Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten das Verfahren betreffend die mit der Klage verfolgte Teilindikation „medikamentös behandlungsbedürftige Ein- und Durchschlafstörungen" in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Im Óbrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten hinsichtlich des in der Hauptsache für erledigt erklärten Verfahrens. Im Óbrigen trägt die Klägerin die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Jeder Beteiligte darf die Vollstreckung durch den anderen Beteiligten durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn dieser nicht zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin zeigte im Jahre 1978 das streitgegenständliche
Arzneimittel mit dem arzneilich wirksamen Bestandteil Doxylaminsuccinat 6,25 mg
(auf 5 ml) mit dem Anwendungsgebiet allergische Reaktionen des Respirationstraktes
wie Heuschnupfen und andere Formen der allergischen Rhinitis, allergische
Bronchospasmen und spastischer Husten (nächtliche spastische Hustenattacken bei
Kindern); allergische Dermatosen, Pruritus, Verhaltensstörungen bei Kindern,
Ruhigstellung nervöser Patienten, Ein- und Durchschlafstörungen gem. Art. 3 § 7 des
Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelrechts vom 24.08.1976 (BGBl. I S. 2445) -
AMNG - beim Bundesgesundheitsamt an. Im November 1989 stellte Rechtsvorgängerin der
Klägerin den Antrag auf Verlängerung der Zulassung des Arzneimittels
nach Art. 3 § 7 AMNG, sog. Kurzantrag. Im August 1993 reichte sie weitere Unterlagen
zum Verlängerungsantrag ein, sog. Langantrag.
Im Dezember 2000 gab die Klägerin als Zulassungsinhaberin die Erklärung zum
Einreichen der Unterlagen gemäß dem 10. ÄndG zum AMG ab, legte ein Sachverständigengutachten
von Dr. Dr. med. Kroll vom 10.10.2000 vor und beantragte die
Verlängerung nach § 105 AMG unter Bezugnahme auf bibliographische Unterlagen
gem. § 22 Abs. 3 AMG. Die Klägerin gab als Anwendungsgebiete ihres Arzneimittels
an: Allergische Reaktionen der oberen und unteren Atemwege, wie Heuschnupfen
und andere Formen von allergischem Schnupfen; allergische Bronchialkrämpfe und
Krampfhusten (nächtliche krampfartige Hustenanfälle bei Kindern); allergische Hauterkrankungen
und Juckreiz; Ruhigstellung nervöser Patienten; Unruhe- und Erregungszustände bei Kindern;
Ein- und Durchschlafstörungen.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) forderte die
Klägerin mit Mängelschreiben vom 10.03.2003 auf, den in den Stellungnahmen zur
Klinik genannten Mängel binnen 2 Monaten abzuhelfen. Auf Antrag der Klägerin
wurde diese Frist bis zum 11.07.2003 verlängert. Nach der medizinischen Stellungnahme
(Phase 1) betr. die Teilindikation Schlafstörungen/Unruhe- und Erregungszustände belegten
die von der Klägerin eingereichten Studien die Wirksamkeit in den
beanspruchten Anwendungsgebieten Ruhigstellung nervöser Patienten, Unruhe- und
Erregungszustände bei Kindern nicht. Ebenfalls seien durch die Studien Wirksamkeit
und Unbedenklichkeit im Anwendungsgebiet Schlafstörungen bei Kindern und Jugendlichen
unter 18 Jahren nicht nachgewiesen. Die Anwendung als Hypnotikum sei
deshalb auf Erwachsene zu beschränken. Da die Arzneiform "Sirup" bei Erwachsenen im
Allgemeinen unüblich sei und andere, geeignetere Arzneiformen zur Verfügung ständen,
werde empfohlen, auf die Indikation Schlafstörungen ganz zu verzichten. In der medizinischen
Stellungnahme (Phase 1) allergologische Indikationen wurde ausgeführt, die Klägerin habe
keine ausreichenden Belege zur klinischen Wirksamkeit und Unbedenklichkeit ihres
streitgegenständlichen Arzneimittels in den beanspruchten allergologischen Indikationen
vorgelegt. Es seien keine klinischen Untersuchungen in den beanspruchten Indikationen
durchgeführt worden. Das klinische
Expertengutachten gehe nur marginal auf die Anwendung des streitgegenständlichen
Arzneimittels in diesen Indikationen ein. Die angeführte Untersuchung aus dem Jahre 1960
entspreche nicht GCP-Kriterien und könne daher als alleiniger Wirksamkeitsbeleg nicht
akzeptiert werden. Die übrigen Untersuchungen bezögen sich auf
nichtallergische Erkrankungen. Die Meta-Analyse von D'Agostino et al. betreffe
Symptome bei nichtallergischem Schnupfen, in der Vergleichsstudie von Eccles et
al. seien Patienten mit allergischen Symptomen explizit ausgeschlossen gewesen.
