LAG Köln, Urteil vom 13.09.2010 - 5 Sa 313/10
Fundstelle
openJur 2011, 74504
  • Rkr:
Verfahrensgang

Hat ein Arbeitnehmer ein vertragliches Rückkehrrecht zu seinem alten Arbeitgeber für den Fall, dass ihm sein neuer Arbeitgeber aus dringenden betrieblichen Gründen wirksam kündigt, ist die Rechtswirksamkeit dieser betriebsbedingten Kündigung in vollem Umfang gerichtlich zu überprüfen.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 20.01.2010 – 5 Ca 2343/09 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob der Kläger einen Rückkehranspruch zu der Beklagten, seiner früheren Arbeitgeberin, hat.

Der am 08.01.1958 geborene, verheiratete Kläger war ab dem 01.04.1974 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt.

Ab dem 01.10.1999 war der Kläger für eine Tätigkeit bei der K GmbH beurlaubt. Infolge von Restrukturierungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Ausgliederung des Breitbandkabelgeschäfts von der Beklagten zur K GmbH schlossen die Parteien am 01.09.2003 einen Auflösungsvertrag (Bl. 275 f. d. A.). In § 1 des Auflösungsvertrages war geregelt, dass die Parteien darüber einig seien, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31.12.2003 einvernehmlich beendet werde.

In § 2 des Auflösungsvertrages war eine Regelung zum Rückkehrrecht getroffen, die wie folgt lautete:

"1. Der Arbeitnehmer erhält in Zusammenhang mit dem bei der K GmbH & Co. KG bzw. deren Rechtsnachfolger bestehenden Arbeitsverhältnisses ein zeitlich begrenztes Rückkehrrecht zur D AG, dessen Modalitäten sich abschließend aus der diesem Vertrag beigefügten Anlage 1, die Bestandteil dieses Vertrages ist, ergeben.

2. Der Arbeitnehmer erklärt sich mit der Einhaltung der im Einzelfall gegenüber der K GmbH & Co. KG bzw. deren Rechtsnachfolger und der D AG bestehenden Ankündigungsfristen einverstanden.

3. Das Rückkehrrecht gilt ausschließlich für das am 01.01.2004 bestehende Arbeitsverhältnis mit der K GmbH & Co. KG bzw. deren Rechtsnachfolger.

4. Das Rückkehrrecht besteht nicht, wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Kündigung bzw. eines Aufhebungsvertrags beendet wird und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund verhaltensbedingter Gründe des Arbeitnehmers oder aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen erfolgt."

Am 8. April 2005 schlossen die Beklagte und die Kabelgesellschaften Ka D GmbH, K D Vertrieb & Service GmbH & Co. KG (6 Regionen) und die K D B S GmbH einerseits und die V D e. V. - Bundesvorstand - andererseits eine "Schuldrechtliche Vereinbarung" in der u. a. folgendes geregelt ist:

"Die D T AG räumt den Arbeitnehmern einzelvertraglich ein Rückkehrrecht zur D T AG ein

innerhalb eines Zeitraums von 24 Monaten (berechnet ab dem 1. Januar 2004) ohne das Vorliegen besonderer Gründe (allgemeines Rückkehrrecht),

nach Ablauf des allgemeinen Rückkehrrechts für weitere 36 Monate ein Rückkehrrecht unter besonderen Bedingungen (besonderes Rückkehrrecht).

…

Besondere Bedingungen (im Sinne des Absatzes 1.b) liegen vor, wenn

das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Absatz 2 ff KSchG aus dringenden betrieblichen Gründen wirksam gekündigt wird

oder

…

Der Arbeitnehmer kann von seinem Rückkehrrecht nach der Ziffer 1 frühestens 6 Monate nach Beginn des Rückkehrzeitraums für das allgemeine Rückkehrrechts Gebrauch machen. Es ist bei dem Rückkehrrecht nach Ziffern 1 a. und b. eine Ankündigungsfrist von 3 Monaten einzuhalten. Im Falle des besonderen Rückkehrrechts nach Ziffer 1 b i.V.m. 2 a. findet eine Rückkehr jedoch erst nach Ablauf der für den Arbeitgeber (Kabelgesellschaft bzw. Rechtsnachfolger) geltenden jeweiligen individuellen Kündigungsfrist statt, soweit diese länger ist, als die dreimonatige Ankündigungsfrist.

Protokollnotiz zu Ziffer 3 Satz 3:

Ist die in Ziffer 3 Satz 2 festgelegte Ankündigungsfrist länger als die vom Arbeitgeber (Kabelgesellschaft bzw. Rechtsnachfolger) einzuhaltende individuelle Kündigungsfrist, gilt diese individuelle Kündigungsfrist zugleich als verkürzte Ankündigungsfrist.

