OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.02.2010 - 7 B 1368/09
Fundstelle
openJur 2011, 70168
  • Rkr:
Tenor

Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.

Die aufschiebende Wirkung der beim Verwaltungsgericht Minden anhängigen Klage des Antragstellers (1 K 1152/09) gegen die Bauordnungsverfügung des Antragsgegners vom 5. Mai 2009 in der Fassung vom 18. August 2009 wird wiederhergestellt, soweit sie die Regelungen unter Ziffern 1. und 2. zum Gegenstand hat, und angeordnet, soweit sie die unter Ziffer 3. verfügte Zwangsgeldandrohung betrifft.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt der Antragsgegner; von den Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner die Hälfte, die Beigeladenen zu 1. und 2. als Gesamtschuldner ein Viertel und die Beigeladenen zu 3. und 4. ebenfalls als Gesamtschuldner ein Viertel. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 EUR festgesetzt.

Gründe

Die zulässige, namentlich rechtzeitig eingelegte und fristgerecht in einer den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügenden Weise begründete Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache Erfolg.

Mit der Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein erstinstanzliches Begehren auf Regelung der Vollziehung der Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 5. Mai 2009 in der Fassung der Änderung aus August nach § 80 Abs. 5 VwGO weiter. Mit dieser Verfügung ist ihm unter Fristsetzung und Androhung von Zwangsgeld (Ziffer 3.) aufgegeben worden, die Geländeaufschüttung auf seinem Grundstück L.------weg 14 (Gemarkung I. , Flur 10, Flurstück 932) bis zur Höhe des ursprünglichen Geländes vollständig zu entfernen (Ziffer 1.) und dies durch einen öffentlich bestellten Vermessungsingenieur bestätigen zu lassen (Ziffer 2.).

Die nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotene Abwägung der widerstreitenden Interessen fällt auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens der Beteiligten zu Gunsten des Antragstellers aus. An der sofortigen Vollziehung der im Wesentlichen streitigen Anordnung der Entfernung der Geländeaufschüttung besteht kein überwiegendes (öffentliches oder privates) Interesse. Das gilt hier unabhängig von der Beurteilung der Erfolgsaussichten der Klage. Deshalb mag auch im Ergebnis dahinstehen, ob die Aufschüttung (weiterhin) gegen die bauordnungsrechtlichen Vorgaben über die Einhaltung von Abstandflächen verstößt und die Beseitigungsverfügung - wie vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegt - im Klageverfahren voraussichtlich Bestand haben wird.

Wie das Verwaltungsgericht zutreffend herausgestellt hat, rechtfertigt sich die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer bauordnungsrechtlichen Verfügung, welche wie hier die Beseitigung von Bausubstanz fordert, nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen. In Anknüpfung an die gewichtigen Auswirkungen eines solchen Eingriffs ist es regelmäßig schon Gründen der Gewährung effektiven Rechtsschutzes geschuldet, dem Interesse des Ordnungspflichtigen an dem Erhalt der aufschiebenden Wirkung seiner Klage den Vorrang einzuräumen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. September 2005 - 7 B 1055/05 -, Beschluss vom 5. März 2007

- 10 B 274/07 -; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 6. Februar 2008 - 3 M 9/08 -,

BRS 72 Nr. 186.

Ein Sachverhalt, der vorliegend einen Ausnahmefall begründen würde, liegt nicht vor. Die Beseitigung der Aufschüttung ist für den Antragsteller - in Ansehung der Größenordnung der Aufschüttung - mit einem wesentlichen Substanzverlust und entsprechenden Kosten verbunden; das gilt selbst dann, wenn man den zusätzlichen Aufwand außer Betracht lässt, der sich für den Antragsteller daraus ergäbe, dass der streitige Gartenbereich nicht mehr mit "schwerem" Gerät erreichbar ist. Insoweit hat der Antragsteller sicherlich auf eigenes Risiko gehandelt, als er den Zugang zur Aufschüttung durch die Anlage einer Treppe in einem Zeitpunkt erschwert hat, in dem der Bestand der Aufschüttung offensichtlich noch nicht abgeklärt war und der Antragsgegner schon mit Schreiben vom 12. August 2008 auf das entsprechende Risiko hingewiesen hatte. Die Hoffnung des Antragstellers, durch eine geringfügige Umgestaltung der Aufschüttung das abstandrechtliche Konfliktpotential beseitigen zu können, beruhte auf einer Erwartung, die keineswegs abgesichert war und auf deren Realisierung er bei der gegebenen Sachlage, wie sie sich aus den Akten erschließt, nicht schutzwürdig vertrauen konnte.

