BFH, Urteil vom 15.09.2010 - X R 16/08
Fundstelle
openJur 2011, 88753
  • Rkr:
Tatbestand

I. Die verheirateten Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden im Streitjahr 2003 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin erklärte u.a. einen Verlust in Höhe von 386.642 EUR aus dem Unternehmen "L" in M. Es handelt sich dabei um ein Pizza-Gastro-Konzept, dessen Hauptsegment der Vertrieb von hochwertigen Pizzen und Nudelgerichten in einem unter künstlerischen Gesichtspunkten entworfenen herausragenden Ambiente sein sollte. Mit der Umsetzung dieser Geschäftsidee hatte die Klägerin Anfang 2003 begonnen, u.a. indem sie sich den Namen "L" hatte schützen lassen. Ende Oktober 2003 mietete sie in dem damals noch nicht fertig gestellten Einkaufszentrum S auf eine Dauer von zehn Jahren und ohne die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung Räume zum Betrieb der Pizzeria an. Nach dem Mietvertrag war sie berechtigt, aber auch verpflichtet, in den Räumen einen "hochwertigen Imbiss für den Verkauf von Pizzen mit Ausschank nichtalkoholischer Kalt- und Heißgetränke und Wein" zu betreiben. Zudem war sie zum Einbau einer Schaufenster- und Eingangsanlage sowie einer Lichtwerbeanlage verpflichtet. Das Gewerbe hatte die Klägerin Anfang Dezember 2003 rückwirkend zum 21. Oktober 2003 angemeldet sowie zeitgleich die Gaststättenkonzession beantragt. Um die Eröffnung der Pizzeria im Frühjahr 2004 sicherzustellen, schloss sie ebenfalls im Dezember 2003 zwei Beraterverträge, einen Architektenvertrag sowie einen Ingenieurvertrag ab. Die Pizzeria wurde am 10. März 2004 eröffnet.

Die Einkünfte ermittelte die Klägerin durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. § 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der im Streitjahr geltenden Fassung. Die Bilanz zum 31. Dezember 2003 wies eine Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG in Höhe von 306.960 EUR für die künftige Anschaffung von Ladeninventar und Küchengeräten etc. aus.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte die von der Klägerin für das Streitjahr 2003 erklärten Einkünfte aus ihrem Gewerbebetrieb zunächst antragsgemäß. Der Bescheid war u.a. hinsichtlich der Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb vorläufig nach § 165 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Abgabenordnung (AO) in der im Streitjahr geltenden Fassung, da nach Auffassung des FA die Gewinnerzielungsabsicht nicht abschließend beurteilt werden konnte.

In 2006 bejahte das FA zwar die Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin, war jedoch der Auffassung, die zum 31. Dezember 2003 gebildete Ansparrücklage sei nicht anzuerkennen, da die in der Anlage zur Bilanz ausgewiesenen Wirtschaftsgüter zu diesem Zeitpunkt noch nicht verbindlich bestellt worden seien. Mit Änderungsbescheid vom 29. Dezember 2006 setzte das FA unter Aufhebung des Vorläufigkeitsvermerkes die Einkommensteuer für 2003 auf 28.782 EUR herauf.

Zur Begründung ihrer nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage trug die Klägerin vor, sie habe nicht nur eine Pizzeria aufmachen wollen; ihr Pizza-Gastro-Konzept habe vielmehr zunächst auf nationaler Ebene mit eigenen und mit von Partnern im Rahmen eines Franchisekonzeptes geführten Verkaufsgeschäften erfolgen sollen. Die in der Bilanz zum 31. Dezember 2003 ausgewiesene Rücklage gemäß § 7g EStG in Höhe von 306.960 EUR betreffe neben Wirtschaftsgütern für die in 2004 eröffnete Filiale in M auch Wirtschaftsgüter für drei weitere, voraussichtlich bis 2008 zu eröffnende Filialen.

