliche Nachprüfung der spezifisch justizmäßigen Amtshandlungen der Justiz- und Vollzugsbehörden der sonst nach § 40 Abs. 1 VwGO gegebenen Zuständigkeit der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit insgesamt entzogen und den ordentlichen Gerichten als der sachnäheren Gerichtsbarkeit übertragen werden (vgl. u.a. Urteil vom 3. Dezember 1974 - BVerwG 1 C 11.73 - in BVerwGE 47, 255 *= NJW 1975, 893; Kissel, a.a.O., § 23 EGGVG Rdnr. 6). Der Wortlaut insbesondere des § 23 Abs. 2 EGGVG, der ausdrücklich den Begriff des "Verwaltungsaktes" verwendet, steht einer Auslegung des § 23 EGGVG nach Sinn und Zweck der Vorschrift nicht entgegen. Wie das Bundesverwaltungsgericht in dem bereits angeführten Urteil vom 3. Dezember 1974 ausgeführt hat, sind Rechtswegregelungen im besonderen Maße von Zweckmäßigkeitserwägungen des Gesetzgebers bestimmt. Sie dienen einer sachgemäßen Arbeitsteilung unter den verschiedenen Gerichtszweigen. Den Rechtswegzuweisungen in § 40 und § 179 VwGO kommt danach vorwiegend eine Ordnungsfunktion zu; es soll verhindert werden, daß Gerichte verschiedener Gerichtszweige Verwaltungsstreitigkeiten desselben Rechtsgebietes entscheiden. Dabei wird von der grundsätzlichen Gleichwertigkeit aller Gerichtszweige ausgegangen. Ob die in Rede stehende Maßnahme einen Verwaltungsakt im gesetzestechnischen Sinn oder lediglich schlicht hoheitliches Handeln darstellt, wird zu Recht auch deshalb als ungeeignetes Abgrenzungsmerkmal für die Rechtswegzuweisung nach § 179 VwGO, §§ 23 ff. EGGVG angesehen, weil andernfalls dem Begriff des Verwaltungsakts im Bereich der Justizverwaltung eine rechtswegbestimmende Funktion beigemessen würde, die ihm nach § 40 VwGO nicht zukommt (vgl. u.a. VGH Kassel, a.a.O., VGH Mannheim in NJW 73, 214).

Soweit § 40 Abs. 1 VwGO für den Ausschluß des Verwaltungsrechtsweges in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art bestimmt, daß diese durch Bundesgesetz einem anderen Gericht "ausdrücklich" zugewiesen sind, ist diese Voraussetzung auch bei einer auslegungsbedürftigen Rechtswegregelung erfüllt, die nach ihrem Sinn und Zweck eine solche Zuweisung enthält (vgl. Urteil vom 27. September 1962 - BVerwG 1 C 51.61 - in BVerwGE 15, 34/36; Urteil vom 3. Dezember 1974 - BVerwG 1 C 11.73 - in NJW 1975, 893). Durch das Erfordernis einer ausdrücklichen anderweitigen Rechtswegzuweisung in § 40 Abs. 1 VwGO sollte lediglich eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte "kraft Überlieferung" ausgeschlossen werden (vgl. BT-Drucks. III/55 S. 30).

Hiervon ausgehend kann zunächst der Auffassung des Klägers nicht gefolgt werden, die beanstandete Presseerklärung der Staatsanwaltschaft lasse sich schon deshalb nicht den sonstigen Maßnahmen im Sinne des § 23 Abs. 1 EGGVG zuordnen, weil ihr der Regelungscharakter fehle. Soweit - wie hier - Maßnahmen einer Justizbehörde im Bereich schlicht verwaltender Tätigkeit in Rede stehen, wird ihnen eine Regelungswirkung dann beigemessen, wenn sie jedenfalls unmittelbare Außenwirkung entfalten. Das kann bei schlicht hoheitlichem Handeln der Fall sein, wenn es geeignet ist, eine Person in ihren Rechten zu verletzen (vgl. u.a. Kissel, a.a.O., § 23 EGGVG Rdnrn. 29, 31 m.w.N.). Das Korrelat des weiten Verständnisses des Begriffs des "Justizverwaltungsakts" in § 23 Abs. 1 EGGVG findet sich in § 24 Abs. 1 EGGVG. Danach ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, durch die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein. Auch als Nichtadressat der Presseerklärung kann der Kläger durch sie in seinen Rechten verletzt werden.

