LAG Köln, Urteil vom 11.01.2011 - 12 Sa 807/10
Fundstelle
openJur 2011, 76881
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 5 Ca 3527/09

Aus § 4 EhfG folgt keine Verpflichtung des anerkannten Trägers der Entwicklungshilfe im Rahmen des Unterhaltsgeldes auch nachehelichen Unterhalt zu berücksichtigen.

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 19.05.2010 – 5 Ca 3527/09 – teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten im Rahmen des Berufungsverfahrens noch über den Anspruch des Klägers auf Zahlung eines weiteren Unterhaltsgeldes für seine geschiedene Ehefrau für den Zeitraum Februar 2005 bis April 2007.

Der Kläger war vom 19.01.2003 bis zum 30.06.2007 bei der Beklagten, die zu den nach § 2 Entwicklungshelfergesetz (im Folgenden: EhfG) anerkannten Trägern des Entwicklungsdienstes zählt, als Entwicklungshelfer im J beschäftigt. Die Parteien schlossen einen schriftlichen Entwicklungshelferdienstvertrag (Bl. 14 GA). Dieser sieht unter § 4 "Pflichten des D folgende Regelungen vor:

Der Entwicklungshelfer erhält

monatlich Unterhaltsleistungen einschließlich freier Unterkunft und sonstiger Sachleistungen nach Maßgabe der Unterhalts-Richtlinien;

…

Der D übernimmt

die soziale Sicherung des Entwicklungshelfers nach Maßgabe der Bestimmungen des besonderen Teils des EhfG sowie der hierzu erlassenen Auflagen des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit für die anerkannten Träger des Entwicklungsdienstes. Einzelheiten ergeben sich aus dem "Merkblatt für die soziale Sicherung der Entwicklungshelfer";

…

Die Unterhaltsrichtlinien der Beklagten, auf die Bezug genommen wird (Bl. 18 GA), sehen unter anderem auch besondere Leistungen für Entwicklungshelfer mit unterhaltsberechtigten Angehörigen vor. Hierzu heißt es:

"B. Leistungen für Vorbereitungsteilnehmer und Entwicklungshelfer mit unterhaltsberechtigten Angehörigen

Unterhaltsberechtigte Familienangehörige

Unterhaltsberechtigte Familienangehörige im Sinne dieser Richtlinien sind der Ehepartner und unterhaltsberechtigte Kinder (längstens jedoch bis zum vollendeten 27. Lebensjahr).

…

Unterhaltsberechtigt im Sinne dieser Richtlinien ist der Ehepartner nur, wenn eine nach dem deutschen Recht gültige Ehe besteht und wenn der Ehe keine Eheverbote nach dem deutschen Recht entgegenstehen."

Die Auflagen des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit, welche dieser gemäß § 2 Abs. 2 S. 2 EhfG erlassen hat, regeln unter 4. "Unterhaltsleistungen für Entwicklungshelfer (§ 4 EhfG)" Folgendes:

4.1 Höhe der Unterhaltsleistungen (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 EhfG)

4.1.1 Die Unterhaltsleistung einschließlich der Sachleistung, die der Träger oder eine Stelle nach § 5 EhfG dem Entwicklungshelfer gewährt, sind so zu bemessen, dass sie den Lebensbedarf des Entwicklungshelfers sichern. Die Träger legen diese Leistung in Form von "Unterhalts-Richtlinien für Entwicklungshelfer" fest, die folgende Gesichtspunkte berücksichtigten müssen:

Die Höhe der gesamten Unterhaltsleistung richtet sich in erster Linie nach den Verhältnissen im Projektland und am Projektort. Bei der Bemessung der Unterhaltsleistung können darüber hinaus für einzelne Gruppen von Entwicklungshelfern besondere Umstände berücksichtigt werden, die einen erhöhten oder verminderten Lebensbedarf bedingen (z. B. Lebensalter, Familienstand oder gemeinsamer Haushalt von Ehepartnern, die beide Entwicklungshelfer sind).

Wegen der weiteren Einzelheiten der Auflagen vom 22.12.1994 wird auf die zur Gerichtsakte gereichte Kopie (Bl. 30 ff. GA) verwiesen.