Der Anteil der Ansparrücklage, der für Wirtschaftsgüter der bereits in M eröffneten Filiale gebildet worden sei (40 % von 153.700 EUR), sei bereits in 2004 bzw. 2005 aufgelöst worden. Diese Wirtschaftsgüter seien entsprechend der Prognose angeschafft worden. Insgesamt gesehen sei die Entscheidung der Klägerin, einen Restaurantbetrieb etc. zu eröffnen, bereits im Jahr 2003 hinreichend konkret gewesen. Das Unternehmenskonzept "L", insbesondere der Name, das Konzept der Ladengestaltung, die Rezepturen sowie die wirtschaftliche Organisation hätten vorgelegen, die Ladenräume seien verbindlich angemietet gewesen. Damit seien die Voraussetzungen für die Bildung einer Ansparrücklage gemäß § 7g Abs. 3 EStG erfüllt gewesen.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 935 veröffentlichten Urteil statt. Es sah die Voraussetzungen für die Bildung einer Ansparrücklage gemäß § 7g Abs. 3 und 7 EStG zumindest in Höhe von rd. 86.000 EUR für den neu gegründeten Betrieb der Klägerin als gegeben an. Aufgrund der konkreten Vorbereitungshandlungen im Jahr 2003 sei zum Stichtag der Bildung der Ansparrücklage, dem 31. Dezember 2003, davon auszugehen gewesen, dass die Klägerin "voraussichtlich" bis zum Ende des zweiten Wirtschaftsjahrs für ihren künftigen Betrieb wesentliche Wirtschaftsgüter in einem Umfang anschaffen werde, der die Bildung einer Rücklage in Höhe von mindestens 86.000 EUR rechtfertige.

Das FG schloss sich in seinem Urteil ausdrücklich nicht der Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) an, nach der die Ansparrücklage für die Anschaffung wesentlicher Betriebsgrundlagen eines noch zu eröffnenden Betriebs nur gebildet werden darf, wenn die für den künftigen Betrieb wesentlichen Betriebsgrundlagen am maßgeblichen Stichtag bereits verbindlich bestellt worden sind. Die vom BFH geforderte "verbindliche Bestellung" der wesentlichen Betriebsgrundlagen oder Investitionsgüter sei kein Tatbestandsmerkmal des § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG, sondern lediglich ein Indiz dafür, dass der Steuerpflichtige die feste Absicht zur Investition gehabt habe. Aus diesem Grund müsse es dem Steuerpflichtigen möglich sein, anderweitig nachzuweisen, dass er die Wirtschaftsgüter, für welche er eine Ansparrücklage gebildet habe, auch "voraussichtlich" anschaffen werde. Erforderlich könne nach dem Gesetzeswortlaut nur sein, dass diese anderen Umstände seine feste Investitionsabsicht zweifelsfrei belegten und damit eine missbräuchliche Inanspruchnahme der Ansparrücklage ausgeschlossen werden könne. Ein solcher Nachweis sei der Klägerin im Streitfall gelungen. Es müsse nicht entschieden werden, ob die Ansparrücklage in vollem Umfang anzuerkennen sei. Sie sei jedenfalls unstreitig insoweit anzuerkennen, als sich für das Streitjahr 2003 eine Einkommensteuer von Null EUR ergebe.

Zur Begründung seiner Revision trägt das FA vor, das finanzgerichtliche Urteil widerspreche der durch die BFH-Rechtsprechung konkretisierten Auslegung des § 7g Abs. 3 und 7 EStG, da das FG im Falle eines noch zu eröffnenden Betriebs die bislang höchstrichterlich geforderte "verbindliche Bestellung" der wesentlichen Betriebsgrundlagen oder Investitionsgüter nicht als zwingend ansehe und im Streitfall die feste Investitionsabsicht der Klägerin aufgrund anderer Indizien bejahe.

Das FA beantragt sinngemäß,

das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

Das FA habe den Steuerbescheid vom 6. Oktober 2004 nur in dem ursprünglich unklaren Punkt der Gewinnerzielungsabsicht für endgültig erklären dürfen; es habe aber nicht gleichzeitig in der davon unabhängigen Frage der Zulässigkeit der Bildung der Existenzgründerrücklage den Bescheid nach § 165 Abs. 2 Satz 1 AO ändern können, da insoweit die Steuer nicht vorläufig festgesetzt worden sei.

Das FA verkenne außerdem, dass es sich in allen Fällen, in denen bei Betrieben, deren Eröffnung noch nicht abgeschlossen war, die Bildung von Existenzgründerrücklagen nach § 7g Abs. 7 EStG wegen fehlender verbindlicher Bestellung der wesentlichen Betriebsgrundlagen bis zum Ende des Wirtschaftsjahrs der Rücklagenbildung versagt worden sei, um Sachverhalte gehandelt habe, in denen die Investitionen tatsächlich später auch unterblieben seien. In diesen Fällen erscheine es gerechtfertigt, das Tatbestandsmerkmal des § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG so zu konkretisieren, dass eine verbindliche Bestellung gefordert werde, um eine missbräuchliche Inanspruchnahme des § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG zu verhindern. Dies schließe aber nicht aus, dass in anders gelagerten Fällen andere Indizien ausreichen könnten, um die feste Investitionsabsicht nachzuweisen. Dass die vom FA vertretene Auslegung des § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG nicht der Intention des Gesetzgebers entspreche, zeige sich auch darin, dass bei der Neufassung der Vorschrift des § 7g EStG durch das Unternehmenssteuerreformgesetz 2008 die vom FA vertretene Auffassung nicht in den Gesetzeswortlaut übernommen worden sei.

