OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.10.2008 - I-24 U 25/08
Fundstelle
openJur 2011, 66177
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 7 O 208/06
Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 24.01.2008 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Hauptausspruch des angefoch-tenen Urteils unter Korrektur der Beträge gemäß § 319 ZPO wie folgt neu gefasst wird:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.508,70 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 23.03.2006 aus 8.140,30 € sowie aus weite-ren 2.245,60 € seit dem 10.10.2006 und aus weiteren 1.122,80 € seit dem 13.12.2006 sowie 311,85 € an nicht anrechenbaren außergerichtlichen Rechtsan-waltskosten zu zahlen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten aufer-legt.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 11.508,70 €.

Gründe

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, weil die Berufung in der Sache keinen Erfolg, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Berufungsgerichts auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 30.09.2008 Bezug genommen, gegen deren Gründe die Beklagte innerhalb der ihr zur Stellungnahme gesetzten Frist Einwände nicht erhoben hat, und dessen der Senat beitritt. Dort ist ausgeführt:

"I.

Die Berufung der Beklagten hat keine Aussicht auf Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung der von ihr in Höhe von monatlich 280,70 € zu Unrecht unter Berufung auf Mietminderung nicht gezahlten Miete für die Zeit von August 2003 bis Dezember 2006 verurteilt. Das Berufungsvorbringen ist nicht geeignet, eine für die Beklagte günstigere Entscheidung zu rechtfertigen:

1.

Der Kläger ist zur Geltendmachung des Mietzinses für die Zeit von August 2003 bis Dezember 2006 ungeachtet des im Jahre 2007 erfolgten Verkaufs des Mietobjekts aktiv legitimiert. Der vom Kläger vorgelegte und von der Beklagten nicht bestrittene Kaufvertrag vom 20.06.2007 enthält keine Abtretung der bis Ende 2006 bereits fällig gewordenen Mietforderungen auf die Erwerber. Eine Abtretung der Ansprüche außerhalb dieses Vertrags ist nicht substantiiert dargetan.

2.

Die Beklagte war nicht berechtigt, die Miete für das Betriebsgrundstück Bendahler Straße 66-72 unter Berufung auf Undichtigkeiten des Daches zu mindern. Es kann insoweit dahinstehen, ob der Gewährleistungsausschluss in § 6 Ziff. 1 des Gewerberaummietvertrages der Parteien (im folgenden: MV) und die Überwälzung der Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht betreffend die Mietsache in § 7 Ziff. 1 MV Allgemeine Geschäftsbedingungen des Klägers im Sinne der §§ 305 ff. BGB sind und - sollten sie Allgemeine Geschäftsbedingungen sein - der Inhaltskontrolle nach den Maßgaben des § 307 BGB standhalten oder nicht. Denn der Ausschluss des Rechtes zur Minderung der Miete folgt, worauf das Landgericht mit Recht hingewiesen hat, bereits aus § 536 b S. 1 BGB. Dem Geschäftsführer der Beklagten war bei Abschluss des Mietvertrages der Schaden am Dach des Mietobjekts bekannt. Nachdem die Beklagte eine solche Kenntnis in der Klageerwiderung zunächst bestritten hatte, hat sie die Kenntnis ihres Geschäftsführers von der Notwendigkeit einer Reparatur des Daches mit Schriftsatz vom 08.02.2007 eingeräumt. Von solcher Kenntnis geht auch die Berufungsbegründung aus. Kennt der Mieter aber bei Vertragsschluss den Mangel der Mietsache, so stehen ihm die Rechte aus §§ 536, 536 a BGB nicht zu.

3.

Die Regelungen des § 536 b BGB sind für die hier in Rede stehende Undichtigkeit des Daches von den Parteien auch nicht etwa durch eine mündliche Vereinbarung außerhalb des schriftlichen Mietvertrages abbedungen worden. Zwar ist § 536 b BGB grundsätzlich abdingbar (BGH NJW-RR 2004, 12 zu § 539 BGB a.F.). Für ihre Behauptung, der Zeuge R. habe als Verhandlungs- und Abschlussvertreter des Klägers ihrem Geschäftsführer vor Vertragsschluss zugesagt, die Schäden am Dach würden beseitigt und die Beklagte werde damit nichts zu tun haben, ist die Beklagte aber beweisfällig geblieben:

a)