Die Formulierung der beanspruchten Anwendungsgebiete entspreche auch nicht der
aktuellen medizinischen Terminologie.
Die Klägerin nahm mit Schreiben vom 05.07.2003 zu den aufgeführten Mängeln
Stellung.
Nach Einholung weiterer medizinischer Stellungnahmen ließ die Beklagte mit
Bescheid vom 11.10.2005 das streitgegenständliche Arzneimittel mit dem Anwendungsgebiet
Kurzzeitbehandlung von Schlafstörungen zu und versagte die übrigen
von der Klägerin beantragten Indikationen.
Die Klägerin hat gegen den ihr am 19.10.2005 zugestellten Bescheid am
16.11.2005 Klage erhoben, mit der sie sich gegen die Streichung der Teilindikationen
wendet und die Aufhebung der daraufhin erfolgten Auflagen begehrt. Die Klägerin
verfolgt mit ihrer Klage die Nachzulassung für die Anwendungsgebiete:
- medikamentös behandlungsbedürftige Ein- und Durchschlafstörungen
- Linderung der Symptome der allergischen Rhinitis und von allergischen
Hautreaktionen.
Im Laufe des Klageverfahrens hat die Beklagte sich mit der Nachzulassung der
Teilindikation "medikamentös behandlungsbedürftige Ein- und Durchschlafstörungen"
einverstanden erklärt. Die Beteiligten haben daraufhin das Verfahren in der
Hauptsache für erledigt erklärt.
Die Klägerin begehrt weiterhin die Nachzulassung für das im Klageverfahren
vorgeschlagene Anwendungsgebiet Linderung der Symptome der allergischen
Rhinitis und von allergischen Hautreaktionen. Sie trägt diesbezüglich vor, die
angeführte Untersuchung aus dem Jahre 1960 bezüglich der antiallergenen Wirkung
des Arzneimittels stelle zwar keine Studie nach GCP-Kriterien dar, es handele sich
jedoch um anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial, das nach § 22 Abs. 3
AMG vorgelegt werden könne.
Die von der Klägerin im Rahmen des Antrags auf Verlängerung der Zulassung vorgelegten
Informationstexte - Gebrauchs- und Fachinformation - zu N. Sirup entsprächen
zum größten Teil den Angaben in den von der Beklagten veröffentlichten
Mustertexten zu Doxylamin. Die Beklagte habe zwar in den Mustertexten den
Schwerpunkt auf die sedativen Eigenschaften des Wirkstoffs Doxylamin gelegt. Sie
habe jedoch nahezu gleichwertig die Wirkeigenschaft von Doxylamin als
Antihistaminikum hingewiesen. Da Doxylamin im ATC-Code unter Nr. R06AA09 in
der Gruppe R06 unter "Antihistaminika zur systemischen Anwendung" aufgeführt sei,
seien die Angaben dieses ATC-Codes in der Fachinformation unter FW 13.1 neben
den Angaben zu N05CM21 aufzunehmen (vgl. insoweit Auflage M27).
