VG Aachen, Urteil vom 06.12.2010 - 6 K 2364/09
Fundstelle
openJur 2011, 74791
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks "S. " in V. . Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 104 "Wohnpark S1. V", der für die nähere Umgebung ein allgemeines Wohngebiet festsetzt. Auf dem im städtischen Eigentum stehenden Nachbargrundstück "B. /S. " ist ein Kinderspielplatz mit einer Fläche von 625 m² und mehreren Spielgeräten eingerichtet. Über zwei an den beiden Eingängen zu der Spielanlage montierte Hinweisschilder wird auf die bis 20.00 Uhr beschränkte Benutzungszeit und den auf Kinder unter vierzehn Jahren eingeschränkten Nutzerkreis hingewiesen.

B. 21. Februar 2008 trat die Klägerin an die Beklagte mit einer schriftlichen Beschwerde über die von der Benutzung des Spielplatzes ausgehenden Lärmemissionen heran. Sie trug vor, ursprünglich sei auf dem Nachbargrundstück nur ein kleiner Spielplatz beabsichtigt gewesen. Dem habe sie damals zugestimmt. Inzwischen habe sich der Spielplatz aber zum größten Spielplatz der Stadt entwickelt. Ausgerechnet an der engsten Stelle des Nachbargrundstücks, etwa in Höhe der Schlaf- und Wohnzimmer ihres eigenen Hauses, sei dann auch noch ein Klettergerüst mit Rutsche und Hängebrücke aufgestellt worden. Von der Benutzung der Spielgeräte gingen erhebliche Lärmbelästigungen aus. Die Ruhezeiten würden nicht eingehalten. Inzwischen würde sie von den Kindern und Jugendliche auch mit Steinen, Bällen und Flaschen beworfen. Ihr Grundstück sei nicht mehr uneingeschränkt nutzbar.

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2008 und vom 28. Januar 2009 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass diese vor Baubeginn bereits über die Einrichtung des Spielplatzes unterrichtet gewesen sei. Der fragliche Bebauungsplan, der der Klägerin bekannt gewesen sei, habe sogar eine Spielplatzfläche von 700 m² ausgewiesen. Ein reiner Kleinkinderspielplatz sei nie geplant gewesen. Der Spielplatz habe vielmehr den Bedürfnissen des Baugebiets entsprechen und im Rahmen der Daseinsvorsorge eine wichtige Funktion zur Entwicklung von Kindern ausfüllen sollen. Deswegen seien auch Spielgeräte sowohl für Kleinkinder als auch für Kinder bis vierzehn Jahre aufgebaut. Die von der Benutzung dieses Spielplatzes ausgehenden Lärmbelästigungen seien sozialadäquat und damit zumutbar. Ein Handlungsbedarf werde seitens der Beklagten nicht gesehen.