Eine besondere Gefahrenlage für die Allgemeinheit und/oder für die benachbarten Grundstücke der Beigeladenen ist nicht erkennbar. Selbst den in Rede stehenden Abstandflächenverstoß zugrundegelegt, sind auf der Grundlage des vorliegenden aussagekräftigen Foto- und Kartenmaterials für die betroffenen Grundstücke der Beigeladenen beim vorläufigen Fortbestand der Aufschüttung keine Unzuträglichkeiten zu erwarten, die eine sofortige Beseitigung der Aufschüttung rechtfertigen könnten. Insbesondere spricht nichts dafür, dass die sofortige Beseitigung der kompletten Aufschüttung erforderlich wäre, um ein Abrutschen der Böschung zu verhindern. Ein solches Gefahrenpotential hat auch der Antragsgegner zu keiner Zeit angesprochen.

Für eine besondere negative Vorbildwirkung der vorhandenen Aufschüttung und Gartenanlage, die die Eigentümerinteressen des Antragsstellers als nachrangig erscheinen lassen könnte, fehlen ausreichende Anhaltspunkte. Der Ordnungsverfügung ist hierzu nichts an Substanz zu entnehmen. Nach den gegebenen Grundstücksverhältnissen, wie sie sich aus dem vorliegenden Karten- und Fotomaterial ergeben, liegt es eher fern anzunehmen, in der Nachbarschaft könnten vergleichbare Bauvorhaben mit - unterstelltem - Abstandflächenverstoß unter Berufung auf die vorhandene Aufschüttung und einen Anschein, dass der Antragsgegner die Verhältnisse dulde, in Angriff genommen werden. Erst recht fehlt jeder Anhalt, dass ein Nachbar sich im Ergebnis mit Erfolg auf den derzeitigen Bestand der Aufschüttung berufen und ein erforderliches ordnungsbehördliches Einschreiten mit Erfolg abwenden oder erschweren könnte.

Nicht weiter spezifizierte generalpräventive Erwägungen, wie sie das Verwaltungsgericht angeführt hat, reichen angesichts der erwähnten gesetzlichen Wertung nicht, ein besonderes Vollzugsinteresse zu begründen.

Schließlich bietet auch das vom Antragsteller in dieser Angelegenheit an den Tag gelegte Verhalten einschließlich seines Aussageverhaltens keinen Grund, das Gewicht seiner Interessen an einem Substanzerhalt bis zur Entscheidung der Hauptsache nachhaltig zu relativieren. Die Erwägungen, wonach sog. Schwarzbauer keine Vorteile, namentlich keine wirtschaftlichen Vorteile gegenüber dem rechtstreuen Bürger für sich erreichen sollen, die namentlich in Bezug auf die Beseitigung von formell illegalen Werbeanlagen zum Tragen kommen,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Januar 2010

- 10 B 1748/09 -, Beschluss vom 17. Mai 2000

- 7 B 723/00 -, BRS 63 Nr. 215,

sind vorliegend nicht zielführend. Auch steht bei der gegebenen Sachlage nicht zu befürchten, der Antragsteller werde unter Umgehung bestehender Verbote, namentlich der mit Verfügung vom 28. Mai 2008 bestätigten letzten Anordnung, Erdarbeiten im rückwärtigen Bereich des Grundstücks sofort einzustellen, bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren Fakten schaffen, welche den Bestand der Ordnungsverfügung oder deren effektive Durchsetzung gefährden könnten.

Der Einschätzung des Verwaltungsgerichts, der Antragsteller habe sich wie ein notorischer Schwarzbauer verhalten, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Insbesondere ist ihm nicht vorzuhalten, dass er die Geländeauffüllung ohne Genehmigung vorgenommen hat, nachdem auch der Antragsgegner ausweislich seines Schreibens vom 23. Juni 2008 von einer selbständigen Aufschüttung ausgegangen ist, die - da nicht höher als zwei Meter - nach § 65 Abs. 1 Nr. 42 BauO NRW im Grundsatz genehmigungsfrei errichtet werden kann. Er leitet die Genehmigungspflichtigkeit letztlich aus dem angemahnten Abstandflächenverstoß ab. Das dürfte, ohne dass hier Anlass zur Vertiefung besteht, in dieser Allgemeinheit nicht zutreffen.

Vgl. Gädtke/Temme/Heintz/Czepuck, BauO NRW,

§ 65 RdNr. 188.