Protokollnotiz:

Die Ankündigung der Rückkehr hat schriftlich durch den Arbeitnehmer gegenüber der Kabelgesellschaft bzw. deren Rechtsnachfolger und der Deutschen Telekom AG zu erfolgen. Die Kabelgesellschaften bzw. deren Rechtsnachfolger stimmen der Rückkehr zu. Das Arbeitsverhältnis wird entsprechend einer Beendigung zugeführt.

Im Falle der Rückkehr finden ab diesem Zeitpunkt die Bestimmungen der jeweils geltenden Rationalisierungsschutz-Tarifverträge der D T AG Anwendung. Der Arbeitnehmer wird hinsichtlich der zu vereinbarenden Arbeitsvertragsbedingungen und anzuwendenden tarifvertraglichen Regelungen so gestellt, als wäre er ohne Unterbrechung bei der D T AG weiter beschäftigt worden."

Hinsichtlich des vollständigen Inhalts der Vereinbarung vom 8. April 2005 wird auf die "Schuldrechtliche Vereinbarung" vom 8. April 2005, Anlage K1, Bl. 15 ff. GA Bezug genommen.

Am 30.04.2005 schlossen die Parteien einen "Vertrag zur Abänderung des Auflösungsvertrages in Zusammenhang mit der Schuldrechtlichen Vereinbarung vom 08.08.2002" (Anlage K4, Bl. 79 GA), welchem die "Schuldrechtliche Vereinbarung" vom 8. April 2005 als Vertragsbestandteil beigefügt war. In diesem Vertrag finden sich u.a. folgende Regelungen:

"§ 1 Regelungen zum Rückkehrrecht

Die Parteien sind sich darüber einig, dass für das zeitlich begrenzte Rückkehrrecht zur D T AG gemäß § 2 Abs. 1 des Auflösungsvertrages in Zusammenhang mit der Schuldrechtlichen Vereinbarung vom 08.08.2002 ab dem 01. Juni 2005 die in der Anlage 1, die Bestandteil dieses Vertrages ist, festgelegten Regelungen gelten. Die bisherigen Regelungen werden ohne Nachwirkung mit Ablauf des 31. Mai 2005 aufgehoben.

Darüber hinaus bleiben alle weiteren Regelungen des Auflösungsvertrages unverändert bestehen.

§ 2 Einverständniserklärung zur Personaldatenweitergabe

Herr G ist damit einverstanden, dass im Falle der Inanspruchnahme des Rückkehrrechts die K D Vertrieb & Service GmbH & Co KG N /B der D T AG die Daten mit Bezug auf sein Arbeitsverhältnis offen legt sowie die entsprechenden Unterlagen zur Verfügung stellt, aus denen sich die Voraussetzungen für das und die Folgen aus dem geltend gemachten Rückkehrrecht ergeben. Im Falle der Rückkehr auf Grund Ziffer 2a der schuldrechtlichen Vereinbarung erfasst dies auch die soziale Rechtfertigung, Wirksamkeit und Zulässigkeit der Kündigung.

Die D T AG gewährleistet bezüglich der ihr von der K D Vertrieb & Service GmbH & Co KG /B übermittelten personenbezogenen Daten die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der personenbezogenen Daten."

Infolge dieses Auflösungsvertrages wechselte der Kläger ab dem 01.10.1999 zur K GmbH & Co. KG (im Folgenden K ) und wurde als Servicetechniker beschäftigt.

Am 12.11.2008 schlossen die K GmbH, die K und die K GmbH mit dem Konzernbetriebsrat einen Interessenausgleich und einen Sozialplan im Zusammenhang mit einer Betriebsänderung im Bereich Technical Operations ("Magellan") ab. Die K beabsichtigte daraufhin, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zu kündigen. Da der Kläger aufgrund tarifvertraglicher Vorschrift, die auf das Arbeitsverhältnis Anwendung fand, ordentlich unkündbar war, hörte die K den bei ihr bestehenden Betriebsrat zu einer beabsichtigten außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung mit sozialer Auslauffrist von sieben Monaten zum Monatsende Anfang Dezember 2008 an.

Der Betriebsrat widersprach in diesem wie in anderen Fällen der beabsichtigten außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung mit Auslauffrist und führte zur Begründung hierfür insbesondere an, das Unternehmen K beschäftige insgesamt über 1000 Zeitarbeitskräfte innerhalb des gesamten Konzerns. Der Kläger könne dort eingesetzt werden. Zudem sei er in der Lage, andere Tätigkeiten im Unternehmen zu erbringen und sich innerhalb kürzester Zeit in andere Bereiche/Techniken des Unternehmens einzuarbeiten. Der Betriebsrat verwies ferner darauf, dass aufgrund von unbesetzten Personalposten innerhalb des Konzerns die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung bestehe. Ferner bezweifelte der Betriebsrat, dass soziale Gesichtspunkte bei der Kündigung ausreichend berücksichtigt worden seien (Widerspruchsschreiben Bl. 405 f. d. A.).