Die Klägerin hat am 30. Dezember 2009 Klage erhoben, zu deren Begründung sie ergänzend ausführt, der von der Benutzung des Spielplatzes ausgehende Lärm überschreite das zumutbare Maß. Das Klettergerüst, das einen starken Anziehungspunkt für Kinder und Jugendliche bilde, befinde sich nur etwa sechs Meter von ihren Wohn- und Schlafzimmern entfernt. Im Sommer seien zeitweise bis zu zwei Kindergartengruppen gleichzeitig auf dem Spielplatz. Im Sommer sei auch eine Nutzung bis oft nach 21.00 Uhr und zudem häufig durch Kinder, die älter als vierzehn Jahre alt seien, zu beobachten. Inzwischen sei es sogar so, dass von den Kindern Steine gegen ihre Fenster geworfen würden und sie beleidigt werde. Die von der Beklagten durchgeführten Kontrollen erwiesen sich vor diesem Hintergrund als vollkommen unzureichend. Der Spielplatz sei im Übrigen überdimensioniert. Sein Einzugsbereich gehe weit über das Baugebiet hinaus. Die Klägerin strebe nicht die Entfernung des Spielplatzes an, sie wolle aber im Sinne eines gerechten Interessenausgleiches erreichen, dass seitens der Beklagten geeignete Maßnahmen unternommen würden, die die Beeinträchtigungen der Klägerin auf ein zumutbares Maß reduzierten.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die von dem Spielplatz "B. /S. " ausgehenden Lärmbelästigungen auf ein sozialverträgliches Maß zu reduzieren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrages weist sie darauf hin, dass im fraglichen Bebauungsplan das städtische Grundstück als "Grünfläche" mit der Zweckbestimmung "Spielplatz" ausgewiesen sei. Der Grundstückskauf durch die Klägerin sei erst nach dem Satzungsbeschluss erfolgt. Die Klägerin habe sich also vorher informieren und gegebenenfalls von dem Kauf Abstand nehmen können. Beschwerden würden bislang im Übrigen ausschließlich von der Klägerin und deren Familie vorgetragen. Diese seien aber nicht berechtigt. Es sei weder beabsichtigt gewesen noch bislang feststellbar, dass der Spielplatz aufgrund seiner Attraktivität und Größe einen über das Wohngebiet hinausgehenden Einzugsbereich und ein die üblichen Benutzerzahlen übersteigendes Nutzeraufkommen habe. Eine Entzerrung der Nutzergruppen sei zudem dadurch erreicht worden, dass im Jahr 2003 eine Skater- und Basketballanlage an dem in unmittelbarer Nähe bestehenden Schulzentrum eingerichtet worden sei. Diese sei im August 2007 zusätzlich um einen Bolzplatz erweitert worden. Insbesondere für Jugendliche sei diese Anlage daher bedeutend attraktiver als der streitgegenständliche Kinderspielplatz. B. Eingang des Kinderspielplatzes werde auf zwei Schildern auch auf die Benutzungszeit, die auf 20.00 Uhr begrenzt sei, und auf die Benutzergruppe, die auf Kinder unter vierzehn Jahren eingeschränkt sei, ausdrücklich hingewiesen. Die Beklagte führe überdies regelmäßige Kontrollen durch. Bislang hätten keine das übliche Maß übersteigenden Regelverletzungen festgestellt werden können. Sollten diese im Einzelfall vorgekommen sein, so seien diese nicht vorhersehbar und daher nicht zu vermeiden. Insgesamt seien die Auswirkungen der Benutzung des Spielplatzes als sozialadäquat und ortsüblich anzusehen und damit der Klägerin zumutbar. Letztlich sei auch die Dimensionierung des Kinderspielplatzes nicht zu beanstanden. Diese entspreche der hierzu ergangenen DIN.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (2 Ordner und 1 Heft) Bezug genommen.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, aber nicht begründet.

Der Verwaltungsrechtsweg ist gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eröffnet. Namentlich handelt es sich vorliegend um eine öffentlichrechtliche Streitigkeit. Die Klägerin wendet sich gegen die im Zuge der Nutzung des im Streit stehenden städtischen Spielplatzes entstehenden Immissionen. Diesbezügliche Abwehransprüche sind öffentlichrechtlicher Natur, wenn die abzuwehrende Beeinträchtigung dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist. Dies ist hier zu bejahen, weil die Einwirkungen auf das Grundstück der Klägerin durch die Nutzung einer gemeindlichen Anlage verursacht werden, welche die Beklagte im Rahmen ihres Erschließungsauftrages als öffentliche Einrichtung zur sozialen Betreuung ihrer Einwohner in einem öffentlichrechtlichen Planungs- und Funktionszusammenhang geschaffen und nicht zuletzt auch zur Erfüllung der öffentlichen Aufgabe der Kinder- und Jugendpflege zur Verfügung gestellt hat.

Statthafte Klageart ist die allgemeine Leistungsklage, weil die Klägerin die Abwehr der störenden Folgen einer schlichthoheitlich betriebenen Anlage erreichen will.

Die zulässige Klage ist jedoch nicht begründet.

Die Klägerin hat nach der Sach- und Rechtslage im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung gegen die Beklagte keinen Anspruch darauf, dass diese geeignete Maßnahmen ergreift, um die von dem Spielplatz "B. /S. " (Spielanlage T. ) ausgehenden Lärmbelästigungen auf ein sozialverträgliches Maß zu reduzieren.

Als Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch kommt der öffentlichrechtliche Abwehranspruch in Betracht, der sich aus einer analogen Anwendung der das privatrechtliche Nachbarschaftsverhältnis regelnden §§ 906, 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) im öffentlichen Recht ergibt,

vgl. zu weiteren Herleitungsmöglichkeiten des öffentlichrechtlichen Abwehranspruchs aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes - GG - und aus den Grundrechten des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG bzw. des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 19. Januar 1989 - 7 C 77/87 -, BVerwGE 81, 197 ff.

