LG Aachen, Urteil vom 26.02.2008 - 12 O 396/07
Fundstelle
openJur 2011, 57609
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte betreibt in B ein Y und unterliegt dem Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) bzw. hinsichtlich der in vorliegendem Rechtstreit nicht streitgegenständlichen Psychiatrie der Bundespflegesatzverordnung. Die Beklagte bietet neben allgemeinen Krankenhausleistungen mit der Regelleistung Zweibettunterbringung ihren Patienten an, gegen gesonderte Vergütung in einem Einbettzimmer untergebracht zu werden (Einbettzimmerzuschläge). Entsprechend einem Schreiben des Klägers vom 09.03.2006, wegen dessen Einzelheiten ausdrücklich auf Bl. 74 f. d.A. Bezug genommen wird, haben die Parteien vereinbart, von der Angemessenheit von Zimmerzuschlägen für die Jahre 2004 bis 2007 einschließlich auszugehen, und zwar für "Einbettzimmer klein und groß" jeweils von einem Basispreis von 41,45 Euro und für das letztgenannte Einbettzimmer groß zusätzlich von einem Zuschlag von 3,25 Euro zuzüglich Erhöhungen von 0,12 Euro für 2004 und jeweils 0,03 Euro für 2005 und 2006. Die von der Beklagten derzeit verlangten Zuschläge hält der Kläger für unangemessen hoch. Der Kläger hat die Beklagte unter dem 08.06.2007 aufgefordert, differenziert darzustellen, worin die tatsächlichen Mehrkosten des Alleinliegens im Vergleich zur Regelunterbringung zu sehen sind. Eine entsprechende Information des Klägers hat die Beklagte mit Schreiben vom 27.07.2007 aufgrund aus ihrer Sicht gültigen Vereinbarungen des Klägers mit der Z bzw. zwischen den Parteien abgelehnt. Der Kläger hat mit Schreiben vom 24.08.2007 ein Herabsetzungsverlangen im Sinne der nunmehrigen Klageanträge zu 1) und 2) unternommen.

Der Kläger ist der Ansicht, die Betreiber der einzelnen Krankenhäuser wie die Beklagte müssten die Angemessenheit der Einbettzimmerzuschläge darlegen. Bisher verlangte Entgelte seien wegen nach derzeitiger Rechtslage nunmehr nicht mehr zulässiger Kostenausgliederungssystematik bzw. Quersubventionierung überhöht. Da dem Kläger Angemessenheitsnachweise der Beklagten nicht vorlägen, könne diese derzeit nur Komfortzuschläge, nicht jedoch Basispreise für die Wahlleistung Einbettzimmer verlangen. Der Kläger behauptet, die von der Beklagten zur Errechnung der Basispreise im Zeitraum 2002 nach früherer Rechtslage zugrundegelegte Bezugsgröße Unterkunft (BZU) von 92,11 € läge deutlich über der letzen vom Kläger ermittelten bundesdurchschnittlichen BZU, die bei etwa 73,- € gelegen habe. Im Jahr 2007 seien unter Zugrundelegung der BZU von 92,11 € als Quersubventionierungsbetrag 32,24 €, im Basispreises von 41,45 Euro enthalten, ohne Rechtsgrund an die Beklagte geflossen.

Der Kläger beantragt,

1) die Beklagte zu verurteilen, die Entgelte für die Wahlleistung Unterkunft in den so genannten "Einbettzimmer groß" (Einbettzimmerzuschläge) des Y, Q-Straße, ......1 B, herab zu setzen und ab dem 30. August 2007 auf angemessene Beträge neu festzulegen, die nicht höher als 3,46 € in den Einbettzimmern liegen dürfen,

2) die Beklagte zu verurteilen, die Abrechnung von Zuschlägen für die Wahlleistung Unterkunft in den so genannten "Einbettzimmer klein" (Einbettzimmerzuschläge) des Y, Q-Straße, ......1 B, ab dem 30. August 2007 zu unterlassen,

3) hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit den Anträgen zu 1) und/oder 2), die Beklagte zu verurteilen, die Entgelte für die Wahlleistung Unterkunft in den so genannten "Einbettzimmer groß" und den so genannten "Einbettzimmer klein" (Einbettzimmerzuschläge) im Y, Q-Straße, ......1 B, herab zu setzen und ab dem 30. August 2007 auf angemessene Beträge, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, neu festzulegen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verweist auf aus ihrer Sicht gültigen Vereinbarungen der Klägerin mit der Z bzw. zwischen den Parteien vom 09.03.2006. Die Beklagte ist der Ansicht, nicht zu näheren Angaben zur Kostendarlegung verpflichtet zu sein. Der Kläger müsse Unangemessenheit darlegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze und Unterlagen verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig.