Mit Schreiben vom 09.12.2008 kündigte die K alsdann das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger außerordentlich aus betriebsbedingten Gründen mit Auslauffrist zum 31.07.2009 (Bl. 17 d. A.).

Hiergegen erhob der Kläger fristgerecht vor dem Arbeitsgericht Hannover Kündigungsschutzklage in dem Verfahren 6 Ca 208/09.

In ihrer dreiseitigen Klageerwiderung in jenem Verfahren (Bl. 207 – 209 d. A.) behauptete K , betriebsbedingter Kündigungsgrund sei die Restrukturierung und die zukünftige komplette Vergabe der Entstörtätigkeiten im Bereich der Netzebenen 3 und 4 an externe Dienstleister/Auftragnehmer ab dem 01.01.2009. In der Region 2, in der der Kläger beschäftigt sei, entfielen 53 von bisher 85 Außendienststellen. Die Sozialauswahl sei nicht zu beanstanden. Der Betriebsrat habe zu Unrecht der Kündigung widersprochen. Zudem habe der Kläger ein schuldrechtliches Rückkehrrecht zur Beklagten.

Der Kläger selbst machte mit Schreiben vom 11.12.2008 sein Rückkehrrecht gegenüber der Beklagten geltend. Mit Schreiben vom 15.12.2008 (Bl. 19 d. A.) wies die Beklagte darauf hin, dass aus ihrer Sicht kein Rückkehrrecht bestehe. Die Beklagte appellierte in diesem Schreiben daran, nicht auf eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses einzugehen oder auf eine rechtliche Überprüfung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu verzichten, weil die Voraussetzungen des Rückkehrrechts nicht gegeben seien. In jedem Schreiben hieß es weiter:

"Wir möchten Sie bitten dies zu bedenken bevor Sie ggf. einvernehmlich Ihr Arbeitsverhältnis mit der K auflösen oder auf eine rechtliche Überprüfung der Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses verzichten."

Im Juni 2009 nahm der Kläger die gegen die K erhobene Kündigungsschutzklage zurück.

Mit der ebenfalls im Juni 2009 anhängig gemachten Klage begehrte der Kläger die Wiedereinstellung bei der Beklagten und darauf beruhende Zahlungsansprüche.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Wiedereinstellung gemäß der schuldrechtlichen Vereinbarung vom 08.04.2005, weil er sein Rückkehrrecht noch vor dem 31.12.2008 schriftlich geltend gemacht habe und die aus dringenden betrieblichen Gründen ausgesprochene Kündigung durch die Klagerücknahme wirksam geworden sei.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihm, dem Kläger, ein Vertragsangebot als vollbeschäftigter Arbeitnehmer ab dem 01.08.2009 mit dem Inhalt zu unterbreiten, den das Arbeitsverhältnis gehabt hätte, wenn er, der Kläger, ohne Unterbrechung weiter bei der Beklagten beschäftigt worden wäre;

die Beklagte zu verurteilen, an ihn, den Kläger, 14.184,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 3.546,00 € brutto seit dem 17.09.2009 und dem 17.10.2009 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, das besondere Rückkehrrecht sei für den Kläger schon deshalb ausgeschlossen, weil hierfür die tatsächliche Rückkehr bis zum Ablauf des 31.12.2008 notwendig gewesen sei. Dies aber sei dem Kläger wegen der bis zum 31.07.2009 laufenden Auslauffrist gar nicht möglich gewesen. Der darlegungs- und beweispflichtige Kläger habe zudem nicht dargetan, dass die ausgesprochene Kündigung tatsächlich aus dringenden betrieblichen Gründen rechtswirksam ausgesprochen worden sei.

Durch Urteil vom 20.01.2010 hat das Arbeitsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Unbegründet sei die Klage zunächst insoweit, soweit der Abschluss eines Vertrages, dessen Beginn in der Vergangenheit liege, verlangt werde. Aber auch bezogen auf die Zukunft sei der Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsvertrages zur Realisierung eines Rückkehrrechts nicht gegeben. Denn ein solches Rückkehrrecht bestehe nicht. Voraussetzung hierfür sei, dass eine materiellrechtlich wirksame Kündigung unter Einhaltung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG gegeben sein müsse. Hierfür sei der Kläger darlegungs- und beweispflichtig. Hätte der Kläger im Kündigungsschutzprozess gegen die K obsiegt – was angesichts des Ausspruchs einer außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung und der Tatsache, dass eine vollständige Betriebsstilllegung durch die K GmbH nicht in Rede gestanden habe, sogar wahrscheinlich gewesen wäre – hätte kein Rückkehranspruch bestanden, sondern das Arbeitsverhältnis zur KDVS fortbestanden hätte, was der Kläger offensichtlich aber nicht gewollt habe.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung einlegen und diese – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist auch innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründen lassen.

