Das kaufmännische Zurückbehaltungsrecht gibt dem Schuldner eine Einrede, die zur Zugum-Zug-Verurteilung führt. Es gibt dem Schuldner zudem ein Befriedigungsrecht nach § 371 HGB, das sich im Konkurs als ein Recht auf abgesonderte Befriedigung nach § 49 I Ziff. 4 mit dem recht der Selbstverwertung darstellt.
Der in AGB geregelte erweiterte Eigentumsvorbehalt ist nicht deshalb unwirksam, weil eine Freigaberegelung für den Fall der Óbersicherung fehlt.
Die Berufung des Klägers gegen das am 11. Dezember 1997 verkündete Urteil des Landgerichts Bonn - 13 0 345/97 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen
Erfolg.
1.
Der Anspruch des Klägers als Konkursverwalter über das Vermögen
der N. GmbH auf Herausgabe des Liebherr-Radladers Typ L 506 Nr. 975
scheitert schon an dem von der Beklagten geltend gemachten
kaufmännischen Zurückbehaltungsrecht gemäß § 369 HGB. Nach dieser
Bestimmung hat ein Kaufmann wegen fälliger Forderungen gegen einen
anderen Kaufmann aus zwischen ihnen geschlossenen beiderseitigen
Handelsgeschäften ein Zurückbehaltungsrecht u.a. an beweglichen
Sachen des Schuldners, die mit dessen Willen durch ein
Handelsgeschäft in seinen Besitz gelangt sind und sich dort noch
befinden. Bezüglich des hier vom Kläger herausverlangten Radladers
sind diese Voraussetzungen sämtlich erfüllt.
Die Beklagte und die Gemeinschuldnerin sind als Gesellschaften
mit beschränkter Haftung Handelsgesellschaften, § 13 Abs. 3 GmbHG.
Für sie gelten die Vorschriften für Kaufleute, § 6 Abs. 1 HGB. Ihre
Geschäfte sind stets Handelsgeschäfte im Sinne von § 343 HGB, ohne
daß es auf die Art der Betätigung ankommt (vgl. Baumbach-Hueck,
GmbHG, 16. Aufl., § 13 Rz. 40). Die Beklagte hat den Besitz an dem
fraglichen Radlader auch mit Willen der Gemeinschuldnerin erlangt,
nämlich durch einen Reparaturauftrag noch vor Konkurseröffnung.
Das damit wegen der noch offenen unstreitigen Forderung der
Beklagten von 18.962,35 DM bestehende kaufmännische
Zurückbehaltungsrecht gibt der Beklagten eine Einrede mit der Folge
einer Verurteilung Zug um Zug und darüberhinaus gem. § 371 HGB ein
Befriedigungsrecht. In der jetzigen Situation nach Konkurseröffnung
stellt sich dieses Befriedigungsrecht als ein Recht auf
abgesonderte Befriedigung nach § 49 Abs. 1 Z. 4 KO dar, und zwar
mit dem Recht der Selbstverwertung gemäß § 127 Abs. 2 KO (h.M. -
vgl. Jaeger-Lent, KO, 8. Aufl., § 49 Rz. 45; Kilger-K. Schmidt,
Insolvenzgesetze, 17. Aufl., § 127 Anm. 5 a; Kuhn-Uhlenbruck, KO,
11. Aufl., § 49 Rz. 28; Baumbach-Hopt, HGB, 29. Aufl., § 369 Rz.
2). Es gibt damit ein Behaltensrecht im Konkurs. Dadurch
unterscheidet es sich von dem Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273
BGB, das im Konkurs nicht zu berücksichtigen ist; vielmehr muß der
Zurückhaltungsberechtigte dem Konkursverwalter die Sache zur
Verwertung herausgeben (vgl. Kuhn-Uhlenbruck, a.a.O., Rz. 24 und
27).
2.
Dem Anspruch des Klägers auf Herausgabe des von der
Gemeinschuldnerin erworbenen Radladers steht aber auch entgegen,
daß die Beklagte gemäß Ziff. 10 ihrer AGB, die dem Kaufvertrag vom
02.02.1996 zugrunde lagen, Eigentümerin des Radladers geblieben
ist, und zwar in Form des dort wirksam vereinbarten erweiterten
Eigentumsvorbehalts in der speziellen Ausgestaltung als
Kontokorrentvorbehalt (vgl. dazu Palandt-Putzo, BGB, 56. Aufl., §
455 Rz. 18). Entgegen der Auffassung des Klägers ist der in dieser
Art vereinbarte erweiterte Eigentumsvorbehalt nicht wegen Fehlens
einer ausreichenden Freigaberegelung unwirksam. Zwar enthält Ziff.