Ebensowenig kann dem Kläger in seiner Rechtsauffassung gefolgt werden, der Rechtsweg nach § 23 EGGVG sei auch deshalb nicht eröffnet, weil den Gegenstand des Rechtsstreits eine allgemeine Leistungsklage bilde, die in §§ 23 ff. EGGVG nur für die Anfechtung einer Maßnahme vorgesehen sei. Für die Frage der Rechtswegzuweisung ist die Art des Klagebegehrens unerheblich. Vielmehr bestimmt sich die Klageform nach der anzuwendenden Verfahrensordnung, die für den jeweiligen Rechtsweg gilt (vgl. VG Freiburg in DVBl. 1965, 575 mit zustimmender Anm. von Finkelnburg, a.a.O., S. 577). Handelte es sich um eine in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit fallende Justizverwaltungsstreitigkeit, so müßte sich das Klagebegehren demzufolge an den nach §§ 23 ff. EGGVG zur Verfügung stehenden Klagearten ausrichten.

b) Dagegen muß die Revision Erfolg haben, weil die Vorinstanzen zu Unrecht angenommen haben, die Presseerklärung der Staatsanwaltschaft stelle eine Regelungsmaßnahme auf dem "Gebiet der Strafrechtspflege" dar.

Hinsichtlich der Frage, welcher Rechtsweg gegen Presseverlautbarungen der Staatsanwaltschaft über das Ergebnis eines von ihr geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegeben ist, bietet die Rechtsprechung kein einheitliches Bild. Sie betrifft zudem sehr unterschiedliche Fallgestaltungen (vgl. VGH Mannheim, Beschluß vom 27. November 1972 - I 1040/72 - in NJW 1973, 214 und Beschluß vom 30. März 1981 - 10 S 394/81 -, Die Justiz 1981, 250; OLG Hamm, Beschluß vom 14. Juli 1980 - 1 VAs 7/80 - in NJW 1981, 356; OLG Karlsruhe, Beschluß vom 18. August 1980 - 3 VAs 9/80 -, Die Justiz 1980, 450; zuletzt OVG Berlin, Beschluß vom 2. März 1988 - OVG 8 S 148.88 -).

Ausgangspunkt für die Rechtswegfrage bleibt die Vorschrift des § 40 Abs. 1 VwGO, nach der als Regel die Entscheidung über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art den allgemeinen Verwaltungsgerichten zugewiesen ist. Damit bildet die durch § 179 VwGO, §§ 23 ff. EGGVG begründete Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte auf den in § 23 Abs. 1 EGGVG genannten Gebieten die Ausnahme. § 23 Abs. 1 EGGVG weist den ordentlichen Gerichten eine Entscheidungsbefugnis nur über die s p e z i f i s c h j u s t i z mä ß i g e n Maßnahmen der Justizbehörden zu, um zu verhindern, daß Gerichte zweier verschiedener Gerichtszweige Verwaltungsstreitigkeiten "desselben Rechtsgebietes" entscheiden. Wegen dieser Beschränkung sind alle "nicht spezifisch justizmäßigen" Verwaltungsmaßnahmen, die eine Justizbehörde in ihrem Zuständigkeitsbereich trifft, von der Rechtswegregelung der §§ 179 VwGO, 23 ff. EGGVG ausgenommen.

