VG Aachen, Urteil vom 15.07.2008 - 6 K 1367/07
Fundstelle
openJur 2011, 60274
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin eine Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windenergieanlage des Typs Repower MM92 in I. , Gemarkung N. , Flur 15, Flurstück 7, (G.-K.-Koordinaten R: 2509847 H: 5640280) zu erteilen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Am 9. Februar 2006 beantragte die vormals als Windpark I. I GmbH & Co. KG firmierende Klägerin bei der Beklagten die Erteilung einer Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windenergieanlage des Typs Repower MM 92 mit einer Nabenhöhe von 100 m und einer Gesamthöhe von 145 m sowie einer Nennleistung von 2.000 kW in I. , Gemarkung N. , Flur 15, Flurstück 7 (G.-K.-Koordinaten R: 2509847 H: 5640280). Das Flurstück befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans der Stadt I. III/74 ("Windenergieanlagen N. Nordost, Teil B"). Im Bereich des Teils A des Bebauungsplans der Stadt I. III/74 wurden bereits zwei Windkraftanlagen errichtet.

Mit Zwischenbescheid vom 8. März 2006 verweigerte die im Zuge des Genehmigungsverfahrens als zivile Luftfahrtbehörde beteiligte Bezirksregierung E. vorsorglich ihre Zustimmung zu dem Bauvorhaben. Das Bauvorhaben sei von § 14 LuftVG betroffen. Sie sei gehalten, die DFS Deutsche Flugsicherung GmbH (im Folgenden: DFS) um gutachtliche Stellungnahme zu bitten.

Mit Schreiben vom 24. März 2006 erteilte die im Zuge des Genehmigungsverfahrens ebenfalls beteiligte Wehrbereichsverwaltung West (im Folgenden: WBV West) als Träger öffentlicher Belange und als militärische Luftfahrtbehörde ihre Zustimmung zu dem Genehmigungsantrag u. a. unter der Voraussetzung, dass die Anlage eine Gesamthöhe von 145 m über Grund nicht überschreiten dürfe. Die Nabenhöhe dürfe maximal 100 m über Grund betragen. Die Standortkoordinaten müssten eingehalten werden. Die Höhenbegrenzung sei aus Sicht der militärischen Flugsicherheit - Anflugnavigation, Sinkflugstrecken und Eigenschutz der militärischen Anlagen in H. -U. - einzuhalten. Die jetzigen Standortkoordinaten seien sowohl aus radartechnischen Gründen als auch wegen der militärischen Richtfunktrasse von U. nach L. einzuhalten. Da der nunmehr beantragte Anlagentyp eine Gesamthöhe von 146 m über Grund habe, sei sicherzustellen, dass entweder das Baugelände um einen Meter abgetragen werde oder das Fundament einen Meter tiefer gelegt werde. Darüber hinaus sei im Falle der Errichtung der Anlage eine Veröffentlichung als Luftfahrthindernis erforderlich.

Mit Schreiben vom 24. Juli 2006 stimmte die Bezirksregierung E. der Errichtung der Windkraftanlage in I. , Gemarkung N. , Flur 15, Flurstück 7, nicht zu. Zur Begründung führte sie aus, die Windkraftanlage befinde sich innerhalb des Erfassungsbereichs der ASR-Antenne des militärischen Flugplatzes H1. . Das durch die DFS beteiligte Amt für Flugsicherung der Bundeswehr (im Folgenden: AFSBw) habe mitgeteilt, dass mit einer zunehmenden Anzahl von Windkraftanlagen eine Potenzierung der Primärziele in Kauf genommen würde, wodurch eine Verwechslungsgefahr mit Luftfahrzeugen bestehe und die Flugsicherheit nicht mehr gegeben sei. Aus diesem Grund bestünden aus militärischer Sicht erhebliche Bedenken gegen die Errichtung von Windkraftanlagen in diesem Bereich. Aus ziviler luftrechtlicher Sicht bestünden keine Bedenken gegen das Vorhaben. Die Bedenken von militärischer Seite würden durch das AFSBw vorgetragen. Die für die militärischen Belange ebenfalls zuständige WBV West habe dementgegen ihre Zustimmung erteilt. Aufgrund dieses Verfahrensstandes habe die Bezirksregierung E. dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (im Folgenden: BMVBS) mit der Bitte um einen Erlass zur Klärung des Sachverhalts berichtet.