Im Februar 2005 wurde der Kläger rechtskräftig von seiner damaligen Ehefrau geschieden. Angesichts der Ehescheidung reduzierte die Beklagte das Unterhaltsgeld für den Kläger und zahlte diesem für den Zeitraum Februar 2005 bis einschließlich April 2007 lediglich ein vermindertes Unterhaltsgeld, welches sich nach dem Unterhaltsgeld für Ledige bemaß. Verheirateten Entwicklungshelfern zahlte die Beklagte in den Monaten Februar und März monatlich einen Ehegattenzuschlag von 436,50 €, in der Zeit von April 2005 bis März 2006 in Höhe von 443,50 € und in der Zeit von April 2006 bis einschließlich April 2007 von 448,50 €.

An die bereits im Jahr 2004 psychisch schwer erkrankte und unter Betreuung stehende geschiedene Ehefrau zahlte der Kläger trotz des geringen Unterhaltsgeldes aufgrund eines vor dem Amtsgericht – Familiengericht – Nürnberg geführten Rechtsstreits zunächst aufgrund eines Vergleichs einen monatlichen nachehelichen Unterhalt in Höhe von 640,00 €. Dieser Betrag wurde durch Beschlüsse des Amtsgerichts – Familiengericht – Nürnberg vom 29.01.2007 und vom 13.06.2007 vorläufig hinsichtlich der Vollstreckbarkeit auf 440,00 € und sodann auf 352,00 € reduziert. Durch inzwischen rechtskräftiges Urteil vom 17.08.2007 reduzierte das Amtsgericht – Familiengericht – Nürnberg auf eine Abänderungsklage des Klägers dessen Unterhaltsverpflichtungen mit Wirkung ab dem 01.10.2006 auf 459,00 € monatlich. Am 17.04.2007 heiratete der Kläger erneut, woraufhin er wieder das Unterhaltsgeld für Verheiratete erhielt.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung des Unterhaltsgeldes für unterhaltsberechtigte Familienangehörige für die Zeit von Februar 2005 bis April 2007 aufgrund seiner Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seiner geschiedenen Ehefrau. Desweiteren stehe ihm auch ein Anspruch des Ehegatten-/Familienzuschlags bei der jährlichen Sonderzahlung für diesen Zeitpunkt zu. Der Anspruch ergebe sich aus § 4 EhfG, aus dem Aspekt der Fürsorgepflicht der Beklagten zur Behebung einer besonderen sozialen Härte und aus dem Gleichbehandlungsgebot in Ausgestaltung des Gleichheitssatzes nach Artikel 3 GG.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 13.139,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2007 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, durch die Zahlung des Unterhaltsgeldes für einen ledigen Entwicklungshelfer ihre Verpflichtungen aus dem Entwicklungshelfergesetz und aus ihren Unterhalts-Richtlinien erfüllt zu haben.

