OLG Köln, Beschluss vom 04.04.2000 - Ss 76/00 - 61
Fundstelle
openJur 2011, 84218
  • Rkr:
Tenor

I. Das angefochtene Urteil wird im Schuldspruch dahingehend ergänzt, dass der Angeklagte der fahrlässigen Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315 c Abs. 1 Nr. 2 b) u. d), Abs. 3 StGB) schuldig ist. Im Óbrigen wird die Revision zum Schuldspruch als unbegründet verworfen.

II. Im Strafausspruch wird das angefochtene Urteil mit seinen dazugehörigen Feststellungen aufgehoben. Insoweit wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Köln zurückverwiesen.

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen "Straßenverkehrsgefährdung nach §§ 315 c Abs. 1 Nr. 2, 44 StGB" zu einer Geldstrafe von 35 Tagessätzen zu je 25,-- DM verurteilt und ein Fahrverbot von 3 Monaten verhängt. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt wird.

II.

Das gemäß § 335 Abs. 1 statthafte und auch ansonsten in formeller Hinsicht unbedenkliche Rechtsmittel hat insofern teilweise (vorläufigen) Erfolg, als es im Rechtsfolgenausspruch gemäß §§ 353, 354 Abs. 2 StPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteil und zur Zurückverweisung der Sache an eine andere Abteilung des Amtsgerichts führt.

1. Soweit es den Schuldspruch betrifft, führt die Sachrüge lediglich in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO zu einer berichtigenden Ergänzung (vgl. dazu Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Aufl., § 354 Rdnr. 12 ff.) der Urteilsformel, indem dort die gebotene Angabe der Schuldform der Tat - wie sie den Urteilsgründen zu entnehmen ist - eingefügt wird (vgl. dazu Tröndle/Fischer, StGB, 49. Aufl., § 315 c Rdnr. 23 m. w. Nachw.), und zu einer Beschränkung auf die Tatbestandsalternativen des Abs. 1 Nr. 2 b) und d) [Falsches Fahren beim Überholvorgang; zu schnelles Fahren]. Soweit das Amtsgericht dem Angeklagten darüber hinaus das Nichteinhalten der rechten Fahrbahnseite an unübersichtlichen Stellen (Abs. 1 Nr. 2 e) zur Last gelegt hat, sind die Sachverhaltsfeststellungen widersprüchlich und daher nicht geeignet, den Schuldspruch zu tragen (vgl. Hanack, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 24. Aufl., § 337 Rdnr. 121). Denn in Bezug auf den selben, zum Unfall führenden Vorgang wird in den Urteilsgründen (S. 9 UA) auch ausgeführt, der Angeklagte sei trotz freier Sicht auf den Gegenverkehr auf der Gegenfahrbahn gefahren. Woraus dennoch eine Unübersichtlichkeit herzuleiten sein sollte, erschließt sich auch aus dem Zusammenhang der Urteilsgründe nicht.

Ansonsten deckt die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsbegründung in Bezug auf den Schuldspruch weder in materiellrechtlicher noch in verfahrensrechtlicher Hinsicht Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf (§ 349 Abs. 2 StPO).

Namentlich die Rügen rechtsfehlerhafter Ablehnung von Beweisanträgen der Verteidigung erweisen sich als unbegründet.

a)

Der Beschwerdeführer hat Beweisanträge auf Vernehmung eines weiteren Zeugen und der amtierenden Richterin gestellt, die ablehnend beschieden worden sind.

Zum einen hat er folgenden Antrag gestellt:

"Es wird beantragt,

den Zeugen U. (Adresse in der Akte) dazu zu vernehmen, daß der Zeuge U. den Zeugen S. beeinflußt und ihm einen Unfallhergang suggeriert hat, der in der von dem Zeugen S. in der Hauptverhandlung vom 25.08.1999 geschilderten Weise nicht stattgefunden hat. Dies ist in der Weise geschehen, daß der Zeuge U. dem Zeugen S. eine schriftliche Erklärung vorformuliert, sie ihm vorgelegt und hierbei erklärt hat, so habe sich der Unfall ereignet. Gleichzeitig hat er ihm bedeutet, er solle das Papier unterschreiben. Der Zeuge U. wird bekunden, daß der Zeuge S. ursprünglich nicht erklärt hat, ihm sei ein Pkw auf seiner Fahrbahn entgegengekommen."

