FG Köln, Urteil vom 22.09.2010 - 4 K 478/07
Fundstelle
openJur 2011, 74228
  • Rkr:
Tenor

Unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 2004 vom 6.1.2006 und der Einspruchsentscheidung vom 8.1.2007 wird die Einkommensteuer 2004 mit der Maßgabe festgesetzt, dass die Einkünfte der Klägerin aus selbstständiger Arbeit mit 23.400 € bemessen werden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Berechnung der Einkommensteuer 2004 wird dem Beklagten übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Die Klägerin wird mit ihrem Ehemann zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Am 30.4.2001 schloss die Klägerin mit dem privaten Verein A in B als sog. "Träger" einen Betreuungsvertrag für den Jugendlichen C. Nach diesem Vertrag sollte die Klägerin ohne Geltung arbeitsrechtlicher Vorschriften ab dem 24.4.2001 eigenverantwortlich und in Gesamtverantwortung gegen über dem Verein und dem Jugendamt in einem Umfang von 24 Wochenstunden als Erzieherin für den Verein tätig werden. Tätigkeitsort sollte die Wohnung der Klägerin sowie die Wohnung des Jugendlichen sein. Auf Anforderung war die Klägerin verpflichtet, am Vereinsort für Schulungen, Beratungen usw. zur Verfügung zu stehen. Für die Betreuungsleistung sollte die Klägerin ein monatliches Erziehungsgeld von 3.200 DM sowie die notwendigen Sachkosten zur Sicherung der Lebensgrundlage des betreuten Jugendlichen (Lebensmittel, Miete, Taschengeld etc.; rd. 800 € monatlich) erhalten. Das monatliche Erziehungsgeld wurde ab dem 1.1.2002 auf 1.790 € und ab dem 1.10.2003 auf 2.000 € erhöht.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung durch den Beklagten wurde mit Bericht vom 28.9.2005 festgestellt, dass die Klägerin die im Rahmen des Betreuungsvertrages bezogenen Einnahmen nicht in den Einkommensteuererklärungen der Jahre 2001 bis 2003 deklariert hatte. Der Prüfer vertrat die Auffassung, dass diese Einnahmen nicht nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei seien, da sie nicht unmittelbar aus dem öffentlichen Haushalt einer Gebietskörperschaft oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gezahlt worden seien. Die Weitergabe der im Streitfall seitens des Vereins von dem Jugendamt der Stadt D bezogenen Leistungen für den betreuten Jugendlichen an die Klägerin sei nicht nach Maßgabe der haushaltsrechtlichen Vorschriften des öffentlichen Rechts erfolgt und unterliege wegen ihrer Verwendung auch nicht im Einzelnen einer gesetzlichen Kontrolle. Die Erziehungsgelder seien daher unter Berichtigung der ergangenen Einkommensteuerbescheide nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO als Einnahmen aus selbstständiger Arbeit zu berücksichtigen. Der Ansatz der Sachkosten als Betriebseinnahmen werde durch den Betriebsausgabenabzug in gleicher Höhe neutralisiert. Daneben könne eine Betriebsausgabenpauschale von monatlich 100 DM (50 €) gewährt werden.

Die zusätzlich zu versteuernden Einkünfte betrügen demnach:

2001 (DM) 2002 (€) 2003 (€) Betriebseinnahmen 25.600 21.480 22.110 Betriebsausgaben 800 600 600 Einkünfte 24.800 20.880 21.510

Mit den nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheiden 2001 bis 2003 vom 29.11.2005 setzte der Beklagte dieses Prüfungsergebnis um. Weiterhin setzte er bei der erstmaligen Einkommensteuerveranlagung 2004 mit Bescheid vom 6.1.2006 die Einkünfte der Klägerin aus selbstständiger Arbeit mit 24.000 € an.

Mit ihren hiergegen gerichteten Einsprüchen vertrat die Klägerin weiterhin die Auffassung, dass die Erziehungsgelder gemäß § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei seien.