Die Voraussetzungen für den geltend gemachten öffentlichrechtlichen Abwehranspruch liegen hier jedoch nicht vor.

Nach §§ 906 Abs. 1 Satz 1, 1004 Abs. 1 BGB kann ein Nachbar unter anderem Geräusche, die die Benutzung seines Grundstücks nicht nur unwesentlich beeinträchtigen, abwehren. Als Maßstab dafür, ob Geräuschimmissionen wesentlich und deshalb nicht zu dulden sind, ist § 22 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) heranzuziehen,

vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1989 - 7 C 77.87 -, a.a.O.

Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind nicht genehmigungsbedürftige Anlagen - um eine solche handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Kinderspielplatz als sonstiger ortsfester Einrichtung im Sinne des § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG -,

vgl. allgemein zum Begriff der "ortsfesten Einrichtung": Jarass, Kommentar zum BImSchG, 7. Auflage 2007, § 3 Rdnr. 69 ff.,

so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. § 3 Abs. 1 BImSchG definiert schädliche Umwelteinwirkungen als Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

Ob Immissionen als schädlich anzusehen sind, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Die Schädlichkeit lässt sich nicht nach einem festen und einheitlichen Maßstab für jegliche Art von Geräuschen bestimmen und ist weitgehend der tatrichterlichen Wertung im Einzelfall vorbehalten. Insofern ist eine umfassende situationsbezogene Abwägung aller Umstände des Einzelfalls und ein Ausgleich widerstrebender Interessen vorzunehmen. Dabei sind die Wirkungen der Immissionen für die Betroffenen zu berücksichtigen. Für die tatrichterliche Bewertung der Zumutbarkeit von Immissionen können technische Regelwerke als "Orientierungshilfe" oder "grober Anhalt" herangezogen werden. Eine schematische Anwendung bestimmter Mittelungs- oder Grenzwerte ist jedoch unzulässig. Die normkonkretisierende Funktion der Immissionsrichtwerte, eine interessengerechte, gleichmäßige Bewertung der belästigenden Wirkung von Lärm zu ermöglichen und damit ein Höchstmaß an Rechtssicherheit zu erreichen, kann die individuelle Würdigung gerade auch bei Anlagen wie Spiel- oder Bolzplätzen, (Beach-)Volleyballanlagen, Skateranlagen oder Basketballplätzen wegen ihrer Atypik und Vielgestaltigkeit nicht ersetzen,

vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 30. Juli 2003 - 4 B 16.03 -, , vom 17. Juli 2003 - 4 B 55.03 -, NJW 2003, 3360, und vom 11. Februar 2003 - 7 B 88.02 -, NVwZ 2003, 377.

Die tatrichterliche Wertung im Einzelfall richtet sich weiterhin insbesondere nach der durch die Gebietsart und die tatsächlichen Verhältnisse bestimmten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit; dabei sind wertende Elemente wie Herkömmlichkeit, soziale Adäquanz und allgemeine Akzeptanz mitbestimmend. Ebenso ist zu berücksichtigen, ob das Grundstück der Immissionsbetroffenen tatsächlich oder rechtlich vorbelastet ist. Alle diese Umstände müssen im Sinne einer "Güterabwägung" in eine wertende Gesamtbetrachtung einfließen,

vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Februar 2003 - 7 B 88.02 -, a.a.O., und Urteile vom 19. Januar 1989 - 7 C 77.87 -, a.a.O., vom 24. April 1991 - 7 C 12.90 -, BVerwGE 88, 143 ff., sowie vom 30. April 1992 - 7 C 25.91 -, BVerwGE 90, 163, 165 f.; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Beschluss vom 16. November 2004 - 22 ZB 04.2269 -, NVwZ-RR 2005, 532; VGH Baden-Württemberg (VGH BW), Urteil vom 16. April 2002 - 10 S 2443/00 -, NVwZ-RR 2002, 643; Hessischer VGH (HessVGH), Urteil vom 30. November 1999 - 2 UE 263/97 -, .