Unter dem 24. August 2006 teilte das BMVBS der Bezirksregierung E. mit, dass deren Bitte um einen Erlass dazu, wie das luftrechtliche Verfahren gemäß § 14 LuftVG zu einem nachhaltigen Abschluss gebracht werden könne, nicht gefolgt werden könne. Es werde vorgeschlagen, das AFSBw um detaillierte Aufklärung des Sachverhaltes zu bitten, zumal die WBV West dem Vorhaben bereits zugestimmt habe. Zudem sei eine weitere Prüfung sinnvoll, ob die DFS bei ihrer Stellungnahme bleibe. Aufgrund dieser Überprüfungen sei eine erneute Abwägung des Sachverhaltes durch die Bezirksregierung E. vorzunehmen.

Mit Schreiben vom 6. Dezember 2006 stimmte die Bezirksregierung E. der Errichtung der Windkraftanlage in I. , Gemarkung N. , Flur 15, Flurstück 7, erneut nicht zu. Zur Begründung führte sie aus, nach fachtechnischer Prüfung, an der die Bezirksregierung E. die DFS beteiligt habe, könne der Errichtung der Windkraftanlage nicht zugestimmt werden. Die DFS bleibe aufgrund der militärischen Belange bei ihrer negativen Stellungnahme.

Mit Schreiben vom 21. März 2007 teilte die Bezirksregierung E. der Beklagten mit, dass sie in telefonischen Kontakten mit den beteiligten Stellen DFS, AFSBw und WBV West bereits mehrfach vergeblich versucht habe, dass ihr von militärischer Seite eine abgestimmte Stellungnahme vorgelegt werde. Aus diesem Grund habe sie nunmehr das Bundesministerium der Verteidigung (im Folgenden: BMVg) gebeten, den Sachverhalt detailliert aufzuklären.

Mit Schreiben vom 7. August 2007 teilte das AFSBw dem BMVg und der DFS mit, dass es nach erneuter Prüfung aller gewonnenen Erkenntnisse sowie nach intensiven Bemühungen um eine Kompromisslösung seine Stellungnahme vom 3. März 2006 revidiere. Unter Berücksichtigung aller Bewertungskriterien würden seitens des AFSBw nunmehr keine grundsätzlichen Bedenken erhoben. Das AFSBw empfehle, dem vorgelegten Antrag der Klägerin zuzustimmen.

Am 16. August 2007 erteilte die WBV West unter Bezugnahme auf die revidierte Stellungnahme des AFSBw vom 7. August 2007 als Träger öffentlicher Belange ihre Zustimmung zu dem Genehmigungsantrag unter der Voraussetzung, dass verschiedene Vorgaben beachtet würden.

Unter dem 8. Oktober 2007 erklärte die Bezirksregierung E. gegenüber der Beklagten, zwar lägen ihr die revidierten Stellungnahmen des AFSBw und der WBV West vor. An dem Sachverhalt habe sich jedoch nichts geändert, so dass für die Bezirksregierung E. nicht nachvollziehbar sei, warum nun keine Bedenken mehr seitens des Militärs gegen die Windkraftanlagen bestünden. Die Bezirksregierung E. sei daher gehalten, die mit Schreiben vom 21. März 2007 erbetene Stellungnahme des BMVg abzuwarten.

Die Klägerin hat am 7. Dezember 2007 Untätigkeitsklage erhoben.