Im Einspruchsverfahren teilte das Jugendamt der Stadt D auf Anfrage des Beklagten mit, dass der betreute Jugendliche sich auf Kosten des Jugendamtes in Heimerziehung befinde. Seit dem 24.4.2001 sei das A hilfegewährender Träger, der demnach über eine Genehmigung zur Heimerziehung verfügen müsse. Die Hilfe erfolge im Standortprojekt der Einrichtung bei der Familie der Klägerin. Für die Betreuung sei mit dem Jugendhilfeprojekt ein täglicher Entgeltsatz von zur Zeit 131,56 € vereinbart worden, der alle anfallenden Kosten abdecke. Die gemäß § 34 SGB VIII gewährten Mittel seien im Haushaltsplan der Stadt D unter dem Titel "Heimerziehung" erfasst. Die Kontrolle der Ausgaben auf der Ebene des Hilfeträgers erfolge durch die sachliche und rechnerische Prüfung der monatlich eingehenden Rechnungen sowie im Rahmen der Hilfeplanfortschreibung. Die Ausgestaltung der Hilfe obliege im Rahmen der Hilfeplanung ausschließlich dem Hilfe gewährenden Träger. Die vertragliche Vereinbarung bezüglich des Erziehungsgeldes berühre damit allein das Innenverhältnis zwischen dem Träger und der Klägerin und falle nicht in die Zuständigkeit der Stadt D. Grundlage für die Verausgabung der Mittel sei die Gemeindehaushaltsverordnung, die auch die Kontrolle der Ausgaben durch das Rechnungsprüfungsamt regele. Dieses sei ausschließlich für die Kontrolle der Zahlungen an den Jugendhilfeträger, jedoch nicht mehr für die Kontrolle der Zahlungen dieses Trägers an die Klägerin zuständig.

Mit Einspruchsentscheidung vom 8.1.2007 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass der Begriff der öffentlichen Mittel im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG zwar nicht deren unmittelbare Zahlung aus einer öffentlichen Kasse voraussetze, indessen nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung erforderlich sei, dass über die Mittel nur nach Maßgabe der haushaltsrechtlichen Vorschriften des öffentlichen Rechts verfügt werden könne und ihre Verwendung im Einzelnen gesetzlich geregelter Kontrolle unterliege. Diese Voraussetzungen müssten im Falle einer mehrstufig aufgebauten Organisation bis zu derjenigen Stufe erfüllt sein, auf der die Mittel letztlich bestimmungsgemäß verausgabt würden. Im Streitfall habe die Stadt D keine rechtliche Handhabe, die Verwendung der für Zwecke der Heimerziehung an das A verausgabten öffentlichen Mittel auf der Stufe der Weiterleitung an die Klägerin zu überprüfen, so dass es an der für die Steuerbefreiung erforderlichen gesetzlichen Kontrolle fehle. Ebenso mangele es an einer Verausgabung nach haushaltsrechtlichen Vorschriften, da das A die für den betreuten Jugendlichen vereinnahmten Beträge nicht in voller Höhe an die Klägerin weiterleite, sondern teilweise für eigene Leistungen einbehalte. Die Höhe des gezahlten Erziehungsgeldes beruhe damit letztlich auf einer von dem Jugendhilfeprojekt mit der Klägerin getroffenen Vereinbarung.

Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin geltend, dass es keinen Unterschied machen könne, ob das Pflegegeld direkt von der Kommune an die Pflegeeltern oder über ein für Qualitätssicherungsmaßnahmen zuständiges Jugendhilfeprojekt an diese ausgezahlt werde. Es handele sich dabei um einen steuerlich unschädlichen verlängerten Leistungsweg. Die Mittel, die sie von dem Jugendhilfeträger erhalte, würden entsprechend dem Sinn und Zweck der Befreiungsvorschrift vollständig für die Erziehung des Kindes ausgegeben. Die Rechtsauslegung des Beklagten fuße letztendlich auf dem Verständnis des Wortes "unmittelbar" in § 3 Nr. 11 EStG. Dabei werde aber verkannt, dass die Forderung der unmittelbaren Leistung lediglich für Zahlungen an Kultur und Wissenschaft, nicht aber für Zahlungen an Bedürftige Geltung habe.