Der Kläger trägt vor, er könne auch rückwirkend die Vorlage eines Arbeitsvertragsangebotes verlangen. Der Kläger sei auch nicht verpflichtet gewesen, gegen die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die KDVS Kündigungsschutzklage zu erheben. Aus diesem Grunde sei er auch nicht verpflichtet gewesen, hierüber rechtskräftig entscheiden zu lassen. Im Übrigen seien fast alle von der Restrukturierungsmaßnahme betroffenen Arbeitnehmer ohnehin unkündbar gewesen. Das Rückkehrrecht mache nur dann einen Sinn, wenn man davon ausgehe, dass betriebsbedingte Gründe für die Kündigung angeführt würden und die Kündigung rechtswirksam wäre. Dabei genüge es, wenn die Rechtswirksamkeit nach § 7 KSchG eintrete.

Zudem sei die Kündigung in der Sache betriebsbedingt gerechtfertigt. Die erhobene Kündigungsschutzklag sei nicht aussichtsreich gewesen. Der Kläger sei gemeinsam mit seinem erstinstanzlichen Prozessvertreter zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG vorgelegen hätten. Durch die Fremdvergabe der Entstörtätigkeiten seien eine Vielzahl von Arbeitsplätzen entfallen. Die Sozialauswahl sei sei betriebsbezogen durchgeführt worden. Dabei habe die Sozialauswahl aufgrund der nach dem Zuordnungsvertrag gebildeten Regionen innerhalb der jeweiligen Region durchgeführt werden müssen. Nach der Sozialauswahl, die anhand der vorliegenden Konzernbetriebsvereinbarung vorzunehmen gewesen sei, habe der Kläger im Hinblick auf die erreichbaren Sozialpunkte keine ausreichende Punktzahl erreichen können. Die Behauptung der Beklagten, die K beschäftige über 1000 Zeitarbeitskräfte, sei zu wenig substantiiert, als dass sie einlassungsfähig gewesen wäre. Diese Behauptung werde im Übrigen bestritten. Andere Erkenntnismöglichkeiten hätten dem Kläger nicht zur Verfügung gestanden.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Bonn vom 20.01.2010 – 5 Ca 2343/09 –

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein Vertragsangebot als vollbeschäftigter Arbeitnehmer ab dem 01.08.2009 mit dem Inhalt zu unterbreiten, den das Arbeitsverhältnis gehabt hätte, wenn der Kläger ohne Unterbrechung weiter bei der Beklagten beschäftigt worden wäre;

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 14.184,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 3.546,00 EUR brutto seit dem 17.09.2009, dem 17.10.2009, dem 17.11.2009 und dem 17.12.2009 zu zahlen;

im Wege der Klageerweiterung, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 7.092,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 3.546,00 EUR brutto seit dem 17.01.2010 und dem 17.02.2010 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Der gestellte Antrag auf Abgabe eines Vertragsangebots sei zu unbestimmt und daher unzulässig. In der Sache bestehe kein Rückkehranspruch. Die Beklagte bestreitet, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers aus dringenden betrieblichen Gründen gekündigt worden sei. Der Kläger habe hierfür die Darlegungs- und Beweislast. Es bestehe vielmehr der Verdacht des kollusiven Zusammenwirkens. Ein maßgeblicher Umstand für die Unwirksamkeit der Kündigung sei, dass die K über 1000 Zeitarbeitnehmer beschäftige, auch und gerade in Positionen, die der Kläger habe einnehmen können. Die Sozialauswahl sei bereits nach den eigenen Darlegungen des Klägers fehlerhaft, weil sie tatsächlich nicht regionsbezogen vorgenommen worden sei. Zudem sei die Sozialauswahl im Einzelnen zu beanstanden.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht erhobene und – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist – auch fristgerecht begründete Berufung ist in der Sache nicht begründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.

I. Die Klage ist sowohl hinsichtlich des Antrages, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein Vertragsangebot als vollbeschäftigter Arbeitnehmer ab dem 01.08.2009 zu unterbreiten, wie auch hinsichtlich der Zahlungsanträge zulässig. Insbesondere bestehen hinsichtlich des Antrages, dem Kläger ein Vertragsangebot als vollbeschäftigter Arbeitnehmer ab dem 01.08.2009 zu unterbreiten, keine Zulässigkeitsbedenken. Der Inhalt des abzuschließenden Arbeitsvertrages ist in den Klageantrag ausreichend bestimmt umschrieben, so dass die Voraussetzungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO gewahrt sind. Denn der Kläger begehrt einen Arbeitsvertrag als vollbeschäftigter Arbeitnehmer mit dem Inhalt, den das Arbeitsverhältnis gehabt hätte, wenn es ohne Unterbrechung mit der Beklagten fortbestanden hätte. Ebenso wie bei einem Wiedereinstellungsbegehren (s. dazu BAG, Urt. v. 25.10.2007 – 8 AZR 989/06, NZA 2008, S. 357) ist es bei Ausübung eines Rückkehrrechts zulässig, den Antrag auf die Annahme eines entsprechenden auf Abschluss eines entsprechenden Arbeitsvertrages zu richten. Unschädlich ist diesbezüglich, dass begehrt wird, die Beklagte zur Abgabe des entsprechenden Vertragsangebots zu verurteilen, denn dieses gilt mit Rechtskraft eines dem Klageantrag stattgebenden Urteils als abgegeben gemäß § 894 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Klage ist daher auch hinsichtlich des Antrages, dem Kläger ein Vertragsangebot zu unterbreiten, zulässig (ebenso LAG Berlin-Brandenburg, Urt.v.20.11.2009 – 14 Sa 1449/09).