Mit Blick auf die Zumutbarkeit von von Kinderspielplätzen im Rahmen ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung ausgehenden Geräuschimmissionen ist in die vorzunehmende wertende Gesamtbetrachtung namentlich einzustellen, dass Kinderspielplätze in einem reinen und erst recht - wie hier - in einem allgemeinen Wohngebiet grundsätzlich bauplanungsrechtlich zulässig sind,

vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1991 - 4 C 5.88 -, NJW 1992, 1779.

Es kommt insofern auch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt darauf an, ob die Klägerin im Zeitpunkt des Grundstückserwerbs über die spätere Ausgestaltung des Spielplatzes vollumfänglich informiert war. Die Anlage des Spielplatzes ist ohne Zweifel von den Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 104 gedeckt und planungsrechtlich zulässig.

Zudem ist ein Kinderspielplatz eine für eine altersgemäße Entwicklung eines Kindes - im Übrigen auch im öffentlichen Interesse - wünschenswerte, wenn nicht gar erforderliche Einrichtung mit einer auf Kinder bis zu vierzehn Jahren zugeschnittenen Ausstattung, um einem Kind einen von Beeinträchtigungen der Umwelt weitgehend ungestörten Aufenthalt im Freien zu ermöglichen und ihm unter anderem Gelegenheit zu geben, sein Sozialverhalten im Spielen mit anderen Kindern zu trainieren,

vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1991 - 4 C 5.88 -, a.a.O., und Beschluss vom 11. Februar 2003 - 7 B 88.02 -, a.a.O.; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteile vom 6. März 2006 - 7 A 4591/04 -, und vom 11. September 2003 - 10 A 2630/00 -, sowie Beschluss vom 5. Januar 2001 - 7 B 6/01 -, alle ; Verwaltungsgericht (VG) Aachen, Urteil vom 16. Juli 2007 - 6 K 921/06 -, .

Der - unvermeidbare - Lärm spielender Kinder stellt vor diesem Hintergrund bei der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung regelmäßig keine immissionsschutzrechtlich relevante Störung dar, so dass auch und gerade ein in einem Wohngebiet oder in der Nähe eines Wohngebietes angelegter Kinderspielplatz im Rahmen seiner bestimmungsgemäßen Nutzung unter Anwendung eines großzügigen Maßstabes von den Nachbarn grundsätzlich als sozialadäquat hinzunehmen ist,

vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 19. August 2008 - 10 A 492/07 -, unter Hinweis auf das Urteil des BVerwG vom 12. Dezember 1991, vom 25. Mai 2004 - 21 A 1849/03 - und vom 2. August 2001 - 21 B 402/01 -, alle ; VG Aachen, Urteil vom 7. September 2009 - 6 K 1755/08 -, .

Gemessen hieran stellt sich der bestimmungsgemäße Betrieb des Kinderspielplatzes "B. /S. " (Spielanlage T. ) für die Klägerin nicht als unzumutbar, sondern als sozialadäquat dar. Die Kammer verkennt nicht, dass der Spielbetrieb auf einem Spielplatz schon seiner Natur nach mit einer deutlich wahrnehmbaren Geräuschkulisse verbunden ist, und zwar ausgehend sowohl von den spielenden Kindern (Schreien oder Rufen) als auch von der Benutzung der Spielgeräte, hier konkret etwa durch das Laufen auf der Hängebrücke, die bewegliche Holz- und Metallteile aufweist. Diese unregelmäßig auftretenden Spielgeräusche sind zum Teil informationshaltig und für einen außen stehenden Dritten in ihrem Auftreten und in den sporadischen Geräuschspitzen nicht vorhersehbar. Aus diesen Gründen werden sie über die bloße, bereits nicht unwesentliche Lautstärke hinaus als besonders störend und bei der Nutzung eines Privatgrundstücks besonders belastend empfunden. Die Interessen- und Güterabwägung ergibt jedoch, dass diese Geräuschemissionen in Bezug auf das klägerische Grundstück die Zumutbarkeitsschwelle sowohl qualitativ als auch quantitativ noch nicht überschreiten. Die Beschwerden der Klägerin beschreiben, soweit sie den bestimmungsgemäßen Spielplatzbetrieb betreffen, vielmehr die Emissionen, die regelmäßig von einem Kinderspielplatz ausgehen und - wie dargelegt - vom Nachbarn grundsätzlich - bis hin zur der Grenze möglicher Gesundheitsbeeinträchtigungen - als sozialadäquat hinzunehmen sind, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Mai 2004 - 21 A 1849/03 -, a.a.O.; BayVGH, Beschluss vom 21. Dezember 1994 - 22 B 93.2343 -, ; VG Aachen, Urteil vom 7. September 2009 - 6 K 1755/08 -, a.a.O.