Diese Auslegung führe auch zu nicht auflösbaren Wertungswidersprüchen zum Umsatzsteuerrecht. Dort sei anerkannt, dass auch Leistungen für Zwecke der Sozialfürsorge und der Kinder- und Jugendbetreuung, die nicht unmittelbar von Einrichtungen des öffentlichen Rechts, sondern unter Vermittlung eines privaten Vereins als Auftraggeber durch Honorarkräfte erbracht würden, unabhängig von dem Zahlungsweg gem. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g und h der Richtlinie 77/388/EWG von der Umsatzsteuer befreit seien.

Ihre Rechtsauffassung werde letztlich auch durch das BMF-Schreiben vom 13.4.2007 gestützt, nach dem das Pflegegeld für Kinder in Vollzeitpflege gemäß § 39 SGB VIII eine steuerfreie Beihilfe im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG darstelle, sofern eine Erwerbstätigkeit nicht vorliege. Davon sei auszugehen, wenn die Summe der Erziehungsbeiträge - wie auch im Streitfall - 24.000 € im Jahr nicht übersteige. Eine Differenzierung zwischen der direkten Auszahlung durch das Jugendamt an Pflegefamilien und dem Regelfall der Auszahlung an einen Jugendhilfeträger werde dabei nicht vorgenommen. Die rein formalistische Betrachtungsweise des Beklagten könne somit keinen Bestand haben.

Die Klägerin beantragt,

die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2001, 2002, 2003 und 2004 vom 29.11.2005 und 6.1.2006 in Form des Einspruchsbescheids vom 8.1.2007 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach seiner Auffassung stammen die streitigen Bezüge nicht aus öffentlichen Mitteln im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG, da das A als auszahlende Stelle ein nicht-öffentlicher Rechtsträger sei und seine Buchführung nicht nach kameralistischen Grundsätzen führe. Bezüge aus öffentlichen Mitteln lägen nur vor, wenn eine haushaltsmäßige Erfassung dieser Mittel und die öffentliche Kontrolle ihrer Verwendung gegeben seien. Hintergrund für diese Auslegung sei, dass § 3 Nr. 11 EStG keine zahlenmäßige Begrenzung der Höhe der Bezüge enthalte und auch keinen Verwendungsnachweis für die steuerfrei zugeflossenen Förderungsbeträge vorsehe. Um diese an sich notwendigen Prüfungen zu erübrigen, beschränke die Vorschrift die Begünstigung der Steuerfreiheit auf Leistungen, bei denen die öffentliche Hand für eine entsprechende Kontrolle sorge. Allein der Umstand, dass von einem nicht-öffentlichen Rechtsträger bezogene Mittel aus öffentlichen, für Bezüge im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG bestimmten Zuwendungen des Jugendamtes gespeist würden, reiche nicht aus. Klarstellend werde insoweit angemerkt, dass die Zahlungen der Stadt D an das A für Heimerziehung nach § 34 SGB VIII und nicht für Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII erfolgten.

Seine rechtlichen Folgerungen basierten allein auf der Auslegung des Begriffs der öffentlichen Mittel. Auf das in § 3 Nr. 11 EStG normierte Erfordernis der Unmittelbarkeit, das sich sehr wohl auch auf die Förderung der Erziehung und Ausbildung beziehe, komme es dabei nicht an.

Auch das BMF-Schreiben vom 13.4.2007 könne seinem Wortlaut nach nur Anwendung finden, wenn die Pflegeeltern aus öffentlichen Mitteln bezahlt würden. Gerade daran mangele es aber im Streitfall. Darüber hinaus gelte das BMF-Schreiben erst ab dem Veranlagungszeitraum 2008.

Gründe

Die Klage ist ganz überwiegend unbegründet.

Mit Ausnahme der zwischen den Beteiligten unstreitigen Berücksichtigung der Betriebsausgaben-Pauschale von 600 € im Jahr 2004, die der Beklagte in Abweichung von den Feststellungen der Betriebsprüfung für die Vorjahre versehentlich nicht angesetzt hat, sind die angegriffenen Änderungsbescheide rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Bei den von dem Jugendhilfeprojekt an die Klägerin als "Erziehungsgelder" ausgezahlten Betreuungsentgelten handelt es sich um steuerpflichtige Einnahmen aus einer erzieherischen Tätigkeit i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG, die der Beklagte zu Recht - abzüglich einer der Höhe nach nicht zu beanstandenden monatlichen Betriebsausgabenpauschale von 100 DM bzw. 50 € - der Besteuerung unterworfen hat.