Zur Begründung trägt sie vor, ihr Genehmigungsantrag sei entscheidungsreif. Spätestens mit der Vorlage der revidierten Stellungnahme des AFSBw vom 7. August 2007 sei ein zureichender Grund für eine weitere Verzögerung der Entscheidung über den Genehmigungsantrag nicht mehr erkennbar. Ab diesem Zeitpunkt habe festgestanden, dass dem Vorhaben weder zivile noch militärische luftrechtliche Belange entgegen gestanden hätten. Die Verweigerung der luftverkehrsrechtlichen Zustimmung durch die Bezirksregierung E. sei daher rechtswidrig. Aspekte der Flugsicherung und Flugsicherheit sowie des Schutzes der Allgemeinheit stünden dem Vorhaben nicht entgegen. Die angeblichen Radarstörungen träten nur an den Radargeräten des Militärflugplatzes H1. auf, die den An- und Abflug der militärischen Luftüberwachung an diesem Flugplatz erfassten. Eine Störung von Radargeräten der Überwachung des gesamten Luftraums als solchem liege dagegen nicht vor. Die WBV West habe so auch bereits mit Schreiben vom 24. März 2006 ihre Zustimmung erteilt. Dass das Vorhaben die militärische Flugsicherheit in keiner Weise beeinträchtige, ergebe sich jedenfalls aus der revidierten Stellungnahme des AFSBw vom 7. August 2007.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, ihr eine Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windenergieanlage des Typs Repower MM92 in I. , Gemarkung N. , Flur 15, Flurstück 7, (G.-K.-Koordinaten R: 2509847 H: 5640280) zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Im Erörterungstermin vom 18. Juni 2008 hat das Gericht telefonisch Kontakt mit dem AFSBw aufgenommen. Dieses hat erläutert, es habe seine Stellungnahme zu dem Vorhaben der Klägerin unter dem 7. August 2007 revidiert, weil es durch die Errichtung der geplanten Windenergieanlage durch die Klägerin zwar zu einer leichten quantitativen Verschlechterung der Radarsicherheit komme, die eintretende qualitative Verschlechterung der Radarsicherheit nunmehr aber nicht mehr so hoch bewertet werde. Leitend für diese Einschätzung sei, dass man den konkreten Standort und den konkreten Flugverkehr in diesem Bereich einer erneuten Überprüfung unterzogen habe. Vor diesem Hintergrund sei das AFSBw zu der Bewertung gelangt, dass der Flugverkehr in diesem Bereich nicht so wesentlich sei, dass er gerade durch die Errichtung dieser weiteren Windenergieanlage in gefährdender Weise gestört sei.

Mit Schreiben an das Gericht vom 19. Juni 2008 hat das AFSBw dem Gericht im Nachgang zu dem Erörterungstermin eine schriftliche Stellungnahme übermittelt. Es hat ausgeführt, der Aufbau der dritten Anlage in I. -N. verschlechtere die Erfassung von Flugzielen in diesem Bereich. Aufgrund der räumlichen Nähe zu den beiden bestehenden Anlagen in I. -N. komme es aber nicht zu einer Vergrößerung des gestörten Erfassungsbereichs.

Mit Schreiben an das Gericht vom 26. Juni 2008 teilt die Bezirksregierung E. mit, dass sie bei der Verweigerung der luftrechtlichen Zustimmung bleibe. Das Problem, wie der Zunahme von Radarstörungen Einhalt zu gebieten sei, sei weiterhin nicht gelöst. Zudem liege die streitgegenständliche Anlage in einem Bereich, in dem sich sowohl die An- und Abflugrouten nach Süden als auch die Platzrunde des Militärflughafens befänden. Die Gefahr, die durch die Abschattung durch die Windkraftanlage entstehe, bestehe einmal darin, dass der militärische Fluglotse nicht mehr erkennen könne, was hinter dieser Anlage passiere. Zum anderen entstehe durch das Drehen der Rotorblätter ein sich stets veränderndes Bild, das nicht auf den ersten Blick als statisches Primärziel auszumachen sei. Gebe es durch die Vielzahl der vorhandenen Windkraftanlagen (im Raum H1. um den Flugplatz herum ca. 70) eine Vielzahl von weißen Flecken auf dem Radarschirm, die sich zudem auch noch ständig veränderten, werde die für die Abwicklung des Flugverkehrs wichtige Erkenntnisquelle Radar immer weniger aussagekräftig. Der nichttransponderpflichtige Kleinflugzeugverkehr könne im Radarschatten der Windkraftanlagen nicht mehr erkannt werden. Dritte könnten diesen Effekt ausnutzen, um dem Militärflughafen Schaden zuzufügen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge (2 Hefte) Bezug genommen.