Zum Gebiet der "Strafrechtspflege" gehören außer der Strafverfolgung selbst, d.h. der Durchführung von Strafverfahren sowie der Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen, auch die damit in Zusammenhang stehenden Maßnahmen zur Ermöglichung und geordneten Durchführung der Strafverfolgungs- und Strafvollstreckungstätigkeit (vgl. Löwe-Rosenberg, a.a.O., § 23 EGGVG Rdnr. 17; BVerwG in NJW 1975, 893). Ein "Justizverwaltungsakt" im Sinne des § 23 Abs. 1 EGGVG liegt danach nur vor, wenn "die jeweils in Rede stehende Amtshandlung in Wahrnehmung einer Aufgabe vorgenommen wird", die der jeweiligen Behörde "als ihre spezifische Aufgabe auf einem in der genannten Vorschrift aufgeführten Rechtsgebiet - hier: der Strafrechtspflege - zugewiesen ist" (vgl. Urteil vom 27. April 1984 - BVerwG 1 C 10.84 - in BVerwGE 69, 192/195). Soweit in der neueren Rechtsmeinung und Rechtsprechung eine "sachgebietsbezogene" Auslegung der maßgebenden Rechtswegregelungen befürwortet wird, ist dem zuzustimmen; dies ist jedoch in dem vorstehend erörterten Sinn zu verstehen.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts reicht es deshalb für die Anwendung der §§ 23 ff. EGGVG nicht aus, daß die Presseerklärung ausweislich ihres Inhalts "in unmittelbarem Zusammenhang" mit der ein konkretes Ermittlungsverfahren betreffenden Tätigkeit der Staatsanwaltschaft steht. Die Staatsanwaltschaft wird zwar, wenn sie das Ermittlungsverfahren initiiert, auf dem Gebiet der Strafrechtspflege tätig; auch trägt sie eine besondere Verantwortung dafür, daß im Zusammenhang hiermit die Rechte des Beschuldigten und das Interesse der Öffentlichkeit gewahrt werden. Jedoch wird sie nicht auf dem Gebiet der Strafrechtspflege tätig, wenn sie bezüglich eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegenüber der Presse berichtet. Richtig ist zwar, daß sie vor der Abgabe einer derartigen Erklärung Erwägungen anzustellen hat, die sich aus ihrer Aufgabenstellung im Rahmen der Strafrechtspflege ergeben. Sie muß die Auswirkungen der Erklärung auf das Verfahren bedenken; auch muß sie die Rechtssphäre des Betroffenen berücksichtigen. Gleichwohl rechtfertigt dieser Gesichtspunkt nicht die Annahme, es handele sich hierbei um Maßnahmen auf dem Gebiet der Strafrechtspflege. Für das vorliegende Verfahren kann dahingestellt bleiben, ob dies, wenn das Ermittlungsverfahren bereits eingestellt ist, schon deshalb gilt, weil die Presseerklärungen auf Gestaltung und Durchführung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens keinen Einfluß mehr haben können. Maßgebend ist, daß die Abgabe von Presseberichten durch die Staatsanwaltschaft nicht dem Zweck dient, eine ihr zugewiesene spezifische Aufgabe auf dem Gebiet der Strafrechtspflege zu erfüllen . Das Berufungsgericht verweist auf die Vorschrift des § 4 Abs. 1 des Landespressegesetzes, die das Informationsrecht der Presse und die Verpflichtung der Behörden regelt, den Pressevertretern die der Erfüllung ihrer - der Presse - öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen. Es stellt fest, daß die Presseerklärung insgesamt dem Zweck gedient hat, die Öffentlichkeit über das Ergebnis und die Gründe der Verfahrenseinstellung zu unterrichten. Dieser auf das Gebiet der Öffentlichkeitsarbeit weisende Zweck der Presseerklärungen schließt es aus, sie den Justizverwaltungsmaßnahmen auf dem Gebiet der Strafrechtspflege im Sinne des § 23 Abs. 1 EGGVG zuzurechnen. Denn es fehlt an einer spezifischen, die Tätigkeit der Staatsanwaltschaft auf dem Gebiet der Strafrechtspflege kennzeichnenden charakteristischen Aufgabenerfüllung.

Für den vorliegenden Rechtsstreit ist somit der Rechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 VwGO gegeben.