Die an die Klägerin gezahlten Betreuungsentgelte sind insbesondere keine gemäß § 3 Nr. 11 EStG steuerfreie Beihilfe.

Von der Einkommensteuer befreit sind nach dieser Vorschrift Bezüge aus öffentlichen Mitteln, die als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung unmittelbar zu fördern. Derartige öffentlichrechtliche Beihilfen sind nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (Urteil des BFH vom 23.9.1998 XI R 9/98, BFH/NV 1999, 600, m. w. N.) uneigennützig gewährte Unterstützungsleistungen, deren entscheidendes Merkmal ihre Unentgeltlichkeit und Einseitigkeit ist. Leistungen, die im Rahmen eines entgeltlichen Austauschgeschäfts erbracht werden, können demgegenüber nicht als Beihilfe qualifiziert werden.

Demgemäß hat der BFH die von den Jugendämtern an Pflegeeltern geleisteten Erziehungsgelder für Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII als nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei beurteilt (BFH-Urteil vom 28. Juni 1984 IV R 49/83, BFHE 141, 154, BStBl II 1984, 571). Mit der Zahlung der Pflegegelder sei keine vollständige Ersetzung des sachlichen und zeitlichen Aufwands der Pflegeeltern beabsichtigt (BFH-Urteil in BFHE 141, 154, BStBl II 1984, 571); Zuwendungen an Pflegeeltern ähnelten in vielerlei Hinsicht Zahlungen, die die leiblichen Eltern für die Erziehung ihrer Kinder ebenfalls steuerfrei erhielten (BFH-Urteil vom 17. Mai 1990 IV R 14/87, BFHE 161, 361, BStBl II 1990, 1018). Diesen Leistungen gegenübergestellt hat der BFH als steuerpflichtige Einnahmen Zahlungen an Personen, die Kinder nur des Erwerbs wegen in ihren Haushalt aufgenommen haben (BFH-Urteil in BFHE 161, 362, BStBl II 1990, 1018).

Dieser Unterscheidung entsprechend sind im Streitfall die an die Klägerin gezahlten Gelder keine Beihilfen i.S. des § 3 Nr. 11 EStG. Der begehrten Steuerfreiheit der Betreuungsentgelte nach § 3 Nr. 11 EStG steht bereits entgegen, dass es sich bei den Zahlungen der Stadt D an das A, aus denen dieser Träger die an die Klägerin ausgezahlten Erziehungsgelder finanziert hat, um Pflegesätze für Heimerziehung nach § 34 SGB VIII und nicht um solche für Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII handelte. Pflegesatzzahlungen an Betreiber von Einrichtungen im Sinne des 34 SGB VIII sind aber nach gefestigter Rechtsprechung des BFH keine Beihilfen im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG, so dass auch für deren Weiterleitung an Dritte nichts anderes gelten kann. Denn sie ersetzen Sach- und Personalkosten, insbesondere ein fiktives Gehalt für die Pflegeperson, wie es für entsprechend qualifizierte öffentliche Angestellte gezahlt wird, und stellen daher ein Entgelt im Rahmen einer Erwerbstätigkeit dar (Urteile des BFH vom 23.9.1998 XI R 11/98, BStBl II 1999, 133, und vom 23.9.1998 XI R 9/98, a. a. O.; Bergkemper in: Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 3 Nr. 11 EStG, Anm. 16). Pflegegelder nach § 33 SGB VIII sind demgegenüber nach ihrem Zweck und ihrer Bemessungsgrundlage kein nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen berechnetes Entgelt für Unterbringung und Betreuung, sondern lediglich Kostenersatz (Urteil des BFH vom 2.4.2009 III R 92/06, BFHE 224, 542, m. w. N.).