Den Entwicklungen nach dem am 14. Mai 2008 ausgesprochenen Baustopp und der weiteren, schriftlich bestätigten Stilllegungsverfügung vom 28. Mai 2008 ist ebenfalls kein durchgreifender Anhalt zu entnehmen, welcher die Schutzwürdigkeit des Antragstellers in Frage stellen könnte. Es mag in der Folgezeit durch das Bestreben des Antragstellers, die Gartenanlage fertigzustellen, objektiv zu Verstößen gegen die Stilllegungsverfügung gekommen sein. Diese Sachverhalte können indes nicht losgelöst von dem zugleich gezeigten Bemühen des Antragstellers gesehen werden, durch Rück- bzw. Umbau der Aufschüttung, den von dem Antragsgegner angegriffenen Abstandflächenkonflikt zu den Grundstücken der Beigeladenen zu lösen. Auch sind nach der letzten Stilllegungsverfügung nach Aktenlage keine wesentlichen Veränderungen der Aufschüttung erfolgt. Das Bemühen um eine einvernehmliche Lösung ist zudem von Seiten des Antragsgegners zunächst unterstützt worden. So hat etwa am 11. Juli 2008 ein Gespräch mit den Beigeladenen zu 3. und 4. stattgefunden, bei dem anhand von Planskizzen Varianten der Geländeauffüllung dargestellt wurden, u.a. eine Variante 2, nach der in einem Abstand von 3 Metern zur Grundstücksgrenze der höchste Punkt der Böschung maximal 1,0 m beträgt, sowie eine Variante 3, wonach die Auffüllung mit einer die Abstandflächen wahrenden Stützmauer abschließen sollte. Variante 3 wurde als nach den Vorschriften der Bauordnung des Landes Nordrhein-Westfalen genehmigungsfreie Variante bezeichnet; zu Variante 2 wurde erläutert, hier sei eine Nachbarzustimmung in Form der Gegenzeichnung auf der Planzeichnung ausreichend; seitens der Stadt könne dann eine Befreiung erteilt werden. Man verblieb dahin, mit den Beigeladenen erneut Kontakt aufzunehmen, wenn die entsprechenden Planungsunterlagen für die Variante 2 vorlägen. Eine vergleichbare Erörterung fand im Januar 2009 statt. Dafür, dass das Verhalten des Antragstellers durch eine besondere Verzögerungstaktik geprägt gewesen wäre, und er bereits zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt als der Antragsgegner das Scheitern seiner Bemühungen um eine einvernehmliche Lösung mit den Beigeladenen hätte absehen können, bieten weder das Vorbringen der Beteiligten noch die Akten tragfähige Anknüpfungspunkte.

Über die von dem Antragsteller in diesem Zusammenhang durchgeführten Rück- bzw. Umbaumaßnahmen war die Antragsgegnerin nach Aktenlage wohl auch im Wesentlichen informiert. Das betrifft etwa den nach dem ersten Baustopp erfolgten Abtrag der Aufschüttung in einer Höhe von 40 cm. Das entsprechende Vorhaben hat der Architekt des Antragstellers dem Antragsgegner mit am selben Tag eingegangenem Schreiben vom 16. Mai 2008 angezeigt und im Weiteren bezogen auf weitere Erdarbeiten (nach Angaben des Antragstellers zur Verdichtung des Bodens) nach der Stilllegungsverfügung vom 28. Mai 2008 angegeben, er sei davon ausgegangen, dass sich mit dem Abtrag die ausgesprochene Stilllegungsverfügung erledigt habe. Eine entsprechende Dokumentation findet sich in Bezug auf die Veränderungen, die der Antragsteller im Grenzbereich zu den Grundstücken der Beigeladenen zu 3. und 4. hat vornehmen lassen. Nach eigenen Angaben hat er durch Verlegung des Weges eine Abstufung der Böschung entsprechend der genannten Variante 2 erreicht. Dass eine solche Abstufung, wie sie der Antragsteller zuletzt auch für den Grenzbereich zu den Beigeladenen zu 1. angekündigt hat, nach der Rechtsprechung des beschließenden Gerichts -

vgl. Beschluss vom 22. Januar 2001 - 7 E 547/99 -, Urteil vom 30. November 2000 - 7 A 978/96 -,