Die in erster Instanz durchgeführte Beweisaufnahme hat diesen Vortrag der Beklagten, hierin folgt der Senat der Entscheidung des Landgerichts, nicht bestätigt. Nach den Bekundungen des Zeugen R. ist der Beklagten lediglich die Übernahme von "kleinen Reparaturen" bereits bei Vertragsschluss bekannter Mängel - bis etwa 1.000 € - zu Lasten der Insolvenzmasse in Aussicht gestellt worden. Eine Zusage des Klägers, unabhängig von dem zu erwartenden Kostenaufwand das Dach instand setzen zu lassen, hat der Zeuge dagegen gerade nicht bestätigt; er hat vielmehr nach seinem Bekunden den Geschäftsführer der Beklagten ausdrücklich darauf hingewiesen, dass größere Reparaturen zu Lasten der Masse nicht zu bezahlen seien. Die Angaben der Zeugen W.-V. und V. sind zu dem Inhalt der zwischen den Parteien getroffenen Absprachen unergiebig, da beide Zeugen bei den Vertragsverhandlungen der Parteien nicht zugegen waren. Was auch immer der Zeuge R. diesen beiden Zeugen für deren Mietgebrauch versprochen haben mag, ist nicht einmal indiziell für die Beweiswürdigung zu den Absprachen der Parteien von Relevanz. Die unterschiedliche Interessenlage - die Zeugen waren Mieter des Insolvenzschuldners, der Geschäftsführer der Beklagten war hingegen sein Betriebsleiter und wollte das Autohaus mit gleichem Namen fortführen - verbietet es, von etwaig den beiden Zeugen gemachten Zusagen des Klägers auf eine der Beklagten gemachte Zusage zu schließen.

b)

Die Reparatur des undichten Daches war auch nicht etwa von der auf einen Kostenaufwand von ca. 1.000 € begrenzten Reparaturzusage des für den Kläger handelnden Zeugen R. umfasst. Es mag sein, dass das Dach durch den Erwerber mit einem Kostenaufwand von nur 700 € hat abgedichtet werden können. Es kann hier auch dahinstehen, ob diese Arbeiten (Verlegen von Schweißbahnen) im Hinblick auf die von dem Dachdecker K. in seinem Angebotsschreiben vom 25.12.2003 aufgezeigten Mängel der Unterkonstruktion ("faule Holzkonstruktion") überhaupt fachgerecht waren und ob die Beklagte hierzu hinreichend vorgetragen hat.

Für die Reichweite der in jener Zusage liegenden Abweichung von den Regelungen des § 536 b BGB kann es bei verständiger, an der Interessenlage der Parteien und dem Zweck der Vereinbarung orientierter Auslegung nicht darauf ankommen, welche Kosten bei einer später irgendwann durchgeführter Reparatur tatsächlich angefallen sind. Maßgeblich ist hier vielmehr, dass der Kläger zeitnah nach Abschluss des Mietvertrages auf der Grundlage zureichender Ermittlungen, nämlich auf der Basis des Angebotes des Dachdeckermeisters K. vom 25.12.2003 einen weit oberhalb des Betrages von etwa 1.000 € liegenden Kostenaufwand für die Reparatur des Daches ermittelt hat. Denn der Kläger, vertreten durch den Zeugen R., hatte das in der Zusage liegende Entgegenkommen ausdrücklich unter Hinweis auf das laufende Insolvenzverfahren und die Interessenlage der Insolvenzgläubiger begrenzt. Dieser Zusammenhang der Begrenzung auf "kleine Reparaturen" mit den Notwendigkeiten des in seinem planmäßigen Ablauf zeitlich strukturiert den §§ 148 ff. InsO folgenden Insolvenzverfahrens ließ - dies war auch der Beklagten erkennbar - keinen Raum für eine Rechtsunsicherheit in der Anwendbarkeit des Minderungsausschlusses nach § 536 b BGB für anfängliche Mängel. Schon deswegen, weil die Belastung der Masse durch vom Insolvenzverwalter eingegangene Masseverbindlichkeiten baldmöglichst - spätestens bis zur Aufstellung eines Insolvenzplans - festzustehen hatte, musste die Beklagte davon ausgehen, dass sich der Kläger mit seiner Zusage zur Übernahme "kleiner Reparaturen" auf die eigenen Kostenschätzungen beziehen wollte. Eine solche Kostenschätzung ist zeitnah nach Vertragsschluss eingeholt und von der Beklagten innerhalb des Zeitraums, für den sie die Miete gemindert hat, auch nicht beanstandet worden.

c) Ohne Erfolg beanstandet die Beklagte, die "mündliche Verhandlung" vom 24.07.2007 sei unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt worden. Die Beklagte verkennt zum einen, dass am 24.07.2007 nur die Beweisaufnahme vor dem beauftragten Richter der Kammer stattgefunden hat und nicht etwa eine mündliche Verhandlung. Zum anderen übersieht sie, dass § 169 GVG nur für die Verhandlung vor dem "erkennenden Gericht" anordnet, dass diese öffentlich zu erfolgen habe; in der Beweisaufnahme durch den beauftragten Richter ist lediglich Parteiöffentlichkeit geboten (BVerwG NVwZ-RR 1989, 167). Diese war hier gewahrt.

4.

Der Anspruch ist überdies nicht verwirkt. Auf die zutreffenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

II.

Auch die weiteren in § 522 Abs. 2 Ziff. 2 und 3 ZPO genannten Voraussetzungen der Berufungszurückweisung im Beschlussverfahren liegen vor.

III.

Die in den Tenor der angefochtenen Entscheidung eingestellten Beträge von 1.1509,20 € und (für Zinsen) 8.140,80 € beruhen in geringem Umfang auf Rechenfehlern; sie sind gemäß § 319 ZPO durch den Senat zu korrigieren."

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

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