OLG Köln, Beschluss vom 03.08.2010 - 4 UF 73/10
Fundstelle
openJur 2011, 74310
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 35 F 377/09
Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Brühl vom 11.03.2010 - 35 F 377/09 - wird auf Kosten des

Antragstellers zurückgewiesen.

Gründe

Die an sich statthafte - insbesondere frist- und formgerecht eingelegte - Beschwerde des Antragstellers (§§ 117 Abs. 1 und 2, 58, 59, 61, 63, 64, FamFG) hat in der Sache keinen Erfolg. Gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG war die Beschwerde ohne mündliche Verhandlung als unbegründet zurückzuweisen, da von einer erneuten mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind. Hierauf sind die Verfahrensbeteiligten gemäß Beschluss des Senates vom 28.06.2010 - 4 UF 63/10 - gemäß § 117 Abs. 3 FamFG hingewiesen worden. Auch das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers in seinem Schriftsatz vom 20.07.2010 (Bl. 186, 187 GA) rechtfertigt keine andere Entscheidung.

Zur Begründung der Zurückweisung der Beschwerde verweist der Senat zunächst auf seinen Hinweisbeschluss vom 28.06.2010 (Bl. 179 - 182 GA). Nach wie vor hat der Antragsteller nicht schlüssig dargetan, dass ihm analog § 767 ZPO eine materiellrechtliche Einrede gegen den titulierten Unterhaltsanspruch zusteht, so dass die Zwangsvollstreckung aus diesem Titel unzulässig wäre. Mit diesem Einwand ist der Antragsteller jedenfalls präkludiert, da alle Tatsachen, die nunmehr vorgebracht werden, bereits zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in dem Unterhaltsrechtsstreit hätten vorgebracht werden können.

Nach § 767 Abs. 2 ZPO präkludierter Sachvortrag kann aber nur ausnahmsweise im Rahmen einer Schadensersatzklage nach § 826 BGB, die auf Unterlassung der Zwangsvollstreckung gerichtet ist, geltend gemacht werden, wenn ein Titel arglistig erschlichen worden ist oder die Zwangsvollstreckung hieraus sich als sittenwidrig darstellt. An die Voraussetzungen einer solchen Schadensersatzklage sind aber wegen der Durchbrechung der Rechtskraft des betreffenden Vollstreckungstitels strenge Anforderungen zu stellen. Die Durchbrechung der Rechtskraft darf nur in besonders schwerwiegenden, eng begrenzten Ausnahmefällen gewährt werden. Voraussetzungen hierfür sind die materielle Unrichtigkeit des Titels, die Kenntnis der Gläubigerin hiervon sowie weitere besondere Umstände, die sich aus der Art der Titelerlangung oder der beabsichtigten Vollstreckung ergeben und die das Vorgehen des Gläubigers als sittenwidrig erscheinen lassen. Neben der materiellen Unrichtigkeit des Titels müssen also noch besondere Umstände hinzukommen, die sich aus der Art und Weise der Titelerlangung oder der beabsichtigten Vollstreckung ergeben und die das Vorgehen des Gläubigers als sittenwidrig prägen, so dass der Titelgläubigerin zugemutet werden muss, die ihr unverdient zugefallene Rechtsposition aufzugeben. Die Rechtskraft muss aber nur dann zurücktreten, wenn es mit dem Gerechtigkeitsgedanken schlechthin unvereinbar wäre, dass der Titelgläubiger seine formelle Rechtsstellung unter Missachtung der Rechtslage zu Lasten des Schuldners ausnutzt (vgl. hierzu BGH, MDR 1999, 566, 567). Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass auch bei Vorliegen der vorgenannten Voraussetzungen ein Anspruch aus § 826 BGB dann entfällt, wenn dem Antragsteller selbst eine nachlässige Prozessführung im Vorprozess vorzuwerfen ist (vgl. Hinweisbeschluss des Senates vom 28.06.2010, S. 3, 4; Bl. 180, 180 R GA).

So kann der Senat vorliegend schon nicht erkennen, dass eine Titelerschleichung seitens der Antragsgegnerin gegeben ist. Zur Erläuterung verweist der Senat vollinhaltlich auf seine Ausführungen in dem oben zitierten Hinweisbeschluss auf S. 4, 5; Bl. 180 R, 181 GA). Hiergegen hat der Antragsteller Erhebliches nicht vorgebracht. Soweit der Antragsteller mit seinem Schriftsatz vom 20.07.2010 (Bl. 186, 187 GA) meint, der Senatsbeschluss vom 28.06.2010 gehe auf S. 6 des Beschlusses von einem unzutreffenden Sachverhalt aus, vermag dies eine andere Beurteilung der Sach- und Rechtslage nicht zu rechtfertigen. Die dort erwähnte Tatsache, dass sich der Antragsteller in dem Vorverfahren nicht dagegen gewehrt hatte, dass der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln in seiner Entscheidung vom 10.10.2006 - 4 UF 29/06 - auf S. 11 (Bl. 116 GA) angeblich fälschlicherweise davon ausgegangen sei, dass die Beteiligten vor der Trennung gemeinsam im ehemals elterlichen Haus der Antragsgegnerin gewohnt hätten, ist für vorliegende Entscheidung unerheblich. Erkennbar hat der Senat in seinem Hinweisbeschluss die mangelnde Erfolgsaussicht der Beschwerde nicht hierauf entscheidungserheblich gestützt. Dies war nur eine Hilfserwägung. Vielmehr ist entscheidend, dass schon im Vorverfahren die Frage der Möglichkeit einer Vermietbarkeit dieses Hauses in Streit war und eine Beweisaufnahme nur daran scheiterte, dass der damalige Beklagte und heutige Antragsteller hierzu nicht substantiiert vorgetragen hatte. Dabei ist von untergeordneter Bedeutung, ob der Antragsteller das Haus aus eigener Anschauung kannte. Entscheidend ist, dass er zur Frage der Vermietbarkeit nicht substantiiert vorgetragen hatte und damit eine Aufklärung hierzu unterblieb. Dies kann im vorliegenden Prozess nicht nachgeholt werden. Fiktives Einkommen wurde der Antragsgegnerin damit nicht zugerechnet. Tatsächliches Einkommen aus Vermietung und Verpachtung erzielte sie nicht. Damit kann aber in dem bloßen Bestreiten der Vermietbarkeit des Objektes keine "sittenwidrige Prozessführung" gesehen werden, die eine Durchbrechung der Rechtskraft rechtfertigen könnte. Schon die Prozessführung der Antragsgegnerin kann insoweit nicht beanstandet werden, jedenfalls verbleibt es aber bei der nicht sorgfältigen eigenen Prozessführung. Auch insofern verweist der Senat auf seine Ausführungen in dem Hinweisbeschluss. Es wäre ein Leichtes gewesen, dem Vortrag der Antragsgegnerin durch geeigneten konkreten Gegenvortrag mit entsprechenden Beweisantritten zu begegnen.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass es bei dem rechtskräftigen Unterhaltstitel verbleiben muss und eine Zwangsvollstreckung hieraus nicht unzulässig ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 117, 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 97 Abs. 1 ZPO analog.

Der Beschwerdewert beträgt 8.496,00 € (wie in der ersten Instanz)