OLG Hamm, Beschluss vom 02.02.2011 - 8 WF 262/10
Fundstelle
openJur 2011, 77559
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 10 F 71/10

1.

Die Zulässigkeit der Kostenbeschwerde nach Erledigung der Hauptsache richtet sicht in Familienstreitsachen nach §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 91a Abs. 2, 567 ff. ZPO, nicht nach §§ 58 ff. FamFG.

2.

Zur Klageveranlassung gem. § 93 ZPO, wenn eine außergerichtliche Aufforderung auf Herabsetzung des titulierten Unterhalts abgelehnt wird.

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärten Verfahrens sowie die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 600,00 € festgesetzt.

Gründe

Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 91a Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässig; diese Vorschriften sind nämlich in Familienstreitsachen als die §§ 58 ff FamFG verdrängende Spezialregelungen anzusehen, was sich auch daraus ergibt, dass § 113 Abs. 1 S. 1 FamFG die Kostenvorschriften der §§ 80 ff FamFG gerade für nicht anwendbar erklärt. Die sofortige Beschwerde ist auch in der Sache begründet.

Das Amtsgericht hat zu Unrecht dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens auferlegt.

Gem. dem in Unterhaltssachen gegenüber den materiellen Kostenvorschriften der §§ 91 ff ZPO wiederum vorrangigen § 243 S. 1 FamFG ist nach billigem Ermessen über die Verteilung der Kosten des Verfahrens auf die Beteiligten zu entscheiden, wobei nach § 243 S. 2 Nr. 4 FamFG insbesondere ein sofortiges Anerkenntnis nach § 93 ZPO zu berücksichtigen ist.

Das Amtsgericht hat bei seiner Entscheidung § 243 S. 2 Nr. 4 FamFG entsprechend angewandt und ausgeführt, dass die Antragsgegnerin unmittelbar nach Zustellung der Antragsschrift und des Verfahrenskostenhilfebeschlusses im Umfang der Rechtshängigkeit den Antragsteller durch die (Vollstreckungs-)Verzichtserklärung klaglos gestellt habe.

Die Voraussetzungen des § 243 S. 2 Nr. 4 FamFG i.V.m. § 93 ZPO liegen jedoch nicht vor.

Ein ausdrückliches Anerkenntnis hat die Antragsgegnerin nicht abgegeben, sondern vielmehr mit Schriftsatz vom 17.08.2010 beantragt, den Antrag des Antragstellers zurückzuweisen.

Die Frage, ob der widerrufliche Vollstreckungsverzicht vom 14.08.2010, der zunächst nur außergerichtlich an den Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers übersandt wurde, konkludent ein Anerkenntnis enthält (was nach Auffassung des Senats durchaus zweifelhaft ist), kann vorliegend dahinstehen. Ebenso die Frage, ob der Vollstreckungsverzicht durch Schreiben vom 14.08.2010 "sofort" erfolgte, obwohl die Klageerwiderungsfrist bereits am 12.08.2010 abgelaufen war und im übrigen sogar vertreten wird, dass bei vorgeschaltetem Verfahrenkostenhilfeprüfungsverfahren bereits dort anerkannt werden muss (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 28. Aufl., FamFG, § 243 Rz. 5; OLG Karlsruhe, FamRZ 2004, S. 1659).

Denn die Antragsgegnerin hat jedenfalls im Sinne von § 93 ZPO Veranlassung zur Klage gegeben, als sie auf die außergerichtliche Aufforderung des Antragstellers auf Abänderung des titulierten Unterhalts vom 28.05.2010 eine Herabsetzung mit Schreiben vom 07.06.2010 ablehnte.

Veranlassung zur Klageerhebung hat der Beklagte nach allgemeiner Ansicht gegeben, wenn sein Verhalten vor Prozessbeginn ohne Rücksicht auf Verschulden und materielle Rechtslage gegenüber dem Kläger so war, dass dieser annehmen musste, er werde ohne Klage nicht zu seinem Recht kommen (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 28. Aufl., § 93 Rz. 3).

Vorliegend musste der Antragsteller aufgrund des Schreibens des Beistands vom 07.06.2010, in dem im Hinblick auf die gesteigerte Erwerbsobliegenheit und fehlende Bewerbungsbemühungen eine Herabsetzung des Unterhalts zum jetzigen Zeitpunkt als nicht möglich bezeichnet wurden, davon ausgehen, dass ohne gerichtliches Abänderungsverfahren eine Reduzierung der Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Antragsgegnerin nicht zu erreichen ist.

Auch die Erklärung des Gläubigers, aus einem abzuändernden Titel nur noch in eingeschränkter Höhe zu vollstrecken, beseitigt nach Herget (a.a.O., FamFG, § 243 Rz. 5 mit Verweis auf OLG Karlsruhe, FamRZ 2006, S. 630) nicht die Veranlassung zum Verfahren.

Da die Voraussetzungen des § 243 S. 2 Nr. 4 FamFG i.V.m. § 93 ZPO nicht vorliegen, war über die Kosten des Verfahrens gem. § 243 S. 1 FamFG nach billigem Ermessen zu entscheiden. Bei Erledigung der Hauptsache kann insofern § 91a ZPO herangezogen werden (vgl. Keidel-Giers, FamFG, 16. Aufl., § 243 Rz. 2). Im Rahmen von § 91a ZPO wird bei der Kostenentscheidung im allgemeinen auf den ohne die Erledigung zu erwartenden Verfahrensausgang abgestellt (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 91a Rz. 24). Da streitgegenständlich aufgrund der Zustellung des Antrags nur im Umfang der bewilligten Verfahrenskostenhilfe lediglich die Abänderung des Titels auf 100,00 € monatlich war, wäre der Antragsteller im Abänderungsverfahren wahrscheinlich erfolgreich gewesen, da das Amtsgericht insofern die Erfolgsaussichten bereits im Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren bejaht hatte.

Vor diesem Hintergrund waren die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin aufzuerlegen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 91 Abs. 1 ZPO.