II. Die Klage ist jedoch mit allen Anträgen unbegründet. Der Kläger hat keinen Rückkehranspruch, weshalb er kein entsprechendes Vertragsangebot verlangen und auch nicht die darauf gestützten mit Klage und Klageerweiterung geltend gemachten Zahlungsansprüche beanspruchen kann.

1. Einzige Anspruchsgrundlage für den Rückkehranspruch des Klägers und die darauf gestützten Zahlungsansprüche kann nur die schuldrechtliche Vereinbarung vom 08.04.2005 in Verbindung mit dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag zur Abänderung des Auflösungsvertrages vom 30.04.2005 sein. Mit der damit vertraglich in Bezug genommenen schuldrechtlichen Vereinbarung wurde unter den dort genannten Voraussetzungen und mit den dort aufgeführten Fristen ein Rückkehranspruch festgelegt. Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass der Rückkehranspruch mit Schreiben vom 11.12.2008 noch rechtzeitig geltend gemacht wurde, weil auf den Zeitpunkt der Anspruchsstellung, nicht aber auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Rückkehr abgestellt wird, liegen die in der Vereinbarung aufgeführten materiellrechtlichen Voraussetzungen des Rückkehranspruchs nicht vor.

2. Nach Nr. 2 a) der schuldrechtlichen Vereinbarung ist das in der schuldrechtlichen Vereinbarung in Nr. 1 a) aufgeführte allgemeine Rückkehrrecht nicht einschlägig. Es kam nur innerhalb von 24 Monaten seit dem 01.01.2004 in Betracht.

Das besondere Rückkehrrecht nach Nr. 1 b) der schuldrechtlichen Vereinbarung setzt nach Nr. 2 a) der schuldrechtlichen Vereinbarung voraus, dass das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG aus dringenden betrieblichen Gründen wirksam gekündigt wurde. Die daraus resultierenden Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.

a) Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass die Voraussetzungen der Ziff. 2 a) der schuldrechtlichen Vereinbarung bereits deshalb vorlägen, weil die Kündigung vom 09.12.2008 infolge der Klagerücknahme durch den Kläger gemäß §§ 13 Abs. 1 S. 2, 7 KSchG kraft Gesetzes wirksam geworden ist. Die Auffassung des Klägers würde darauf hinauslaufen, dass es zur Erfüllung der Voraussetzungen der Nr. 2 a) der schuldrechtlichen Vereinbarung genügen würde, eine Kündigung auszusprechen, in der als Grund betriebsbedingte Gründe angegeben wären, ohne dass es darauf ankäme, ob dies tatsächlich der Fall wäre. So könnte auch eine Kündigung, die in Wahrheit personen- oder verhaltensbedingt ausgesprochen würde, allein durch die entsprechende Deklaration als betriebsbedingte Kündigung und anschließende Nichtklageerhebung oder Klagerücknahme die Rechtsfolgen der Nr. 2 a) der schuldrechtlichen Vereinbarung auslösen.

Eine solche Auslegung steht in klarem Widerspruch zu Wortlaut, Sinn und Zweck der schuldrechtlichen Vereinbarung.

Bereits der Wortlaut der schuldrechtlichen Vereinbarung ist eindeutig. Denn es heiß dort ausdrücklich, dass aus "dringenden betrieblichen Gründen wirksam" gekündigt worden sein muss. Der systematische Zusammenhang unterstreicht dies. Denn aus der schuldrechtlichen Vereinbarung ist ersichtlich, dass die Vertragsparteien klar unterschieden haben zwischen einem allgemeinen Rückkehrrecht, das keiner besonderen Gründe bedurfte, und einem besonderen Rückkehrrecht. Hinsichtlich des allgemeinen Rückkehrrechts heißt es in Nr. 1 a) der schuldrechtlichen Vereinbarung ausdrücklich, dass diese "ohne das Vorliegen besonderer Gründe" ausgeübt werden könne. Demgegenüber wird das länger laufende besondere Rückkehrrecht in Nr. 1 b) der schuldrechtlichen Vereinbarung als "Rückkehrrecht unter besonderen Bedingungen" definiert. Damit ist unmissverständlich klargestellt, dass das besondere Rückkehrrecht an einschränkende Bedingungen geknüpft war und eben nicht, wie das allgemeine Rückkehrrecht, auch dann eingreifen sollte, wenn beispielsweise gar keine oder nicht betriebsbedingte Kündigungsgründe vorlagen. Die in Nr. 1 b) der schuldrechtlichen Vereinbarung genannten besonderen Bedingungen sind in Nr. 2 a) der schuldrechtlichen Vereinbarung definiert, und zwar dahingehend, dass das Arbeitsverhältnis aus dringenden betrieblichen Gründen wirksam gekündigt worden sein muss.