Die Kammer merkt mit Blick auf die Beschwerden der Klägerin insoweit an, dass auch die gelegentliche Nutzung des Spielplatzes durch Kindergartengruppen oder durch Schulklassen, auch wenn mit ihr erfahrungsgemäß eine im Vergleich zum - weniger intensiven - Normalbetrieb erhöhte Lärmemission einhergeht, dem bestimmungsgemäßen Betrieb des Spielplatzes unterfällt.

Ebenfalls ist es aus Sicht der Kammer für einen gerechten Interessenausgleich nicht erforderlich, dem Ruhebedürfnis der Klägerin durch eine Neugestaltung des Spielplatzes mit Versetzung des in Höhe des klägerischen Grundstücks aufgestellten Multifunktions-Spielgerätes ("Spielstadt Milano") zu entsprechen. Die Beklagte, die hinsichtlich der Frage, ob und an welcher Stelle sie Kinderspielplätze errichtet, ebenso grundsätzlich frei ist wie hinsichtlich der konkreten Ausstattung eines Spielplatzes mit Spielgeräten,

vgl. bereits VG Aachen, Urteil vom 18. Februar 1987 - 3 K 709/86 -, m.w.N.,

hat insoweit in der mündlichen Verhandlung plausibel und nachvollziehbar ausgeführt, dass der zur S. gelegene, vordere Teil des Spielplatzes zum einen als Kleinkinderspielfläche benötigt werde und zum anderen eine Versetzung des für ältere Kinder vorgesehenen Spielturmes im hinteren Bereich des städtischen Spielplatzgrundstücks aufgrund der aus Sicherheitsgründen benötigten Fallflächen nicht möglich sei. Dass schließlich die Interessen der Klägerin eine weitere Einschränkung der Nutzungszeit oder des Benutzerkreises erfordern, haben ihre Beschwerden nicht aufgezeigt.

Die Klägerin wehrt sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung auch weniger gegen den bestimmungsgemäßen Betrieb des Spielplatzes als vielmehr gegen die missbräuchliche Nutzung des Spielplatzes durch ältere Kinder, die Nutzung auch noch nach 20.00 Uhr und schließlich gegen das Verhalten einiger Kinder, die sie und ihre Familie beschimpft, beleidigt und mit Steinen beworfen haben sollen.

Damit beschreibt die Klägerin aber einen Missbrauchstatbestand, der regelmäßig nicht geeignet ist, einen Spielplatzbetrieb als rechtswidrig erscheinen zu lassen. Für die aus einer missbräuchlichen Nutzung resultierenden Beeinträchtigungen ist nicht die Beklagte als Betreiberin des Spielplatzes verantwortlich, denn derartige Störungen sind nicht auf eine von ihr gebilligte Nutzung der Einrichtung zurückzuführen. Insoweit wird die Klägerin nicht durch die Beklagte, sondern ausschließlich durch den jeweiligen Verursacher der Störung beeinträchtigt. Dem Betreiber einer solchen Anlage ist nämlich regelmäßig nur das an Auswirkungen zuzurechnen, was durch deren Funktion als Spielplatz bedingt wird. Er muss sich lediglich bei Hinzutreten besonderer Umstände auch die durch zweckfremde Nutzungen verursachten Beeinträchtigungen zurechnen lassen,

vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 26. Oktober 2005 - 8 A 2622/04 -, vom 5. Januar 2001 - 7 B 6/01 -, und vom 27. Juni 2000 - 21 A 3025/99 -, sowie Urteil vom 2. März 1999 - 10 A 6491/96 -, alle ; HessVGH, Urteil vom 30. November 1999 - 2 UE 263/97 -, a.a.O.; Niedersächsisches OVG (NdsOVG), Urteil vom 26. März 1996 - 6 L 5539/94 -, OVGE 46, 371; VG Aachen, Urteile vom 7. September 2009 - 6 K 1755/08 -, a.a.O., und vom 16. Juli 2007 - 6 K 921/06 -, a.a.O.