Gründe

Über die Klage wird im Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 87 a Abs. 2 und 3, 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter entschieden.

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Erteilung einer Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windenergieanlage des Typs Repower MM92 in I. , Gemarkung N. , Flur 15, Flurstück 7, (G.-K.- Koordinaten R: 2509847 H: 5640280) gemäß § 6 Abs. 1 BImSchG.

Nach § 6 Abs. 1 BImSchG ist die Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass sich die aus § 5 BImSchG und einer auf Grund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten erfüllt werden (Nr. 1), und andere öffentlichrechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegen stehen (Nr. 2).

Diese Voraussetzungen sind gegeben.

Zwischen den Beteiligten ist allein streitig, ob die Nichterteilung der luftrechtlichen Zustimmung gemäß § 14 Abs. 1 LuftVG der Erteilung der Genehmigung als sonstige öffentlichrechtliche Vorschrift i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG entgegen steht.

Diese Streitfrage ist zugunsten der Klägerin zu beantworten. Denn die luftrechtliche Zustimmung zu dem Vorhaben der Klägerin ist zu erteilen.

Gemäß § 14 Abs. 1 LuftVG darf die für die Erteilung einer Baugenehmigung zuständige Behörde die Errichtung von Bauwerken, die eine Höhe von 100 Metern über der Erdoberfläche überschreiten, außerhalb des Bauschutzbereichs nur mit Zustimmung der Luftfahrtbehörden genehmigen; § 12 Abs. 2 Satz 2 und 3 und Abs. 4 LuftVG gilt entsprechend.

Bei der Entscheidung über die luftfahrtbehördliche Zustimmung nach § 14 Abs. 1 LuftVG, die gemäß § 31 Abs. 3 LuftVG auf Grund einer gutachtlichen Stellungnahme der für die Flugsicherung zuständigen Stelle getroffen wird, an welche die Luftfahrtbehörde allerdings nicht gebunden ist,

vgl. dazu Hofmann/Grabherr, LuftVG, Loseblatt, Stand November 2007, § 31 Rn. 20,

handelt es sich weder um eine Planungs- noch um eine Ermessensentscheidung.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Juli 1965 - IV C 30.65 -, BVerwGE 21, 354 = juris Rn. 10; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 7. März 2005 - 8 A 12244/04 - NVwZ-RR 2005, 536 = juris Rn. 7.

Daher ist die Zustimmungsversagung fehlerhaft und im Rahmen der Verpflichtungsklage auf Zulassung eines Vorhabens unbeachtlich, wenn sich im Rahmen der gerichtlichen Vollprüfung die mangelnde Notwendigkeit der Baubeschränkung für die Sicherung des Luftverkehrs herausstellt.

Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 7. März 2005 - 8 A 12244/04 - NVwZ-RR 2005, 536 = juris Rn. 7.

Bei der Entscheidung, ob eine luftrechtliche Zustimmung gemäß § 14 Abs. 1 LuftVG erteilt werden muss, ist § 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG als Prüfungsmaßstab anzuwenden. Nach dieser Vorschrift ist die Abwehr von Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs sowie für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch die Luftfahrt (Luftaufsicht) Aufgabe der Luftfahrtbehörden und der für die Flugsicherung zuständigen Stelle. Eine Zustimmung wird somit nur erteilt werden dürfen, wenn Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs nicht bestehen.

Vgl. VG Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 11. April 2005 - 3 K 1624/04.NW -, juris Rn. 42.

Dabei obliegt den Behörden der Länder gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 9 LuftVG die allgemeine Sicherung des Luftverkehrs vor baulichen Luftfahrthindernissen auch dann, wenn aus besonderen Gründen des Einzelfalls von dem in Rede stehenden Luftfahrthindernis besondere Gefahren für den militärischen Luftverkehr ausgehen.

Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 7. März 2005 - 8 A 12244/04 - NVwZ-RR 2005, 536 = juris Rn. 6.

Gemessen an diesen Maßstäben ist die luftrechtliche Zustimmung zu dem streitgegenständlichen Vorhaben der Klägerin gemäß § 14 Abs. 1 LuftVG zu erteilen. Es bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass von der Errichtung und dem Betrieb der beantragten Windkraftanlage eine Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs ausgehen wird, weil sie - was im zu entscheidenden Fall allein als luftrechtlicher Belang in Frage steht - die Radarsicherheit des militärischen Flugplatzes in H1. stört.

Die Verweigerung der luftrechtlichen Zustimmung zu einem immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Vorhaben setzt gemäß §§ 14 Abs. 1, 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG im Anschluss an das oben Gesagte das Vorliegen einer konkreten Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs voraus. Erforderlich ist also, dass in dem zu beurteilenden konkreten Einzelfall irgendwann, freilich in überschaubarer Zukunft, mit einem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden muss. Die bloße Möglichkeit eines schädigenden Ereignisses aufgrund eines hypothetischen Sachverhalts genügt nicht.

Vgl. BayVGH, Beschluss vom 31. März 2008 - 8 ZB 07.2824 -, juris Rn. 13; VG Minden, Urteil vom 23. Januar 2002 - 3 L 47/02 -, juris Rn. 11 ff. (zum Erlass einer luftaufsichtsrechtlichen Verfügung nach § 29 Abs. 1 Satz 2 LuftVG); Hofmann/Grabherr, LuftVG, Loseblatt, Stand Dezember 2002, § 29 Rn. 11.

Eine solche konkrete Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs, die hier in der Störung der Radarerfassung des militärischen Flugplatzes H1. liegen könnte und die von der im Streit befindlichen Windkraftanlage verursacht würde, ist nicht ersichtlich.

Gegen das Bestehen einer solchen konkreten Gefahr, die von der streitbefangenen Windkraftanlage ausginge, spricht bereits maßgebend der Umstand, dass das AFSBw und die WBV West als Träger der betroffenen militärischen Belange dem Genehmigungsantrag der Klägerin nunmehr beide zugestimmt haben. Es ist davon auszugehen, dass diese Stellen ihre Zustimmung nicht erteilt hätten, wenn von dem Vorhaben Gefahren für die Flugsicherheit bezogen auf den militärischen Flugplatz H1. zu befürchten wären.

Vgl. zu dieser Argumentation auch VG Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 11. April 2005 - 3 K 1624/04.NW -, juris Rn. 43.

Die positive fachbehördliche Stellungnahme des AFSBw vom 7. August 2007 ist auch inhaltlich nachvollziehbar.

Das AFSBw hat seine Einschätzung, dass nach einer Gesamtbetrachtung der örtlichen Verhältnisse eine konkrete Gefährdung der Flugsicherheit durch die inmitten stehende Windkraftanlage in qualitativer Hinsicht nicht zu erwarten sei, anlässlich des Erörterungstermins vom 18. Juni 2008 und mit Schreiben an das Gericht vom 19. Juni 2008 plausibel erläutert. Überzeugend erscheint dabei vor allem der Hinweis des AFSBw, aufgrund der räumlichen Nähe der zu errichtenden zu den bereits bestehenden Windkraftanlagen in I. -N. komme es in diesem Raum nicht zu einer Vergrößerung des gestörten radartechnischen Erfassungsbereichs.

Es ist mit Blick darauf nicht erkennbar, dass gerade die Errichtung und der Betrieb der klagegegenständlichen Anlage die Gefahrenschwelle im Hinblick auf die Flugsicherheit im Umfeld des militärischen Flugplatzes in H1. mit hinreichender Wahrscheinlichkeit dergestalt überschreiten, dass mit einem Schadenseintritt in überschaubarer Zukunft zu rechnen wäre. Dies gilt um so mehr, als sich - wie die Bezirksregierung E. in ihrem Schreiben an das Gericht vom 26. Juni 2008 mitteilt - im Raum H1. um den Flugplatz herum bereits ca. 70 Windkraftanlagen befinden, welche die Radarerfassung beeinträchtigen.