Auch von Sinn und Zweck der Regelung erschließt sich unmittelbar, das als besondere Bedingung für das besondere Rückkehrrecht das materiellrechtliche Vorliegen betriebsbedingter Kündigungsgründe gewollt war. Denn die schuldrechtliche Vereinbarung hatte ersichtlich den Zweck, die Mitarbeiter dann in den Genuss des besonderen Rückkehrrechts kommen zu lassen, wenn sie aus betriebsbedingten Gründen ihren Arbeitsplatz bei der K verloren.

Die Erfüllung der Voraussetzungen für das besondere Rückkehrrecht nach Nr. 2 a) der schuldrechtlichen Vereinbarung kann daher nicht aus der fehlenden Klageerhebung gegen die ausgesprochene Kündigung oder der späteren Klagerücknahme hergeleitet werden.

b) Voraussetzung für einen Rückkehranspruch auf der Grundlage des besonderen Rückkehrrechts war daher, dass die Kündigung als betriebsbedingte Kündigung materiellrechtlich wirksam war. Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass es trotz seiner Unkündbarkeit ausreichend ist, wenn wenigstens die Voraussetzungen der §§ 1 Abs. 2 ff. KSchG gegeben sind, muss festgestellt werden, dass die streitgegenständliche Kündigung als ordentliche Kündigung betriebsbedingt nicht sozial gerechtfertigt ist.

aa) Dabei hat der Kläger für die soziale Rechtfertigung der Kündigung die Darlegungs- und Beweislast. Denn die materiellrechtliche Wirksamkeit der Kündigung ist Anspruchsvoraussetzung für den Rückkehranspruch. Infolge dessen hat der Kläger als derjenige, der den Anspruch stellt, die Anspruchsvoraussetzungen darzulegen und zu beweisen. Diese Beweislastverteilung ist auch vor dem Hintergrund der Sachnähe angemessen. Denn es handelte sich bei dem Arbeitsverhältnis, das der Kläger mit der K hatte, um ein solches, in das die Beklagte als insoweit außenstehender Dritter keinen Einblick hatte. Angesichts der Konkurrenzsituation, in der sich die Beklagte mit der K befand, hatte die Beklagte keine Möglichkeit, auf die interne Personal- und Unternehmensplanung der K zuzugreifen oder darüber Kenntnisse zu erlangen. Demgegenüber hatte der Kläger gegenüber seinem Arbeitgeber K bereits vorprozessual, weil es sich um eine außerordentliche Kündigung handelte, gemäß § 626 Abs. 2 S. 3 den Anspruch darauf, dass ihm die Firma K den Kündigungsgrund schriftlich mitteilte. Diese Mitteilungspflicht nach § 626 Abs. 2 S. 3 BGB erstreckt sich auf die vollständige und wahrheitsgemäße Angabe aller Tatsachen, die die Kündigung begründen sollen (s. Ascheid/Preis/Schmidt Kündigungsrecht, § 626 BGB, Rn. 159). Hinsichtlich der Gründe für die soziale Auswahl hatte der Kläger zudem einen Auskunftsanspruch gemäß § 1 Abs. 3 S. 1 2. HS KSchG. Zudem bestand für den Kläger die prozessuale Möglichkeit, seinen Arbeitgeber K im Rahmen der gegen diese erhobenen Kündigungsschutzklage zu Substantiierung der Kündigungsgründe zu veranlassen.

Zutreffend hat daher bereits das Arbeitsgericht die Darlegungs- und Beweislast für die Erfüllung der Voraussetzungen der Nr. 2 a) der schuldrechtlichen Vereinbarung beim Kläger gesehen.

bb) Die ausgesprochene Kündigung ist aus mehreren unabhängig voneinander bestehenden Gründen rechtsunwirksam. Es mangelt bereits an einem ausreichenden betriebsbedingten Kündigungsgrund. Angesichts der Beschäftigung von mehr als 1000 Leiharbeitnehmern lag kein ausreichender betriebsbedingter Kündigungsgrund i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG vor.