Diese unterschiedliche Zweckbestimmung kommt auch in der Höhe der Pflegegelder nach § 33 SGB VIII im Unterschied zu Betreuungsentgelten für Heimerziehung 34 SGB VIII zum Ausdruck. Das durch die Trägervereine an sog. "Fachfamilien" mit entsprechender pädagogischer Vorbildung gezahlte und im Rahmen der Pflegesätze nach 34 SGB VIII abgerechnete Betreuungsentgelt entspricht in der Regel der der Eingruppierung derartiger qualifizierter Tätigkeiten durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst. In der Nähe dieser Entgelte bewegen sich auch die an die Klägerin gezahlten Erziehungsgelder, die sich ohne den Sachkostenanteil von rund 800 € zuletzt auf 2000 € monatlich beliefen. Das in Nordrhein-Westfalen in den Streitjahren gezahlte Pflegegeld für Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII beinhaltete demgegenüber - neben einem in Abhängigkeit von dem Alter des Pflegekindes erstatteten Sachkostenanteil zwischen 406 und 564 € - lediglich einen sog. Erziehungsanteil von 194 € im Monat, der im Unterschied zu dem von der Klägerin im Rahmen eines entgeltlichen Austauschgeschäfts bezogenen Pflegehonorar als bloßer Anerkennungsbetrag für die unentgeltliche Leistung der Pflegeeltern zu werten ist.

Von einer bloßen Weiterleitung von Pflegegeldern im Sinne der §§ 33, 39 SGB VIII an die Klägerin kann demnach im Streitfall keine Rede sein. Vielmehr hat das Jugendhilfeprojekt den überwiegenden Teil der erhaltenen Pflegesatzzahlungen für Heimerziehung zum Zwecke der externen Betreuung des Jugendlichen in der Familie der Klägerin eingesetzt. Durch die hierzu mit der Klägerin getroffene privatrechtliche Vereinbarung in Gestalt des Betreuungsvertrages konnten aber die im Rahmen der Erwerbstätigkeit des Trägervereins bezogenen Pflegesätze nicht in Erziehungsgelder für Vollzeitpflege gemäß § 33 SGB VIII umgewidmet werden.

Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob im Falle der Weiterleitung von Pflegegeldern im Sinne der §§ 33, 39 SGB VIII durch einen privaten Träger weitere Voraussetzung für die Steuerfreiheit gem. § 3 Nr. 11 EStG wäre, dass deren haushaltsrechtliche Kontrolle durch die öffentliche Kasse auf der letzten Stufe der Mittelverwendung gewährleistet ist (vgl. dazu Urteile des BFH vom 15.11.1983 VI R 20/80, BStBl II 1984, 113; Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 12.4.2000 5 K 291/98, juris-Dokument; Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 22.11.2001 V 101/99, EFG 2002, 184). Auch die gegenüber dem BMF-Schreiben vom 7.2.1990 (BStBl I 1990, 109) geänderten Anwendungsregelungen zu § 3 Nr. 11 EStG in den ab 2008 geltenden BMF-Schreiben vom 24.5.2007 (BStBl I 1007, 487) und vom 20.11.2007 (BStBl I 2007, 824) können bereits deswegen für die Entscheidung des Streitfalles keine Bedeutung haben, weil sie die Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII und nicht Entgelte für Heimerziehung i.S.d. § 34 SGB VIII betreffen.

Seine Befugnis zur Änderung der bestandskräftigen Bescheide der Jahre 2001 bis 2003 vom 23.10.2002 und 3.5.2004 hat der Beklagte schließlich zutreffend auf § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gestützt. Danach sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. So liegt es im Streitfall, da die Klägerin die von ihr erzielten Einnahmen nicht in den vorgelegten Einkommensteuererklärungen deklariert hatte, so dass der Beklagte hiervon erst durch die im Jahr 2005 durchgeführte Betriebsprüfung, der Ermittlungen des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung E und die Eröffnung des Strafverfahrens gegen die Klägerin am 10.1. 2005 vorausgegangen waren, Kenntnis erlangte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Das geringfügige Obsiegen der Klägerin rechtfertigt nicht den Ansatz einer von dem Beklagten zu tragenden Kostenquote.