10 der AGB keine ausdrückliche Freigabeklausel und könnte die mit
125 % angegebene Deckungsgrenze unangemessen sein. Dies steht
jedoch der Wirksamkeit des erweiterten Eigentumsvorbehaltes nicht
entgegen.
Der Kläger weist selbst auf die Entscheidung des Großen Senats
des Bundesgerichtshofs vom 27.11.1997 (ZIP 1998, 235 ff = NJW 1998,
671 ff) hin, wonach bei formularmäßig bestellten revolvierenden
Globalsicherungen weder eine ausdrückliche Freigaberegelung
Wirksamkeitsvoraussetzung ist noch eine unangemessen angegebene
Deckungsgrenze zur Unwirksamkeit führt. Auf die Begründung des
Großen Senats, der sich der entscheidende Senat in vollem Umfang
anschließt, wird Bezug genommen.
Entgegen der Auffassung des Klägers bleibt nach der Entscheidung
des Großen Senats auch nicht ungeklärt, ob die dort aufgezeigten
Grundsätze auch auf den erweiterten Eigentumsvorbehalt anwendbar
sind. In den beiden vom Großen Senat zu entscheidenden Fällen ging
es zwar nicht um die Wirksamkeit eines erweiterten
Eigentumsvorbehalts - wie vorliegend -, sondern zum einen um die
Wirksamkeit formularmäßiger Globalabtretungen, zum anderen um die
Wirksamkeit von Sicherungsübereignungen. Die dazu aufgestellten
Grundsätze gelten jedoch für den hier gegebenen Fall des
erweiterten Eigentumsvorbehalts entsprechend.
Dies folgt zunächst aus der gleichgelagerten Rechtsstellung und
Interessenlage zwischen Sicherungsnehmer und Sicherungsgeber beim
erweiterten Eigentumsvorbehalt einerseits und beim
Sicherungseigentum andererseits, die sich speziell im Rahmen eines
Konkursverfahrens verdeutlicht. Hat der Vorbehaltseigentümer zwar
grundsätzlich ein Aussonderungsrecht und der Sicherungseigentümer
lediglich ein Absonderungsrecht (vgl. Palandt-Bassenge, a.a.O., §
929 Rz. 57 und § 930 Rz. 25), so ändert sich dies für den
erweiterten Eigentumsvorbehalt dann, wenn die gekaufte Sache - wie
hier - bereits voll bezahlt ist. Dann nämlich gewährt der
Eigentumsvorbehalt für die Forderungen des Sicherungsnehmers im
übrigen nur noch ein Absonderungsrecht, also ebenso wie die
Sicherungsübereignung. Sicherungseigentümer und
Vorbehaltseigentümer haben dann dieselbe Rechtstellung (BGH NJW
1971, 799 = JZ 1971, 506; Kuhn-Uhlenbruck, a.a.O., § 43 Rz. 42 a).
Der Óbergang vom Aussonderungsrecht zum Absonderungsrecht beim
erweiterten Vorbehaltseigentum begründet sich darin, daß mit
Zahlung des Kaufpreises für die unter Eigentumsvorbehalt gelieferte
Sache das Vorbehaltseigentum nur noch Sicherungsfunktion hat. In
einem solchen Fall erfüllt der Eigentumsvorbehalt eben die Aufgabe,
die sonst der Sicherungsübereignung zukommt, nämlich der dinglichen
Sicherung von Forderungen, die nicht den Sicherungsgegenstand
betreffen (BGH a.a.O.; Kuhn-Uhlenbruck a.a.O.).
Die Gleichbehandlung von Sicherungseigentum und erweitertem
Vorbehaltseigentum im Zusammenhang mit Fragen von
Freigaberegelungen ergibt sich auch aus der Entscheidung des Großen
Senats selbst. Dort ist ganz grundsätzlich auf die schützenswerten
Interessen der Beteiligten bei Sicherungsverträgen schlechthin
abgestellt und auf die diesen Verträgen innewohnende Treuhandnatur,
nach der ein vertraglicher Anspruch des Sicherungsgebers auf
Rückgabe nicht mehr benötigter Sicherheiten grundsätzlich besteht,
gleich, was dazu formularmäßig vereinbart worden ist.
Eine Gleichstellung und Gleichbehandlung von Sicherungseigentum
und erweitertem Eigentumsvorbehalt ergibt sich schließlich auch
schon aus den Entscheidungen des 9. Zivilsenats des
Bundesgerichtshofs vom 13.01.1994 (ZIP 1994, 305, 307) und des 8.