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.10.2005 zu
verpflichten, über den Antrag der Klägerin auf Verlängerung der Zulassung
des streitgegenständlichen Arzneimittels für das Anwendungsgebiet:
"Linderung der Symptome der allergischen Rhinitis und von allergischen
Hautreaktionen" unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut
zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, die Klägerin habe eine allgemeine medizinische
Verwendung des Wirkstoffes Doxylaminsuccinat für die allergologische Teilindikation
nicht nachzuweisen vermocht. Die Unterlagen der Klägerin seien teilweise sachlich
unvollständig, da sie nicht zu allen beanspruchten Teilindikationen Stellung nähmen
und ließen im Übrigen auch nicht den Schluss auf die therapeutische Wirksamkeit
von "N. Sirup" für die von der Klägerin beanspruchten Anwendungsgebiete zu.
Soweit die Klägerin sich für die allergologischen Teilindikationen allgemein auf die
Mustertexte zu Doxylamin beziehe, verkenne sie den Unterschied zwischen
Beschreibung der pharmakodynamischen Eigenschaften eines Arzneimittels und den
zugelassenen Indikationen. Pharmakologisch handele es sich bei Doxylaminsuccinat
um ein Antihistaminikum, was in den Fach- und Gebrauchsinformationen an
entsprechender Stelle korrekt aufgeführt werde. Für die beanspruchten
allergologischen Indikationen sei jedoch nach dem aktuellen medizinischen
Erkenntnisstand kein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis für Doxylaminsuccinat
festzustellen. In den Mustertexten würden daher seit 2002 keine dermatologisch-
allergologischen Indikationen mehr genannt.
Zur Beschreibung der pharmakologischen Eigenschaften in der Fachinformation
gehöre die Nennung des ATC-Codes. Dieser beinhalte definitionsgemäß eine
therapeutische Komponente. Da das streitgegenständliche Arzneimittel als
Sedativum, nicht jedoch in der allergologischen Indikation zugelassen sei, entfalle
der ATC-Code R06AA09 zu Recht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug
genommen auf die Gerichtsakte, die von der Beklagten vorgelegten
Verwaltungsvorgänge sowie Dokumentationsunterlagen.
Soweit die Beteiligten das Verfahren betreffend die mit der Klage verfolgte Indikation
" "medikamentös behandlungsbedürftige Ein- und Durchschlafstörungen" in der
Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren gem. § 92 Abs. 3 VwGO
analog einzustellen.
Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber nicht begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Verlängerung der (fiktiven) Zulassung des
Arzneimittels "N. Sirup" für das Anwendungsgebiet "Linderung der Symptome der
allergischen Rhinitis und von allergischen Hautreaktionen" gemäß § 105 AMG. Der
Bescheid des BfArM vom 11.10.2005 ist, soweit er die Zulassung hinsichtlich dieses
Anwendungsgebietes versagt, rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren
Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Gemäß § 105 Abs. 4f Satz 1 AMG ist im sog. Nachzulassungsverfahren die
Zulassung um fünf Jahre zu verlängern, wenn kein Versagungsgrund nach § 25
Abs. 2 AMG vorliegt. Besteht nach Ansicht der Behörde ein solcher
Versagungsgrund, so hat sie in der Regel nach § 105 Abs. 5 Satz 1 AMG eine
Beanstandung auszusprechen und dem Antragsteller eine angemessene Frist zu
deren Beseitigung zu setzen. Verstreicht diese Frist fruchtlos, ist gemäß § 105 Abs. 5
Satz 2 AMG die Versagung auszusprechen.
Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Die Beklagte hat die Verlängerung der Zulassung des streitgegenständlichen
Arzneimittels für das beantragte Anwendungsgebiet "Linderung der Symptome der
allergischen Rhinitis und von allergischen Hautreaktionen" zu Recht nicht erteilt, da
die Klägerin die Wirksamkeit des Präparates in der beantragten allergologischen
Indikation nicht nachgewiesen hat.