Das Amtsgericht hat in einem ersten Ablehnungsbeschluss entschieden:

"Der Beweisantrag wird zurückgewiesen, da es nicht auf die schriftliche Einlassung des Zeugen S. ankommt, sondern auf die gesamte Beweislage. Es ist davon auszugehen, daß der Beweisantrag mit Verzögerungsabsicht gestellt worden ist."

Der weitere Beweisantrag lautet:

"Es wird beantragt,

Richterin am Amtsgericht Dr. T.-M. dazu zu vernehmen, daß der Zeuge S. in der damaligen Hauptverhandlung vom 03.02.1999 erklärt hat, daß der von dem Angeklagten geführte BMW einen anderen Pkw überholt habe; der Pkw BMW habe "reinfahren wollen", was aber nicht möglich gewesen sei (wörtlich: "... der schaffte es nicht"). Der Zeuge hat in der damaligen Hauptverhandlung vom 04.02.1999 anders als in der heutigen Hauptverhandlung erklärt, daß der BMW deshalb nicht einscheren konnte, weil der Fahrer des anderen Fahrzeugs "bißchen Gas" gab.

Die Vernehmung der Zeugin Richterin Dr. T.-M. wird deshalb ergeben, daß der Angeklagte zwar vielleicht überholt und hierbei teilweise den Fahrstreifen des Gegenverkehrs benutzt hat, daß der Unfall aber nicht hierauf sondern allein darauf beruht, daß der Fahrer des anderen Fahrzeuges durch sogenanntes Gasgeben ein Wiedereinscheren gezielt unterbunden hat."

In dem zweiten Beschluss des Amtsgerichts heißt es:

"Der erneute Beweisantrag wird zurückgewiesen, da sich die Zeugenaussage des Zeugen S. aus dem Protokoll ergibt und auch dieser Beweisantrag der Verzögerung dient."

Die Zuordnung der Beweisanträge und Ablehnungsbeschlüsse ergibt sich nicht aus dem Protokoll der Hauptverhandlung, weil die von dem Verteidiger schriftlich abgefassten Anträge ohne Kennzeichnung ihrer Reihenfolge zu den Akten genommen worden sind; sie erschließt sich jedoch eindeutig aus dem Sinnzusammenhang. Dass der Verteidiger insoweit in der Revisionsbegründung einem Irrtum erlegen ist, führt nicht zur Unzulässigkeit der Rügen, weil schon die Revisionsbegründung selbst diesen Fehler und zugleich die richtige Zuordnung aufdeckt.

b)

Da es sich um ein Strafbefehlsverfahren (vor dem Strafrichter) handelt, gelten für die Durchführung der Hauptverhandlung gemäß §§ 411 Abs. 2 S. 2 StPO die vereinfachten Regelungen des Beschleunigten Verfahrens, insbesondere § 420 Abs. 4 StPO. Danach bestimmt der Strafrichter - ebenso wie im Privatklageverfahren gemäß § 384 Abs. 3 StPO und im Bußgeldverfahren gemäß § 77 Abs. 2 OWiG - den Umfang der Beweisaufnahme im Rahmen der Aufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO. Beweisanträge können im Verfahren vor dem Strafrichter mithin ohne Beschränkung auf die Kataloggründe des § 244 Abs. 3 - 5 StPO abgelehnt werden. Ihre Ablehnung ist bereits dann möglich, wenn das Gericht die Erhebung des angebotenen Beweises zur Erforschung der Wahrheit nicht für erforderlich erachtet. Das strikte Verbot der Vorwegnahme der Beweiswürdigung gilt insofern nicht (Kleinknecht/Meyer-Goßner a.a.O. § 384 Rdnr. 14; Alsberg/Nüse/Meyer, Der Beweisantrag im Strafprozeß, 5. Aufl., S. 835 m. w. Nachw. in Fn 11; Tolksdorf, in: Karlsruher Kommentar, StPO, 4. Aufl., § 420 Rdnr. 7).

Verfassungsrechtliche Bedenken sind in dieser Hinsicht entgegen der Auffassung der Verteidigung nicht veranlasst (OLG Frankfurt NStZ-RR 1997, 273; Tolksdorf a.a.O. § 420 Rdnr. 7).