Zivilsenats vom 09.02.1994 (NJW 1994, 1154, 1155).
Der in Ziff. 10 der AGB enthaltene Eigentumsvorbehalt ist auch
nicht als überraschende Klausel nach § 3 AGBG unwirksam. Es handelt
sich nicht um eine ungewöhnliche Klausel im kaufmännischen
Geschäftsverkehr (vgl. Palandt-Putzo, a.a.O., § 455 Rz. 18;
Palandt-Heinrichs, § 3 AGBG Rz. 5 - dort zum verlängerten
Eigentumsvorbehalt). Damit kommt es auf die weitere Voraussetzung
in § 3 AGBG, daß die Klausel für den Gegner auch überraschend sein
muß, nicht mehr an.
Der Kläger hat auch keinen Freigabe- oder Herausgabeanspruch
gegen die Beklagte wegen Óbersicherung. Von einer Óbersicherung am
09.02.1996 von mindestens 388 %, wie er behauptet, kann schon
deshalb nicht ausgegangen werden, weil weder dargetan noch
ersichtlich ist, daß der Mobilbagger, dessen Wert der Kläger zu
dieser Zeit mit 17.800,00 DM angibt, ebenfalls Sicherungsgut für
die Beklagte gewesen ist. Dies setzte voraus, daß sie den Bagger an
die Gemeinschuldnerin verkauft hatte und daß auch insoweit ihre AGB
galten. Schon ersteres ist nicht dargetan. Denn unstreitig ist
bezüglich des Baggers ein sogenannter Mietkaufvertrag geschlossen
worden, der über das Stadium des Mietvertrages nicht hinausgelangt
ist. Selbst wenn eine ausdrückliche Kaufoption nicht ausgeübt
werden mußte, lagen nach den eigenen Angaben des Klägers die in
Höhe von 152.000,00 DM gezahlten Mietraten noch unter dem
vereinbarten Kaufpreis für den Bagger von 169.800,00 DM netto, so
daß auch von daher von einem etwaigen automatischen Anfall als
Kaufsache nicht auszugehen ist.
Auch eine etwaige kurzfristige Óbersicherung der Beklagten per
09.02.1996, als nämlich nach Bezahlung der beiden Radlader
einerseits die offene Saldoforderung nur noch 7.765,92 DM betrug,
der erweiterte Eigentumsvorbehalt der Beklagten an den beiden
Radladern andererseits einen Wert von 20.165,21 DM umfaßte,
begründet kein anderes Ergebnis. Denn die Pflicht des
Sicherungsnehmers zur Freigabe der Sicherung besteht nur dann, wenn
sie endgültig nicht mehr benötigt wird (BGH NJW 1998, 672 und 673).
Schon Ende Februar 1996 war aber der Saldo schon wieder auf
11.887,43 DM angestiegen und stieg weiter um 4.600,00 DM monatlich
zu zahlender Mietkosten für den Bagger.
3.
Die vom Kläger in der Berufung hilfsweise gestellten
Stufenanträge, nämlich zunächst auf Auskunft und Rechnungslegung
über die durch Verwertung des hier im Streit stehenden Radladers
und des Mobilbaggers erzielten Erlöse einschließlich eventueller
Vermietungserlöse, sodann auf Zahlung stellen eine Klageänderung
dar, für die gemäß § 523 ZPO die Regeln nach §§ 263 ff ZPO gelten.
Eine Klageänderung ist nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt,
was er nicht getan hat, oder wenn das Gericht sie für sachdienlich
erachtet. Die Sachdienlichkeit ist angesichts dessen, daß über eine
solche Stufenklage derzeit noch nicht abschließend befunden werden
könnte, der Rechtsstreit aber im übrigen entscheidungsreif ist, zu
verneinen.
4.
Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen.
Das Urteil weicht nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung
ab. Im Hinblick darauf, daß die Entscheidung bereits durch die
Ausführungen zu Ziffer 1 getragen wird, der Kläger mit der von ihm
angeregten Zulassung der Revision jedoch eine Klärung der zu Ziffer
2 aufgeworfenen Rechtsfrage der Óbertragbarkeit der Rechtsprechung
des Großen Senats auf den verlängerten Eigentumsvorbehalt erstrebt,
hat die Sache auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des §
546 Abs. 1 ZPO.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Streitwert für das Berufungsverfahren, zugleich Wert der
Beschwer für den Kläger: 16.000,00 DM.