Der Zivilrechtsweg und die Verbandsklage des Klägers ist entsprechend § 13 GVG, § 17 Abs. 1 S. 5 KHEntgG eröffnet.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Voraussetzung für die Begründetheit der Klage wäre, wenn entsprechend § 17 Abs. 1 S. 3, 5 KHEntgG die von der Beklagten verlangten Einbettzimmerzuschläge in einem unangemessenen Verhältnis zu den Leistungen stehen würden. Hiervon kann allerdings jedenfalls wegen Besonderheiten des Einzelfalles nicht ausgegangen werden. Insoweit bedarf es für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits keiner Entscheidung der zwischen den Parteien umstrittenen Fragen, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen ein Krankenhausträger dem Kläger gegenüber zur differenzierten Darstellung der tatsächlichen Kosten des Alleinliegens im Vergleich zur Regelleistung verpflichtet ist sowie ob nun der Kläger oder der Krankenhausträger allgemein die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines unangemessenen Verhältnisses von Leistungen zu Entgelten hat.

Dem Herabsetzungsverlangen des Klägers im Sommer 2007 ab dem 30.08.2007 steht bereits die Vereinbarung der Parteien entsprechend dem Schreiben des Klägers vom 09.03.2006 entgegen. In diesem haben die Parteien mit bindender Wirkung vereinbart, von der Angemessenheit bestimmter Zimmerzuschläge auch für das Jahr 2007 bis zum 31.12.2007 auszugehen. Auf eine Zusage des Klägers für den Zeitraum bis zum 31.12.2007 hat die Beklagte den Kläger auch vor dessen Herabsetzungsverlangen mit Schreiben vom 27.07.2007 hingewiesen. Nach dem maßgeblichen Vortrag der Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte diese als angemessen vereinbarten Zuschläge verlangt hat und nicht etwa mehr. Aus welchen Gründen angesichts der konkreten Vereinbarungen der Parteien entsprechend dem Schreiben des Klägers vom 09.03.2006 dieser nunmehr ein Herabsetzungsverlangen ab dem 30.08.2007 unternommen hat, sich an den vertraglichen Vereinbarungen bereits im vereinbarten Zeitraum bis Ende 2007 nicht mehr festhalten lassen wollte, erschließt sich der Kammer nicht. Insbesondere ist mangels entsprechendem Vortrag nicht davon auszugehen, dass sich nach dem 09.03.2006 zwischenzeitlich Erhebliches geändert habe, etwa seitens der Beklagten Änderungen des Komfortangebotes stattgefunden hätten. Ob das Schreiben des Klägers vom 09.03.2006 dementsprechende Öffnungsklauseln enthält, bedarf deswegen keiner Erörterung. Dass der Kläger sich von den konkreten Vereinbarungen der Parteien durch einseitige Erklärung wirksam gelöst hat bzw. lösen konnte, ist nicht anzunehmen. In dem Herabsetzungsverlangen vom 24.08.2007 kommt nicht, auch nicht konkludent, ein entsprechendes Begehren auf einseitige Auflösung vertraglicher Vereinbarungen nach dem objektiven Empfängerhorizont zum Ausdruck. Für eine einseitige Loslösung durch Anfechtung, Rücktritt, Kündigung o.ä. fehlt zudem auch nur ansatzweiser Vortrag, warum die jeweiligen Voraussetzungen solcher Gestaltungsrechte vorliegen würden. Das Schreiben des Klägers vom 09.03.2006 mit der Vereinbarung der Parteien wurde Jahre nach dem vom Kläger als Grundsatzentscheidung angesehenen Urteil des Bundesgerichtshofs vom 04.08.2000 (III ZR 158/99) und zu einer Zeit verfasst, als die neue Rechtslage seit geraumer Zeit Geltung beanspruchte, nämlich allgemein ab dem 01.01.2005 und für die Beklagte bereits ab dem 01.01.2003. Dementsprechend bleibt nur, das Herabsetzungsverlangen des Klägers vom Sommer 2007 als ohne genügende Gründe erfolgte Abkehr von einer vertraglichen Vereinbarung trotz vorherigen Hinweises der Beklagten auf diese anzusehen. Dies lässt die Weitergabe der klägerseitigen Auffassung an seine Mitgliedsunternehmen und Nichterstattung von Wahlleistungen im Herbst 2007 durch diese an die Beklagte mit entsprechenden finanziellen Nachteilen und Verwaltungsaufwand für diese als bedenklich erscheinen.