Gemäß § 25 Abs. 5 Satz 1 AMG in Verbindung mit § 25 Abs. 1 Satz 1 AMG ist
die arzneimittelrechtliche Zulassung auf Grund der Prüfung der eingereichten
Unterlagen und auf Grundlage der Sachverständigengutachten zu erteilen, wenn
kein Versagungsgrund nach § 25 Abs. 2 AMG vorliegt. Ein Versagungsgrund besteht
gemäß § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 2. Alt. AMG dann, wenn die vom Antragsteller
angegebene therapeutische Wirksamkeit nach dem jeweils gesicherten Stand der
wissenschaftlichen Erkenntnisse unzureichend begründet ist. Auf diesen
Versagungsgrund bezieht sich die Beklagte in ihrem Mängelschreiben wie auch in
dem die Teilindikation versagenden Bescheid zutreffend.
Die Beklagte hat in dem Mängelbescheid vom 10.03.2003 unter anderem die
mangelhafte Begründung der Wirksamkeit des streitgegenständlichen Arzneimittels
für die allergologische Indikation beanstandet und entsprechend dem Antrag der
Klägerin zur Beseitigung der Mängel eine Frist bis zum 11.07.2003 gesetzt. Diese ist
verstrichen, ohne dass die Klägerin den Mängeln durch Vorlage von Unterlagen über
die Wirksamkeit des Präparates im beantragten Anwendungsgebiet abgeholfen
hat.
Die therapeutische Wirksamkeit ist dann unzureichend begründet, wenn die vom
Antragsteller eingereichten Unterlagen nach dem jeweils gesicherten Stand der
wissenschaftlichen Erkenntnisse den geforderten Schluss auf die therapeutische
Wirksamkeit nicht zulassen, wenn sie sachlich unvollständig oder inhaltlich unrichtig
sind.
Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 14.10.1993 - 3 C
21.91 - E 94, 215.
Zur Begründung der therapeutischen Wirksamkeit ist im Regelfall nach § 22 Abs.
2 Nr. 3 AMG eine klinische Prüfung des Arzneimittels vorzunehmen. Gemäß § 22
Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AMG kann - vereinfacht dargestellt - bei bekannten Wirkstoffen
("well established use" im Sinne der zugrunde liegenden Richtlinie 2001/83/EG vom
06.11.2001) anstelle der Ergebnisse der klinischen Prüfung anderes
wissenschaftliches Erkenntnismaterial vorgelegt werden (sog. bezugnehmender oder
bibliographischer Antrag). In beiden Fällen sind zudem gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1
AMG die erforderlichen Unterlagen in einem Sachverständigengutachten
zusammenzufassen und zu bewerten. Im Einzelnen muss sich aus dem klinischen
Gutachten u. a. die angemessene Wirksamkeit des Arzneimittels bei den
angegebenen Anwendungsgebieten und die Zweckmäßigkeit der Dosierung
ergeben, § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AMG.
Vgl. VG Köln, Urteile vom 26.07.2006 - 9 K 380/05 - und vom 24.10.2006 - 7 K
6084/04 - .
Diese Anforderungen werden für das streitgegenständliche Arzneimittel nicht
erfüllt. Weder durch das klinische Gutachten des Sachverständigen Dr. Dr. med.
Kroll vom 10.10.2000, die mit N. Sirup durchgeführten Untersuchungen von
Cany et Huidobro noch durch die vorgelegte wissenschaftliche Literatur wird die
therapeutische Wirksamkeit zureichend begründet.
Die Klägerin hat nicht gem. § 22 Abs. 2 Nr. 3 AMG die Wirksamkeit für die
beantragte allergologische Teilindikation durch eine klinische Prüfung oder sonstige
ärztliche Erprobung nachgewiesen. Die einzige mit N. durchgeführte Studie von
J. D.
stammt aus dem Jahre 1960. Sie ist als Wirksamkeitsbeleg nicht geeignet, da
es sich nicht um eine nach den Kriterien der guten klinischen Praxis durchgeführte
Studie handelt, wie dies nach Buchstabe B des Vierten Abschnitts der während des
Mängelbeseitigungsverfahrens geltenden Arzneimittelprüfrichtlinie vom 22.12.1994
(BAnz. S. 12 569) (Neubekanntmachung vom 05.05.1995, BAnz. Nr. 96a vom
20.05.1995) und nunmehr dem Abs. 5 des Ersten Abschnitts der
Arzneimittelprüfrichtlinie vom 11.10.2004 (BAnz. S. 22037) vorausgesetzt wird.