Das Arbeitsgericht Bonn hat mit Urteil vom 19.05.2010 der Klage hinsichtlich der monatlichen Unterhaltsleistungen für unterhaltsberechtigte Familienangehörige stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass sich der Anspruch aus dem Entwicklungshelferdienstvertrag i. V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 EhfG i. V. m. Ziff. B 1.2 der Unterhalts-Richtlinie der Beklagten in analoger Anwendung ergebe. § 4 Abs. 1 Nr. 1 EhfG billige dem Entwicklungshelfer gegen den Träger des Entwicklungsdienstes einen Anspruch auf Unterhaltsleistungen zur Sicherung des Lebensbedarfs zu. Diese Unterhaltsleistungen müssten so ausgestaltet sein, dass der Entwicklungshelfer hiervon seinen Lebensunterhalt bestreiten könne. Diesem Erfordernis trügen die Unterhalts-Richtlinien der Beklagten Rechnung, welche der Ausgestaltung des Unterhaltsanspruchs dienten. Aus der Regelung von Leistungen für unterhaltsberechtigte Angehörige ergebe sich, dass die Unterhalts-Richtlinien der Beklagten auch die familiäre Situation der bei ihr beschäftigten Entwicklungshelfer berücksichtigen sollen. Diese Leistungen dienten damit auch der Sicherung des Lebensbedarfs. Da der Ehegattenzuschlag einer gesetzlichen Regelung (§ 1360 BGB) Rechnung trage, könne er nicht als weitere Leistung zur sozialen Sicherung im Sinne des § 4 Abs. 2 EhfG angesehen werden, sondern als Unterhaltsleistung zur Sicherung des Grundbedarfs des Entwicklungshelfers und damit als Leistung zur Sicherung des Lebensbedarfs im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 EhfG. Mit der Anknüpfung der Richtlinie an das Bestehen einer nach deutschem Recht gültigen Ehe, zeichne die Unterhaltsrichtlinie der Beklagten das Ergebnis nach, dass mit Auflösung der Ehe die geschiedenen Ehegatten selbst für ihren Unterhalt zu sorgen haben. Nicht erfasst werde von der Unterhalts-Richtlinie dagegen der Fall des geschiedenen Entwicklungshelfers, den eine gesetzliche Unterhaltsverpflichtung treffe. Für diesen Fall treffen die sich in allen übrigen Fällen an den gesetzlichen Regelungen orientierenden Unterhalts-Richtlinien der Beklagten keine ausdrückliche Regelung, weshalb eine planwidrige Regelungslücke vorliege, welche zu einer analogen Anwendung von Ziff. B. 1.2 der Unterhalts-Richtlinien führe. Demgegenüber handele es sich bei der jährlichen Sonderzuwendung um eine zusätzliche Leistung zur sozialen Sicherung, die nicht zur Sicherung des Lebensbedarfs diene und deshalb keinen Anspruch begründe.

Gegen dieses ihr am 10.06.2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21.06.2010 Berufung eingelegt, soweit der Klage stattgegeben worden ist, und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 10.09.2010 die Berufung mit dem am 10.09.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Sie nimmt auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug und vertritt die Ansicht, die Beklagte habe mit ihren Unterhalts-Richtlinien die Vorgaben des EhfG vollständig umgesetzt. § 4 EhfG bezwecke keine umfassende Absicherung des Entwicklungshelfers. Es sei zwischen einem zu sichernden angemessenen Grundbedarf und weitergehenden Leistungen zu unterscheiden. Eine Aussage dahingehend, dass die gesetzliche Regelung bzw. die Richtlinien eine Verpflichtung dazu begründe, bei bestehenden Unterhaltspflichten ein erhöhtes Unterhaltsgeld zu leisten, ergebe sich nicht. Es sei Aufgabe des Unterhaltsrechts, eine übermäßige Belastung des Unterhaltspflichtigen aufgrund unangemessen hoher Zahlungen zu verhindern.

Es liege auch keine planwidrige Regelungslücke in den Richtlinien vor. Der Anspruch ergebe sich auch nicht aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz, da im Bereich der Vergütung dieser aufgrund des Vorrangs der Vertragsfreiheit nur eingeschränkt Anwendung finde. Zudem liege aufgrund des Zwecks der Leistungen ein sachliches Unterscheidungskriterium vor. Aus der differenzierten Regelung der Unterhalts-Richtlinien ergebe sich, dass die Lebenssituation eines Entwicklungshelfers, die durch einen Auslandsaufenthalt, insbesondere beim Zurückbleiben des Ehepartners im Heimatland, erheblichen Erschwernissen ausgesetzt ist, nicht durch erhöhte finanzielle Aufwendungen belastet werden soll. Deshalb sollten die detaillierten Leistungen gerade das eheliche Zusammenleben während der Tätigkeit in der Entwicklungshilfe auch finanziell erleichtern, was nach rechtskräftiger Scheidung der Ehepartner entfalle.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 19.05.2010 abzuändern, soweit der Klage stattgegeben worden ist und die Klage abzuweisen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 19.05.2010 – 5 Ca 3527/09 – zurückzuweisen.

Er nimmt auf den erstinstanzlichen Vortrag Bezug. Er vertritt die Ansicht, der Ehegatten- oder Familienzuschlag sei nicht als Leistung zur sozialen Sicherung i. S. d. § 4 Abs. 2 EhfG zu verstehen, sondern als Leistung zur Sicherung des Lebensbedarfs i. S. d. § 4 Abs. 1 Ziff. 1 EhfG. Eine Regelung in den Richtlinien, die geschiedene Unterhaltsverpflichtete von einer Zahlung ausnehme, verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und sei auch nicht gesetzeskonform. Die Beklagte hätte insoweit das gesetzliche Unterhaltsmodell jedenfalls nachbilden müssen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst den zu den Akten gereichten Anlagen, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ergänzend verwiesen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig und begründet.