Durch die Regelung des § 420 Abs. 4 StPO ist auch der Rahmen revisionsrechtlicher Überprüfung der Ablehnung von Beweisanträgen für die vorliegende Fallkonstellation abgesteckt. Zwar gilt § 420 Abs. 4 StPO im Berufungsverfahren nicht (KMR-Fezer § 420 Rdnr. 10). Hat aber der Angeklagte - wie hier - gegen ein im Strafbefehlsverfahren ergangenes Urteil des Strafrichters Sprungrevision eingelegt und will er beanstanden, dass der Strafrichter einen Beweisantrag zu Unrecht abgelehnt hat, so folgt aus § 420 Abs. 2 StPO, dass er die Aufklärungsrüge zu erheben hat (Schlothauer StV 1995, 46 f.; KMR-Fezer § 420 Rdnr. 10). Da nämlich der Strafrichter Beweisanträgen nur insoweit nachzugehen hat, als er zur Beweiserhebung aufgrund der Aufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO (ohnehin) verpflichtet ist, kann das Urteil auf rechtsfehlerhafter Ablehnung eines Beweisantrags nur beruhen (§ 337 StPO), sofern darin eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht zu finden ist. Die fehlerhafte Ablehnung eines Beweisantrages kann folglich nur im Rahmen einer Aufklärungsrüge geltend gemacht werden (SenE v. 14.09.1999 - Ss 382/99 -; Kleinknecht/Meyer-Goßner a.a.O. § 420 Rdnr. 13).

Eine Verletzung der Aufklärungspflicht liegt hier indessen nicht vor. Das wäre der Fall, wenn die beantragten Beweiserhebungen sich aufgedrängt oder zumindest nahegelegen hätten (BGHSt 3, 169 [175]; BGH DAR 1980, 206 [Spiegel]; Kleinknecht-Meyer a.a.O. § 244 Rdnr. 12 m.w. Nachw.; für den Bereich des Ordnungswidrigkeitenrechts: OLG Hamm JMinBl NW 1980, 70 u. NStZ 1984, 462 [463]; OLG Koblenz VRS 55, 130; OLG Stuttgart NJW 1981, 2525). Das Amtsgericht musste sich weder gedrängt sehen noch als naheliegend ansehen, zur notwendigen weiteren Sachaufklärung den Beweisanträgen des Verteidigers stattzugeben. Aus den Urteilsgründen ergibt sich vielmehr, dass der Sachverhalt so eindeutig geklärt war, dass es der Erhebung der beantragten Beweise nicht bedurfte (OLG Zweibrücken MDR 1991, 1192 [1193]; Tolksdorf a.a.O. § 420 Rdnr. 8).

Soweit es die Beweisbehauptung betrifft, der Zeuge S. habe ursprünglich nicht erklärt, ihm sei ein Pkw auf seiner Fahrbahn entgegengekommen, bestand kein Anlass zu weiterer Nachforschung, weil aufgrund sonstiger Beweismittel unzweifelhaft feststand, dass der Zusammenstoß zwischen den Fahrzeugen des Angeklagten und des Zeugen S. auf der Fahrspur des Zeugen, also aus Sicht des Angeklagten auf der Gegenfahrbahn, stattgefunden hat. So hat u.a. die Zeugin K. , die sich als Fahrgast im Taxi des Zeugen S. auf dem Beifahrersitz befand, ausgesagt, dass sie "den BMW des Angeklagten unmittelbar frontal vor sich habe auftauchen sehen". Selbst der Zeuge A. , der als Beifahrer im Fahrzeug des Angeklagten saß, hat bestätigt, dass der Angeklagte auf die "Gegenspur" gefahren ist.

Soweit es den Antrag auf Vernehmung der Richterin betrifft, ist zunächst nicht erkennbar, dass das Amtsgericht Feststellungen getroffen hat, die in Widerspruch zu dem Beweisziel stehen. Der Beschwerdeführer trägt vor, die Vernehmung der Richterin hätte ergeben, dass der Unfall allein darauf beruhe, dass der Fahrer des anderen Fahrzeugs durch Gasgeben ein Wiedereinscheren gezielt unterbunden habe. Ohne Widerspruch dazu hat das Amtsgericht festgestellt, der Angeklagte habe "noch versucht, das andere Fahrzeug ... vor Erreichen des Taxis zu überholen und vor diesem wieder auf die richtige Fahrbahn einzuscheren, was ihm aber nicht mehr gelang". Zwar hat es sich nicht weiter mit der Frage befasst, aus welchem Grund der Versuch des Wiedereinscherens scheiterte. Dazu bestand allerdings auch kein zwingender Anlass, nachdem es die Überzeugung gewonnen hatte, dass das Überholmanöver Teil eines Wettrennens war, das der Angeklagte mit dem Fahrer des zu überholenden Pkw austrug. Denn in diesem Fall war ein etwaiges Bemühen des anderer Fahrers, durch Beschleunigung nach Möglichkeit ein Überholen seitens des Angeklagten zu verhindern, als konsequentes Verhalten vorhersehbar. Von daher war der Versuch des Angeklagten, trotz Gegenverkehrs zum Überholen des Konkurrenten anzusetzen, tatbestandsmäßig im Sinne des § 315 c Abs. 1 Nr. 2 b) StGB.