Die Klägerin hat auch nicht gem. § 22 Abs. 3 Nr. 1 AMG die Wirksamkeit für die
beantragte allergologische Teilindikation durch anderes wissenschaftliches
Erkenntnismaterial belegt.
Das von dem Gesetz gemeinte Erkenntnismaterial muss sich dabei auf ein
Arzneimittel beziehen, dessen Wirkstoffe seit mindestens 10 Jahren in der
Europäischen Union allgemein medizinisch verwendet wurden und deren Wirkungen
und Nebenwirkungen bekannt und aus dem wissenschaftlichen Erkenntnismaterial
ersichtlich sind. Das Erkenntnismaterial muss dabei nach Sinn und Zweck der
Vorschrift sowie nach Art. 10a Satz 2 der Richtlinie 2001/83/EG dergestalt beschaffen
sein, dass es ein Gewicht hat, das in etwa den Ergebnissen nach § 22
Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 AMG entspricht.
Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen
(OVG NRW), Urteil vom 23.05.2007 - 13 A 328/04 - .
Welchen Anforderungen das wissenschaftliche Erkenntnismaterial zu genügen
hat, wird durch die Arzneimittelprüfrichtlinien nach § 26 AMG konkretisiert. Nach
Satz 1 des § 26 AMG werden in den Arzneimittelprüfrichtlinien Anforderungen an die
in den §§ 22 bis 24 AMG bezeichneten Angaben, Unterlagen und Gutachten sowie
deren Prüfung durch die zuständige Bundesoberbehörde geregelt. Sie haben die
Rechtswirkungen, die sogenannten antizipierten Sachverständigengutachten
zugewiesen werden.
Vgl. Oberverwaltungsgericht für die Länder Berlin und Brandenburg
(OVG Berlin-Brandenburg), Urteil vom 25.11.1999 - 5 B 11.98 - .
Nach dem Fünften Abschnitt 1. der während des Mängelbeseitigungsverfahrens
geltenden Arzneimittelprüfrichtlinie vom 22.11.1994 - BAnz. S. 12 569 -
(Neubekanntmachung vom 05.05.1995 - BAnz. Nr. 96a vom 20.05.1995 -) soll das
Erkenntnismaterial zu einem bibliographischen Antrag im Sinne des § 22 Abs. 3
AMG eine Beurteilung der therapeutischen Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines
Arzneimittels in der angegebenen Dosierung ermöglichen. Als wissenschaftliches
Erkenntnismaterial sind klinische Unterlagen in Form von klinischen Studien, aber
auch Anwendungsbeobachtungen sowie Sammlungen von Einzelfallberichten, die
eine wissenschaftliche Auswertung ermöglichen, bestimmt. Entsprechendes sieht
auch die nachfolgende Arzneimittelprüfrichtlinie vom 11. Oktober 2004 (BAnz.
Nr. 197 vom 16. Oktober 2004) vor, welche ihrerseits im Wesentlichen dem Anhang
1 der Richtlinie 2001/83/EG in der Fassung der Richtlinie 2003/63/EG vom 25. Juni
2003 entspricht. Nach Teil II 1. d) des Anhangs 1 der Arzneimittelprüfrichtlinie muss
im Rahmen eines bibliographischen Antrags gezeigt werden, inwiefern vorgelegte
Daten, die ein anderes als das in den Verkehr zu bringende Arzneimittel betreffen,
für die Beurteilung des zuzulassenden Arzneimittels relevant sind. Aus den so
umschriebenen rechtlichen Voraussetzungen folgt, dass das anderweitige
Erkenntnismaterial die allgemeine medizinische Verwendung des Wirkstoffs oder
einer Wirkstoffkombination belegen muss und damit regelmäßig andere als das zur
Überprüfung anstehende Arzneimittel betreffen muss.
Diesen Anforderungen entspricht das von der Klägerin vorgelegte
wissenschaftliche Erkenntnismaterial nicht.