I.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 19.05.2010 ist zulässig. Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft und wurde innerhalb der in § 66 Abs. 1 ArbGG vorgegebenen Fristen eingelegt und begründet.

II. Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Unterhaltsgeldleistungen für unterhaltsberechtigte Familienangehörige für die Zeit von Februar 2005 bis einschließlich April 2007 aus dem Entwicklungshelferdienstvertrag i. V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 EhfG i. V. m. B. 1.2 der Unterhalts-Richtlinien der Beklagten. § 4 Abs. 1 des Entwicklungshelferdienstvertrags nimmt insoweit Bezug auf die Unterhalts-Richtlinien und verweist hinsichtlich der monatlichen Unterhaltsleistungen auf diese. Die Unterhaltsrichtlinien selbst sehen unter B. 1.2 vor, dass unterhaltsberechtigt im Sinne dieser Richtlinien nur der Ehepartner ist, wenn eine nach dem deutschen Recht gültige Ehe besteht und wenn der Ehe keine Eheverbote nach dem deutschen Recht entgegenstehen. Für den geltend gemachten Zeitraum war diese Voraussetzung unstreitig für den Kläger nicht gegeben, da die bis Januar 2005 bestehende Ehe im Februar 2005 rechtskräftig geschieden war. Der Kläger kann seinen Anspruch demnach nicht unmittelbar aus der Richtlinie begründen.

Ihm steht aber auch kein Anspruch aus einer analogen Anwendung der Richtlinien wegen einer planwidrigen Regelungslücke (im Folgenden a) bzw. aus § 4 Abs. 1 EhfG (im Folgenden b) und auch nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (im Folgenden c) zu.

a) Ein Anspruch des Klägers auf die begehrte Unterhaltsleistung ergibt sich nicht aufgrund der analogen Anwendung von Ziff. B 1.1 der Unterhalts-Richtlinien der Beklagten auf den geschiedenen Entwicklungshelfer, der gemäß §§ 1570 ff. BGB dennoch unterhaltsverpflichtet ist. Es fehlt insoweit an einer Regelungslücke, die durch eine analoge Anwendung der Richtlinie im Sinne des Klägers zu schließen wäre. Voraussetzung hierfür wäre, dass die Richtlinie eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit aufweist. Eine Regelungslücke liegt nur vor, wenn ein Punkt entweder übersehen oder zwar nicht übersehen, aber nicht für regelungsbedürftig gehalten worden ist. Von einer Planwidrigkeit kann nur die Rede sein, wenn es an einer Bestimmung fehlt, die erforderlich ist, um den hier zugrunde liegenden Regelungsplan zu verwirklichen, wenn also ohne Vervollständigung eine angemessene interessengerechte Lösung nicht zu erzielen ist (BAG vom 19.05.2010 – 4 AZR 796/08 Rn. 23 – zitiert nach juris; BAG vom 25.08.2010 – 4 AZR 14/09 Rn. 24 – zitiert nach juris).

aa. Vorliegend fehlt es bereits an einer Regelungslücke. Die Regelung in den Richtlinien stellt ausdrücklich auf das Bestehen der Ehe ab und nicht auf bestehende Unterhaltspflichten. Vielmehr definiert sie unter B.1 ausdrücklich den unterhaltsberechtigten Familienangehörigen im Sinne der Richtlinien gesondert. Wenn es der Richtlinie insoweit darum gegangen wäre, einen angemessenen Ausgleich für Unterhaltsbelastungen zu finden, wäre es möglich gewesen, unmittelbar an Unterhaltsverpflichtungen anzuknüpfen und nicht an den Familienstand. Dass die Beklagte mit den Unterhalts-Richtlinien jeden Fall der gesetzlichen Unterhaltspflichten erfassen wollte, ist der Regelung gerade nicht zu entnehmen und damit ist auch keine Regelungslücke zu erkennen. Hinzu kommt, dass die Richtlinie auch im Falle eine bestehenden Ehe und einem damit einhergehenden grundsätzlichen Anspruch auf Unterhaltsgeld-Leistungen nach der jeweiligen Situation der Unterhaltsberechtigten differenziert, je nachdem, ob dieser auch unter Vertrag als Entwicklungshelfer steht und ob dieser sich im Gastland aufhält oder nicht. Auch diese Differenzierung spricht gegen einen pauschalen Ausgleich für jede Form von Unterhaltsverpflichtungen.