Die Absicht des Arbeitgebers, statt eigener Arbeitnehmer Leiharbeitnehmer zu beschäftigen, rechtfertigt keine betriebsbedingte Kündigung, weil der Arbeitgeber damit einen unzulässigen Austausch vornimmt und sich deshalb auf dringende betriebliche Gründe nicht berufen kann. Selbst bei einer Kündigung, die auf einer Interessenausgleichsvereinbarung mit einer Namensliste beruht und die Vermutungswirkung des § 1 Abs. 5 KSchG in Anspruch nehmen kann, ist die Vermutungswirkung widerlegt, wenn die Arbeit nach wie vor vorhanden und durch Leiharbeitnehmer ersetzt worden ist (s. BAG, Urt. v. 12.03.2009 – 2 AZR 418/07, NZA 2009, S. 1023 ff.; BAG, Urt. v. 26.09.1996 – 2 AZR 200/96, NZA 1997, S. 202 ff.; LAG Köln, Urt. v. 25.01.2010 – 5 Sa 917/09; Personalbuch 2010/Eisemann, Kündigung, betriebsbedingte Rn. 8).

An einem Kündigungsgrund mangelt es in solchen Fällen deshalb, weil nicht die Beschäftigungsmöglichkeit entfallen ist, sondern lediglich ein Austausch eines Stammarbeitnehmers durch einen ausgeliehenen Arbeitnehmer vorgenommen werden soll (s. BAG, Urt. v. 26.09.1996 – 2 AZR 200/96, NZA 1997, S. 202 ff.).

Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass bei der Firma K in großem Umfang Leiharbeitnehmer beschäftigt werden auf Arbeitsplätzen, die der Kläger ausfüllen könnte. Der bei der K amtierende Betriebsrat hatte dies zum zentralen Grund seines Widerspruchs gegen die einzelnen Kündigungen, auch die des Klägers, gemacht. Aus dem offenbar in einer Vielzahl von Fällen verwandten Widerspruchsschreiben (Bl. 405 d. A.) geht hervor, dass der Betriebsrat die Kündigung schon deshalb für rechtsunwirksam hielt, weil über 1000 Zeitarbeitskräfte beschäftigt würden. Dass der Betriebsrat auch im Fall des Klägers der Kündigung widersprochen hatte, war dem Kläger bekannt. Es ging schon aus dem Kündigungsschreiben der K hervor, in dem angekreuzt war, dass der Betriebsrat der Kündigung widersprochen hatte (Bl. 17R d. A.).

Demgegenüber reicht es nicht aus, wenn sich der Kläger in seiner Berufungsbegründung darauf beruft, ihm sei lediglich der Einsatz im Umfang von 3,5 Vollzeitstellen für Zeitarbeitskräfte in der Region 2 im Bereich Disposition bekannt gewesen und im Übrigen sei der Vortrag, die K beschäftigte 1000 Zeitarbeitskräfte, zu wenig substantiiert. Denn es ist in Rechnung zu stellen, dass der Betriebsrat aufgrund seiner Mitwirkungsbefugnisse bei der Einstellung von Zeitarbeitnehmern sehr genaue Kenntnis über den Einsatz von Zeitarbeitnehmern hatte. Vor diesem Hintergrund konnte sich der Kläger nicht nur auf seine eigene Kenntnis bzw. Unkenntnis zurückziehen und die Angabe des Betriebsrats als nicht einlassungsfähig abtun. Es kam hinzu, dass die Firma K in dem Kündigungsstreitverfahren mit dem Kläger vor dem Arbeitsgericht Oldenburg in der Klageerwiderung (Bl. 207 ff. d. A.) zwar auf den Widerspruch des Betriebsrats Bezug genommen hatte, die dortige Angabe, dass 1000 Leiharbeitnehmer beschäftigt würden, aber gar nicht bestritten hatte. Angesichts dessen gab es keinen Anhaltspunkt für den Kläger, die Angaben des Betriebsrats als unrichtig einzustufen.

Daher ist davon auszugehen, dass die Angaben des Betriebsrats zutreffend waren und dass entsprechend der Widerspruchsbegründung des Betriebsrats eine Weiterbeschäftigung des Klägers auf einem der Arbeitsplätze, die von Leiharbeitnehmern ausgefüllt worden sind, möglich gewesen wäre.

Schon aus diesem Grund ist die ausgesprochene Kündigung betriebsbedingt nicht gerechtfertigt.

cc) Die Kündigung ist des Weiteren deshalb gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 b) KSchG deshalb nicht gerechtfertigt, weil eine Weiterbeschäftigung an anderer Stelle ggf. nach entsprechenden Schulungsmaßnahmen möglich gewesen wäre. Auch aus diesem Grund hatte der Betriebsrat der Kündigung widersprochen. Mit Recht rügt die Beklagte, dass der Kläger seinen Vortrag insoweit in unzureichender Weise auf den Außendienstservice beschränkt habe.