Gründe

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zu Unrecht hat das FG im Jahr 2003 die Bildung einer Ansparrücklage für den von der Klägerin gegründeten Betrieb gemäß § 7g Abs. 3 und 7 EStG als zulässig angesehen und die Einkommensteuer der Kläger auf Null EUR festgesetzt.

1. Das FA war grundsätzlich gemäß § 165 Abs. 2 Satz 2 AO berechtigt, in dem Änderungsbescheid vom 29. Dezember 2006 die Bildung der Ansparabschreibung zu überprüfen. Seit der Entscheidung vom 22. Dezember 1987 IV B 174/86 (BFHE 152, 43, BStBl II 1988, 234) entspricht es der ständigen BFH-Rechtsprechung, dass die Finanzbehörde bei Ungewissheiten in tatsächlicher Hinsicht über die Voraussetzungen des gesetzlichen Steuertatbestandes in mehrfacher Hinsicht einen Ermessensspielraum hat (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Oktober 2009 X B 55/09, BFH/NV 2010, 168). Sie kann sich dafür entscheiden, die in den tatsächlichen Voraussetzungen ungeklärte Einkunftsquelle aus der Besteuerung gänzlich auszuklammern oder sie (entsprechend der abgegebenen Steuererklärung) in die Steuerfestsetzung einzubeziehen. Nachrangige Ermittlungen und Nachprüfungen können zurückgestellt werden, solange offen ist, ob ihnen bei der Steuerfestsetzung überhaupt eine Bedeutung zukommt, und zwar unabhängig davon, ob sich diese nachrangigen Fragen bei späterer Beurteilung als einfach oder schwierig herausstellen. Geht das FA deshalb --wie im Streitfall-- davon aus, dass die für den Steuerpflichtigen negative Beantwortung der (in tatsächlicher Hinsicht ungewissen) Hauptfrage, nämlich die Bejahung der Liebhaberei, Ermittlungs- und Prüfungshandlungen in Bezug auf alle nachrangigen Fragen überflüssig machen würde, und entschließt es sich daher, die nachrangigen Fragen zunächst nicht zu überprüfen, sondern in den Vorbehalt der vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 Abs. 1 AO einzubeziehen, bewegt es sich im Rahmen eines von § 165 Abs. 1 und 2 AO abgedeckten Ermessensspielraums.

2. Das FA hat zu Recht der Klägerin die Bildung der Ansparrücklage für ihren im Jahr 2003 gegründeten Pizzeriabetrieb gemäß § 7g Abs. 3 und 7 EStG versagt.

a) Nach § 7g Abs. 3 bis 5 EStG können Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines neuen beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden. Die Rücklage darf dabei 40 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts nicht überschreiten, das der Steuerpflichtige "voraussichtlich bis zum Ende des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahrs anschaffen oder herstellen wird". Eine Ansparabschreibung kann auch gebildet werden, wenn dadurch --wie im Streitfall-- ein Verlust entsteht oder sich erhöht (§ 7g Abs. 3 Satz 4 EStG).

Wird die Rücklage von einem Existenzgründer im Wirtschaftsjahr der Betriebseröffnung und in den fünf folgenden Wirtschaftsjahren (Gründungszeitraum) gebildet, sind gemäß § 7g Abs. 7 EStG die Abs. 3 bis 6 mit der Maßgabe anzuwenden, dass

- das begünstigte Wirtschaftsgut vom Steuerpflichtigen voraussichtlich bis zum Ende des fünften auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahrs angeschafft oder hergestellt wird;

- der Höchstbetrag in Abs. 3 Satz 5 für im Gründungszeitraum gebildete Rücklagen 307.000 EUR beträgt und

- die Rücklage spätestens am Ende des fünften auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahrs gewinnerhöhend aufzulösen ist.