bb. Selbst wenn eine Regelungslücke angenommen werden könnte, besteht jedenfalls keine Planwidrigkeit. Denn der der Richtlinie zugrunde liegende Regelungsplan ergibt sich aus der gesetzlichen Vorgabe des § 4 Abs. 1 EhfG. Dieser sieht aber nur Unterhaltsgeld zur Sicherung des Lebensbedarfs vor. Unter dem allgemeinen Lebensbedarf sind die Mittel für Ernährung, Kleidung, Wohnen, Gesundheitsfürsorge, Freizeitgestaltung, Erholung und die Teilnahme am kulturellen Leben zu verstehen (so zu § 1610 BGB Beck OK/Reinken BGB § 1610 Rn. 24). Im Rahmen der Auflagen des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit (im Folgenden: BMZ) wird ausdrücklich dabei auf den Lebensbedarf des Entwicklungshelfers Bezug genommen, wobei die Höhe der gesamten Unterhaltsleistungen sich nach Ziffer 4.1.1.1 in erster Linie nach den Verhältnissen im Projektland und am Projektort richten sollen. Die Annahme, dass unter Lebensbedarf auch die Unterhaltsverpflichtungen des Entwicklungshelfers zu verstehen seien, sind damit weder der gesetzlichen Regelung noch den Auflagen des BMZ zu entnehmen. Sie ergibt sich auch nicht aus der Auslegung des Begriffs Lebensbedarfs in sonstigen gesetzlichen Regelungen. Demnach kann nicht angenommen werden, dass die gesetzliche Regelung eine Unterhaltsleistung für Unterhaltsverpflichtungen des Entwicklungshelfers nach § 4 Abs. 1 EhfG fordert und ein Anspruch begründet. Vielmehr fallen die Unterhaltsverpflichtungen des Entwicklungshelfers unter den Bereich der sozialen Sicherung in § 4 Abs. 2 EhfG, die jedoch nach der gesetzlichen Regelung nicht zwingend vorgeschrieben sind. Hierfür spricht auch, dass § 4 Abs. 2 EhfG ausdrücklich die Ehegatten erwähnt, so dass nachehelicher Unterhalt nur im Rahmen der sozialen Sicherung berücksichtigt werden kann, was aber weder die im Rahmen des § 2 Abs. 2 EhfG erlassenen Auflagen des BMZ noch die Unterhaltsrichtlinien der Beklagten vorsehen.

Ein Anspruch auf monatliche Unterhaltszuschüsse ist auch nicht aufgrund des Regelungszwecks erforderlich. Die Auflagen des BMZ sehen insoweit vor, dass die Leistungen eine angemessene, vergleichsweise einfache Lebensführung des Entwicklungshelfers gewährleisten müssen (Ziffer 4.1.1.2. Satz 3). Dies wird durch die Unterhaltsleistungen der Beklagten gewährleistet. Die Anpassung der Unterhaltsleistungen an die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten kann dagegen im Rahmen des Unterhaltsrechts erfolgen (§ 1603 BGB), was bei dem Kläger ja auch schließlich im Unterhaltsprozess erfolgt ist. Deshalb ist es auch nicht erforderlich und wird von § 4 EhfG auch nicht verlangt, dass die Unterhaltsrichtlinien das gesetzliche Unterhaltsrecht nachbilden.