Eine Herabsetzung der streitgegenständlichen Entgelte für die Wahlleistung Unterkunft Einbettzimmer hat aufgrund der gestellten Klageanträge auch nicht in vorliegendem Rechtsstreit ab dem 01.01.2008 zu erfolgen. Einen entsprechenden Hilfsantrag hat der Kläger nicht gestellt. Ausdrücklich hat der Kläger solches nicht formuliert, es ist auch nicht etwa als Weniger in den gestellten Anträgen enthalten. Sie sind vom Zeitpunkt des Beginns der Herabsetzung eindeutig. Zudem hat der Kläger ein entsprechendes Herabsetzungsverlangen ab dem 01.01.2008 gegenüber der Beklagten auch nicht vorgenommen. Nur bei entsprechend eindeutigen - gegebenenfalls hilfsweisen - vorprozessualen Verlangen und Hilfsantrag könnte solches jedoch aus Gründen der Rechtssicherheit und Klarheit streitgegenständlich sein. Dies gilt bei Verbandsklagen wie hier um so mehr, als Betroffene regelmäßig eine Vielzahl von Personen sind, die an der Korrespondenz der Parteien und vorliegendem Rechtsstreit nicht beteiligt sind.

Dass nicht nur die seitens des Klägers in vorliegendem Rechtsstreit erstrebte Herabsetzung des Basispreises von 41,45 Euro auf Null als Entgelt angemessen sein dürfte, sondern durchaus jedenfalls eine gewisse Zahlung für die Leistung Einbettzimmer statt der Regelleistung nach Auffassung der Kammer angemessen ist, so dass das Klagebegehren bereits aus diesem Grund teilweise offensichtlich unbegründet ist, soll zumindest erwähnt werden. Bei einer Vereinbarung eines angemessenen Entgeltes sind in der Regel §§ 315 ff. BGB anwendbar (vgl. Palandt/Grüneberg, 67. Aufl., § 315 BGB Rdn. 6, 9). Insoweit könnte durchaus nach Auffassung der Kammer im übrigen naheliegend sein, dass die Vereinbarung der Parteien entsprechend dem Schreiben des Klägers vom 09.03.2006 mit den dort als bis 31.12.2007 angemessen vereinbarten Beträgen Indizwirkung auch für die späteren Jahre haben dürfte. Hinreichende Gründe warum dasjenige, was bis Ende 2007 entsprechend der Vereinbarung der Parteien angemessen gewesen war und was die Beklagte auch ab Anfang 2008 fordert, danach unangemessen hoch sein soll, hat der Kläger nicht vorgetragen, etwa auch keine Anhaltspunkte für Kostenermäßigungen. Insbesondere verfangen der Hinweis des Klägers auf die neue Rechtslage und die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht, da diese bereits 2006 Gültigkeit beanspruchten.

Die Schriftsätze vom 12. und 19.02.2008 ergab keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, § 156 ZPO.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 108, 709 ZPO.

Streitwert:

522.352,- €

Nach Auffassung der Kammer ist § 3 ZPO und nicht § 9 ZPO für die Wertfestsetzung anwendbar, da es sich nicht um gleich bleibende Nutzungen bzw. Leistungen handelt. Die unterschiedlichen Rechtspositionen der Parteien betreffen nach den Angaben der Parteien eine Differenz von gerundet 522.352,- € je Jahr, wovon das Gericht ausgeht. Eine Herabsetzung unter dem Aspekt einer Verbandsklage erscheint in vorliegendem Einzelfall nicht angezeigt (vgl. insoweit Zöller/Herget, 26. Aufl., § 3 ZPO Rdn. 16 Gewerblicher Rechtsschutz a.E., Wiederkehrende Leistungen).

N. N2 N3