Bei diesen Rücklagen wird der Gewinnzuschlag nach Abs. 5 bei nicht durchgeführter Investition nicht erhoben.

b) Das EStG enthält keine Regelung dazu, ob und ggf. wie darzulegen ist, dass eine Investition i.S. von § 7g Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 EStG "beabsichtigt" ist. Der Steuerpflichtige ist jedenfalls nicht gehalten, die Absicht einer Investition nachzuweisen. Allerdings muss die geplante Investition nach Art, Umfang und Investitionszeitpunkt ausreichend konkretisiert sein (BFH-Urteile vom 12. Dezember 2001 XI R 13/00, BFHE 197, 448, BStBl II 2002, 385; vom 6. März 2003 IV R 23/01, BFHE 202, 250, BStBl II 2004, 187).

In Bezug auf die Ansparrücklage eines noch zu eröffnenden Betriebs hat der IV. Senat des BFH im Urteil vom 25. April 2002 IV R 30/00 (BFHE 199, 170, BStBl II 2004, 182) entschieden, dass die Betriebseröffnung im Jahr der Rücklagenbildung noch nicht vollendet sein müsse. Ausgehend von dem mit der Fördermaßnahme beabsichtigten Zweck, mittelständischen Unternehmen die Möglichkeit zu geben, im Vorgriff auf spätere Abschreibungsmöglichkeiten zur Finanzierung künftiger Investitionen eine Rücklage zu bilden, dürfe die Bildung einer Ansparrücklage einerseits nicht vom Vorhandensein sämtlicher wesentlicher Betriebsgrundlagen abhängig gemacht werden, andererseits müsse jedoch --um eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme der für bestehende oder zukünftige Betriebe vorgesehenen Förderung zu vermeiden-- von erst noch zu eröffnenden Betrieben verlangt werden, dass die Investitionsentscheidung hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlagen ausreichend konkretisiert sei. Sollten die wesentlichen Betriebsgrundlagen noch angeschafft werden, setze das ihre verbindliche Bestellung voraus.

Die Ertragsteuersenate des BFH sind dieser Rechtsprechung --auch im Hinblick auf das Erfordernis einer verbindlichen Bestellung-- durchgängig gefolgt (vgl. z.B. BFH-Entscheidungen vom 28. November 2003 III B 65/03, BFH/NV 2004, 632; vom 7. Oktober 2004 XI B 210/03, BFH/NV 2005, 204; vom 11. Mai 2005 XI B 49/04, BFH/NV 2005, 1551; vom 26. Juli 2005 VIII B 134/04, BFH/NV 2005, 2186; vom 28. Juni 2006 III R 40/05, BFH/NV 2006, 2058; vom 19. Oktober 2006 VIII B 159/05, BFH/NV 2007, 421; vom 19. April 2007 IV R 28/05, BFHE 218, 75, BStBl II 2007, 704, und vom 11. Juli 2007 I R 104/05, BFHE 218, 323, BStBl II 2007, 957).

c) Der erkennende Senat hat sich ebenfalls der Rechtsauffassung angeschlossen, dass bei Existenzgründern eines noch zu eröffnenden Betriebs eine verbindliche Bestellung der wesentlichen Betriebsgrundlagen notwendig ist, um die Ansparrücklage im Jahr vor der Eröffnung des Betriebs bilden zu können (Senatsurteile vom 19. September 2002 X R 51/00, BFHE 200, 343, BStBl II 2004, 184; vom 17. November 2004 X R 38/02, BFH/NV 2005, 846, und vom 12. Dezember 2007 X R 16/05, BFH/NV 2008, 559). Er sieht trotz vereinzelter Kritik aus dem Schrifttum (vgl. z.B. Schmidt/Kulosa, EStG, 29. Aufl., § 7g Rz 64) keinen Anlass, von dieser ständigen Rechtsprechung abzuweichen.

aa) Nach Auffassung des angerufenen Senats erfordert das Tatbestandsmerkmal "voraussichtlich" eine Prognoseentscheidung über künftiges Investitionsverhalten des Steuerpflichtigen, die bei Steuerpflichtigen, die den Gewinn nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG ermitteln, aus der Sicht des jeweiligen Bilanzstichtags zu treffen ist. Bei bestehenden Betrieben können für diese Prognoseentscheidung die Verhältnisse vergangener Veranlagungszeiträume wichtige Anhaltspunkte liefern. Wird hingegen ein Betrieb neu gegründet oder soll der Unternehmensgegenstand auf einen weiteren Geschäftszweig ausgedehnt werden, fehlen derartige Erkenntnisse, die in die Prognoseentscheidung einbezogen werden können. Ohne verbindliche Bestellung jedenfalls der wesentlichen Betriebsgrundlage, für welche die Ansparabschreibung gebildet werden soll, könnte die Rücklage nach § 7g EStG "ins Blaue hinein" ohne Konkretisierung in Anspruch genommen werden. Eine nicht durch objektivierte wirtschaftliche Gegebenheiten, an welche eine Prognose anknüpfen könnte, gedeckte Minderung des steuerlichen Ergebnisses wäre unvereinbar mit der generell an Steuertatbestände zu stellenden Anforderung, dass der Gesetzgeber Belastungsgründe "möglichst unausweichlich" normieren muss.