Für eine Zurechnung zweckfremder Nutzungen reicht es nicht aus, dass die Anlage nur "geeignet" ist, missbräuchlich genutzt zu werden. Öffentlichen Kinderspielplätzen ist wie öffentlichen Grünanlagen dabei die Gefahr nicht bestimmungsgemäßer Nutzung im Grundsatz immanent; die Gefahr gelegentlicher Missbräuche ist daher unvermeidbar. Störungen solcher Art sind grundsätzlich polizeirechtlich oder ordnungsrechtlich zu beseitigen,

vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Mai 1989 - 4 B 26.89 -, ; OVG NRW, Beschlüsse vom 18. Mai 2009 - 10 E 289/09 -, , vom 19. August 2008 - 10 A 492/07 -, a.a.O., vom 5. Januar 2001 - 7 B 6/01 -, a.a.O., und vom 27. Juni 2000 - 21 A 3025/99 -, a.a.O., sowie Urteil vom 6. März 2006 - 7 A 4591/04 -, a.a.O.; NdsOVG, Beschluss vom 29. Juni 2006 - 9 LA 113/04 -, NVwZ 2006, 1199.

Der Betreiber einer öffentlichen Einrichtung oder nicht genehmigungsbedürftigen Anlage ist ausnahmsweise für die durch den bestimmungswidrigen Gebrauch verursachten erheblichen Belästigungen dann verantwortlich, wenn er durch die Einrichtung einen besonderen Anreiz zum Missbrauch gegeben hat, wenn in dem bestimmungswidrigen Verhalten eine mit der Einrichtung geschaffene besondere Gefahrenlage zum Ausdruck kommt und der Fehlgebrauch sich damit bei einer wertenden Betrachtungsweise als Folge der konkreten Standortentscheidung erweist bzw. als Folge des Betriebs der Einrichtung anzusehen ist oder wenn er eine Einrichtung geschaffen hat, bei der ein Missbrauch durch einen nicht zugelassenen Personenkreis wie auch in der Art der Benutzung wahrscheinlich ist,

vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Mai 1989 - 4 B 26.89 -, a.a.O.; OVG NRW, Beschluss vom 27. Juni 2000 - 21 A 3025/99 -, a.a.O., und Urteil vom 6. März 2006 - 7 A 4591/04 -, a.a.O.

Gemessen hieran ist der gegebenenfalls missbräuchliche Gebrauch des streitgegenständlichen Spielplatzes der Beklagten nicht zurechenbar. Der mögliche Missbrauch ist nämlich lediglich Folge der jedem Spielplatz immanenten Gefahrenlage, von Jugendlichen gelegentlich als Treffpunkt genutzt zu werden. Er beruht nicht auch auf einer mit seiner konkreten Lage verbundenen außergewöhnlichen Anziehungskraft. Die Gestaltung des Spielplatzes bietet keinen besonderen Anreiz dafür, dass er häufiger durch Jugendliche benutzt wird. Im Gegenteil hat die Beklagte eine Entzerrung der Nutzergruppen dem Akteninhalt nach dadurch erreicht, dass im Jahr 2003 eine Skater- und Basketballanlage an dem in unmittelbarer Nähe bestehenden Schulzentrum eingerichtet worden und im August 2007 zusätzlich um einen Bolzplatz erweitert worden ist. Diese Anlage ist nach den durch die Beklagte in der mündlichen Verhandlung mitgeteilten Erfahrungen des städtischen Jugend- sowie des Ordnungsamtes für Jugendliche deutlich attraktiver als der streitgegenständliche Kinderspielplatz. Die Beschwerden der Klägerin haben nach den in der Akte dokumentierten und von der Klägerin lediglich pauschal in Frage gestellten Kontrollen der Beklagten auch keine Bestätigung gefunden (vgl. allein die für die Zeiträume vom 21. August 2009 bis 23. Oktober 2009 und vom 11. April 2010 bis 10. November 2010 aktenkundig dokumentierten, insgesamt 63 Kontrollgänge von Außendienstmitarbeitern der Beklagten, die lediglich in einem Fall zu einer Beanstandung geführt haben).

Angesichts dessen kann die Klägerin den geltend gemachten Anspruch auch nicht auf eine mögliche missbräuchliche Nutzung des Spielplatzes stützen, weshalb die Klage im Ergebnis insgesamt der Abweisung unterliegt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO; die Entscheidung über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit aus einer entsprechenden Anwendung des § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.