Zunächst ist nochmals festzustellen, dass die Studie von D. nicht ordnungsgemäß
durchgeführt ist. Es können deren Ergebnisse daher auch nicht - wie die Klägerin
meint - im Rahmen der Vorlage nach § 22 Abs. 3 Nr. 1 AMG Berücksichtigung
finden.
Die von der Klägerin vorgelegte Meta-Analyse von D'Agostino et a., 1998, ist als
wissenschaftliches Erkenntnismaterial zum Beleg der Wirksamkeit von Doxylamin in
der Indikation "Linderung der Symptome der allergischen Rhinitis und von
allergischen Hautreaktionen" deswegen nicht geeignet, weil sie sich zum einen
überhaupt nicht mit Studien über allergische Hautreaktionen verhält und zum
anderen bzgl. der allergischen Rhinitis in der Meta-Analyse von 9 Studien 3 Studien
mit einem anderen Wirkstoff durchgeführt worden sind. Außerdem sind in der Meta-
Analyse solche Studien berücksichtigt worden, die den "gewöhnlichen Schnupfen"
betrafen und nicht ausschließlich die allergische Rhinitis.
Des weiteren ist nicht durch die klinische Studie von Eccles et. al., 1995, die
Wirksamkeit von Doxylamin in der beanspruchten allergologischen Indikation
nachgewiesen, da auch diese Studie keine Prüfung der allergischen Hautreaktionen
erfasst. Sie kann bzgl. der allergischen Rhinitis bereits deswegen keine Ergebnisse
liefern, da in der Studie Patienten mit beständiger allergischer Rhinitis ausdrücklich
ausgeschlossen worden sind.
Soweit die Klägerin hinsichtlich dieser Unterlagen die Auffassung vertritt, die bei
gewöhnlicher Rhinitis in Studien gefundenen Ergebnisse könnten auf die allergische
Rhinitis übertragen werden, hat sie dies nicht durch wissenschaftliche Literatur
belegt. Ihre Auffassung ist für die Kammer daher nicht nachvollziehbar. Die Kammer
nimmt insoweit auf die überzeugenden Ausführungen der Beklagten in ihrer
Teilversagung des beanspruchten Anwendungsgebietes Bezug.
Die übrige von der Klägerin vorgelegte wissenschaftliche Literatur enthält nur
Ausführungen allgemeiner Art zu den Antihistaminen bzw. zu Doxylamin als
Antihistaminikum.
Dass es sich bei Doxylamin bzw. Doxylaminsuccinat chemisch und pharmakologisch
gesehen um ein Antihistaminikum handelt, entspricht dem jetzigen
wissenschaftlichen Erkenntnisstand, sagt aber nichts aus über die medizinische
Wirkweise des Wirkstoffs etwa für allergologische Erkrankungen aus, welche nach
den Ausführungen von Dr. Kammler in der mündlichen Verhandlung bis heute nicht
durch wissenschaftliche Studien nachgewiesen ist.
Letztendlich lässt sich auch aus der Einstufung des Wirkstoffs Doxylamin in den
ATC-Code kein Schluss auf die Wirkweise für die beantragte Indikation ziehen, da
der Wirkstoff im ATC Code allgemein unter Antihistaminikum zur systemischen
Anwendung aufgeführt ist und also nicht ausdrücklich zu den allergologischen
Wirkstoffen zählt, was von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nochmals
hervorgehoben wurde.
Soweit die Klägerin meint, sich zur Begründung der beantragten Indikation auf
die Mustertexte beziehen zu können, bleibt festzustellen, dass diese bereits seit
2002 keine dermatologischallergologischen Indikationen nennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 161 Abs. 2 S. 1
VwGO. Es entspricht billigem Ermessen gem. § 161 Abs. 2 S. 1 VwGO, die Kosten
des Verfahrens insoweit der Beklagten aufzuerlegen, da sie mit der Verlängerung der
Zulassung des Arzneimittels für die Indikation "medikamentös behandlungsbedürftige
Ein- und Durchschlafstörungen" dem Begehren der Klägerin stattgegeben hat.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2