b) Ein Anspruch folgt auch nicht aus § 4 Abs. 1 EhfG. Wie bereits ausgeführt, ist der Zuschlag zu den monatlichen Unterhaltsbeträgen nicht in § 4 Abs. 1 EhfG sondern als soziale Sicherung i. S. d. § 4 Abs. 2 EhfG zu sehen. Die Regelung der Richtlinien entspricht wie bereits ausgeführt insbesondere auch den Auflagen des BMZ auf der Grundlage von § 2 Abs. 2 EhfG i. V. m. § 4 Abs. 2 EhfG. Dies ergibt sich nicht zuletzt auch daraus, dass die Richtlinien nach Ziffer 4.1.2 der Auflagen der vorherigen Zustimmung des BMZ bedürfen, die vorliegend auch erfolgt ist.

c) Der Anspruch des Klägers begründet sich auch nicht aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu behandeln. Er verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung Einzelner in vergleichbarer Lage als auch eine sachfremde Gruppenbildung (BAG v. 27.07.2010- 1 AZR 874/08- zitiert nach juris). Eine Differenzierung ist dann sachfremd, wenn es für sie keine billigenswerte Gründe gibt (BAG, 18.09.2001 – 3 AZR 656/00 – zitiert nach juris). Im Bereich der Arbeitsvergütung ist der Gleichbehandlungsgrundsatz trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit anwendbar, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (BAG v. 27.07.2010- aaO. Rn. 15). Eine sachfremde Benachteiligung liegt nicht vor, wenn nach dem Leistungszweck Gründe bestehen, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, diesen Arbeitnehmern die den anderen gewährte Entgelte vorzuenthalten. Billigenswerte Gründe sind solche, die auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und gegen keine verfassungsrechtlichen oder sonstigen übergeordneten Wertentscheidungen verstoßen (BAG v. 27.07.2010- aaO.). Ob der Arbeitgeber die zweckmäßigste und gerechteste Lösung wählte, ist nicht zu überprüfen.

Es kann dahinstehen, ob die für Arbeitnehmer entwickelten Grundsätze überhaupt für Entwicklungshelfer, die keine Arbeitnehmer sind (Münchener Handbuch des Arbeitsrechts/Giesen, 3. Auflage § 326 Rn. 143; BAG v. 27.04.1977- 5 AZR 129/76 – zitiert nach juris), anwendbar sind. Vorliegend ist jedenfalls eine sachliche Differenzierung aufgrund der Belastung der Familiensituation gegeben. Die Beklagte führt hierzu aus, die Lebenssituation eines Entwicklungshelfers, die durch einen Auslandsaufenthalt erheblichen Erschwernissen ausgesetzt werde, solle nicht auch noch durch erhöhte finanzielle Aufwendungen belastet werden. Es solle durch die Zahlungen eine Erleichterung für das eheliche Zusammenleben während der Tätigkeit in der Entwicklungshilfe gewährleist sein. Insoweit unterscheidet sich die Situation, je nachdem ob der Ehepartner ebenfalls als Entwicklungshelfer tätig ist, sich im Gastland aufhält oder nicht. Dies wird auch in der Differenzierung in den Richtlinien der Beklagten deutlich. Jedenfalls unterscheidet sich die Situation bei einer bestehenden Ehe aber von einem Verhältnis aufgrund einer Unterhaltsverpflichtung nach Scheidung. Eine Belastung der ehelichen Situation aufgrund des Dienstes in der Entwicklungshilfe kann insoweit nicht eintreten. Es liegt somit ein sachliches Differenzierungskriterium vor. Dieses beruht auch auf vernünftigen und einleuchtenden Erwägungen. Denn die Beklagte ist aufgrund der geringen Unterhaltszahlungen und der weiteren besonderen Umstände in der Entwicklungshilfe auf das besondere Engagement der Entwicklungshelfer angewiesen. Dieses kann durch die zusätzliche familiäre Belastung beeinträchtigt werden, so dass diese vernünftigerweise teilweise finanziell ausgeglichen wird. Auch verfassungsrechtliche Wertentscheidungen, insbesondere Artikel 6 GG sprechen nicht gegen eine Beschränkung der zusätzlichen Unterhaltsleistungen auf die bestehende Ehe. Demnach war die Klage auf die Berufung hin insgesamt abzuweisen.

III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 91 ZPO.

Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG ist zur Überzeugung der Berufungskammer nicht erkennbar, da den entscheidungserheblichen Rechtsfragen keine grundsätzliche Bedeutung zukommt.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a ArbGG verwiesen.

Brand Scharf Schütteler

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