c)

Die Einwendungen des Beschwerdeführers gegen die Beschlussgründe, mit denen das Amtsgericht die Beweisanträge des Verteidigers abgelehnt hat, sind ebenfalls nicht geeignet, die Revision zu begründen.

Neben der Aufklärungsrüge kann als Verfahrensfehler nur geltend gemacht werden, dass ein Beweisantrag nicht durch begründeten Beschluss beschieden worden ist. Ebenso wie zu § 77 OWiG ist für die Ablehnung von Beweisanträgen im Anwendungsbereich des § 420 Abs. 4 StPO anerkannt, dass diese durch Beschluss zu erfolgen hat (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner a.a.O. § 420 Rdnr. 11 u. § 384 Rdnr. 15; Tolksdorf a.a.O. § 420 Rdnr. 8; KMR-Fezer § 420 Rdnr. 9; Alsberg/Nüse/Meyer, Der Beweisantrag im Strafprozeß, 5. Aufl., S. 835 f. [zu § 384 StPO]). Ein selbständiger Anfechtungsgrund kann also darin gefunden werden, dass ein Beweisantrag entgegen § 34 StPO nicht durch gerichtlichen Beschluss beschieden oder dass die Ablehnung nicht begründet worden ist (vgl. zu § 77 OWiG: SenE v. 13.10.1987 - Ss 496/87 Z - = VRS 74, 210 [211]; SenE v. 27.11.1987 - Ss 460/87 Z - = VRS 74, 372 [374 f.]; SenE v. 15.03.1988 - Ss 72/88 Z - = VRS 75, 119 [120 f.]; OLG Koblenz LRE 18, 283; Göhler, OWiG, 12. Aufl., § 77 Rdnr. 28).

Bei (lediglich) fehlerhaft begründeter Ablehnung kann hingegen nur die Aufklärungsrüge erhoben werden (SenE v. 15.03.1988 - Ss 72/88 Z - = VRS 75, 119 [120]). Daran hält der Senat auch im Hinblick auf die im Schrifttum vertretene Auffassung fest, bei Ablehnung aus einem der Gründe des § 244 Abs. 3 u. 4 StPO müsse die Begründung den dort bezeichneten Voraussetzungen entsprechen (Kleinknecht/Meyer-Goßner a.a.O. § 384 Rdnr. 15 u. § 420 Rdnr. 11; Alsberg/Nüse/Meyer, Der Beweisantrag im Strafprozeß, 5. Aufl., S. 836 [zu § 384 StPO]; Göhler a.a.O. § 77 Rdnr. 25). Für entsprechende Anforderungen an die inhaltliche Ausgestaltung des Ablehnungsbeschlusses findet sich keine Rechtfertigung.

Auch wenn der Strafrichter die Ablehnung auf einen der eng gefassten Gründe des § 244 Abs. 3 u. 4 StPO stützt, bleibt im Rahmen der durch § 420 Abs. 4 StPO bestimmten Beweisaufnahme allein die gerichtliche Aufklärungspflicht Maßstab dafür ist, ob er die Beweiserhebung rechtsfehlerhaft unterlassen hat oder nicht (vgl. OLG Hamm NStZ 1984, 462 [463]). Die Urteilsfeststellungen beruhen auch in diesem Fall nicht auf einem Rechtsfehler, wenn die Beweiserhebung zwar nicht nach § 244 Abs. 3 u. 4 StPO abgelehnt werden konnte, aber das Gericht zu ihrer Vornahme unter dem Gesichtspunkt der Aufklärungspflicht auch nicht verpflichtet war. Von daher ist generell auszuschließen, dass das Urteil von einer - an den Kriterien des § 244 Abs. 3 u. 4 StPO gemessen - fehlerhaften Begründung der Ablehnung einer beantragten Beweiserhebung unmittelbar beeinflusst ist. Entweder beruht das Urteil auf einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht, dann ist dieser Mangel mit der Aufklärungsrüge geltend zu machen, oder aber es bestand im Rahmen des § 244 Abs. 2 StPO keine Verpflichtung, einen beantragten Beweis zu erheben; dann ist es ohne Einfluss auf das Urteil, wenn die Ablehnung mit fehlerhaften Erwägungen begründet worden ist.