Die zuletzt mit Schreiben vom 26. Juni 2008 von der Bezirksregierung E. vorgetragenen - prinzipiell stichhaltigen - Gesichtspunkte vermögen nicht zu einer gegenteiligen Annahme zu führen. Denn aus ihnen ergibt sich die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer konkreten Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs in der Umgebung des militärischen Flugplatzes in H1. gerade infolge der Errichtung und des Betriebs der im Streit befindlichen Windkraftanlage nicht.

Da es nach Aussage des AFSBw nicht zu einer Vergrößerung des gestörten Erfassungsbereichs des Radars kommt, wenn die Windkraftanlage errichtet und betrieben wird, deren Genehmigung die Klägerin begehrt, kann die Verweigerung der luftrechtlichen Zustimmung zu dem klägerischen Vorhaben nicht darauf gestützt werden, dass der militärische Fluglotse aufgrund der durch die Windkraftanlagen entstehenden Abschattung nicht mehr erkennen könne, was hinter dieser Anlage passiere. Dass die Erkenntnisquelle Radar auch deswegen immer weniger aussagekräftiger werde, weil durch das Drehen der Rotorblätter ein sich stets veränderndes Bild entstehe, das nicht auf den ersten Blick als statisches Primärziel auszumachen sei, ist ein allgemeiner Befund, der mangels konkreten Bezugs zu ihm dem Vorhaben der Klägerin nach Lage der Dinge nicht entgegen gehalten werden kann.

Soweit die Bezirksregierung E. weiterhin befürchtet, dass Dritte den Effekt ausnutzen könnten, dass nichttransponderpflichtige Kleinflugzeuge im Radarschatten der Windkraftanlagen nicht mehr erkannt werden könnten, um dem Militärflughafen in H1. Schaden zuzufügen, und darin eine Gefahr für den Luftverkehr sieht, ist zum einen auch dieser Gefahrenpunkt der von der Klägerin geplanten Windkraftanlage nicht hinreichend konkret zurechenbar. Zum anderen stellt sich eine solche Situation nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand auch als bloß hypothetische Möglichkeit dar. Die Bezirksregierung E. hat keine Referenzfälle benannt, in denen es wegen des Beschattungseffekts durch die vorhandenen Windkraftanlagen und der darauf zurückzuführenden Beeinträchtigung der Radarerfassung zu einer konkreten Gefährdungssituation für den militärischen Flugplatz in H1. gekommen wäre.

Schließlich hat auch die Erörterung vom 18. Juni 2008 nicht ergeben, dass die Errichtung und der Betrieb der streitbefangenen Windkraftanlage mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs am militärischen Flugplatz in H1. verursachen werden.

Die Vertreter der Bezirksregierung E. trugen im Erörterungstermin hierzu vor, dass der Umstand, dass die Windkraftanlagen auf dem Radarschirm des Fluglotsen am Flugplatz in H1. zeitweise angezeigt würden, zeitweise aber nicht, im "worstcase-Fall" dazu führen könne, dass der Fluglotse an den Piloten des den Flugplatz H1. anfliegenden AWACS-Flugzeugs die Meldung "unknown traffic" herausgebe, was wiederum den Piloten des AWACS-Flugszeugs dazu veranlassen würde, "durchzustarten" oder eine Ausweichbewegung zu vollführen, die objektiv nicht veranlasst sei.

Auch mit diesem Vorbringen zeigt die Bezirksregierung E. nicht auf, dass die streitige Windkraftanlage mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs hervorrufen wird. Es fehlt insoweit ebenfalls ein hinreichend konkreter Bezug zum Fall der Klägerin und es gilt darüber hinaus auch hier, dass die Bezirksregierung E. keine diesbezüglichen Referenzfälle genannt hat, auf die sich eine konkrete Gefahrenprognose gründen lassen könnte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 und 2 ZPO.