nicht ausreichen dürfte, den hier unterstellten Abstandflächenverstoß zu beseitigen, betrifft allein die Risikosphäre des Antragstellers. Eine besondere Dringlichkeit für die Durchsetzung des Beseitigungsanspruchs lässt sich daraus aber ebenso wenig ableiten wie aus dem Umstand, dass der Antragsteller die Fläche nach dem Baustopp weiter modelliert, namentlich begrünt und zuletzt wohl auch bepflanzt hat. Selbst wenn man darin Erdarbeiten sehen sollte, die dem Regelungsbereich der - wohl weiterhin Geltung beanspruchenden - Stilllegungsverfügung vom 28. Mai 2008 unterfielen, rechtfertigten es diese Verstöße ihrem Gewicht nach noch nicht, dem Antragsteller nunmehr die sofortige Beseitigung der gesamten Aufschüttung vor Abklärung der Beseitigungsverpflichtung im Hauptsacheverfahren zuzumuten, zumal eine Verfestigung der tatsächlichen Verhältnisse, die der Beseitigungsverfügung entgegengehalten werden könnte, damit in keiner Weise verbunden war und voraussichtlich auch weiterhin nicht verbunden sein wird.

Nach alldem ist dem Antragsteller also losgelöst von der Frage der Erfolgsaussichten seiner Klage der beantragte vorläufige Rechtsschutz zu gewähren. Nur ergänzend sei deshalb angemerkt, dass die Kritik des Antragstellers an der Ordnungsverfügung wohl nicht durchgreifen dürfte.

Die im wesentlichen streitige Beseitigungsverfügung rechtfertigt sich aus dem Verstoß gegen die Abstandflächenvorgaben des § 6 Abs. 5 Satz 5 BauO NRW, der sich nach Aktenlage für die streitige Aufschüttung ergibt und zugleich den Beigeladenen als Eigentümern der betroffenen Grundstücke einen entsprechenden Abwehranspruch vermitteln dürfte.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. März 2007

- 10 B 274/07 -, Beschluss vom 10. Juni 1999

- 7 B 827/99 -, Beschluss vom 14. Januar 1994

- 7 A 2002/92 -, BRS 56 Nr. 196.

Auf der Grundlage des vorliegenden Karten- und Fotomaterials sowie der vom Antragsteller vorgelegten Planzeichnungen dürfte es sich bei der Aufschüttung wohl um eine solche handeln, die gemäß § 6 Abs. 10 Satz 1 Nr. 2 BauO NRW Abstandflächen auslöst. Denn danach ist die Aufschüttung höher als ein Meter über der Geländeoberfläche und geeignet, von Menschen betreten zu werden. Die Erwägungen des Antragstellers zur Höhenmittelung unter Einbeziehung der topografischen Gegebenheiten und die daraus für den vorliegenden Fall gezogenen Schlussfolgerungen sind auf der Grundlage der vorliegenden Unterlagen nicht überzeugend. Insbesondere kommt es nicht auf die mittlere Höhe der Anfüllung entlang der jeweiligen Grundstückgrenze in einem Abstand von drei Metern an, die nach Angaben des Architekten T. in seiner Stellungnahme zum Schreiben des Antragsgegners vom 16. Oktober 2009 bei 0,70 m bzw. 0,60 m liegt. Entsprechend unerheblich wäre es, wenn inzwischen auch im Grenzbereich zum Grundstück der Beigeladenen zu 1. und 2. die Böschung eine Kante erhalten hätte, so dass diese innerhalb eines Abstands von drei Metern zur Grundstücksgrenze, die Höhe von einem Meter nicht übersteigt. Denn die Böschung hat keine selbständige, von der Aufschüttung unabhängige Funktion, auch wenn sie nicht dem Betreten durch Menschen dient. Entscheidend ist, dass die Aufschüttung eine Einheit bildet, und zwar sowohl baulichkonstruktiv als auch in ihrer Funktion. Soweit im Bereich der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen zu 3. und 4. in die bereits bestehende Aufschüttung eine Ebene zur Anlegung eines Weges eingefügt worden ist, führt auch dies zu keiner Unterbrechung des Zusammenhangs. Es handelt sich - soweit nach Aktenlage erkennbar - allein um ein gliederndes Element, das an der Einheitlichkeit der Aufschüttung nichts ändert. Ist die Aufschüttung hiernach hinsichtlich ihrer abstandrechtlichen Erfordernisse einheitlich zu bewerten, kommt es für die Frage, ob Abstandflächen eingehalten sind, aber auf alle Bestandteile der Anschüttung an, also bereits auf den Böschungsfuß. Dieser darf erst jenseits des erforderlichen Grenzabstands beginnen.

Vgl. dazu auch: OVG NRW, Beschluss vom 10. Juni 1999 - 7 B 827/99 -.