Die Anforderungen, die an die Begründung eines Ablehnungsbeschlusses nach § 244 Abs. 6 StPO gestellt werden, sind darauf ausgerichtet, den Antragsteller in die Lage zu versetzen, sich in seiner Verteidigung auf die Verfahrenslage einzustellen, die durch die Antragsablehnung entstanden ist, insbesondere weitere Anträge zu stellen (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner a.a.O. § 244 Rdnr. 41 m. w. Nachw.). Durch eine unzureichende Begründung kann er in seinen Möglichkeiten, das Beweisantragsrecht wahrzunehmen, beeinträchtigt werden. Die durch das Beweisantragsrecht eingeräumte Möglichkeit, das Gericht zu zwingen, über die Sachaufklärungspflicht hinaus Beweise zu erheben (vgl. Alsberg/Nüse/Meyer, Der Beweisantrag im Strafprozeß, 5. Aufl., S. 29 [31]), besteht hier aber gerade nicht. Deshalb kann durch eine fehlerhafte Begründung des Ablehnungsbeschlusses auch nicht - wie sonst im Anwendungsbereich des § 244 Abs. 3 u. 4 StPO - die Verwirklichung eines Beweiserhebungsanspruchs, der über die durch § 244 Abs. 2 StPO begründete Aufklärungspflicht hinausgeht, beeinträchtigt werden.

2. Im Rechtsfolgenausspruch ist das angefochtene Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufzuheben. Die Generalstaatsanwaltschaft hat ihren entsprechenden Antrag wie folgt begründet:

"Das angefochtene Urteil ist im Rechtsfolgenausspruch insgesamt aufzuheben, weil die Rechtsfolgenentscheidung an einem revisionsrechtlich bedeutsamen Mangel leidet. Denn der Tatrichter hat tilgungsreife Eintragungen im Verkehrszentralregister zum Nachteil des Angeklagten verwertet. Die letzte Eintragung betrifft den Bußgeldbescheid vom 23. April 1997, rechtskräftig seit dem 22. Mai 1997. Die Tilgungsreife für alle Eintragungen im Verkehrszentralregister war gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, Abs. 4 Nr. 3 StVG am 22. Mai 1999 gegeben. Am Tag des Erlasses des tatrichterlichen Urteils am 1. September 1999, der der maßgebliche Zeitpunkt für ein Verwertungsverbot wegen Tilgungsreife ist (vgl. Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 35. Aufl., § 29 StVG Rdnr. 12), durfte die Eintragung nicht mehr verwertet werden."

Dem stimmt der Senat zu (vgl. a. SenE v. 21.12.1999 - Ss 583/99 B -; SenE v. 03.03.2000 - Ss 87/00 B -; BGH NStZ-RR 2000, 110 L. [zu § 51 BZRG]).

Hinzu kommt, dass die Gründe des angefochtenen Urteils nicht erkennen lassen, ob das Amtsgericht den richtigen Strafrahmen zur Anwendung gebracht hat. § 315 c StGB sieht für die vorsätzliche Tatbegehung Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe (Abs. 1) und für die fahrlässige Begehungsweise Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren oder Geldstrafe (Abs. 3) vor. Dem Zusammenhang der Urteilsgründe ist zweifelsfrei zu entnehmen, dass das Amtsgericht von einer lediglich fahrlässigen Tatbestandsverwirklichung ausgegangen ist. Dass es dementsprechend die verwirkte Strafe dem Strafrahmen des § 315 c Abs. 3 StGB entnommen hat, lässt sich dagegen nicht mit Gewißheit feststellen.

3.

Für die neue Hauptverhandlung wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass das Amtsgericht bei der Rechtsfolgenbemessung den gegenüber dem angefochtenen Urteil - durch den Wegfall der Tatbestandsalternative des § 315 c Abs. 1 Nr. 2 e StGB - eingeschränkten Schuldumfang zu berücksichtigen hat, was allerdings nicht notwendig zu einem geringeren Strafmaß führen muss.