Dem Kläger kann auch nicht gefolgt werden, wenn er vorträgt, es sei ihm nicht möglich, in angemessener Zeit sich in den Aufgabenbereich eines Servicetechnikers der Netzebene 2 (NE 2) einzuarbeiten. Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass er als Servicetechniker der NE 4 bisher Aufgaben eines Servicetechnikers der NE 2 nicht zu erfüllen hatte und Unterschiede im Schwierigkeitsgrad vorliegen, ist nicht erkennbar, warum nicht nach entsprechend zumutbaren Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen ein solcher Einsatz in der NE 2 möglich sein sollte. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des nicht bestrittenen Beklagtenvortrages, dass Kollegen des Klägers, die über eine vergleichbare Ausbildung und vergleichbare Kenntnisse und Fertigkeiten wie der Kläger verfügten, im Bereich der NE 2 eingesetzt würden. Hinsichtlich der Dauer zumutbarer Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen ist zudem zu berücksichtigen, dass angesichts der Unkündbarkeit des Klägers ohnehin dem Arbeitgeber K eine längere als die übliche Zeit zuzumuten gewesen wäre.

Auch aus diesem Grund ist die Kündigung daher rechtsunwirksam.

dd) Die Kündigung ist schließlich wegen fehlerhafter sozialer Auswahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG rechtsunwirksam. Die Klägerseite weist selbst zutreffend darauf hin, dass aufgrund des Zuordnungstarifvertrages sechs Regionen gebildet worden waren, u. a. die Region 2, die die Bundesländer B und N umfasste, und in der der Kläger tätig war. Diese Region umfasste drei sog. BBS-Gebiete, darunter die BBS Nord 4 L , in der der Kläger arbeitete.

Die Sozialauswahl ist grundsätzlich betriebsbezogen durchzuführen, nicht nur beschränkt auf Betriebsabteilungen (s. BAG, Urt. v. 02.06.2005 – 2 AZR 158/04, NZA 2005, S. 1175). Dass es sich bei den BBS um eigenständige Betriebe gehandelt hätte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

Von daher muss davon ausgegangen werden, dass die jeweilige Region den Betrieb bildet, so dass auf dieser Basis die Sozialauswahl hätte vorgenommen werden müssen. Dies ist aber unstreitig nicht geschehen. Statt dessen ist die Sozialauswahl auf die jeweilige BBS beschränkt worden.

Die Kündigung verstößt daher auch gegen § 1 Abs. 3 KSchG.

ee) Schließlich spricht zumindest indiziell gegen die Rechtswirksamkeit der Kündigung auch, dass der Kläger von der Firma K für den Verlust des Arbeitsplatzes eine erhebliche Ausgleichszahlung erhalten hat. Nach den Erklärungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 13.09.2010 hat der Kläger eine Lohnausgleichszahlung für die zwei Jahre, die nach dem Ende der Kündigungsfrist folgten, erhalten in einer Gesamthöhe von etwa 48.000,00 €. Ferner gebe es die Zusage der K , den Betrag aufzustocken auf den maximalen, nach dem Sozialplan vorgesehenen Abfindungsbetrag in Höhe von 75.000,00 € und zwar für den Fall, dass der Prozess auf Ausübung des Rückkehrrechts gegen die Beklagte verloren gehe. Zudem habe es eine Regelung gegeben, dass für den Fall, dass man gegen die Kündigung der K klage, ein Abzug von 10.000,00 € erfolge. Dieser sei nach Klagerücknahme rückgängig gemacht worden.

Damit ist deutlich, dass die K in erheblichem Umfang Leistungen für den Verlust des Arbeitsplatzes erbracht hat. All diese Leistungen wären nicht erklärbar, wenn K davon ausgegangen wäre, eine rechtswirksame Kündigung ausgesprochen zu haben. Die Leistungen sprechen dafür, dass K sich der mangelnden rechtlichen Haltbarkeit der ausgesprochenen Kündigung vor Gericht bewusst war und aus diesem Grund die Klägerseite durch Gewährung dieser Leistungen zum Verzicht auf die weitere Durchführung des Kündigungsschutzverfahrens gebracht hat.

3. Insgesamt ist die ausgesprochene Kündigung aus den genannten Gründen rechtsunwirksam und konnte das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Firma K nicht auflösen.

III. Da nicht von einer rechtswirksamen Kündigung durch K ausgegangen werden kann, liegen die Voraussetzungen für einen Rückkehranspruch und darauf fußende Zahlungsansprüche des Klägers nicht vor.

Die Berufung musste daher mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen werden.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat die Kammer die Revision zugelassen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Urteil kann von

R E V I S I O N

eingelegt werden.

Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich beim

Bundesarbeitsgericht

Hugo-Preuß-Platz 1

99084 Erfurt

Fax: 0361 2636 2000

eingelegt werden.

Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:

Rechtsanwälte, Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.

Eine Partei die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.

* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.

Dr. Griese Wefers-Bruckhaus Kusel