Zudem ist zu beachten, dass bei Existenzgründern die infolge nicht erfüllter Investitionsversprechen in Anspruch genommenen Steuervorteile nicht durch den Gewinnzuschlag nach § 7g Abs. 5 EStG ausgeglichen werden. Auf das Vorliegen eines Missbrauchs kommt es hierbei nicht an (Senatsurteil in BFH/NV 2008, 559, unter II.2.c.).

bb) Da es für die Prognoseentscheidung über künftiges Investitionsverhalten auf die Sicht des Bilanzstichtags ankommt, ist es ebenfalls unerheblich, dass es im darauffolgenden Wirtschaftsjahr tatsächlich zu einer Bestellung und Anschaffung der Wirtschaftsgüter kommt (BFH-Urteil in BFH/NV 2006, 2058, und BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 632). Die BFH-Rechtsprechung stützt sich nicht auf den Umstand, dass die Investition zu keinem Zeitpunkt verwirklicht wird, vielmehr grenzt sie unabhängig von der Betrachtungsweise ex post ab, von welchem Zeitpunkt an ein Betrieb bestanden hat, der die mit der Ansparrücklage beabsichtigte Wirtschaftsförderung in Anspruch nehmen kann (BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 632).

cc) Das Abstellen der ständigen BFH-Rechtsprechung auf die verbindliche Bestellung der wesentlichen Wirtschaftgüter als Voraussetzung für die Bildung der Ansparrücklage i.S. des § 7g Abs. 3 bis 7 EStG hat zudem den Vorteil, dass in der Rechtspraxis durch die klaren Vorgaben im Einzelfall Rechtssicherheit über den Beginn der Fördermöglichkeiten für Existenzgründer besteht.

3. Das FG hat diese Grundsätze unzutreffend auf den vorliegenden Fall angewendet, in dem es die Vorbereitungsmaßnahmen der Klägerin im Jahr 2003 für den geplanten Restaurationsbetrieb als ausreichend angesehen hat, um eine Ansparabschreibung gemäß § 7g EStG in Anspruch zu nehmen. Es ist zwar dem FG und auch den Klägern zuzugestehen, dass die Aktivitäten der Klägerin im Jahr 2003 (Abschluss eines Zehn-Jahres-Mietvertrags mit der Pflicht, einen hochwertigen Imbiss für den Verkauf von Pizzen zu betreiben, die Verpflichtung, die Ladenfläche mit einer neuen Ladeneinrichtung auszustatten, sowie der Abschluss der Berater-, Ingenieur- und Architektenverträge) bereits so weit fortgeschritten waren, dass die Eröffnung der Pizzeria sehr wahrscheinlich war. Diese Aktivitäten haben aber noch nicht zur Eröffnung des Restaurationsbetriebs im Jahr 2003 geführt.

In Bezug auf die wesentlichen Wirtschaftgüter des Gastronomiebetriebs --die Ausstattung der Verkaufsfläche, der Küche sowie des Lagerraums-- fehlt es im Streitfall an einer Konkretisierung der Investitionsabsicht der Klägerin durch eine verbindliche Bestellung der Ausstattung des Gastronomiebetriebs. Diese wurde erst im Jahr 2004 bestellt und angeschafft. Dass die Ausstattung der Pizzeria sowohl für den Betrieb in M selbst als auch für das von den Klägern geplante Franchiseunternehmen, dessen Referenzunternehmen die Pizzeria in M sein sollte, wesentlich ist, kann nicht bezweifelt werden.

Erst die verbindliche Bestellung seiner wesentlichen Wirtschaftsgüter qualifiziert einen im Aufbau befindlichen Betrieb zu einem Betrieb, der berechtigt ist, die Ansparabschreibung gemäß § 7g EStG in Anspruch zu nehmen. Andere Beweisanzeichen und Indizien, die lediglich die feste Absicht eines Steuerpflichtigen belegen, einen Betrieb eröffnen zu wollen, können dieses Merkmal nicht ersetzen.