Ausgehend von einer einheitlichen Anlage ist auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten nichts dagegen zu erinnern, dass der Antragsteller aufgefordert worden ist, die Aufschüttung insgesamt zu beseitigen. Es ist grundsätzlich Sache des Bauherrn, im Wege des Austauschmittels eine Umgestaltung der Anlage zu einer baulich zulässigen anzubieten. Das gilt erst recht, wenn sich - wie hier - eine Vielzahl von zulässigen Gestaltungsmöglichkeiten des Gartenbereichs mit verbleibender Aufschüttung in geringerer Dimensionierung ergeben. Entsprechend bedarf es im Rahmen des vorliegenden Verfahrens auch keiner weiteren Vertiefung, ob die Aufschüttung bei einer baulichen Umgestaltung in der vom Antragssteller zuletzt erwogenen Form der Beseitigung des Böschungsfußes innerhalb der Abstandfläche und Errichtung einer Mauer unter Wahrung der Abstandvorgaben als Austauschmittel in Betracht gezogen werden kann.

Soweit der Antragsteller auf die besondere Hanglage verweist, die sein Grundstück vor der Aufschüttung aufgewiesen habe, ergibt sich ebenfalls keine andere Bewertung. Insbesondere ist damit kein Sachverhalt aufgezeigt, der eine Abweichung von den Abstandvorgaben auf der Grundlage des § 73 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BauO NRW rechtfertigen könnte. § 73 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW zeigt nur beispielhaft einen Anwendungsfall nach Maßgabe des § 73 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW. Daraus ergibt sich, dass regelmäßig - wie auch hier - nur eine grundstückbezogene Atypik eine Abweichung rechtfertigt. Eine wertende Vergleichsbetrachtung der Auswirkungen des streitigen Vorhabens mit denen einer alternativen Grenzbebauung, hier etwa einer Aufschüttung, die außerhalb der Abstandflächen mit einer Mauer abschließt, reicht demgegenüber nicht aus.

Vgl.OVG NRW, Urteil vom 17. Juli 2008

- 7 B 195/08 -, Beschluss vom 5. März 2007

- 10 B 274/07 -.

Für eine grundstücksbezogene Atypik finden sich auf der Grundlage der nach Aktenlage erkennbaren Umstände keine Hinweise. Das vorliegende Karten- und Fotomaterial lässt insbesondere keine topografischen Besonderheiten im Geländeverlauf hervortreten, welche die Annahme einer atypischen Grundstückssituation rechtfertigen könnten. Dieses belegt vielmehr, dass die Dimensionierung und Ausdehnung der Aufschüttung vor allem dem Wunsch des Antragstellers entsprungen sind, den hinteren Teil seines Grundstückes als Gartenbereich optimaler bzw. attraktiver ausnutzen zu können, und dass sie allenfalls nachrangig durch die vorgefundenen Verhältnisse veranlasst sind.

Auch im Übrigen dürfte sich die Verfügung voraussichtlich nicht etwa als unverhältnismäßig oder ermessenfehlerhaft erweisen. Sie ist insbesondere nicht zur Unzeit ergangen. Der Antragsgegner war nicht etwa mit Blick auf den seit dem verfügten Baustopp vergangenen Zeitraum gehindert, tätig zu werden. Dies gilt umso mehr als vorliegend der Abstandflächenverstoß im Grundsatz entsprechende Abwehrrechte der Beigeladenen begründen dürfte. Auch hat der Antragsgegner auf der Grundlage der nach Aktenlage erkennbaren Umstände kein Verhalten gezeigt, wonach der Antragsteller schutzwürdig darauf vertrauen konnte, die Aufschüttung werde trotz des gegebenen Abstandflächenverstoßes weiter geduldet. Wie bereits ausgeführt, ist es auch der Risikosphäre des Antragstellers zuzurechnen, dass sich für ihn besondere Kosten für den Abtransport aus der gegebenen Gestaltung der Zuwegung zum Gartenbereich ergeben. Auf seine Unkenntnis der Abstandvorschriften in ihrer Auslegung durch die Rechtsprechung des beschließenden Gerichts kann sich der Antragsteller ebenfalls nicht mit Erfolg berufen. Auch insoweit hat sich ein von ihm zu tragendes Risiko realisiert.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, Abs. 3, § 159, § 162 Abs. 3 VwGO,

§ 100 ZPO; die Beigeladenen sind an den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu beteiligen, weil sie einen Antrag gestellt haben; eine anteilige Kostenerstattung ihrer außergerichtlichen Kosten durch den Antragsgegner ist in der gegebenen prozessualen Situation nicht angezeigt.

Die Streitwertentscheidung beruht auf § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.