LG Aachen, Urteil vom 20.12.2007 - 6 S 199/07
Fundstelle
openJur 2011, 55332
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 27. Juli 2007 (Az. 11 C 70/07) wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 I Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil verwiesen.

II.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf noch offene Mitgliederbeiträge, Verwaltungsgebühr ode Servicepauschalen aus dem Fitnessvertrag vom 02. März 2005 zu.

Der zunächst wirksam geschlossene Fitness-Vertrag ist durch die Kündigung vom 13. Oktober 2005 beendet worden und die bis zum Wirksamwerden der Kündigung entstandenen Beiträge sind durch die geleisteten Zahlungen gemäß § 362 I BGB bereits vollständig erloschen.

Ob die Beklagte aus gesundheitlichen Gründen nicht zum Training im Fitness-Studio in der Lage war und ob dies zur fristlosen Kündigung berechtigte, kann offen bleiben, weil die Beklagte ohnehin jederzeit ordentlich kündigen konnte. Eine außerordentliche Kündigung kann gemäß § 140 BGB in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden.

Ein Recht zur ordentlichen Kündigung bestand, weil die AGB-Klausel über die Mindestlaufzeit unwirksam war. Da es sich bei dem Fitness-Vertrag um einen gemischten Vertrag mit mietrechtlichen und dienstvertraglichen Elementen handelt, ist § 309 Nr. 9 a) BGB nicht unmittelbar anwendbar, aber doch zumindest im Rahmen des § 307 I BGB heranzuziehen mit der Folge, dass eine bindende Laufzeit von über 24 Monaten eine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 I BGB indiziert. Die Vorschrift des § 309 Nr. 9 BGB gilt unmittelbar nur für Vertragsverhältnisse über "die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen". Mietverhältnisse wurden damit vom Gesetzgeber bewusst von der Regelung ausgenommen. Anders als bei vermieteten Räumen oder beweglichen Sachen steht dem Berechtigten aus einem Fitness-Vertrag aber an dem einzelnen Geräten kein ausschließliches Nutzungsrecht zu, sondern er ist nur zur Mitbenutzung neben anderen Besuchern des Studios berechtigt, soweit ein Gerät gerade frei ist. Dementsprechend besteht beim Betreiber eines Fitness-Studios ein weniger starkes Interesse, eine Laufzeit über 24 Monate mit einem einzelnen Nutzer vereinbaren zu können. Auf der anderen Seite besteht ein schutzwürdiges Interesse des Nutzers eines Fitness-Studios, in seiner Freizeitplanung nicht über 24 Monate hinaus gebunden zu werden. Die in § 309 Nr. 9 a) BGB getroffene Wertung, die unter anderem für die regelmäßige Erbringung von Dienstleistungen gilt, ist daher auch bei Fitness-Verträgen heranzuziehen, zumal auch bei diesen - wie im vorliegenden Fall - Dienstleistungen wie Betreuung, Animation und Anleitung eine bedeutende Rolle spielen.

Ein Verstoß gegen § 309 Nr. 9 a) BGB und mithin eine unangemessene Benachteilung i.S.d. § 307 I 1 BGB liegt vor. Da die "bindende Laufzeit" bereits mit Vertragsabschluss am 02. März 2005 und nicht erst mit dem Leistungsbeginn einsetzte (BGHZ 122, 63) und die "Mitgliedschaft" über mindestens "24 zahlaktive Monate" aber erst mit dem 06. April 2005 begann, liegt die "bindende Laufzeit" insgesamt über 2 Jahren.

Eine unangemessene Benachteiligung entfällt auch nicht aufgrund der gemäß § 310 III Nr. 3 BGB bei Verbrauchern ebenfalls zu berücksichtigenden Begleitumstände des Abschlusses des Fitness-Vertrages. Vorteile für die Beklagte, welche die unangemessen lange Vertragsbindung ausgleichen könnten, und die Klausel im Rahmen der Gesamtregelung als weniger einschneidend erscheinen ließen, sind nicht ersichtlich. Selbst wenn bei Vertragsabschluss die grundsätzliche Bereitschaft der Klägerin bestand, sich abweichend vom Regelfall auch auf eine kürzere Vertragslaufzeit einzulassen, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Anderenfalls würde die Anwendung des § 310 III Nr. 3 BGB zu einer Schlechterstellung der Verbraucher führen, obwohl gerade das Gegenteil beabsichtigt war. Dass die Vertragslaufzeit sogar frei ausgehandelt worden ist und es sich trotz der formularmäßigen Gestaltung in Wahrheit nicht um eine AGB-Klausel handelt, hat die Klägerin nicht behauptet.

Offen bleiben kann, ob die Kündigung sofort wirksam geworden ist oder erst zum Ablauf eines Zeitabschnitts von 14 Tagen, wenn die Kündigung am dritten Tag vor Ende des Zeitabschnitts (vgl. § 580 III Nr. 2 BGB) bzw. vor Erreichen der Hälfte des Zeitabschnitts (vgl. § 621 I Nr. 2 u. 3 BGB) erklärt worden ist. Selbst bei Zugrundelegung der ungünstigsten Variante steht der Klägerin kein Zahlungsanspruch mehr zu:

1. Mitgliedsbeiträge für die Zeit vom 04.04.2005 bis 30.10.2005 (= 14. Woche bis zur 43. Woche in 2005 einschließlich) ((30 Wochen / 2) x 19,99 € =) 299,85 € 2. Einmalige Verwaltungsgebühr 49,99 € 3. Service-Pauschale pro Jahr (1 Jahre x 29,99 € =) 29,99 € 4. . / . Zahlungen der Beklagten -406,62 € Gesamtbetrag in EUR -26,79 €

Der Vortrag zu den Bankrücklastkosten ist unsubstanziiert und die Kostenposition daher nicht zu berücksichtigen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 I ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 II ZPO liegen nicht vor.

Streitwert des Berufungsverfahrens: bis 900 € (§ 47 I 1 GKG)

B X Dr. C